Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 14.10.1987) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Oktober 1987 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Rentenberechnung nach durchgeführtem Versorgungsausgleich (§ 83a Abs 4 Satz 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes -AVG-).
Die am 30. April 1941 geschlossene Ehe des Klägers wurde mit Urteil des Amtsgerichts – Familiengerichts (FamG) – München vom 22. November 1978, rechtskräftig seit 1. März 1979, geschieden. Von dem bei der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) geführten Versicherungskonto des Klägers wurde auf das ebenfalls bei der Beklagten bestehende Versicherungskonto seiner früheren Ehefrau eine Rentenanwartschaft in Höhe von monatlich 148,20 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Juli 1975, übertragen. Außerdem wurde zu Lasten seiner Beamtenversorgung eine Rentenanwartschaft in Höhe von 1.269,60 DM auf dem Versicherungskonto seiner früheren Ehefrau begründet. Diese bezog vom 1. Februar 1979 bis zu ihrem Tode im Juli 1987 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) unter Berücksichtigung der vorgenannten Rentenanwartschaften.
Mit Bescheid vom 11. Februar 1982 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers, der seit 1. Februar 1982 Beamtenversorgung bezieht, ab. Zwar sei der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit am 11. Februar 1981 (Antragstellung) eingetreten, doch könnten nach § 37c AVG in der ab 1. Januar 1980 geltenden Fassung die Ersatzzeiten bei der Rentenberechnung nicht mehr berücksichtigt werden, weil sie als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten der Versorgung aus dem Beamtenverhältnis zugrunde gelegt worden seien. Infolgedessen habe sich der Rentenanspruch des Klägers derart verringert, daß er niedriger sei als die an die ausgleichsberechtigte Ehefrau übertragene Rentenanwartschaft, so daß sich nach § 83a Abs 4 AVG rechnerisch eine „Minus-Rente” ergebe. Widerspruch und Klage des Klägers hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1982; Urteil des Sozialgerichts -SGMünchen vom 10. Januar 1983). Auf die Berufung des Klägers hatte das Bayerische Landessozialgericht (LSG) zunächst das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob die Regelung des § 83a Abs 4 Satz 1 und Abs 1 AVG iVm § 1587a Abs 1 Satz 2, Abs 2 Nr 2, Abs 7 und § 1587b Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) mit Art 14 Abs 1 und Art 3 Abs 1 und 2 des Grundgesetzes (GG) vereinbar sei, soweit sie im Falle von tatsächlichen oder rechtlichen Änderungen nach rechtskräftiger Durchführung des Versorgungsausgleichs dazu führe, daß der Ausgleichspflichtige oder Ausgleichsberechtigte erheblich geringere Leistungen aus seinem Anwartschaftsteil erhalte, als es dem Halbteilungsgrundsatz entspreche. Nachdem durch das Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs vom 8. Dezember 1986 der § 10a in das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) eingefügt und damit die Möglichkeit der Abänderung familiengerichtlicher Entscheidungen über den Versorgungsausgleich geschaffen worden ist, hat das LSG seinen Vorlagebeschluß aufgehoben, weil mit der Neuregelung die Verfassungswidrigkeit der dem BVerfG zur Prüfung vorgelegten Normen behoben worden sei. Die Berufung des Klägers wurde nunmehr im wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen (Urteil vom 14. Oktober 1987):
Die Rentenberechnung entspreche § 83a Abs 4 Satz 1 AVG. Danach ergebe sich für den Kläger – bezogen auf das Jahr des Eintritts des Versicherungsfalles am 11. Februar 1981 – ein Jahresbetrag der Rente (§ 30 Abs 1 AVG) in Höhe von 947,94 DM. Aus der für die frühere Ehefrau übertragenen Rentenanwartschaft ergebe sich ein Minderungsbetrag in Höhe von 1.635,38 DM, so daß sich für den Kläger 1981 als jährliche Rente ein „Malusbetrag” von 687,44 DM ergebe. Aus der anzurechnenden elfmonatigen Beitragszeit und vierzehnmonatigen pauschalen Ausfallzeit folge somit für ihn kein Rentenzahlbetrag. Der inzwischen in Kraft getretene § 10a VAHRG sei geeignet und ausreichend, Benachteiligungen dieser Art angemessen auszugleichen. Verfassungsrechtliche Bedenken ergäben sich auch nicht daraus, daß § 10a VAHRG erst am 1. Januar 1987 in Kraft getreten sei und sein Abs 7 Satz 1 die Wirkungen der eventuellen Abänderungsentscheidung des FamG auf den Zeitpunkt des der Antragstellung folgenden Monatsersten fixiere, somit also eine Rückwirkung ausgeschlossen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, daß dem Gesetzgeber eine gewisse Anlaufzeit zum Sammeln von Erfahrungen zugestanden werden müsse, so daß er das Inkrafttreten notwendiger zusätzlicher Härteregelungen ex nunc bestimmen dürfe. Auch sei der „Stichtag” 1. Januar 1987 sachlich aus der Überlegung heraus vertretbar, daß eine Rückwirkung der Abänderungsmöglichkeit dazu führen würde, daß die dem anderen Ehegatten aus der Versorgungsanwartschaft in der Vergangenheit erbrachten Leistungen rückwirkend gekürzt und von ihm erstattet werden müßten. Davon würde jedoch sein Eigentumsgrundrecht berührt, wofür es an der erforderlichen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung fehle. Eine rückwirkende Erhöhung der Versorgung des durch die Wertverschiebung benachteiligten Ehegatten ohne gleichzeitige rückwirkende Kürzung der Versorgung des anderen Ehegatten würde jedoch den Versorgungsträger einseitig belasten und ließe sich mit dem Grundsatz der Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs nicht vereinbaren.
Mit seiner Revision rügt der Kläger sinngemäß eine unrichtige Anwendung des § 83a Abs 4 Satz 1 AVG sowie Verletzungen des Art 14 GG und des in § 1587a Abs 1 Satz 2 BGB verankerten Halbteilungsgrundsatzes. Die Bedenken gegen die Verfassungswidrigkeit des § 83a Abs 4 Satz 1 AVG könnten nicht durch § 10a VAHRG als behoben gelten. Insoweit sei auch nicht sein Rechtsschutzbedürfnis für die hier zu beurteilende Klage entfallen. Er habe zwar rein vorsorglich auf Anregung des LSG einen Abänderungsantrag beim FamG gestellt, diesen jedoch wieder zurückgenommen, denn er halte eine Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich für unzulässig, weil die Ausgleichsberechtigte aufgrund des Versorgungsausgleichs zu Recht einen Rentenanspruch erworben habe, der nicht mehr nach § 10a VAHRG gemindert werden dürfe; sie habe nicht etwa auf Kosten des Ausgleichsverpflichteten einen relativ höheren Rentenanspruch erworben. Vielmehr sei ihr Rentenanspruch allein deshalb höher gewesen, weil eine Kürzung nach § 37c AVG bei Versicherungsfällen vor dem 1. Januar 1980 nicht habe erfolgen dürfen. Sofern § 10a VAHRG gleichwohl auch eine Kürzung von vor dem 1. Januar 1980 bewilligten Renten vorsehe, verstoße diese Vorschrift gegen Art 14 GG. Außerdem verkenne des LSG, daß nicht die zivilrechtlichen Vorschriften über den Versorgungsausgleich zu dem rechnerischen Malusbetrag geführt hätten, sondern ausschließlich die wortgetreue Anwendung des § 83a Abs 4 Satz 1 AVG. Denn die an die Ausgleichsberechtigte übertragene und auf Ersatzzeiten beruhende Rentenanwartschaft sei z w e i m a l von seiner ursprünglichen Rentenanwartschaft abgezogen worden, indem diese nach § 37c AVG zunächst um die gesamten Ersatzzeiten – incl der an die Ausgleichsberechtigte übertragenen Ersatzzeiten – gemindert und sodann der verbliebene Wert um die volle im Versorgungsausgleich übertragene Rentenanwartschaft – also ein zweites Mal auch noch um die Hälfte der in die Ehezeit fallenden Ersatzzeiten – herabgesetzt worden sei. Ein solches Ergebnis habe nichts mit dem damals durchgeführten Versorgungsausgleich zu tun; vielmehr beruhe es ausschließlich auf § 83a Abs 4 Satz 1 AVG, der als nachgeordnete gesetzliche Bestimmung so ausgelegt werden müsse, daß bei der Rentenberechnung entsprechend dem Halbteilungsprinzip nur von den Rentenanwartschaften auszugehen sei, die der Ausgleichspflichtige oder -berechtigte im jeweiligen Zeitpunkt des Versicherungsfalles habe. Deshalb seien bei der Berechnung seiner Rente vor Anwendung des § 37c AVG die übertragenen Rentenanwartschaften auszusondern mit der Folge, daß § 37c AVG nur die ihm verbliebenen, auf Ersatzzeiten beruhenden Rentenanwartschaftsteile erfasse.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Oktober 1987 und des Sozialgerichts München vom 10. Januar 1983 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Februar 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 1982 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. März 1981 auf der Grundlage der von ihm erworbenen Beitrags- und Ausfallzeiten lediglich unter Abzug der Hälfte der allein daraus auf die Ehezeit entfallenden Rentenanwartschaft zu gewähren, hilfsweise, die Sache dem Bundesverfassungsgericht nach Art 100 GG zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 83a Abs 4 Satz 1 AVG vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, eine Korrektur der hinsichtlich des Versorgungsausgleichs getroffenen Regelung könne nicht über § 83a AVG erfolgen, weil mit dieser Vorschrift nur dasjenige rentenrechtlich umgesetzt werde, was von den FamG zuvor entschieden worden sei. Die erstrebte Korrektur der familiengerichtlichen Entscheidung sei nur nach § 10a VAHRG möglich.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Das ergibt sich nicht bereits daraus, daß die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden wäre, nachdem für den Kläger durch den am 1. Januar 1987 in Kraft getretenen § 10a VAHRG die Möglichkeit geschaffen worden ist, beim FamG einen Abänderungsantrag zu stellen. Der Kläger hat zwar seinen dort gestellten Antrag inzwischen wieder zurückgenommen, wäre aber nicht gehindert, ihn erneut zu stellen. Da eine Abänderung der familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht vor den Zeitpunkt des der Antragstellung folgenden Monatsersten zurückwirken könnte (vgl § 10a Abs 7 VAHRG), fehlt es für den davor liegenden Zeitraum schon aus diesem Grunde nicht an dem Rechtsschutzbedürfnis für die hier anhängige Klage. Ungeachtet dessen ist aber das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage insgesamt deshalb zu bejahen, weil die Klage im anhängigen Verfahren und ein möglicher Abänderungsantrag beim FamG nicht auf im wesentlichen gleiche Verfahrensergebnisse gerichtet sind (vgl dazu BGH NJW 1979, 1508). Abgesehen davon, daß Antragsgegner in einem Abänderungsverfahren beim FamG nicht die Beklagte, sondern die Erben der verstorbenen Versicherten sind (§ 3 VAHRG iVm dem sinngemäß anwendbaren § 1587e Abs 4 BGB; vgl Verbandskommentar, Band II, Stand: 1. Juli 1988, Vorbem vor § 1304, III. § 10a VAHRG RdNr 14 und § 3 VAHRG RdNr 1), könnte eine Abänderung der familiengerichtlichen Entscheidung nur mittelbar zur Erteilung eines Rentenbescheides führen, während das Klagebegehren hier unmittelbar auf Erlaß eines neuen Verwaltungsaktes – ohne den Umweg einer vorherigen Abänderung der famliengerichtlichen Entscheidung gerichtet ist. Der Kläger begehrt hier die Aufhebung des Rentenbescheides und die Verpflichtung der Beklagten, die Rente nach § 83a Abs 4 Satz 1 AVG so zu berechnen, wie es hinsichtlich der übertragenen Rentenanwartschaft dem Halbteilungsgrundsatz nach dem zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles geltenden materiellen Recht entspräche. Mithin würden in beiden Verfahren verschiedene Ansprüche mit verschiedenen Verfahrensgegnern, verschiedenem Gegenstand und verschiedener rechtlicher Begründung geltend gemacht. Abgesehen davon wäre ein möglicher Abänderungsantrag beim FamG auch nicht (eindeutig und erheblich) einfacher, schneller oder weniger kostenaufwendig als die Klage im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit; hinsichtlich des Kostenaufwands ist – im Gegenteil – das anhängige Verfahren wegen der Gerichtskostenfreiheit nach § 183 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) günstiger als das isolierte Abänderungsverfahren nach § 10a VAHRG, für das Gerichtskosten entstehen können (vgl zu letzterem BT-Drucks 10/5447, S 21; ferner Verbandskommentar, aaO, Vorbem vor § 1304, III. § 10a VAHRG RdNr 17). Da der Kläger seinen Antrag beim FamG inzwischen wieder zurückgenommen hat, sieht der Senat im übrigen schon deshalb keinen Anlaß, das Verfahren von Amts wegen auszusetzen (§ 114 Abs 1 iVm § 153 Abs 1, § 165 SGG; vgl auch BSGE 21, 10, 13).
In der Sache hat das LSG zu Recht entschieden, daß sich für den Kläger ab 1. März 1981 kein Rentenzahlbetrag ergibt. Die dem zugrundeliegende Rentenberechnung entspricht dem § 83a Abs 4 Satz 1 AVG. Diese Vorschrift verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.
Ist – wie hier – ein Versorgungsausgleich durch Übertragung von Rentenanwartschaften „Splitting” nach § 1587b Abs 1 Satz 1 iVm § 1587a Abs 2 Nr 2 BGB) vom FamG rechtskräftig durchgeführt worden, hat der Versicherungsträger kraft zwingenden Rechts – § 83a Abs 4 Satz 1 AVG – die dann zu gewährende Rente in zwei Schritten zu berechnen. Zunächst ist – in einem ersten Schritt – der Jahresbetrag der Rente iS von §§ 30, 31 AVG für den ausgleichsverpflichteten Kläger festzustellen. Sodann ist – in einem zweiten Schritt – aus der an die frühere Ehefrau übertragenen Rentenanwartschaft der Betrag zu ermitteln, um den der Jahresbetrag zu mindern ist. Zu Recht hat die Beklagte den Jahresbetrag der Rente – hier iS des § 30 Abs 1 AVG – für den aus dem Versorgungsausgleich verpflichteten Kläger anhand aller für ihn zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles anrechnungsfähigen Versicherungsjahre iS des § 35 AVG errechnet. Daß zu Lasten des Klägers eine Rentenanwartschaft auf das Konto seiner früheren Ehefrau übertragen worden ist, wirkt sich bei diesem ersten Schritt – wie noch auszuführen sein wird – auf die Anzahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre nicht aus. Diese bestimmen sich – ungeachtet der übertragenen Anrechte – nach dem zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden Recht. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG ist beim Kläger der Versicherungsfall am 11. Februar 1981 eingetreten. Deshalb können die vom FamG in seiner Entscheidung vom 22. November 1978 in den Versorgungsausgleich noch einbezogenen Ersatzzeiten nach dem mit Wirkung vom 1. Januar 1980 in Kraft getretenen § 37c AVG (= § 1260c RVO) in seiner ursprünglichen Fassung (durch Art 2 § 2 Nr 13 des Zwanzigsten Rentenanpassungsgesetzes – 20. RAG – vom 27. Juni 1977, BGBl I S 1040, 1051; = § 37c AVG aF) bei der Berechnung der Rente (dh hier: bei der Berechnung des Jahresbetrages der Rente nach § 30 iVm § 83a Abs 4 Satz 1 AVG) für den Kläger nicht mehr berücksichtigt werden. Denn sie treffen unstreitig mit Zeiten zusammen, die iS des § 37c AVG aF „bei Eintritt des Versorgungsfalles zugrunde gelegt” worden sind. Durch die inzwischen mit Wirkung vom 1. Juli 1985 in Kraft getretene Neufassung des § 37c AVG (durch Art 3 Nr 4 iVm Art 11 des RAG 1985 vom 5. Juni 1985, BGBl I S 913, 915 = § 37c AVG nF), die auch für den Versicherungsfall des Klägers Anwendung findet (Art 2 § 14b Abs 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes -AnVNG- idF des RAG 1985), hat sich an diesem Ergebnis nichts geändert. Denn die Ersatzzeiten sind unstreitig bei der Beamtenversorgung des Klägers als „ruhegehaltsfähig” iS des § 37c Abs 1 AVG nF anerkannt worden. Auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung dieser Bestimmung kommt es im vorliegenden Fall nicht an (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1260c Nr 22 S 82; SozR 2200 aaO Nr 23), weil die vom Kläger zurückgelegten Ersatzzeiten – wie dargelegt – bereits nach der ursprünglichen Fassung dieser Bestimmung nicht zu berücksichtigen sind. Daß § 37c AVG aF mit dem GG vereinbar ist, hat das BVerfG mit Gesetzeskraft entschieden (§ 31 Abs 1 und Abs 2 Satz 1 iVm § 13 Nr 11 BVerfGG; BVerfGE 70, 101 ff = SozR 2200 § 1260c Nr 17).
Entgegen der Ansicht des Klägers kann die übertragene Rentenanwartschaft nicht vor der Anwendung des § 37c AVG aF bzw § 37c Abs 1 AVG nF ausgesondert werden mit der Folge, daß bei der Ermittlung des Jahresbetrages der Rente der § 37c AVG nur die dem Ausgleichspflichtigen verbliebenen, auf Ersatzzeiten beruhenden Rentenanwartschaftsteile erfaßt. Das läßt § 83a Abs 4 Satz 1 AVG schon deshalb nicht zu, weil die übertragenen Rentenanwartschaften bzw Werteinheiten nicht mehr bestimmten Versicherungszeiten (hier: Ersatzzeiten) zugeordnet werden können. Der Kläger verkennt, daß beim Versorgungsausgleich durch „Splitting” keine Versicherungszeiten, sondern Werteinheiten übertragen werden (vgl BVerfGE 53, 257, 300 und 305 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 10 und 13; BSGE 64, 75, 77 = SozR 5795 § 4 Nr 6). Diese Werteinheiten ergeben sich aus dem Produkt der in die Ehezeit fallenden Versicherungsjahre und dem persönlichen Vomhundertsatz, der ausdrückt, in welchem Verhältnis das Entgelt des Versicherten zu den Durchschnittsentgelten aller Versicherten in der Arbeiter- und Angestelltenversicherung während der jeweiligen Versicherungsjahre gestanden hat. Durch die Übertragung von Werteinheiten an den Ausgleichsberechtigten wird also nur ein Wertausgleich bewirkt, dem bestimmte Versicherungszeiten nicht mehr zugeordnet werden können (vgl BVerfGE, aaO, S 305 = SozR aaO S 13). Eine Umrechnung der Werteinheiten in Versicherungszeiten – wie sie dem Kläger vorschwebt – findet insoweit nicht statt. Nach der Konzeption des § 83a Abs 4 Satz 1 AVG wirken sich die auf den Ausgleichsberechtigten übertragenen Werteinheiten bzw die entsprechende Lastschrift aus dem Versorgungsausgleich auf die Berechnungsfaktoren der Rente in keiner Weise aus; sie werden nicht bei der Feststellung des Jahresbetrages der Rente – im ersten Schritt –, sondern lediglich nach Feststellung dieses Jahresbetrages bei der Berechnung des Betrages berücksichtigt – zweiter Schritt –, um den der Jahresbetrag der Rente zu mindern ist. Der Kläger kann daher nicht verlangen, daß die Hälfte der auf Ersatzzeiten beruhenden, auf die Ehezeit entfallenden Rentenanwartschaften vor Anwendung der reinen Berechnungsvorschrift des § 37c AVG (vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats in SozR 2200 § 1260c Nr 13 S 37 mwN) abgezogen bzw ausgesondert wird.
Das LSG hat unter Beachtung dieser Grundsätze für den Senat bindend festgestellt, daß sich für den Kläger bei dem am 11. Februar 1981 eingetretenen Versicherungsfall der BU – bezogen auf 1981 ein Jahresbetrag der Rente (§ 30 Abs 1 AVG) in Höhe von 947,94 DM ergibt. Nach § 83a Abs 4 Satz 1 AVG mindert sich der Jahresbetrag der Rente um den Betrag, der sich ergibt, wenn die nach den Absätzen 1 bis 3 dieser Vorschrift ermittelten Werteinheiten mit der der Rentenberechnung zugrundeliegenden allgemeinen Bemessungsgrundlage und bei einer Rente nach § 30 Abs 1 AVG mit 0,0001 vervielfältigt werden. Der so ermittelte Minderungsbetrag für das Jahr 1981 in Höhe von 1.635,38 DM ist von dem Jahresbetrag der Rente (§ 30 Abs 1 AVG) in Höhe von 947,94 DM in Abzug zu bringen, so daß sich rechnerisch eine „Malusbetrag” in Höhe von 687,44 DM ergibt.
Entgegen der Meinung des Klägers sind die Beklagte und auch die SGe nicht – auch nicht im Wege der Lückenausfüllung – befugt, in eigener Zuständigkeit den Jahresbetrag der Rente entsprechend dem Halbteilungsgrundsatz nur um die Hälfte der ehezeitbezogenen Rentenanwartschaft zu mindern, die sich für den Ausgleichsverpflichteten im jeweiligen Zeitpunkt des Eintritts seines Versicherungsfalles ergibt. Damit will der Kläger erreichen, daß die Beklagte den durchgeführten Wertausgleich unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderung bei der Berechnung seiner Rente korrigiert. Dies würde den Bereich der Rentenberechnung, für den die Beklagte zuständig ist, überschreiten und den Versorgungsausgleich selbst betreffen, worüber ausschließlich das FamG zu entscheiden hat und im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zu befinden ist (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 8. Dezember 1988, SozR 2200 § 1304a Nr 15 S 25). Die Übertragung der Durchführung des Versorgungsausgleichs einschließlich der damit verbundenen Bewertungen und Berechnungen auf die FamGe (§ 621 Abs 1 Nr 6 ZPO) ist mit dem GG vereinbar (BVerfGE 64, 175 ff = SozR 1750 § 621 Nr 1). Mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung am 1. März 1979 und aufgrund der fehlenden Abänderbarkeit nach § 18 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) ist diese Entscheidung auch in materielle Rechtskraft erwachsen (so auch BGH, FamRZ 1982, 687 mwN = JZ 1982, 684, 685 m Anm Walter/Henssler; Vorwerk in Soergel, BGB, 12. Aufl, § 1587b RdNr 220 mwN; ferner Hahne in Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 2. Aufl, Teil VI RdNr 300 S 1053; kritisch dagegen noch Schwab in der ersten Auflage RdNr 712). Aufgrund dieser Rechtskraftwirkung und der beim „Splitting” darüber hinausgehenden rechtsgestaltenden Wirkung der Entscheidung des FamG (so ua BayObLG, FamRZ 1981, 560) ist die Rentenanwartschaft in der ausgesprochenen Höhe sowohl für die Beklagte als auch die SGe bindend übertragen, so daß dem Vollzug dieser Übertragung durch den Rentenversicherungsträger nur noch deklaratorische Bedeutung zukommt (vgl Maier in Münchener Kommentar z BGB, Bd 5, 1. Halbband, 2. Aufl, § 1587b RdNr 16 mwN). Eine zeitweilige Nichtberücksichtigung oder eine Rückgängigmachung der sich insoweit ergebenden Rentenminderung, die in den Bereich der Rentenberechnung fällt und daher den Rentenversicherungsträgern übertragen ist, ist nur in bestimmten, gesetzlich geregelten Ausnahmefällen vorgesehen, die jedoch sämtlich auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zutreffen. Das Rentnerprivileg des § 83a Abs 4 Satz 2 AVG kann dem Kläger schon deshalb nicht zugute kommen, weil er bei Eintritt der Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung am 1. März 1979 einen Rentenanspruch noch nicht gehabt hat; der Versicherungsfall ist vielmehr erst im Februar 1981 eingetreten. Die Voraussetzungen des § 4 VAHRG sind ebenfalls nicht erfüllt, weil die aus dem Versorgungsausgleich Berechtigte vom 1. Februar 1979 bis zu ihrem Tode im Juli 1987 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erhalten hat. Daß die Voraussetzungen des § 5 VAHRG nicht erfüllt sind, bedarf danach keiner weiteren Begründung.
Soweit es im vorliegenden Fall auf die Gültigkeit des § 83a Abs 4 Satz 1 AVG bzw auf die Entscheidung der Frage ankommt, ob das Fehlen einer diese Vorschrift ergänzenden Korrekturmöglichkeit für nachträglich eingetretene Abweichungen vom Halbteilungsprinzip zu einem verfassungswidrigen Zustand geführt hat, sieht der Senat keine durchgreifenden Bedenken, die ihn zwängen, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen. Der Senat kann letztlich offenlassen, ob es mit Art 3 und Art 14 GG vereinbar war, daß das Gesetz für Fälle nachträglicher Rechtsänderungen zunächst keine Möglichkeit vorgesehen hatte, die sich daraus ergebenden nachteiligen Wirkungen auf die Rentenberechnung zu beseitigen. Selbst wenn insoweit eine Verletzung der vorgenannten Grundrechte vorläge, könnte dies nach der Grundsatzentscheidung des BVerfG vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257, 288 ff = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 2 ff; im folgenden zitiert allein nach BVerfGE) nicht dazu führen, daß die bei Eintritt der Rechtsänderung am 1. Januar 1980 bestehenden Vorschriften bezüglich des Versorgungsausgleichs – und damit auch § 83a Abs 4 S 1 AVG – als verfassungswidrig zu beanstanden wären. Dort hat das BVerfG keine der für die Durchführung des Versorgungsausgleichs maßgeblichen Bestimmungen für nichtig oder für unvereinbar mit dem GG erklärt (so neuerdings auch Urteil des BVerfG vom 5. Juli 1989, NJW 1989, 1983), sondern nur gefordert, daß durch ergänzende Härteregelungen die Möglichkeit geschaffen werden müsse, nachträglich eingetretenen grundrechtswidrigen Auswirkungen des Versorgungsausgleichs zu begegnen (aaO S 289, 300). Zu der den Fall des Splittings betreffenden Regelung des § 1587b Abs 1 iVm § 1587a Abs 2 Nr 2 BGB ist ausgeführt worden, sie sei mit Art 14 Abs 1 Satz 1 GG mit der Maßgabe vereinbar, daß ergänzende Regelungen für bestimmte, nach Durchführung des Versorgungsausgleichs eintretende Härtefälle geschaffen werden müßten. Den Grundsätzen dieser Entscheidung, die allerdings unter den aufgezeigten Härtefällen denjenigen einer nachträglichen Rechtsänderung nicht aufgeführt hat, könnte im Hinblick auf Art 3 und Art 14 GG ein Verfassungsauftrag zur Schaffung einer ergänzenden Regelung auch für die Fälle derart nachträglich veränderter Verhältnisse zu entnehmen sein. Eine solche Korrekturmöglichkeit hat der Gesetzgeber durch die Einfügung des § 10a VAHRG durch das Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs vom 8. Dezember 1986 (BGBl I S 2317, 2319 f) geschaffen, der grundsätzlich auch auf den Fall des Klägers Anwendung findet.
Entgegen der Auffassung des Klägers war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, anstelle der dort geschaffenen Möglichkeit zur Abänderung der rechtskräftigen Versorgungsausgleichs-Entscheidung des FamG eine die Rentenberechnung nach § 83a Abs 4 Satz 1 AVG ergänzende Härteregelung zu treffen.
Vor Inkrafttreten des § 10a VAHRG ist zwar auch die Auffassung vertreten worden, daß zur Berücksichtigung nachträglicher Rechtsänderungen die Einfügung einer gesetzlichen Regelung ausreichen könnte, wonach im Leistungsfall bei der Minderung einer Rente aus dem Konto des Ausgleichsverpflichteten eine Korrektur durch den Rentenversicherungsträger zu erfolgen und dieser die Werteinheiten in der Lastschrift entsprechend der Veränderung der Werteinheiten der ausgeglichenen Anrechte zu verringern hätte (Schmeiduch, Reform oder Korrektur des Versorgungsausgleichs, DRV 1985, 586, 587). Dem Gesetzgeber bleibt jedoch bei der Ordnung der Lebensverhältnisse ein weiter Spielraum für die Betätigung seines Ermessens (BVerfGE 19, 354, 367 mwN). Bei mehreren denkbaren Regelungsmöglichkeiten zur Herstellung eines verfassungsgemäßen Zustandes ist der Gesetzgeber frei, für welche dieser Möglichkeiten er sich entscheiden will. Es ist nicht Sache der Gerichte, die vom Gesetzgeber gewählte Lösung auf ihre Zweckmäßigkeit zu prüfen oder zu untersuchen, ob sie die „gerechteste” denkbare Lösung darstellt (BVerfGE 3, 58, 135). Der in § 10a VAHRG gewählten Lösung, die eine Abänderung der rechtskräftigen Entscheidung über den Versorgungsausgleich zuungunsten des Ausgleichsberechtigten zuläßt, hat insbesondere auch nicht das Versicherungsfallprinzip entgegengestanden. Entgegen der Meinung des Klägers beruht in seinem Fall die Nichtanwendung der reinen Berechnungsvorschrift des § 37c AVG auf die an die Ausgleichsberechtigte übertragene Rentenanwartschaft nicht darauf, daß der Versicherungsfall bei ihr bereits vor Inkrafttreten des § 37c AVG, dh vor dem 1. Januar 1980, eingetreten ist. Das damit angesprochene Versicherungsfallprinzip, das einer nach Eintritt des Versicherungsfalles vorzunehmenden Änderung von ihm zugrundeliegenden Versicherungszeiten entgegenstehen könnte, findet vielmehr auf die im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragene Rentenanwartschaft keine Anwendung (vgl BSGE 53, 78, 80 ff = SozR 2200 § 1304a Nr 2 S 4 ff; BGH NJW 1982, 989, 990; Michaelis/Sander, Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung, DAngVers 1987, S 285, 305). Wie bereits dargelegt, werden beim Versorgungsausgleich durch „Splitting” keine Versicherungszeiten, sondern Rentenanwartschaften bzw Werteinheiten übertragen, die beim Ausgleichsberechtigten nicht in Versicherungszeiten umgerechnet und daher solchen nicht zugeordnet werden können. Lediglich hinsichtlich der Wartezeiterfüllung werden beim Ausgleichsberechtigten die übertragenen Rentenanwartschaften gemäß § 83a Abs 5 AVG in Wartezeitmonate umgerechnet und nur insoweit die übertragenen Werteinheiten wie Versicherungszeiten behandelt. Dementsprechend beruht die Nichtanwendung des § 37c AVG auf die Rentenanwartschaft der Ausgleichsberechtigten allein auf dem Umstand, daß das FamG diese Rentenanwartschaft zuvor in einer bestimmten Höhe rechtskräftig übertragen hatte. Die Gutschrift in der Höhe der übertragenen Rentenanwartschaft steht damit aber gleichzeitig unter dem Vorbehalt, daß die Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht abgeändert wird. Denn ebenso wie die Übertragung von Rentenanwartschaften beim „Splitting” nach der Rechtsprechung des BVerfG grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig ist, muß auch die teilweise Rückübertragung einer über das Halbteilungsprinzip hinaus übertragenen Rentenanwartschaft verfassungsrechtlich zulässig sein. Dies gilt – entgegen der Meinung des Klägers – unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt beim Antragsgegner iS des § 10a VAHRG der Versicherungsfall eintritt bzw eingetreten ist. Das Ziel, einen Ausgleich zu erreichen, der zwar ehezeitbezogen ist, jedoch auf der Grundlage der tatsächlichen späteren Alterssicherung der Ehegatten beruht, entspricht dem Gedanken der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechten und bildet zugleich, verfassungsrechtlich gesehen, die Legitimation für den Versorgungsausgleich (vgl Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks 10/6369, S 21). Wenn der durch die Abänderungsentscheidung des FamG belastete frühere Ehegatte bereits Rentner ist, stellt sich lediglich die Frage, inwieweit für ihn das Rentnerprivileg des § 83a Abs 4 Satz 2 AVG entsprechend gilt (vgl hierzu Michaelis/Sander, Neuregelungen im Versorgungsausgleich, DAngVers 1987, 86, 95; Verbandskommentar, aaO, Vorbem vor § 1304, III. § 10a VAHRG, RdNr 11).
Bezüglich des Zeitraums, von dem ab mit § 10a VAHRG die grundsätzliche Möglichkeit einer Abänderung der familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich geschaffen worden ist, kann der Frage, ob mit dieser Regelung eine verfassungskonforme Härteregelung geschaffen worden ist, vom erkennenden Senat nicht im einzelnen nachgegangen werden. Hat sich der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit – und nach der Konzeption des Versorgungsausgleichs folgerichtig – dafür entschieden, nachträglich eingetretene Abweichungen vom Halbteilungsgrundsatz nur auf dem Wege einer Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu korrigieren, und diese Korrektur ausschließlich den FamG zugewiesen, bleibt dafür im Bereich der lediglich nachvollziehenden Rentenberechnung und damit auch im Zuständigkeitsbereich der Rentenversicherungsträger und der SGe kein Raum mehr, selbst wenn § 10a VAHRG einem auf Art 3 und 14 GG beruhenden Verfassungsauftrag nicht voll genügte. Das gilt insbesondere auch insoweit, als § 10a VAHRG für Abänderungsentscheidungen der FamGe eine Rückwirkung ausgeschlossen hat (Abs 7 Satz 1) und im übrigen die Abänderung nur unter einschränkenden Voraussetzungen (ua derjenigen einer „wesentlichen” Abweichung von der Erstentscheidung) zugelassen hat (Abs 1 bis 5). Ob diese einschränkenden Voraussetzungen und die fehlende Rückwirkung einem evtl Verfassungsauftrag zur Beseitigung von Härten entsprechen, hat der erkennende Senat nach der zwischen den FamG und SG vorgenommenen arbeitsteiligen Aufgabenzuweisung ebensowenig zu prüfen wie die Frage, ob und ab wann der Kläger ggf die Voraussetzungen des § 10a VAHRG erfüllt. Die Anwendung des § 10a VAHRG ist Sache der FamGe und nicht der SGe, von denen lediglich geprüft werden kann, ob und inwieweit eine grundsätzlich fehlende Möglichkeit zur Korrektur nachträglich eingetretener Abweichungen vom Halbteilungsgrundsatz zu einer verfassungswidrigen Lage hinsichtlich der Rentenberechnung geführt hat oder führt.
Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich im vorliegenden Fall aber auch nicht daraus, daß der Gesetzgeber erst mit dem Gesetz vom 8. Dezember 1986 eine Korrekturmöglichkeit geschaffen hat. Die Nichterfüllung eines auf Art 3, 14 GG beruhenden Verfassungsauftrags könnte zwar dazu führen, daß nach Ablauf einer angemessenen Frist der Wille der Verfassung soweit wie möglich von der Rechtsprechung zu verwirklichen ist; die Verfassungsnorm erlangt dann derogierende Kraft gegenüber entgegenstehendem einfachem Recht (so BSGE 62, 163, 164 = SozR 5750 Art 2 § 18 Nr 3 S 7 unter Hinweis auf BVerfGE 3, 225 und 25, 167; vgl auch Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, BVerfGG, Stand: 1. November 1987, § 80 RdNr 141 und § 90 RdNr 108 ff). Auch wenn vorliegend ein aufgrund von Art 3, 14 GG bestehender – unbefristeter – Verfassungsauftrag vorgelegen hätte, hat jedenfalls die Untätigkeit des Gesetzgebers nicht solange angedauert, daß sie auch unter Beachtung seiner grundsätzlichen Dispositionsfreiheit und unter Würdigung aller die Verzögerung rechtfertigenden Umstände nicht mehr erträglich erschiene (vgl dazu BVerfGE 25, 167, 184). Wie bei der Frage, innerhalb welcher Frist der Gesetzgeber zur Beseitigung eines verfassungswidrigen Zustandes verpflichtet ist (vgl hierzu BVerfGE 15, 337, 351), ist auch bei der Erfüllung von Verfassungsaufträgen ua von Bedeutung, ob die Verfassungswidrigkeit unbestritten ist. Es war jedoch – wie sich aus der Entstehungsgeschichte des § 10a VAHRG ergibt – nicht unbestritten, ob nachträgliche Rechtsänderungen zu einem verfassungswidrigen Ergebnis der rechtskräftig vollzogenen Entscheidung des FamG über den Versorgungsausgleich führen können. Bei den FamG und den Vertretern der Rentenversicherungsträger sind die Vorschläge zur Einführung eines Abänderungsverfahrens zunächst überwiegend auf Zurückhaltung oder Ablehnung gestoßen (vgl Verbandskommentar, aaO, Vorbem vor § 1304, § 10a VAHRG RdNr 1). So sollte es noch nach den Empfehlungen des 5. Deutschen Familiengerichtstages vom Oktober 1983 an den Gesetzgeber eine Korrektur rechtskräftiger Versorgungsausgleichs-Entscheidungen grundsätzlich nicht geben (vgl FamRZ 1983, 1199, 1202). Erst später – insbesondere ab dem Jahre 1985 – häuften sich die Stimmen, die ausdrückliche verfassungsrechtliche Bedenken anmeldeten (Lohmann, DRV 1985, 577, 580; Bergner, NJW 1986, 217, 218; ders schon in: Versorgungsausgleich und Berücksichtigung veränderter Verhältnisse, 1981, S 219 ff, 221; Hampel, FamRZ 1986, 218, 222; Köbl in: Schriftenreihe für Internationales und Vergleichendes Sozialrecht, Bd 11, 1985, S 47, 74; aA Henssler, Korrektur rechtskräftiger Entscheidungen über den Versorgungsausgleich, 1983, S 177 f und 181 f). Nunmehr sollte auch nach den Empfehlungen des 6. Deutschen Familiengerichtstages vom Oktober 1985 eine begrenzte Möglichkeit zur Abänderung der Versorgungsausgleichs-Entscheidungen geschaffen werden, und zwar ua bei einer Änderung der Anrechenbarkeit beitragsloser Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl FamRZ 1986, 130, 132). Die Vorlage des LSG an das BVerfG war mit Beschluß vom 23. April 1986 erfolgt. Unter diesen Umständen kann von einem unvertretbar langen Untätigbleiben des Gesetzgebers nicht gesprochen werden. Bereits der Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und FDP vom 15. September 1982 (BT-Drucks 9/1981, S 5, 35) enthielt eine Regelung (§ 1587l BGB-E), die einen nachträglichen Wertausgleich bei Eintritt der Unverfallbarkeit von Anrechten ermöglichen sollte. Die Mehrheit des Rechtsausschusses des Bundestages (vgl Bericht vom 13. Dezember 1982, BT-Drucks 9/2296, S 13) lehnte seinerzeit jedoch eine solche vorgezogene Einzelregelung mit der Begründung ab, daß das Recht des Versorgungsausgleichs einer weiteren Überprüfung bedürfe, insbesondere auch im Hinblick auf die Änderungen im Rentenversicherungs- und Beamtenversorgungsgesetz durch das Zweite Haushaltsstrukturgesetz. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 7. Mai 1986 kam diesem Auftrag nach (BT-Drucks 10/5447, S 8). Nach Auseinandersetzungen über die Reichweite der zu schaffenden Korrekturmöglichkeit hat schließlich der Gesetzgeber entsprechend der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks 10/6369 S 10 und 20 f) den neuen § 10a VAHRG mit Wirkung vom 1. Januar 1987 eingefügt. Angesichts dieser Entwicklung läßt sich der Vorwurf, daß sich der Gesetzgeber mit der Schaffung einer ggf verfassungsrechtlich gebotenen Korrekturmöglichkeit für Fälle nachträglich eingetretener Änderungen in unerträglicher Weise Zeit gelassen hätte, nicht aufrechterhalten. In diesem Zusammenhang ist auch die Rechtsprechung des BVerfG zu berücksichtigen, nach der es bei komplexen Sachverhalten vertretbar sein kann, dem Gesetzgeber zunächst eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erfahrungen einzuräumen (BVerfGE 71, 364, 393 mwN); hier könnten einzelne Mängel einer umfassenden Neuregelung erst dann Anlaß zum verfassungsgerichtlichen Eingreifen geben, wenn der Gesetzgeber eine spätere Überprüfung und Verbesserung trotz ausreichender Erfahrungen für eine sachgerechtere Lösung unterlasse (BVerfGE 53, 257, 312 f mwN). Daß der Gesetzgeber bestrebt war, nach Überprüfung und Vorliegen ausreichender Erfahrungen eine Verbesserung rechtzeitig vorzunehmen, ergibt sich – neben der bereits aufgezeigten Entstehungsgeschichte – auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 10a VAHRG (BT-Drucks 10/5447 S 16). Dort ist ausdrücklich auf die Erfahrungen der Praxis zurückgegriffen und im einzelnen dargestellt worden, bei welchen Fallgestaltungen das Fehlen einer besonderen, auf den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich zugeschnittenen Abänderungsmöglichkeit als besonders unbillig empfunden werde – zB in den Fällen der § 1260c RVO, § 37c AVG –. Nach allem ist § 10a VAHRG noch innerhalb angemessener Frist in das Gesetz eingefügt worden, so daß ein „Durchschlagen” des Verfassungsrechts gegenüber einfachem Recht – hier dem § 83a Abs 4 Satz 1 RVO – nicht in Betracht kommt.
Die Revision des Klägers konnte deshalb nicht zum Erfolg führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1173355 |
BSGE, 52 |
BB 1990, 1563 |