Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. April 1995 bis zum 31. März 1996 ein Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe I gegen die beklagte Pflegekasse zusteht.
Der 1944 geborene Kläger litt an einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz. Die Krankheit ist im März 1996 durch eine Nierentransplantation behoben worden. Während der Krankheitszeit mußte sich der Kläger alle zwei Tage einer Blutwäsche unterziehen, die er mit Hilfe seiner Ehefrau zu Hause durchführte. Die Dialyse dauerte jeweils rund fünf Stunden. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Pflegegeld ab, da Hilfebedarf nicht, wie nach dem Gesetz erforderlich, mindestens einmal täglich, sondern nur an jedem zweiten Tag bestehe und darüber hinaus der zeitliche Mindestumfang von durchschnittlich 46 Minuten täglich für die Grundpflege nicht erreicht werde, weil Zeiten der Behandlungspflege hierbei nicht berücksichtigt werden könnten (Bescheid vom 20. März 1995, Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 1995).
Mit der Klage hat der Kläger geltend gemacht, nach Sinn und Zweck der sozialen Pflegeversicherung müßten alle Hilfeleistungen seiner Ehefrau im Zusammenhang mit der Durchführung der Heimdialysen bei der Feststellung des Hilfebedarfs berücksichtigt werden. Seine Selbstversorgungsfähigkeit und seine Mobilität seien zumindest während des jeweils fünfstündigen Dialysevorgangs völlig aufgehoben gewesen. Ohne ständige Präsenz einer Pflegeperson sei eine Heimdialyse nicht durchführbar. Die Zuwendung durch die Pflegeperson erschöpfe sich nicht nur in der Aufsicht, sondern bestehe auch unmittelbar in körperlicher Betreuung. Der bei der Dialyse häufig schwitzende Körper habe gewaschen werden müssen. Es sei notwendig gewesen, ihm bei der Blasen- und Darmentleerung zu helfen. Auch bei der anschließenden Dusche habe er wegen seiner dialysebedingten Schwäche unterstützt werden müssen. Nicht selten sei es ihm nach der Dialyse auch so schlecht gegangen, daß er zunächst habe liegen bleiben müssen. Alle diese Hilfereichungen müßten im Bereich der Grundpflege Berücksichtigung finden. Darüber hinaus habe bei ihm eine zusätzliche tägliche Hilfebedürftigkeit aufgrund eines Schlaganfalls bestanden, die eine ständige Begleitung außer Haus erfordert habe.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. September 1996). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 26. August 1997). Es hat ausgeführt, Pflegebedürftigkeit habe beim Kläger nicht vorgelegen, weil er nicht hilfebedürftig i.S. der §§ 14 und 15 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gewesen sei. Es fehle am täglichen Hilfebedarf, da er an den dialysefreien Tagen alle im Gesetz aufgeführten Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens selbst und ohne Hilfe habe erledigen können. Die aus reiner Vorsicht im Hinblick auf den erlittenen Schlaganfall erfolgte "Hilfe" der Ehefrau durch Anwesenheit beim Duschen und Baden auch an den dialysefreien Tagen und Begleitung beim Verlassen des Hauses stelle keine berücksichtigungsfähige Hilfeleistung dar. Außerdem werde der Mindestumfang der Hilfe bei der Grundpflege von 46 Minuten durch die Hilfen im Zusammenhang mit der Dialyse beim Waschen (durchschnittlich sieben Minuten pro Tag), beim Entleeren von Blase und Darm (sieben Minuten) und bei der Nahrungsaufnahme (fünf Minuten) nicht erreicht. Zeiten der Behandlungspflege seien dabei nicht zu berücksichtigen; dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 14 Abs. 4 und 15 Abs. 1 SGB XI. Er vertritt die Ansicht, der gesamte Pflegeaufwand von mindestens fünf Stunden bei jedem Dialysevorgang sei zu berücksichtigen. Die Ausklammerung der Behandlungspflege sei vom Gesetzgeber nicht gewollt und mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht zu vereinbaren.
Der Kläger beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. August 1997 und des Sozialgerichts Lüneburg vom 30. September 1996 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 20. März 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. April 1995 bis zum 31. März 1996 Pflegegeld nach der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist nicht begründet. Wie das LSG in Übereinstimmung mit dem SG zu Recht entschieden hat, steht dem Kläger ein Anspruch auf Pflegegeld nicht zu, weil er die Voraussetzungen für die von ihm angestrebte Einstufung in die Pflegestufe I nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI nicht erfüllt.
1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014), der durch das 1. SGB XI-Änderungsgesetz (1. SGB XI-ÄndG) vom 14. Juni 1996 (BGBl. I S. 830) zu § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI geworden ist, setzt die Zuordnung eines Pflegebedürftigen zur Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) voraus, daß er bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werden. Dabei gehören zum Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- und Blasenentleerung, zum Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten und die Aufnahme der Nahrung und zum Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen sowie das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung (§ 14 Abs. 4 Nrn 1 bis 3 SGB XI). Zusätzlich wird nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI (idF des 1. SGB XI-ÄndG) vorausgesetzt, daß der Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, täglich im Wochendurchschnitt 90 Minuten beträgt, wobei auf die Grundpflege "mehr als 45 Minuten", also mindestens 46 Minuten, entfallen müssen. Die in der Zeit seit dem Inkrafttreten des Leistungsrechts der Pflegeversicherung am 1. April 1995 bis zum 25. Juli 1996 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des 1. SGB XI-ÄndG, vgl. dessen Art 8 Abs. 1) geltende ursprüngliche Fassung des SGB XI enthielt die zuletzt genannte Voraussetzung noch nicht. § 15 Abs. 3 SGB XI ermächtigte seinerzeit lediglich die Spitzenverbände der Pflegekassen bzw. das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, den in den einzelnen Pflegestufen jeweils mindestens erforderlichen zeitlichen Pflegeaufwand in den Pflegerichtlinien nach § 17 SGB XI bzw. in der Verordnung nach § 16 SGB XI zu regeln. Die Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen über die Abgrenzung der Merkmale der Pflegebedürftigkeit und der Pflegestufen sowie zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit (Pflegebedürftigkeitsrichtlinien ≪PflRi≫) enthielten in ihrer ursprünglichen Fassung vom 7. November 1994 bezüglich des Mindestzeitaufwands bei der Pflegestufe I die Voraussetzung, der wöchentliche Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung und pflegeunterstützende Maßnahmen benötige, müsse im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei der pflegerische Aufwand gegenüber dem hauswirtschaftlichen Aufwand "im Vordergrund stehen" müsse. Die in § 16 SGB XI vorgesehene Verordnung ist nicht erlassen worden.
Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist ausschließlich die ursprüngliche Fassung des § 15 SGB XI maßgebend, die für die Zeit bis zum 24. Juni 1996 galt und damit die hier streitige Leistungszeit vom 1. April 1995 bis zum 31. März 1996 umfaßte. Der Senat hat bereits entschieden, daß ein in der ursprünglichen Fassung des § 15 Abs. 3 SGB XI enthaltenes Regelungsdefizit bezüglich der für die einzelnen Pflegestufen erforderlichen zeitlichen Mindestvoraussetzungen durch die Neufassung des § 15 Abs. 3 SGB XI auch für die zurückliegende Zeit seit dem Inkrafttreten des SGB XI ausgefüllt worden ist. Dies gilt auch für den Mindestbedarf der Pflegestufe I. Zwar enthielt die entsprechende Regelung in den Pflegerichtlinien in Ziffer 4.1.1 - 2. Absatz - für die Leistung der Grundpflege keine genaue zeitliche Grenze. Es wurde lediglich gefordert, daß im Rahmen des erforderlichen zeitlichen Mindestaufwands von 90 Minuten täglich der Aufwand für die Grundpflege gegenüber dem hauswirtschaftlichen Aufwand "im Vordergrund stehen" müssen. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die durch das 1. SGB XI-ÄndG festgelegte Grenze von "mehr als 45 Minuten" für die Grundpflege als Konkretisierung dieser in den Pflegerichtlinien enthaltenen Forderung anzusehen ist (vgl. BSG, Urteile vom 19. Februar 1998 - B 3 P 6/97 R und 7/97 R = SozR 3-3300 § 15 Nr. 1).
2. Für die Zuordnung zur Pflegestufe I ist, wie der Senat ebenfalls bereits mit Urteil vom 19. Februar 1998 (B 3 P 3/97 R = SozR 3-3300 § 14 Nr. 2) entschieden hat, nur der Umfang des Pflegebedarfs bei jenen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen maßgebend, die in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt und dort in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufgeteilt sind. Dabei stellt das Gesetz allein darauf ab, ob der Pflegebedarf "wegen" einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung besteht (§ 14 Abs. 1 SGB XI). Es kommt also nicht darauf an, ob der Pflegebedarf aus einem durch die Krankheit oder Behinderung unmittelbar verursachten Funktionsdefizit resultiert (so der Regelfall) oder ob er - wie hier - darauf beruht, daß eine Krankheit zwar die körperliche Fähigkeit zur Erledigung der Verrichtungen nicht selbst beeinträchtigt, aber zu umfangreichen Behandlungsmaßnahmen zwingt, die während der Zeit ihrer Durchführung diese Fähigkeit aber z.B. durch Mobilitätseinschränkungen und allgemeine Schwächung reduzieren oder gar aufheben.
Den hiernach berücksichtigungsfähigen Pflegebedarf hat das LSG - umgerechnet auf jeden der sieben Wochentage - auf durchschnittlich nur 19 Minuten beziffert, nämlich fünf Minuten für die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme, sieben Minuten für die Hilfe beim Waschen und Duschen (notwendig jeweils bei durchschnittlich zwei von vier Dialysen) sowie ebenfalls sieben Minuten für die Hilfe beim Toilettengang. Nicht berücksichtigt hat das LSG hingegen den Zeitaufwand der Ehefrau des Klägers
- für die Anwesenheit beim Duschen, soweit es nicht zu konkreten Hilfeleistungen kommt,
- für die Begleitung ihres Ehemannes außer Haus sowie
- für die Hilfeleistungen bei der technischen Durchführung und Überwachung der Dialyse und der dazu notwendigen ständigen Anwesenheit bzw. Rufbereitschaft der Ehefrau.
Dies ist nicht zu beanstanden. Die Regelung des § 14 Abs. 3 und 4 SGB XI steht der Einbeziehung dieser Hilfeleistungen bei der Feststellung des Pflegebedarfs entgegen. Es kann hiernach nur die Hilfe berücksichtigt werden, die (1) in der Unterstützung, (2) in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder (3) in Beaufsichtigung oder (4) Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht. Eine in Umfang und Intensität unterhalb dieser vier Arten der Hilfen liegende Form der "Hilfe" muß deshalb außer Betracht bleiben. Das gilt nicht nur für die schlichte Anwesenheit und Ansprechbarkeit einer Bezugsperson (BSG SozR 3-2500 § 53 Nr. 11), sondern auch für die allgemeine Einsatz- oder Rufbereitschaft sowie für die allgemeine Betreuung außerhalb der verrichtungsbezogenen Hilfe (BSG, Urteile vom 19. Februar 1998 - B 3 P 6/97 R und 7/97 R = SozR 3-3300 § 15 Nr. 1).
a) Die vorsorgliche Anwesenheit der Ehefrau des Klägers beim täglichen Duschen wegen möglicher Schwächeanfälle ihres Ehemannes als Folge der Anstrengung durch die Dialyse und wegen der Vorschädigung durch den überwundenen Schlaganfall ist danach keine Hilfe i.S. des § 14 Abs. 3 SGB XI; denn der Kläger, der zur selbständigen Erledigung der Verrichtung "Duschen" in der Lage ist, erhält dabei keine Hilfe in Form der Anleitung oder Beaufsichtigung darüber, daß und wie die Verrichtung durchzuführen ist und daß sie auch ordnungsgemäß erledigt wird. Auch die bloße Einsatz- und Rufbereitschaft der Ehefrau während des Dialysevorgangs hat bereits aus diesem Grunde außer Ansatz zu bleiben.
b) Der Zeitaufwand für die Begleitung des Klägers außer Haus kann ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Es fehlt hierzu schon an der Feststellung des LSG, daß die Begleitung durch die Ehefrau wegen der Gefahr eines Schwächeanfalls bzw. erneuten Schlaganfalls geboten ist. Eine medizinisch nicht gebotene, sondern nur aus reiner Fürsorge oder Vorsicht vorgenommene Maßnahme begründet keinen Pflegebedarf i.S. der §§ 14 und 15 SGB XI. Aber auch bei Unterstellung der Notwendigkeit der Begleitung, die dann als unterstützende Hilfe anzusehen wäre, kann diese Hilfe grundsätzlich nicht berücksichtigt werden, weil die soziale Pflegeversicherung auf die häusliche Pflege zugeschnitten ist (§§ 36, 37 SGB XI). Die Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung und beim Gehen außerhalb des häuslichen Bereichs ist für den Pflegebedarf i.S. der §§ 14 und 15 SGB XI nur dann von Bedeutung, wenn sie auf Betätigungen abzielt, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern, wie es z.B. bei Besuchen beim Arzt oder beim Krankengymnasten der Fall ist (BSG, Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - und vom 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R -, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen). Von daher könnte nur der Zeitaufwand der Ehefrau des Klägers für die - notwendige - Begleitung zum Arzt einschließlich der sich dabei ergebenden Wartezeit (BSG, Urteil vom 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R -) für die Bemessung des Pflegebedarfs in Ansatz gebracht werden.
c) Die Hilfe der Ehefrau des Klägers bei der technischen Durchführung und Überwachung der Dialyse kann für den Pflegebedarf gleichfalls nicht berücksichtigt werden, weil es sich um eine krankheitsspezifische Pflegemaßnahme bei dialysepflichtigem Nierenversagen und damit um eine sog Behandlungspflege handelt. Maßnahmen der Behandlungspflege sind im vorliegenden Zusammenhang nur relevant, wenn sie als Bestandteil der Hilfe zur Durchführung der in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten Verrichtungen anzusehen sind, wie vom erkennenden Senat bereits entschieden worden ist (Urteile vom 19. Februar 1998 - B 3 P 6/97 R und 7/97 R = SozR 3-3300 § 15 Nr. 1). Die Blutwäsche ist aber nicht Bestandteil der Hilfe für eine Verrichtung der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität oder der hauswirtschaftlichen Versorgung. Insbesondere kann sie nicht, wie der Kläger meint, der Entleerung von Blase und Darm gleichgestellt werden.
3. Die Begrenzung des für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen maßgebenden Hilfebedarfs auf die im Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI im einzelnen aufgeführten Verrichtungen ist nicht verfassungswidrig, wie vom erkennenden Senat ebenfalls bereits entschieden worden ist (Urteile vom 19. Februar 1998 - B 3 P 3/97 R = SozR 3-3300 § 14 Nr. 2 sowie - B 3 P 5/97 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Zwar werden durch die Begrenzung des maßgebenden Hilfebedarfs solche Pflegebedürftigen von Leistungen der Pflegeversicherung ausgeschlossen, bei denen auf anderen als den in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführten Gebieten (z.B. Kommunikation, Bildung, Freizeitgestaltung) ein Hilfebedarf besteht. Auch richtet sich die Abgrenzung nicht nach dem Schweregrad der Betroffenheit des zu Pflegenden bzw. der Pflegeperson. Die Pflegeversicherung ist jedoch bewußt nicht als umfassende Absicherung des Pflegerisikos konzipiert worden, die bei jeder Form eines Pflegebedarfs Leistungen vorsieht. Dies wird im Hinblick auf die Leistungen bei häuslicher Pflege insbesondere aus § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI deutlich: Die Vorschrift stellt klar, daß die Pflegeversicherung keine Vollversorgung der Pflegebedürftigen sicherstellt, wie dies im Grundsatz in bezug auf die Gesundheitsversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung gewährleistet ist. Die Leistungen bei häuslicher und teilstationärer Pflege haben gegenüber der fortbestehenden Notwendigkeit von Pflegeleistungen durch Familienangehörige, Nachbarn oder sonstige ehrenamtliche Pflegekräfte nur ergänzende Funktion. Das SGB XI begrenzt nicht nur den Leistungsumfang der Höhe nach unabhängig vom individuellen Bedarf, wie sich im einzelnen aus den §§ 36ff. SGB XI ergibt, sondern durch die Vorgaben der §§ 14, 15 SGB XI auch den Kreis der leistungsberechtigten Personen. Der Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI orientiert sich allein am Tagesablauf eines Gesunden. Das Abstellen auf den hierbei auftretenden Hilfebedarf erfaßt vornehmlich die Situation bei der Gebrechlichkeitspflege. Nur atypische Hilfeleistungen, wie sie insbesondere bei der Versorgung von chronisch Kranken und Behinderten anfallen, werden durch die Begrenzung der für die Bemessung des Pflegebedarfs ausschlaggebenden Verrichtungen auf die in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführten weitgehend ausgeschlossen.
4. Die Klage ist unabhängig vom mangelnden zeitlichen Hilfebedarf i.S. des § 15 Abs. 3 SGB XI auch deshalb unbegründet, weil der Kläger nicht, wie in § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI gefordert, "mindestens einmal täglich" der Hilfe bedarf. An den dialysefreien Tagen, also an jedem zweiten Tag, bestand - wie ausgeführt - kein pflegeversicherungsrechtlich relevanter Hilfebedarf. Dabei kann die Frage offenbleiben, ob diese Tatbestandsvoraussetzung entgegen dem Wortlaut ausnahmsweise auch dann als erfüllt angesehen werden kann, wenn die Hilfe nicht immer täglich, sondern nur "in der Regel" täglich notwendig wird, es also als unschädlich betrachtet werden dürfte, wenn - ähnlich wie bei der Hilfe "täglich rund um die Uhr, auch nachts" i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 3 SGB XI (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 19. Februar 1998 - B 3 P 6/97 R und 7/97 R = SozR 3-3300 § 15 Nr. 1) - der Hilfebedarf an einzelnen Tagen nicht anfiele. Bei einem nur an jedem zweiten Tag auftretenden Hilfebedarf ist jedenfalls ein "täglicher" Hilfebedarf zu verneinen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen