Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherungsschutz. Unternehmerversicherung. Satzung. Ausschluß. nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten. Eintragungsmöglichkeit in Handwerksrolle. Bestandssicherung
Leitsatz (amtlich)
Nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten liegen vor, wenn der Betrieb iS des Gewerberechts nicht gewerbsmäßig geführt wird und der Unternehmer ihn nicht auf längere Zeit gesichert angelegt hat.
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
RVO § 543 Abs. 1, §§ 545, 658 Abs. 2 Nr. 1, § 728 Abs. 3, § 729 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beigeladenen werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 10. Oktober 1996 und das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Mai 1997 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger beim Sturz am 18. Februar 1992 von einer Leiter unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand und ob ggf die Beklagte oder die Beigeladene verpflichtet ist, die Folgen dieses Unfalls zu entschädigen.
Der im Jahre 1924 geborene Kläger war bis Ende der siebziger Jahre als selbständiger Malermeister tätig, bevor er eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezog. Förmlich abgemeldet wurde die gewerbliche Tätigkeit als Malermeister zum 1. Juni 1983. In den Jahren 1986/1987 verrichtete er als Arbeitnehmer eine insbesondere Hausmeistertätigkeiten umfassende Teilzeittätigkeit bei der Firmengruppe M. … und Co. Im Jahre 1989 war der Kläger vorübergehend in der Materialausgabe eines Malereibetriebes tätig.
Der frühere Inhaber der Firmengruppe M. … und Co, der Zeuge H. H. M., … befaßte sich nach dem Konkurs dieser Firmengruppe im Jahr 1988 unter der weiteren, vom Konkurs nicht betroffenen H. M. … KG mit der Verwaltung des früheren Betriebsgebäudes der Firmengruppe, dessen Eigentümerin die H. M. … KG war. Sie ist Mitglied der Beklagten.
Zur Vorbereitung einer neuen Nutzung des Firmengebäudes ließ die H. M. … KG dort durch den Kläger Malerarbeiten durchführen, wofür ein Entgelt in Höhe von 18,00 DM je Arbeitsstunde vereinbart worden war. Die erforderlichen Arbeitsmaterialien wurden teilweise von der H. M. … KG gestellt, teilweise vom Kläger in deren Namen erworben, gelegentlich auch vom Kläger selbst eingekauft und dann der Firma zum Einkaufspreis in Rechnung gestellt.
Für 103 geleistete Arbeitsstunden im 3. Quartal 1991 stellte der Kläger unter dem maschinengeschriebenen Briefkopf „A. … R. … Malermeister” der H. M. … KG unter dem 9. Oktober/30. September 1991 1.895,00 DM (einschließlich 41,00 DM Materialkosten) in Rechnung. Für 213 im 4. Quartal 1991 erbrachte Arbeitsstunden stellte der Kläger am 9. Dezember 1991 der H. M. … KG 3.834,00 DM zzgl 536,70 DM Mehrwertsteuer in Rechnung. Dabei benutzte er den aus seiner früheren Tätigkeit als selbständiger Malermeister stammenden Briefkopf „A. … R. … – Eisenkonservierung, Lackierung von Großfahrzeugen, Ausführung sämtlicher Malerarbeiten, Farbenhandel”. Die vorgenannten Beträge versteuerte er als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Die Mehrwertsteuer führte er an das Finanzamt ab.
Beim Fortsetzen der Malerarbeiten in dem Firmengebäude, wobei er – wie bereits im Jahre 1991 – werktäglich fünf Stunden arbeitete, stürzte der Kläger am 18. Februar 1992 von einer Leiter und erlitt dabei erhebliche Verletzungen. Nach dem Unfall machte er bei der H. M. … KG für die im Februar 1992 erbrachten Malerarbeiten noch „Lohnforderungen” für 52 geleistete Stunden geltend.
Die Beklagte lehnte es ab, den Unfall zu entschädigen (Bescheid vom 27. Oktober 1995 idF des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 1996). Der Kläger sei nicht Beschäftigter der H. M. … KG gewesen, sondern habe für diese wie ein selbständiger Handwerksmeister gearbeitet.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers vom 18. Februar 1992 als Arbeitsunfall zu entschädigen (Gerichtsbescheid vom 10. Oktober 1996). Der erheblich unter dem eines selbständigen Malermeisters liegende Stundenlohn von 18,00 DM, die Gestellung des Arbeitsgeräts und der Arbeitsmaterialien durch die H. M. … KG sprächen dafür, daß der Kläger lediglich im Rahmen einer Scheinselbständigkeit gearbeitet habe, zumal er im Unfallzeitpunkt fast 70 Jahre alt gewesen sei und eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen habe.
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten den Gerichtsbescheid des SG geändert und unter Abweisung der Klage im übrigen die Beigeladene verurteilt, den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall zu entschädigen (Urteil vom 22. Mai 1997). Der Kläger habe die Malerarbeiten weder als Arbeitnehmer noch wie ein solcher verrichtet, so daß eine Entschädigungspflicht der Beklagten entfalle.
Hingegen sei die Beigeladene verpflichtet, den Unfall zu entschädigen. Der Kläger habe selbständig und gewerbsmäßig Malerarbeiten erbracht und sei damit als selbständiger Unternehmer nach § 543 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) iVm § 43 Abs 1 der Satzung der Beigeladenen und § 646 RVO, Art 4 § 11 Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz (UVNG) bei der Beigeladenen versichert gewesen. Unter dem Begriff des Unternehmens in der gesetzlichen Unfallversicherung fielen die mehrmonatigen insgesamt rund 370 Arbeitsstunden umfassenden Malerarbeiten des Klägers für die H. M. … KG. Die in § 43 Abs 1 der Satzung der Beigeladenen vorgesehene Pflichtversicherung für Unternehmer werde auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß sie nach § 68 Abs 1 der Satzung nicht für solche Unternehmer gelten solle, die nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten verrichteten. Die vom Kläger verrichteten Tätigkeiten seien vielmehr als gewerbsmäßig zu qualifizieren. Im Zusammenhang mit der Haftungsregelung des § 729 Abs 2 RVO habe die Rechtsprechung bei gewerbsmäßigen Bauarbeiten das (zusätzliche) Erfordernis der Bestandssicherheit entwickelt. Dessen Vorliegen sei verneint worden, wenn dem Unternehmer die Weiterführung seines Betriebes jederzeit durch behördliche Maßnahmen habe unmöglich gemacht werden können. Obwohl nicht in die Handwerksrolle eingetragen, hätte der Kläger als früherer selbständiger Malermeister jederzeit wieder eingetragen werden müssen. Mithin hätte die zuständige Aufsichtsbehörde im Rahmen ihres Ermessens vor einer Untersagung des klägerischen Unternehmens zunächst auf eine Gewerbeanmeldung und Wiedereintragung in die Handwerksrolle hinwirken müssen.
Die zu § 729 Abs 2 RVO entwickelte Rechtsprechung könne nur insoweit auf die Auslegung der Satzungsbestimmungen der Beigeladenen übertragen werden, als derselbe Gesetzeszweck erzielt werden solle. Die Satzungsregelungen in §§ 43 Abs 1 und 68 Abs 1 verfolgten aber andere Zwecke als die Haftungsvorschrift des § 729 Abs 2 RVO. Die Beigeladene habe mit der Pflichtversicherung auch für Unternehmer in § 43 Abs 1 ihrer Satzung eine soziale Schutzbedürftigkeit dieser Gruppe anerkannt. Daher sei die Ausnahmevorschrift des § 68 Abs 1 der Satzung restriktiv auszulegen. Soweit Unternehmer von Bauarbeiten gegen Entgelt Leistungen an fremden Bauwerken verrichteten, bestehe im Hinblick auf ihre soziale Schutzbedürftigkeit kein wesentlicher Unterschied zwischen beständig arbeitenden Unternehmern und solchen, bei denen nicht von vornherein eine langjährige Tätigkeit zu erwarten sei. Für die Annahme einer gewerbsmäßigen Unternehmertätigkeit und damit für einen Ausschluß des § 68 Abs 1 der Satzung der Beigeladenen seien keine weitergehenden Anforderungen zu stellen, als daß der Unternehmer die fachlichen Voraussetzungen für eine selbständige Führung eines entsprechenden Handwerksbetriebes erfüllte und die entsprechende Tätigkeit zumindest auf mehrere Monate hinweg ausgerichtet sei. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall gegeben.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beigeladene, das Urteil verstoße gegen § 543 RVO und §§ 43, 68 sowie 58 und 47 Abs 1 Satz 2 ihrer Satzung. Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht das Tatbestandsmerkmal „Unternehmer” iS des § 43 Abs 1 ihrer Satzung erfüllt. Der Typus des Unternehmers werde ua gekennzeichnet durch das wirtschaftliche Risiko und dadurch, daß er – eben als Unternehmer – seine Dienste auf dem Markt anbiete. Dies sei beim Kläger nicht der Fall gewesen. Er habe keinerlei „unternehmerisches Risiko” getragen, sondern seine Tätigkeit nach Maßgabe der eigenen Leistungsfähigkeit einteilen können. Irgendeine Garantie für die fristgerechte Erstellung des „Werkes” habe er ebensowenig übernommen wie eine Vertragsstrafe für Verzögerungen. Das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers entspreche gerade nicht dem „Typus” des Unternehmers. Der im Unfallzeitpunkt fast 68 Jahre alte Kläger habe sein Gewerbe bereits im Jahre 1983 ausdrücklich abgemeldet; danach habe er nur noch Arbeitnehmertätigkeiten in Form der Teilzeittätigkeit verrichtet bzw Rente bezogen. Auch in den Jahren 1991/1992 habe er sich lediglich an seinen früheren Arbeitgeber, den Zeugen M., … mit der Bitte um Zuteilung von Arbeiten gewandt, um ein Zubrot zur Rente verdienen zu können.
Das LSG verkenne nicht nur das Tatbestandsmerkmal „Unternehmer”, sondern mißverstehe auch das Verhältnis des § 43 zu den §§ 63, 68 ihrer Satzung. Gewerbsmäßigkeit liege nur dann vor, wenn die Tätigkeit eine auf Dauer berechnete selbständige Erwerbsquelle bilden solle. Nicht gewerbsmäßig sei somit eine Verrichtung, welche lediglich zur Deckung des eigenen Bedarfs bzw der Freizeitgestaltung diene. Für das Verständnis des § 43 der Satzung lasse sich als zwingende Voraussetzung für das Tatbestandsmerkmal Unternehmen herleiten, daß die selbständige Tätigkeit auf Dauer angelegt ist. Wenn aber – so § 68 der Satzung – schon der Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten nicht versichert sei, müsse dies erst recht für eine Person gelten, die überhaupt kein Unternehmen betreiben wolle und auch nicht als Unternehmer auf dem Markt auftrete oder auftreten wolle. Nach den Feststellungen des LSG sei der Kläger im Unfallzeitpunkt allenfalls „unternehmerähnlich”, nicht aber als Unternehmer iS des § 43 der Satzung tätig gewesen. Bei unternehmerähnlicher Tätigkeit, die uU auch als „nicht gewerbsmäßige Bauarbeit” bezeichnet werden könne, entfalle jeglicher Versicherungsschutz.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Mai 1997 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 10. Oktober 1996 zurückzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Beigeladenen zurückzuweisen, soweit sie beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Mai 1997 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 10. Oktober 1996 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, soweit es die unfallbringende Handlung des Klägers als im inneren Zusammenhang mit einem selbständig geführten eigenen Unternehmen stehend qualifiziert habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beigeladenen ist begründet. Entgegen der Auffassung des LSG hat der Kläger keinen von der Beigeladenen zu entschädigenden Arbeitsunfall erlitten, als er am 18. Februar 1992 bei den Malerarbeiten von der Leiter gestürzt war.
Der erhobene Entschädigungsanspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da der vom Kläger geltend gemachte Arbeitsunfall vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz ≪UVEG≫, § 212 SGB VII).
Das LSG ist zunächst rechtlich zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls weder nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses zur H. M. … KG noch nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO als wie ein bei dieser Firma Beschäftigter unter Unfallversicherungsschutz stand, so daß eine – sonst gegebene – Entschädigungspflicht der Beklagten damit ausscheidet. Dies steht zwischen den Beteiligten nunmehr rechtskräftig fest: Der – durch das Urteil des LSG an sich insoweit beschwerte – Kläger hat im Wege einer Revision oder Anschlußrevision hiergegen seinerseits keine rechtlich erheblichen Einwendungen erhoben. Entsprechendes gilt insoweit für die Beigeladene, die sich mit ihrer Revision im Kern nur gegen ihre – vom LSG festgestellte – eigene Entschädigungspflicht für die Folgen dieses Unfalls wendet, wie sich aus ihrer nur hiergegen gerichteten Revisionsbegründung ergibt. Nicht anders ist – im Zusammenhang mit ihren Revisionsrügen, das LSG verstoße gegen §§ 43, 68 iVm § 58 und § 47 Abs 2 Satz 2 ihrer Satzung sowie § 543 RVO, und der dazu gegebenen Begründung – auch nur der Revisionsantrag der Beigeladenen zu verstehen.
Entgegen der Auffassung des LSG allerdings hat der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls auch nicht selbständig und gewerbsmäßig Malerleistungen erbracht; er war damit auch nicht als selbständiger Unternehmer nach § 543 RVO iVm § 43 Abs 1 der Satzung der Beigeladenen unfallversichert. Nach § 658 Abs 2 Nr 1 RVO ist Unternehmer derjenige, für dessen Rechnung das Unternehmen (Betrieb, Einrichtung oder Tätigkeit) geht. Ein Unternehmen iS der gesetzlichen Unfallversicherung setzt eine planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten voraus, die auf ein einheitliches Ziel gerichtet sind und mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt werden (s ua BSGE 14, 1, 2 = SozR Nr 1 zu § 798 RVO aF; 36, 111, 115 = SozR Nr 1 zu § 653 RVO; BSGE 42, 126, 128 = SozR 2200 § 539 Nr 24; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 504a; KassKomm-Ricke, § 658 RVO RdNr 5). Beim Kläger mangelt es schon an der Planmäßigkeit, denn das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen, daß der Kläger trotz Beendigung seiner früheren Tätigkeit als selbständiger Malermeister zum 1. Juni 1983 und seines fortgeschrittenen Lebensalters sowie als Bezieher von Altersruhegeld auch in Zukunft beabsichtigte und plante, weitere Aufträge als Malermeister auch von anderen Auftraggebern anzunehmen. Gegen eine derartige Planung spricht ferner, daß der Kläger nach Aufgabe seiner Tätigkeit als selbständiger Malermeister bis zur Übernahme der Malerarbeiten für die H. M. … KG stets nur in abhängiger Stellung in Teilzeit tätig war. Auch der Umstand, daß er sich nicht wieder in die Handwerksrolle als Handwerker hat eintragen lassen, obwohl er schon aufgrund seiner früheren Tätigkeit als selbständiger Malermeister von diesem Erfordernis und der Möglichkeit der Wiedereintragung in die Handwerksrolle wissen mußte, spricht gegen eine planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt werden. Der Kläger ist damit nicht als Unternehmer, sondern allenfalls unternehmerähnlich tätig geworden.
Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, daß er die Malerarbeiten nicht unternehmerähnlich, sondern als Unternehmer iS § 658 Abs 2 Nr 1 RVO verrichtet hat, stand er im Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Auch unter diesem Gesichtspunkt hat der Kläger keinen – sonst von der Beigeladenen zu entschädigenden – Arbeitsunfall erlitten.
Gemäß § 43 Abs 1 Halbsatz 1 der Satzung der Beigeladenen vom 28. Juni 1978 (in der seit 1. Januar 1983 gültigen Fassung) wird die Versicherung auf Unternehmer erstreckt (§ 543 RVO). Demgegenüber bestimmt § 68 Abs 1 dieser Satzung (in der seit 1. Januar 1992 gültigen Fassung), daß Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten für ihre Person nicht versichert sind, sich aber freiwillig gegen die Folgen von Arbeitsunfällen (§§ 548 bis 551, 555, 1150 RVO) versichern können, wozu es nach § 68 Abs 2 Satz 1 der Satzung der Beigeladenen einer schriftlichen Anmeldung bedarf.
Bei der Anwendung des Satzungsrechts der Beigeladenen auf den vorliegenden Streitfall handelt es sich um revisibles Recht iS des § 162 Abs 2 SGG, weil der Geltungsbereich der Satzung der Beigeladenen über den Bezirk des Berufungsgerichts hinausreicht (§§ 4, 58 Abs 3 der Satzung der Beigeladenen).
Die vom Kläger im Rahmen von Renovierungsarbeiten ausgeführten Malertätigkeiten stellen Bauarbeiten iS der gesetzlichen Unfallversicherung, damit auch iS der Satzung der Beigeladenen (§ 3 der Satzung der Beigeladenen), dar (vgl Schiedsstelle der BGen, EuM 40, 161/162; KassKomm-Ricke, § 664 RVO RdNr 15).
Der Kläger stand aber nicht gemäß § 543 Abs 1 RVO iVm § 43 Abs 1 der Satzung der Beigeladenen unter Versicherungsschutz. Denn die im Gebäude der H. M. … KG vom Kläger verrichteten Malerarbeiten sind – entgegen der Auffassung des LSG – als nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten zu qualifizieren.
Die Satzung der Beigeladenen enthält keine Definition für das Tatbestandsmerkmal „nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten”. Das Gesetz verwendet den Begriff auch für die Bauherrenhaftung nach § 729 Abs 2 RVO. Wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 30, 230, 234 ff = SozR Nr 3 zu § 729 RVO), gibt der Begriff der Gewerbsmäßigkeit in der Ausprägung des Gewerberechts keinen hinreichenden Aufschluß für die Anwendung dieser Vorschrift der RVO. Nach dem Gewerberecht ist eine gewerbliche Tätigkeit schon dann als gewerbsmäßig anzusehen, wenn sie dazu bestimmt ist, eine selbständige Einkommensquelle für den Unternehmer zu bilden und fortgesetzten Gewinn zu erzielen. Demgegenüber ist für die Abgrenzung der nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten iS der §§ 783 ff RVO aF und iS der insoweit durch das UVNG inhaltsgleich gefaßten §§ 728 Abs 3 und 729 Abs 2 RVO nF zusätzlich das Merkmal der Bestandssicherung unerläßlich. Die Regelung der §§ 783 ff RVO aF war darauf gerichtet, nur vorübergehend tätige Bauunternehmer an den Kosten der Unfallversicherung für die bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer angemessen zu beteiligen. Die Anwendung eines besonderen, gegenüber den allgemeinen Mitgliederbeiträgen höheren Prämientarifs für die Unfallversicherung solcher Arbeiten, denen ua der Kapitalwert der voraussichtlich zu erbringenden Leistungen zugrunde lag (vgl § 804 Abs 2 RVO aF), war durch den Umstand gerechtfertigt, daß der Versicherungsträger Leistungen ggf noch zu einer Zeit erbringen mußte, als er den Unternehmer wegen zwischenzeitlicher Beendigung der Bauarbeiten zu den Lasten nicht mehr heranziehen konnte. Nach dem Zweck dieser Regelung waren demnach als nicht gewerbsmäßig tätige Bauunternehmer diejenigen zu betrachten, von denen wegen der Bestandsunsicherheit ihres Unternehmens nicht erwartet werden konnte, daß sie den Finanzbedarf des Versicherungsträgers dauernd mitbestritten (BSGE aaO 235 ff = SozR aaO). Wenn dagegen der Bestand des Unternehmens gesichert ist, dh jedenfalls dann, wenn der Baubetrieb iS des Gewerberechts gewerbsmäßig geführt wird, der Unternehmer ihn auf Dauer angelegt hat und auch von seiten der zuständigen Behörde keine Gefahr mehr droht, daß die Fortsetzung des Betriebes jederzeit untersagt werden kann (§ 16 Abs 3 der Handwerksordnung), dann werden die Bauarbeiten auch iS von § 728 Abs 3 und § 729 Abs 2 RVO nF gewerbsmäßig ausgeführt (BSG SozR 2200 § 728 Nr 6).
Dabei ist vor allem auf das Unternehmen selber (§ 658 Abs 2 Nr 1 RVO) und seine betrieblichen Bestandsaussichten abzustellen. Wenn sich seine Bestandssicherheit trotz früherer Bestandsgefahren auf andere Weise nachweisen läßt, kommt es auch für frühere Zeiten auf Unsicherheiten in der Person früherer Unternehmer desselben Betriebes nicht mehr an. Denn die kontinuierliche, auch in Zukunft gesicherte Ausführung der Bauarbeiten ist die entscheidende Grundlage dafür, daß das Beitragsaufkommen der Berufsgenossenschaft jedenfalls nicht schlechter gesichert ist als bei den übrigen in das Unternehmerverzeichnis aufgenommenen Mitgliedern des Unfallversicherungsträgers (BSG aaO).
Der Kläger erfüllte zwar als Malermeister die Voraussetzungen für eine Wiedereintragung in die Handwerksrolle. Insoweit wäre der Bestand des Unternehmens iS des Gewerberechts gesichert gewesen. Voraussetzung für einen Bestand des Unternehmens ist aber zugleich, daß der Unternehmer es auf Dauer angelegt hat, daß also die Tätigkeit eine auf Dauer angelegte selbständige Erwerbsquelle bilden soll (Riebel in Hauck SGB VII § 3 RdNr 28). Dies war vorliegend nicht der Fall. Denn die Malerarbeiten waren nur auf das Betriebsgebäude der H. M. … KG ausgerichtet. Das Urteil des LSG enthält keine Feststellungen, daß eine Weiterführung der Malerarbeiten und damit des „Unternehmens” durch weitere Aufträge der H. M. … KG oder anderer Auftraggeber geplant oder beabsichtigt war. Vielmehr weist das fortgeschrittene Lebensalter des Klägers, der Bezug von Altersruhegeld, sein angegriffener Gesundheitszustand darauf hin, daß eine Weiterführung der Arbeiten als selbständiger Maler offensichtlich nicht beabsichtigt war. Gestützt wird dies durch den Umstand, daß der Kläger selbst eine gewerbliche Bestandssicherung durch seine Wiedereintragung in die Handwerksrolle nicht betrieben hat, obwohl dies ihm aufgrund seiner früheren selbständigen Tätigkeit bekannt sein mußte. Angesichts dieser betrieblichen Bestandsunsicherheit konnte nicht erwartet werden, daß er den Finanzbedarf der hier zuständigen Beigeladenen dauernd mitbestritt. Es handelt sich im Falle des Klägers damit um einen typischen Fall, in dem das Beitragsaufkommen der Beigeladenen unzureichender gesichert ist als bei den übrigen in das Unternehmerverzeichnis aufgenommenen Mitgliedern dieser Berufsgenossenschaft. Der Kläger hat damit im Unfallzeitpunkt nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten verrichtet. Er stand damit im Unfallzeitpunkt nicht gemäß § 543 Abs 1 RVO iVm § 43 Abs 1 der Satzung der Beigeladenen unter Unfallversicherungsschutz.
Der Kläger ist der Unfallversicherung auch nicht freiwillig beigetreten, so daß auch kein Unfallversicherungsschutz gemäß § 545 Abs 1 Nr 1 RVO iVm § 50 der Satzung der Beigeladenen bestand.
Die vorinstanzlichen Urteile waren daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
FA 1998, 396 |
FA 1999, 36 |
AuA 2000, 91 |
NZS 1999, 38 |
SGb 1999, 193 |
SozR 3-2200 § 543, Nr.3 |
SozSi 1999, 117 |