Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachversicherung eines Rechtspraktikantenverhältnisses bei einstufiger Juristenausbildung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Ein Absolvent der einstufigen Juristenausbildung nach dem "Bielefelder Modell" ist für die Zeit eines Rechtspraktikantenverhältnisses, während derer weder ein Beamtenverhältnis bestanden hat noch eine Versorgungsanwartschaft gewährleistet worden ist, nicht nachzuversichern.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Feststellung einer Gesetzeslücke und damit deren Schließung durch die Rechtsprechung verbieten sich dann, wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Gesetzgeber den von einer Rechtsvorschrift nicht erfaßten Sachverhalt bewußt nicht in den Anwendungsbereich der Norm eingezogen hat.
2. Die (positive) Gewährleistungsentscheidung der nach § 6 Abs 2 AVG zuständigen Stelle ist zwingende Voraussetzung für den Eintritt der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 AVG.
3. Der in § 1229 Abs 1 Nr 2 RVO (§ 6 Abs 1 Nr 2 AVG) verwendete Begriff des Beamten ist im Sinne des Beamtenrechts zu verstehen; als Beamte kann diese Vorschrift weder unmittelbar noch analog angewendet werden.
Orientierungssatz
Daß Absolventen der einstufigen Juristenausbildung für die Zeit eines Rechtspraktikantenverhältnisses, während derer sie weder in einem Beamtenverhältnis gestanden haben noch ihnen eine Versorgungsanwartschaft gewährleistet worden ist, nicht versicherungsfrei, Absolventen der herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung hingegen während der Zeit ihres Referendariats nach § 6 Abs 1 Nr 2 AVG versicherungsfrei und deswegen gegebenenfalls für diese Zeit nachzuversichern sind, verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Normenkette
RVO § 1229 Abs. 1 Nr. 2, § 1232 Abs. 1; AVG § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 9 Abs. 1; RVO § 1229 Abs. 1 Nr. 3; AVG § 6 Abs. 1 Nr. 3; GG Art. 3 Abs. 1; AVG § 6 Abs. 2
Verfahrensgang
SG Detmold (Entscheidung vom 06.12.1984; Aktenzeichen S 13 An 14/83) |
Tatbestand
Streitig ist eine Nachversicherung des Klägers für die Zeit vom 1. August 1979 bis zum 31. Januar 1982 in der Angestelltenversicherung.
Der Kläger war ab 1. Oktober 1975 Student der einstufigen Juristenausbildung an der Universität Bielefeld. Diese Ausbildung von insgesamt 76 Monaten Dauer gliederte sich in eine zweiteilige Grundausbildung (Grundausbildung I: 26 Monate, Grundausbildung II: 28 Monate) und eine Schwerpunktausbildung (22 Monate). Innerhalb der Grundausbildung II und der Schwerpunktausbildung wechselten sich Abschnitte des Studiums und der in drei Abschnitte aufgeteilten praktischen Ausbildung (zweimal je 9 Monate, einmal 8 Monate) ab. Die Ausbildung endete mit einem Studienabschnitt und dem letzten Teil der Abschlußprüfung (vgl zum Aufbau der Ausbildung § 4 der Verordnung über die einstufige Juristenausbildung - EJAO - vom 26. September 1974, GV NW 1974 S 1026, geändert durch Verordnung vom 11. November 1981, GV NW 1981 S 632).
Vom 1. März 1978 (Beginn des 1. Praxisabschnittes) bis zur Beendigung seiner Ausbildung am 31. Januar 1982 stand der Kläger in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis (Rechtspraktikantenverhältnis) zum beigeladenen Land Nordrhein-Westfalen gemäß §§ 52 ff EJAO und erhielt vom 1. August 1979 an (ab dem 6. Monat des 2. Praxisabschnittes) eine Unterhaltsbeihilfe entsprechend den Vorschriften über den Unterhaltszuschuß für Referendare im juristischen Vorbereitungsdienst (§ 56 EJAO). Die zunächst für den Kläger abgeführten Beiträge zur Angestelltenversicherung wurden erstattet, weil die Sozialversicherungsträger aufgrund zwischenzeitlich ergangener Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) Rechtspraktikanten nicht für versicherungspflichtig hielten.
Der Kläger nahm nach Abschluß seiner juristischen Ausbildung eine angestelltenversicherungspflichtige Beschäftigung auf. Im Mai 1982 beantragte er die Nachversicherung seiner Rechtspraktikantenzeit vom 1. August 1979 bis zum 31. Januar 1982. Mit Bescheid vom 13. August 1982 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab: Der Kläger habe als Rechtspraktikant weder in einem Beamtenverhältnis gestanden, noch seien ihm Versorgungsanwartschaften gewährleistet worden. Damit habe Versicherungsfreiheit gemäß § 6 Abs 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) nicht bestanden. Rechtspraktikanten der einstufigen Juristenausbildung seien nach § 4 Abs 1 Nr 4 AVG versicherungsfrei. Versicherungsfreiheit aufgrund dieser Vorschrift schließe eine Nachversicherung gemäß § 9 AVG aus. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 1983).
Das Sozialgericht (SG) Detmold hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6. Dezember 1984) und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Voraussetzungen einer Nachversicherung der Zeit vom 1. August 1979 bis 31.Januar 1982 seien nicht erfüllt. Der Kläger sei während des Rechtspraktikantenverhältnisses nicht nach den in § 9 Abs 1 AVG genannten und hier allein einschlägigen Bestimmungen des § 6 Abs 1 Nrn 2 oder 3 AFG versicherungsfrei gewesen. Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 AVG habe schon deshalb nicht bestanden, weil die oberste Verwaltungsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen für die Teilnehmer am Bielefelder Modell der einstufigen Juristenausbildung einen nach § 6 Abs 2 AVG erforderlichen Gewährleistungsbescheid nicht erlassen habe. Da der Kläger nicht in ein Beamtenverhältnis berufen worden sei, greife auch § 6 Abs 1 Nr 2 AVG nicht ein. Eine analoge Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 2 AVG im Rahmen des § 9 AVG auf Rechtspraktikanten des Bielefelder Modells komme nicht in Betracht. Ihr Ausschluß von der Nachversicherung stelle keine planwidrige Ungleichbehandlung gegenüber Rechtsreferendaren dar, die ihren Vorbereitungsdienst im Beamtenverhältnis auf Widerruf ableisteten. Die Teilnehmer des Bielefelder Modells seien ab Beginn ihres Rechtspraktikantenverhältnisses nach § 2 Abs 1 Nr 1 AVG als zu ihrer Ausbildung für den Beruf eines Angestellten beschäftigte Personen versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinweis auf Loytved, ErsK 1983, 423). Das Rechtspraktikantenverhältnis sei, auch wenn die Rechtspraktikanten im Wechsel immer wieder ausschließlich an der Universität studierten, ein in persönlicher Abhängigkeit ausgeübtes Beschäftigungsverhältnis mit dem Ziel einer Ausbildung für eine Tätigkeit, die bei Ausübung in abhängiger Beschäftigung Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung begründen würde. Die Rechtspraktikanten der Bielefelder Juristenausbildung seien nicht nach § 4 Abs 1 Nr 4 AVG versicherungsfrei. Zwar sei der Kläger bis zum Ende seiner juristischen Ausbildung eingeschriebener ordentlicher Student und während des streitigen Zeitraums gegen Entgelt beschäftigt gewesen. Der Studentenstatus werde jedoch durch das Rechtspraktikantenverhältnis für dessen gesamte Zeit überlagert. Auch nach dem zeitlichen Umfang der berufspraktischen Tätigkeit werde nach Abschluß der Grundausbildung I der Status des Rechtspraktikanten dahin geändert, daß er nunmehr zum Kreise der Beschäftigten gehöre. Wegen der Rentenversicherungspflicht für die Zeit des Rechtspraktikantenverhältnisses könnten ebenso wie die Absolventen der zweistufigen Juristenausbildung auch die Teilnehmer am Bielefelder Modell der einstufigen Juristenausbildung eine rentenrechtliche Berücksichtigung ihrer gesamten Ausbildungszeit erreichen.
Mit der vom SG durch Beschluß nachträglich zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung der § 9 AVG und Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG). Die Annahme einer Versicherungsfreiheit gemäß § 6 Abs 1 Nr 2 bzw Nr 3 AVG dürfe nicht an dem Fehlen formeller Akte, nämlich der Aushändigung einer Urkunde mit den Worten "unter Berufung in das Beamtenverhältnis" bzw dem Erlaß eines Gewährleistungsbescheides scheitern. Zumindest müsse § 6 Abs 1 Nr 2 AVG für die Rechtspraktikanten des Bielefelder Modells im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG entsprechend angewandt werden. Andernfalls liege eine willkürliche Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Rechtsreferendaren vor. Daraus, daß die einstufige Juristenausbildung der herkömmlichen Ausbildung gleichwertig sei (§§ 5, 5a des Deutschen Richtergesetzes - DRiG -, § 1 EJAO) und für Rechtspraktikanten die gleichen Rechte und Pflichten wie für Rechtsreferendare bestünden (§ 55 EJAO), ergebe sich, daß eine Gleichbehandlung beider Gruppen beabsichtigt sei. Dies müsse auch für den Anspruch auf Durchführung der Nachversicherung gelten. Da im Zuge des Erprobungsmodells der einstufigen Juristenausbildung die rentenversicherungsrechtlichen Folgen übersehen worden seien und der Gesetzgeber insoweit keine klare Regelung getroffen habe, liege eine zu schließende Gesetzeslücke vor. Die Ansicht des SG, wonach vom Beginn des Rechtspraktikantenverhältnisses an eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt werde, sei unzutreffend und stehe zudem im Widerspruch zur tatsächlichen Lage der Rechtspraktikanten. Vielmehr müsse die Rechtspraktikantenzeit unter dem Gesichtspunkt der versicherungsrechtlichen Kontinuität gemäß § 4 Abs 1 Nr 4 AVG als versicherungsfrei angesehen werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 6. Dezember 1984 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. August 1982 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 1983 zu verurteilen, die Nachversicherung für die Zeit vom 1. August 1979 bis zum 31. Januar 1982 durchzuführen und Nachversicherungsbeiträge vom Beigeladenen anzufordern.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend, meint allerdings wie der Kläger, daß die Absolventen der einstufigen Juristenausbildung während der gesamten Ausbildungszeit nach § 4 Abs 1 Nr 4 AVG versicherungsfrei seien, weil ihr Studentenstatus auch während der Praktika ununterbrochen fortbestehe. Dies löse jedoch im Gegensatz zur Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 2 bis Nr 5 AVG die begehrte Nachversicherung nach § 9 AVG gerade nicht aus. Eine sozialversicherungsrechtliche Differenzierung zwischen den Absolventen der einstufigen und denen der herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung erscheine wegen der strukturellen Unterschiede auch als sachgerecht. Eventuelle faktische Nachteile könnten eine willkürliche Ungleichbehandlung nicht begründen.
Das beigeladene Land hat einen Antrag nicht gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die durch nachträgliche Zulassung statthafte Sprungrevision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß dem Kläger ein Anspruch auf Durchführung der Nachversicherung für die Zeit vom 1. August 1979 bis zum 31. Januar 1982 nicht zusteht.
Rechtsgrundlage eines solchen Anspruchs ist § 9 Abs 1 AVG. Danach sind Personen, die aus einer Beschäftigung, während der sie nach § 6 Abs 1 Nr 2 bis 5 oder nach § 8 Abs 1 AVG versicherungsfrei waren, ausscheiden, ohne daß ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung oder ihren Hinterbliebenen eine diesen Vorschriften oder Grundsätzen entsprechende Versorgung aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt wird, für die Zeit, in der sie sonst in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungspflichtig gewesen wären, nachzuversichern.
Fraglich ist bereits, ob der Kläger während der streitigen Zeit eine "Beschäftigung" iS des § 7 des Sozialgesetzbuchs, Viertes Buch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB 4) vom 23. Dezember 1976 (BGBl I S 3845) ausgeübt hat. "Beschäftigung" ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 SGB 4). Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung (§ 7 Abs 2 SGB 4). Danach scheiden die in den hier streitigen Zeitraum fallenden Studienabschnitte als Beschäftigung von vornherein aus. Als solche kommen allenfalls die Praxisabschnitte in Betracht (vgl Urteil des 11a Senats des BSG vom 20. März 1986 - 11a RA 64/84 -). Dabei ist allerdings zu bedenken, daß Praktika nur im Rahmen einer betrieblichen Berufsbildung als Beschäftigung gelten und, wenn und soweit sie Teil einer Hochschulausbildung sind, nicht unter den Begriff der betrieblichen Berufsausbildung iS des § 19 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) fallen (vgl jeweils unter Hinweis auf BAGE 26, 198, 204 = AP Nr 3 zu § 3 BAT, BSG SozR 2200 § 172 Nr 15 S 29 und Urteil des BSG vom 17. Dezember 1980 - 12 RK 3/80 - = Die Beiträge 1981, 229, 231).
Die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung während des hier maßgebenden Zeitraums des Rechtspraktikantenverhältnisses braucht indes nicht vertieft zu werden. Selbst wenn sie - was im folgenden unterstellt wird - zu bejahen wäre, scheitert der vom Kläger erhobene Anspruch auf Durchführung der Nachversicherung aus einem anderen Grunde. Die Nachversicherungspflicht erstreckt sich nur auf diejenigen Beschäftigungszeiten, die in der Rentenversicherung an sich versicherungspflichtig und nur infolge einer der in § 9 Abs 1 AVG genannten Ausnahmevorschriften (§ 6 Abs 1 Nrn 2 bis 5, § 8 Abs 1 AVG) versicherungsfrei gewesen sind (BSGE 50, 289, 291 = SozR 2200 § 1232 Nr 9 S 17 mwN; BSGE 51, 157, 159 = SozR 2200 § 1303 Nr 17 S 49; vgl auch BSG SozR 2200 § 1233 Nr 23 S 32). Die Rechtspraktikantenzeit des Klägers vom 1. August 1979 bis 31. Januar 1982 ist schon nicht aufgrund einer der in § 9 Abs 1 AVG genannten Ausnahmevorschriften versicherungsfrei gewesen. Damit bedarf es nicht der Prüfung, ob sie an sich versicherungspflichtig gewesen wäre.
Von den in § 9 Abs 1 AVG aufgezählten Ausnahmevorschriften sind von vornherein nur die Nrn 2 und 3 des § 6 Abs 1 AVG einschlägig. Danach sind versicherungsfrei Beamte ua des Bundes und der Länder, solange sie lediglich für ihren Beruf ausgebildet werden (Nr 2), sowie Beamte, Richter und sonstige Beschäftigte der in Nr 2 genannten Körperschaften, wenn ihnen Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist (Nr 3). Ob und seit wann Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hinterbliebenenversorgung iS des § 6 Abs 1 Nr 3 AVG gewährleistet ist, entscheidet außer beim Bund oder bei einer der Aufsicht des Bundes unterstehenden Körperschaft für die bei sonstigen Körperschaften Beschäftigten die oberste Verwaltungsbehörde des Landes, in dessen Betrieben oder Dienst die Beschäftigung stattfindet oder in dessen Gebiet die Körperschaft ihren Sitz hat (§ 6 Abs 2 AVG).
Nach § 6 Abs 1 Nr 2 AVG versicherungsfrei ist die Rechtspraktikantenzeit während des streitigen Zeitraums deswegen nicht gewesen, weil der Kläger seinerzeit nicht Beamter gewesen ist. Der in § 6 Abs 1 Nr 2 AVG verwendete Begriff des "Beamten" ist iS des Beamtenrechts zu verstehen (BSG SozR 2200 § 1229 Nr 1 S 2). Nach Beamtenrecht bedarf es zur Begründung eines Beamtenverhältnisses der Ernennung (vgl zB § 6 Abs 1 Nr 1 des Bundesbeamtengesetzes -BBG-; § 5 Abs 1 Nr 1 des Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts -Beamtenrechtsrahmengesetz, BRRG-). Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung einer Urkunde, in welcher bei Begründung des Beamtenverhältnisses die Worte "unter Berufung in das Beamtenverhältnis" mit einem die Art des Beamtenverhältnisses bestimmenden Zusatz enthalten sein müssen (§ 6 Abs 2 Sätze 1 und 2 Nr 1 BBG; § 5 Abs 2 Sätze 1 und 2 Nr 1 BRRG). Der Kläger ist nach den für den Senat bindenden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) bzw in Anwendung nicht revisiblen Landesrechts (§ 162 SGG) getroffenen Feststellungen des SG nicht in dieser Form in ein Beamtenverhältnis berufen worden.
Der Ansicht der Revision, die Anwendbarkeit des § 6 Abs 1 Nr 2 AVG dürfe nicht am Fehlen des formellen Aktes der Aushändigung einer Urkunde mit bestimmtem Wortlaut scheitern, vermag der Senat nicht beizupflichten. Ihr steht einmal entgegen, daß § 6 Abs 1 Nr 2 AVG eine eigenständige Definition des Begriffs des "Beamten" nicht enthält und damit insoweit ersichtlich an das für diesen Begriff in erster Linie maßgebende Beamtenrecht anknüpft. Zum anderen wird die Auffassung der Revision durch einen Vergleich des Wortlauts der Nr 2 mit demjenigen der Nr 3 des § 6 Abs 1 AVG widerlegt. Nach letztgenannter Vorschrift sind "Beamte, Richter und sonstige Beschäftigte" versicherungsfrei. Für diese Versicherungsfreiheit ist nicht entscheidend, ob der Beschäftigte Beamter im staatsrechtlichen Sinne ist. Maßgebend ist vielmehr, daß er in seinem Beschäftigungsverhältnis eine beamtenrechtliche oder dieser vergleichbare Versorgungsanwartschaft genießt (vgl BSGE 40, 208, 209f = SozR 2200 § 169 Nr 1 S 3; BSGE 50, 231, 234 = SozR 2200 § 1229 Nr 12 S 19; ferner BSGE 51, 157, 158 = SozR 2200 § 1303 Nr 17 S 48). Nach § 6 Abs 1 Nr 2 AVG sind hingegen lediglich Beamte versicherungsfrei. Andere für ihren Beruf auszubildende Beschäftigte sind nicht nur nicht in diese Versicherungsfreiheit einbezogen worden. Sie sind vielmehr im Gegenteil ausdrücklich der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung unterworfen worden (§ 2 Abs 1 Nr 1 AVG). Dies muß zwingend zu dem Schluß führen, daß zu den Beamten, die "lediglich für ihren Beruf ausgebildet werden", iS des § 6 Abs 1 Nr 2 AVG ausschließlich Beamte im staatsrechtlichen Sinne gehören. Der Kläger ist als Rechtspraktikant während des hier streitigen Zeitraums nicht Beamter in diesem Sinne gewesen.
Eine nach Auffassung der Revision insbesondere zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung (Art 3 Abs 1 GG) im Vergleich zu Rechtsreferendaren der herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung gebotene analoge Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 2 AVG auf nicht in einem Beamtenverhältnis stehende Rechtspraktikanten ist nicht zulässig. Einer solchen Analogie stehen zwei Gründe entgegen. Einmal sind vom Grundsatz her alle entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisse und damit auch diejenigen der gegen Entgelt beschäftigten Beamten versicherungspflichtig. Indes bedürfen anderweitig bereits hinreichend gesicherte Personen nicht der Sicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung. Bei bestimmten Beamtengruppen ist eine anderweitige hinreichende Sicherung durch die beamtenrechtliche Versorgung gegeben. Für diese Beamtengruppen gilt deswegen hinsichtlich ihrer im Beamtenverhältnis ausgeübten Beschäftigung eine Ausnahme von der Versicherungspflicht. Derartige Ausnahmen bedürfen einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift (vgl ua BSG SozR 2200 § 1229 Nr 1 S 2; BSGE 50, 231, 233 = SozR 2200 § 1229 Nr 12 S 18; BSGE 56, 107, 108 = SozR aaO Nr 18 S 28). Es kann auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen derartige ausdrückliche Ausnahmebestimmungen überhaupt einer analogen Anwendung zugänglich sind. Sie käme in jedem Fall von vornherein nur für Personen oder Personengruppen in Betracht, welche eine der beamtenrechtlichen Versorgung nach Art und Umfang vergleichbare Sicherung innehaben und deswegen der Sicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht bedürfen. Zum Kreise dieser Personen gehören Absolventen der einstufigen Juristenausbildung während ihrer Rechtspraktikantenzeit, wenn für deren Dauer sie weder in einem Beamtenverhältnis stehen noch ihnen eine Versorgungsanwartschaft gewährleistet worden ist, nicht. Bei ihnen greift deshalb der den Vorschriften über die Versicherungsfreiheit zugrundeliegende Gedanke des fehlenden Bedürfnisses eines Schutzes durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht ein. Bereits dieser Gesichtspunkt steht der nach Meinung der Revision gebotenen analogen Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 2 AVG entgegen.
Dagegen spricht ferner folgende Erwägung: Die analoge Anwendung einer Vorschrift auf andere als die von ihr ausdrücklich geregelten Sachverhalte setzt das Bestehen einer vom Gesetzgeber nicht gewollten und deswegen von der Rechtsprechung zu schließenden Gesetzeslücke voraus (BSGE 51, 157, 159 = SozR 2200 § 1303 Nr 17 S 49). Die Feststellung einer Gesetzeslücke und damit deren Schließung durch die Rechtsprechung verbieten sich dann, wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Gesetzgeber den von einer Rechtsvorschrift nicht erfaßten Sachverhalt bewußt nicht in den Anwendungsbereich der Norm einbezogen hat. Diese Entscheidung ist von der Rechtsprechung zu respektieren und schließt eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches der Norm auf andere als die von ihr ausdrücklich geregelten Sachverhalte aus (vgl BSG SozR 2200 § 205 Nr 36 S 87f). So liegt der Fall hier. Zu § 6 Abs 1 Nr 3 AVG hat bereits der 11. Senat des BSG (BSGE 51, 157, 160 = SozR 2200 § 1303 Nr 17 S 50) ausgesprochen, die Vorschrift sei Teil einer Gesamtkonzeption, welche eine Ausnahme nicht zulasse. Für § 6 Abs 1 Nr 2 AVG muß dies erst recht gelten. Wie bereits erwähnt, ergibt sich aus dessen Zusammenschau mit § 2 Abs 1 Nr 1 AVG der hinreichend deutliche gesetzgeberische Wille, Zeiten der Beschäftigung zur Ausbildung für den Beruf eines Angestellten grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung zu unterwerfen und allein die in § 6 Abs 1 Nr 2 AVG genannten Beamten für die Dauer der Ausbildung für ihren Beruf von dieser Versicherungspflicht auszunehmen. Eine analoge Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 2 AVG auf andere als im Beamtenverhältnis zu ihrer Ausbildung Beschäftigte würde dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen und ist damit der Rechtsprechung verwehrt.
Die Rechtspraktikantenzeit des Klägers während des hier streitigen Zeitraums ist auch nicht nach § 6 Abs 1 Nr 3 AVG versicherungsfrei gewesen. Insofern fehlt es an der nach § 6 Abs 2 AVG erforderlichen Gewährleistungsentscheidung der obersten Verwaltungsbehörde des Landes. Das stellt auch die Revision nicht in Abrede. Sie meint allerdings, das Fehlen dieses formellen Akts dürfe nicht zur Nichtanwendung des § 6 Abs 1 Nr 3 AVG führen. Diese Meinung teilt der Senat nicht.
Die (positive) Gewährleistungsentscheidung der nach § 6 Abs 2 AVG zuständigen Stelle ist zwingende Voraussetzung für den Eintritt der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 AVG. Ob sie für diese von konstitutiver Wirkung ist (so BSGE 50, 289, 294 = SozR 2200 § 1232 Nr 9 S 20; BSGE 57, 117, 122 = SozR 2200 § 1260c Nr 15 S 53) oder lediglich eine mit Tatbestandswirkung versehene Entscheidung - deren versicherungsrechtliche Auswirkungen der Versicherungsträger selbst zu beurteilen hat - über die rechtlichen Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit darstellt (so BSG SozR 2200 § 1229 Nr 16 S 25), kann hier dahinstehen. Jedenfalls hängt entsprechend einem allgemeinen Prinzip, die dienstrechtlichen Vorfragen einer Versicherungsfreiheit möglichst durch die zuständige Verwaltungsbehörde entscheiden zu lassen und dadurch eine sachgemäße und einheitliche Beurteilung dieser Fragen sowohl im dienstrechtlichen als auch im versicherungsrechtlichen Bereich sicherzustellen (BSGE 24, 45, 47f = SozR Nr 7 zu § 73 G 131; BSG SozR 2200 § 1403 Nr 2 S 4), die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 AVG davon ab, daß die nach § 6 Abs 2 AVG zuständige Stelle eine Gewährleistungsentscheidung getroffen hat (BSGE 35, 195, 197 = SozR Nr 4 zu § 1403 RVO mwN). Ist eine solche Entscheidung nicht getroffen worden, so kann von keiner Stelle der Gesamttatbestand des § 6 Abs 1 Nr 3 AVG als gegeben angesehen und die Rechtsfolge der Versicherungsfreiheit für die Beschäftigung gezogen werden (BSGE 50, 289, 294 = SozR 2200 § 1232 Nr 9 S 20). Das gilt auch im vorliegenden Fall.
Die Rechtspraktikantenzeit des Klägers ist nach alledem während des Zeitraums vom 1. August 1979 bis 31. Januar 1982 nicht nach einer der in § 9 Abs 1 AVG genannten Ausnahmevorschriften versicherungsfrei gewesen und allein aus diesem Grunde nicht nachzuversichern. Ob die Nachversicherung auch deshalb ausgeschlossen ist, weil - wie die Revision selbst hervorhebt - die Beschäftigung des Klägers während des streitigen Zeitraums nach § 4 Abs 1 Nr 4 AVG versicherungsfrei gewesen ist (vgl hierzu Urteil des BSG vom 20. März 1986 - 11a RA 64/84 -), oder ob diese Beschäftigung iS des § 9 Abs 1 AVG "sonst versicherungspflichtig gewesen wäre", braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden und bleibt deswegen hier offen. Ebenfalls unerheblich ist die vom SG erörterte Frage, ob die Absolventen der einstufigen Juristenausbildung des Bielefelder Modells vom Beginn ihres Rechtspraktikantenverhältnisses an nach § 2 Abs 1 Nr 1 AVG versicherungspflichtig sind. Eine solche Versicherungspflicht würde einer Nachversicherung erst recht entgegenstehen und lediglich die hiervon zu unterscheidende Frage der Zulässigkeit der Nachentrichtung von Beiträgen aufwerfen. Diese Frage ist nicht Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits.
Daß Absolventen der einstufigen Juristenausbildung für die Zeit eines Rechtspraktikantenverhältnisses, während derer sie weder in einem Beamtenverhältnis gestanden haben noch ihnen eine beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaft gewährleistet worden ist, nicht versicherungsfrei iS des § 6 Abs 1 Nr 2 oder 3 AVG und deshalb bei unversorgtem Ausscheiden aus dem Rechtspraktikantenverhältnis nicht gemäß § 9 Abs 1 AVG nachzuversichern sind, verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Zwar sind Absolventen der herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung während der Zeit ihres Referendariats als lediglich für ihren Beruf auszubildende Beamte nach § 6 Abs 1 Nr 2 AVG versicherungsfrei und deswegen für diese Zeit nach unversorgtem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis nachzuversichern (BSGE 20, 244 ff = SozR Nr 5 zu § 1229 RVO; vgl auch BSGE 46, 241, 242 ff = SozR 2200 § 1229 Nr 7 S 7 ff). Ihnen gegenüber werden die Rechtspraktikanten jedoch nicht in einer dem Art 3 Abs 1 GG widersprechenden Weise benachteiligt. Die Anknüpfung der Versicherungsfreiheit und eines daraus unter den Voraussetzungen des § 9 Abs 1 AVG folgenden Anspruchs auf Nachversicherung an das Bestehen eines Beamtenverhältnisses (§ 6 Abs 1 Nr 2 AVG) bzw an die Gewährleistung beamtenrechtlicher Versorgung (§ 6 Abs 1 Nr 3 AVG) ist sachgerecht. Sie ist eine Konsequenz dessen, daß außer den Beamtenverhältnissen grundsätzlich alle anderen entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisse sowie alle nicht in einem Beamtenverhältnis zurückgelegten Zeiten einer Ausbildung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sind (§ 2 Abs 1 Nr 1 AVG). Das muß vom Grundsatz her auch für die außerhalb eines Beamtenverhältnisses und ohne Gewährleistung beamtenrechtlicher Versorgung zurückgelegten Zeiten eines Rechtspraktikantenverhältnisses gelten. Daß dieses - worüber der Senat hier mangels Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht zu entscheiden hat - möglicherweise aus anderen Gründen wie etwa denen des § 4 Abs 1 Nr 4 AVG versicherungsfrei ist, berührt die hier allein zu beurteilende und vom Senat bejahte Frage, ob die durch § 6 Abs 1 Nrn 2 und 3 AVG bewirkte Differenzierung zwischen Rechtsreferendaren einerseits und Rechtspraktikanten andererseits sachlich vertretbar und mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar ist, nicht.
Die Sprungrevision des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen