Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 08.03.1990) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. März 1990 wird zurückgewiesen, soweit es sich auf die Beigeladenen zu 2) bis 31) des vorliegenden Urteils erstreckt, und zwar mit der Maßgabe, daß die Erstattung an die jetzige Klägerin zu leisten ist.
Die Beklagte hat der Klägerin und den Beigeladenen zu 2) bis 31) die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin stellte ua elektrische Haushaltsgeräte her und vergab dabei Arbeiten an ungefähr 50 Heimarbeiter, die nach fertiggestellten Stücken bezahlt wurden. Sie beantragte beim Arbeitsamt die Erstattung der Arbeitgeberanteile an den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung, die für die Heimarbeiter in der Zeit von Januar 1976 bis März 1981 entrichtet worden waren. Die betreffenden Heimarbeiter, die sie namentlich aufführte und für die sie die Erstattungsforderung im einzelnen berechnete, seien kurzzeitig tätig und daher beitragsfrei gewesen. Denn sie hätten die Kurzzeitigkeitsgrenze von damals zwanzig Wochenstunden nicht erreicht, wenn man das von ihnen erzielte Entgelt (ohne Zuschläge) durch das festgesetzte Mindeststundenentgelt teile.
Das Arbeitsamt lehnte die Erstattung mit Bescheid vom 1. August 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 1983 ab. Es berief sich darauf, daß die Heimarbeiter auch nach Ansicht der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) als Einzugsstelle beitragspflichtig gewesen seien. Hierzu war der Rechtsvorgängerin der Klägerin erläutert worden, die Versicherungsträger seien bis 1980 davon ausgegangen, daß bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze in der Kranken- und Rentenversicherung auch die Annahme einer kurzzeitigen Beschäftigung in der Arbeitslosenversicherung ausscheide. Seit 1981 werde auf die Geringfügigkeitsregelung in § 8 Abs 1 Nr 1 des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) zurückgegriffen. Dabei werde angenommen, daß die dort genannte Grenze von 15 Wochenstunden der Entgelt-Geringfügigkeitsgrenze von damals einem Sechstel der monatlichen Bezugsgröße entsprochen habe, mit einer Arbeit von regelmäßig 15 Wochenstunden also ein entsprechendes Monatsentgelt verdient worden sei. Dann sei die Kurzzeitigkeitsgrenze von 20 Wochenstunden erreicht gewesen, wenn ein Entgelt in Höhe von mindestens zwei Neunteln der monatlichen Bezugsgröße erzielt worden sei.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat vor dem Sozialgericht (SG) Klage erhoben. Dieses hat die AOK beigeladen (Beigeladene zu 1) und der Klage mit Urteil vom 8. August 1985 stattgegeben. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) durch Urteil vom 27. November 1986 (NZA 1987, 503 mit Besprechung Otten NZA 1987, 478 ff) zurückgewiesen. Diese Entscheidung ist vom erkennenden Senat mit Urteil vom 22. September 1988 aufgehoben worden, weil die Heimarbeiter beizuladen waren. Das LSG hat die Beiladung nachgeholt. Sodann haben die Beteiligten vor dem LSG einen Teilvergleich geschlossen. Mit Urteil vom 8. März 1990 hat das LSG die Berufungen der Versicherungsträger erneut zurückgewiesen, nunmehr mit der Maßgabe, daß die Beklagte der Rechtsvorgängerin der Klägerin 3.199,20 DM zu erstatten hat.
Gegen das Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung des § 186 Abs 1, 3 aF sowie des § 169 Nr 6 aF iVm § 102 Abs 1 aF des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Im Revisionsverfahren haben sich die Klägerin, die inzwischen die Firma ihrer Rechtsvorgängerin und mit Zustimmung der Beklagten auch den Prozeß übernommen hat, dahin verglichen, daß die Beklagte bei Obsiegen der Klägerin auch die Arbeitgeberanteile für die beigeladenen Heimarbeiter mit unbekanntem Aufenthalt erstatten wird. Daraufhin hat der Senat die Beiladung dieser Heimarbeiter aufgehoben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG vom 8. März 1990 und das Urteil des SG vom 8. August 1985 aufzuheben sowie die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Urteile der Vorinstanzen für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) beantragt zu erkennen, was rechtens ist. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat, soweit darüber nach Abschluß des Teilvergleichs vor dem LSG und des vor dem erkennenden Senat geschlossenen Verfahrensvergleichs noch zu entscheiden war, die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das SG mit Recht bestätigt, weil er rechtswidrig ist. Die Klägerin hat nach § 186 Abs 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1983 geltenden ursprünglichen Fassung (später § 185a Abs 1 AFG; vgl Art 17 Nr 29 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983, BGBl I 1532) Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberanteile an den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung. Die Beiträge sind zu Unrecht entrichtet worden weil die Heimarbeiter in der Zeit von Januar 1976 bis März 1981 nicht beitragspflichtig waren.
Beitragsfrei waren nach § 169 Nr 6 Satz 1 ursprünglicher Fassung des AFG vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) Arbeitnehmer in einer geringfügigen Beschäftigung (§ 102 AFG). Zu den Arbeitnehmern iS dieser Vorschrift gehörten nach § 168 Abs 4 AFG auch Heimarbeiter. Eine Beitragsfreiheit nach der Sonderregelung des § 169 Nr 8 aF AFG für Heimarbeiter, die zugleich Zwischenmeister waren, scheidet hier aus. Die Geringfügigkeit iS des § 169 Nr 6 Satz 1 aF AFG war, wie der Klammerzusatz „(§ 102)” ergab, von vornherein iS der in dieser Vorschrift geregelten Kurzzeitigkeit zu verstehen. Das wurde im Gesetzestext verdeutlicht, als durch Art II § 9 Nr 1 des SGB IV vom 23. Dezember 1976 (BGBl I 3845) auch in § 169 Nr 6 AFG das Wort „geringfügig” durch das Wort „kurzzeitig” ersetzt wurde. Eine sachliche Änderung war damit nicht verbunden (BSG SozR 4100 § 102 Nr 3). Seit dem 1. Januar 1989 ist die Beitragsfreiheit wegen Kurzzeitigkeit der Beschäftigung (§ 169 Nr 6 aF AFG) in § 169a Abs 1 AFG in der Fassung des Art 1 Nr 30 des Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343) geregelt.
Kurzzeitig (bzw „geringfügig”) war nach § 102 Abs 1 AFG ursprünglich eine Beschäftigung, die auf nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegte oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt war, wobei gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt blieben. Mit der Änderung des § 102 Abs 1 AFG durch Art 27 Nr 5 Buchst a des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuergesetz vom 21. Dezember 1974 (BGBl I 3656) wurde die Kurzzeitigkeitsgrenze von „nicht mehr als 20 Stunden” auf „weniger als 20 Stunden” geändert. Für die hier maßgebliche Zeit (1976 bis 1981) greifen die späteren Herabsetzungen der Kurzzeitigkeitsgrenze von 20 auf 19 Wochenstunden vom 1. Januar 1986 an (Art 1 Nr 18 Buchst a des 7. AFG-ÄndG vom 20. Dezember 1985, BGBl I 2484) und weiter auf 18 Wochenstunden vom 1. Januar 1988 an (Art 1 Nr 27 des 8. AFG-ÄndG vom 14. Dezember 1987, BGBl I 2602) noch nicht ein.
Seit dem Inkrafttreten des AFG am 1. Juli 1969 ist die Kurzzeitigkeitsgrenze (§ 102 Abs 1 AFG) als reine Zeitgrenze ausgestaltet. Das war nach dem Vorläufer dieser Vorschrift noch anders. Damals enthielt § 66 Abs 2 Satz 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) in Nr 1 eine Zeitgrenze und alternativ dazu in Nr 2 eine Entgeltgrenze. Auf Heimarbeiter war nach § 66 Abs 2 Satz 4 AVAVG die Zeitgrenze nicht anzuwenden. Diese Sonderregelung beruhte darauf, daß bei ihnen eine Arbeitszeit nicht feststellbar war (Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Komm zum AVAVG, Bd II 1961, § 66 RdNrn 7, 9). Demnach war für sie die Geringfügigkeit allein nach der Entgeltgrenze des § 66 Abs 2 Satz 1 Nr 2 AVAVG zu beurteilen. In § 102 Abs 1 AFG wurde demgegenüber die Kurzzeitigkeit (anfangs „Geringfügigkeit”) nur noch nach der Arbeitszeit und nicht mehr nach dem Arbeitsentgelt abgegrenzt, weil sich die doppelte Abgrenzung (dh nach Arbeitszeit und Entgelt) als unnötig erwiesen habe (so die Begründung des Regierungsentwurfs eines AFG, BT-Drucks V/2291 S 79 zu § 93). Damit war im AFG die bei Heimarbeitern früher allein maßgebende Entgeltgrenze entfallen. Hieraus kann indes nicht hergeleitet werden, der Gesetzgeber habe die Kurzzeitigkeitsregelung bei Heimarbeitern nicht gewollt. Da bei ihnen jedoch regelmäßig eine Arbeitszeit weder vereinbart noch erfaßt wird und dann die dem Gesetz an sich entsprechende unmittelbare Feststellung der Arbeitszeit ausscheidet, kann auf sie nur anhand des Entgelts geschlossen werden. Dieser Ansicht sind im vorliegenden Verfahren auch die Klägerin und die beteiligten Versicherungsträger. Sie streiten lediglich darum, welche Berechnungsweise der gesetzlichen Kurzzeitigkeitsregelung mehr entspricht.
Nach der Rechtsprechung liegt, sofern – wie hier – eine Vereinbarung über die Arbeitszeit fehlt, eine Beschränkung auf die Zeitgrenze „der Natur der Sache nach” vor, wenn bei normalem Lauf der Ereignisse ein normal leistungsfähiger und durchschnittlich begabter Arbeitnehmer mit durchschnittlichen Fertigkeiten und unter üblichen Arbeitsbedingungen weniger als die Stundenzahl der Kurzzeitigkeitsgrenze für die vereinbarte Arbeitsleistung benötigt (BSG SozR 4100 § 102 Nr 3). Diese verallgemeinernde Betrachtungsweise findet jedoch nur in bezug auf die Fähigkeiten der Arbeitnehmer statt. Demgegenüber ist hinsichtlich der zu verrichtenden Arbeit nicht von einer abstrakten, generalisierten Arbeit auszugehen, sondern von der Arbeit, zu deren Ausführung sich gerade diese Arbeitnehmer verpflichtet haben (BSG SozR 4100 § 102 Nr 4).
Diesen Grundsätzen entspricht mehr die Berechnungsweise der Klägerin. Sie hat für die Heimarbeiter die regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden ermittelt, indem sie das monatlich gezahlte Entgelt (ohne Zuschläge) durch die Zahl der Wochen pro Monat (4,33) und das jeweils festgesetzte Mindeststundenentgelt geteilt hat. Das Entgelt ergab sich aus der Summe der gezahlten Stückentgelte, die nach ihrem Vorbringen ermittelt worden sind, nachdem den Stücken unter Anwendung arbeitswissenschaftlicher Methoden bestimmte Fertigungszeiten (Stückzeiten) zugeordnet worden waren. Das Mindeststundenentgelt betrug nach den Bekanntmachungen einer bindenden Festsetzung für die Herstellung, Be- und Verarbeitung von Eisen-, Metall- und Elektrowaren in Heimarbeit vom 1. März 1975 an 4,25 DM (Bekanntmachung vom 13. Juni 1975 im Bundesanzeiger ≪BAnz≫ Nr 127/1975 vom 16. Juli 1975 S 1), vom 1. März 1976 an 4,61 DM (Bekanntmachung vom 12. März 1976 im BAnz Nr 107/1976 vom 10. Juni 1976 S 2), vom 1. März 1977 an 5,00 DM (Bekanntmachung vom 13. Januar/22. März 1977 im BAnz Nr 107/1977 vom 11. Juni 1977 S 9/10) und vom 1. Mai 1978 an 5,35 DM (Bekanntmachung vom 18. Januar 1978 im BAnz Nr 74/1978 vom 19. April 1978 S 5). Anschließend lag das Mindeststundenentgelt nach den Bekanntmachungen einer bindenden Festsetzung von Entgelten und Vertragsbedingungen für alle Arbeiten und Teilarbeiten zur Herstellung von Artikeln in der Eisen-, Metall-, Elektro- und optischen Industrie in Heimarbeit vom 1. Mai 1979 an bei 5,65 DM (Bekanntmachung vom 15. März 1979 im BAnz Nr 110/1979 vom 19. Juni 1979 S 4/5) und vom 1. Juni 1980 bei 6,08 DM (Bekanntmachung vom 22. April 1980 im BAnz Nr 121/1980 vom 5. Juli 1980 S 3). Anhand dieser Mindeststundenentgelte ergab sich als monatliche Entgeltgrenze, die der Kurzzeitigkeitsgrenze von 20 Wochenstunden entsprach (Mindeststundenentgelt × 20 Wochenstunden × 4,33 Wochen pro Monat), ein Betrag von 368,05 DM (= 4,25 DM × 20 × 4,33) zu Anfang des betroffenen Zeitraums (Januar 1976) und von 526,53 DM (= 6,08 DM × 20 × 4,33) zu dessen Ende (März 1981).
Diese Berechnungsweise läßt einen annähernd zuverlässigen Schluß auf die Arbeitszeit zu, die von den Heimarbeitern bei durchschnittlicher Arbeitsleistung für die abgelieferten Stücke aufgewendet worden ist. Die bindenden Festsetzungen der Mindeststundenentgelte waren gesetzlich vorgesehen und hatten die Wirkungen von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen (§ 19 Abs 1 bis 3 des Heimarbeitsgesetzes ≪HAG≫). Die Ermittlung der gezahlten Entgelte entsprach dem § 20 Satz 1 HAG, wonach die Entgelte in der Regel Stückentgelte und möglichst auf der Grundlage von Stückzeiten zu regeln sind. Weitere Entgeltregelungen in den §§ 17 ff HAG sowie zahlreiche Schutzvorschriften in den §§ 6 ff HAG trugen dazu bei, daß die Bezahlung der Heimarbeiter ihrer Arbeitsleistung und dem damit verbundenen Zeitaufwand entsprach. Die Klägerin hat bei ihrer Berechnung die Zuschläge zutreffend außer Ansatz gelassen. Denn sie gehörten entweder nicht zum Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne, oder sie ließen keinen Schluß auf die benötigte Arbeitszeit zu (anders, soweit Arbeitsentgelt vorliegt, bei Entgeltgrenzen, vgl BSG SozR 2100 § 8 Nr 4, und bei der Beitragshöhe, wenn dem Grunde nach Beitragspflicht besteht). Die Berechnungsweise der Klägerin ließ auch jeweils eine Neubestimmung der Entgeltgrenze von dem Zeitpunkt an zu, von dem an das Mindeststundenentgelt durch eine Neufestsetzung angehoben wurde. So konnte die entgeltabhängige Anwendung der Kurzzeitigkeitsgrenze jeweils mit der Entgeltentwicklung Schritt halten.
Die Berechnungsweise der Versicherungsträger wird demgegenüber der gesetzlichen Regelung, insbesondere der Art der von den Heimarbeitern ausgeführten Arbeiten, weniger gerecht. Das gilt sowohl hinsichtlich der Methoden, die sie für die Zeit von 1976 bis 1980 anwenden wollen, als auch für diejenige, die für 1981 gelten soll.
Die Versicherungsträger haben der Rechtsvorgängerin der Klägerin ursprünglich mitgeteilt, für die Zeit bis 1980 scheide Kurzzeitigkeit aus, weil die allgemeine Entgelt-Geringfügigkeitsgrenze überschritten oder erreicht gewesen sei. Diese Ansicht ist unzutreffend. Die Grenze der Entgelt-Geringfügigkeit, die nach § 169 Nr 1 Satz 1 aF AFG auch zur Beitragsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung führte, lag nach § 168 Abs 2 Buchst b der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF des Art 1 § 1 des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 9. Juni 1965 (BGBl I 476) – § 168 aF RVO – bis zum 30. Juni 1977 bei einem Achtel der für Monatsbezüge in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze und damit monatlich bei 387,50 DM im Jahre 1976 sowie bei 425 DM in der ersten Jahreshälfte 1977. Als diese Regelung vom 1. Juli 1977 an durch § 8 Abs 1 Nr 1 des SGB IV vom 23. Dezember 1976 (BGBl I 3845) abgelöst wurde, betrug die Grenze nunmehr ein Fünftel der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV), dh monatlich in der zweiten Jahreshälfte 1977 370 DM sowie im Jahre 1978 390 DM. Vom 1. Januar 1979 an wurde sie durch die Änderung des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV (Art 2 § 9 Nr 1 des 21. RAG vom 25. Juli 1978, BGBl I 1089) weiter auf nunmehr ein Sechstel der Bezugsgröße herabgesetzt und für die Geringfügigkeit weiter verlangt, daß die Beschäftigung außerdem regelmäßig in der Woche nur weniger als 15 Stunden ausgeübt wurde. Um zu vermeiden, daß Personen unterhalb der bisherigen Grenze durch deren Absenkung versicherungs- und beitragspflichtig wurden, schrieb das Gesetz jedoch einstweilen bis Ende 1980 die Entgeltgrenze des Jahres 1978 fest (390 DM monatlich; Art 4 § 1 Nr 6 des 21. RAG). Bei einer Gleichstellung dieser in den Jahren 1976 bis 1980 geltenden monatlichen Entgeltgrenzen mit der Kurzzeitigkeitsgrenze von 20 Stunden wöchentlich des § 102 Abs 1 AFG haben die Versicherungsträger nicht beachtet, daß im Gesetz keine Verbindung zwischen beiden Grenzen hergestellt war, sondern sie unabhängig voneinander galten. Auch soweit das Gesetz seit 1979 innerhalb der Regelung über die Entgelt-Geringfügigkeit (§ 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV) neben die monatliche Entgeltgrenze die wöchentliche 15-Stunden-Zeitgrenze gestellt hatte, war jedenfalls eine unveränderte Übernahme der Entgeltgrenze für die Beurteilung der Kurzzeitigkeit iS des § 102 Abs 1 AFG ungeeignet, weil insofern eine 20-Stunden-Grenze galt.
Im Laufe des Rechtsstreits hat die Beklagte dann allerdings die Auffassung vertreten, für die Jahre 1976 bis 1980 habe sich die Kurzzeitigkeit nach der Entgeltgrenze von einem Achtel der für Monatsbezüge in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze gerichtet. Diese Anlehnung an die Geringfügigkeitsgrenze des § 168 Abs 2 Buchst b aF RVO will sie in der Revisionsbegründung damit rechtfertigen, daß der Entgeltgrenze damals eine Zeitgrenze von 20 Wochenstunden zugeordnet gewesen sei. Das trifft nicht zu. § 168 Abs 2 Buchst b RVO enthielt in der bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung keine Wochenstunden-Grenze. Für die Zeit von Juli 1977 bis Dezember 1980 kann auf das Achtel der Beitragsbemessungsgrenze (monatlich 1977 = 425 DM, 1978 = 462,50 DM, 1979 = 500 DM und 1980 = 525 DM) nicht mehr zurückgegriffen werden, weil dieser Wert jetzt nicht einmal mehr als allgemeine Grenze der Entgelt-Geringfügigkeit maßgebend war, die sich nunmehr nach einem Fünftel der Bezugsgröße richtete (monatlich 1977 = 370 DM, 1978 = 390 DM und für 1979 und 1980 auf diesen Betrag festgeschrieben).
Für das Jahr 1981 haben die Versicherungsträger ihre Berechnungsweise zwar verfeinert: Sie haben die nunmehr geltende Entgelt-Geringfügigkeitsgrenze von einem Sechstel der monatlichen Bezugsgröße (§ 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV; 1981: monatlich 390 DM) zugrunde gelegt und bei einem Entgelt in dieser Höhe lediglich eine Arbeitszeit von wöchentlich 15 Stunden (Zeitgrenze des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV) unterstellt. Hieraus haben sie errechnet, daß eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden iS der Kurzzeitigkeitsregelung angenommen werden müsse, wenn ein monatliches Entgelt von zwei Neunteln der monatlichen Bezugsgröße (= Bezugsgröße: 6: 15 × 20) erzielt worden sei, im Jahre 1981 also monatlich 520 DM (= 390 × 2: 9; vgl Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit vom 3. bis 5. November 1980, Die Beiträge 1981, 36, 45). Dennoch befriedigt auch dieses nicht.
Die Berechnungsweise knüpft an die Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) und damit – wie die Anlehnung an das Achtel der Beitragsbemessungsgrenze für die Jahre 1976 bis 1980 – an das Arbeitsentgelt der Rentenversicherten an. Dieses weist keine Beziehung zu der Art der Tätigkeit der beigeladenen Heimarbeiter auf. Die Berechnungsweise beruht ferner auf einer Gleichsetzung der monatlichen Entgeltgrenze des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV mit der dort genannten Zeitgrenze von 15 Wochenstunden. Das Nebeneinander dieser beiden Grenzen in § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV ist bei der zusätzlichen Einführung dieser Zeitgrenze (neben der Entgeltgrenze) vom 1. Januar 1979 an zwar damit begründet worden, daß der durch die Stunden- und die Entgeltgrenze in der Sozialversicherung erfaßte Personenkreis weitgehend angeglichen werde (Bericht des Bundestags-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 8/1842 S 54, linke Spalte oben). Dennoch handelt es sich dabei um eine allgemeine und nicht tätigkeitsbezogene Gleichstellung. Eine Schwäche der genannten Berechnungsweise liegt auch darin, daß nach ihr die Beurteilung der Kurzzeitigkeit und der Beitragsfreiheit trotz unveränderten (zeitlichen) Arbeitsaufwandes der Heimarbeiter allein deswegen wechseln kann, weil sich im Laufe eines Jahres das Mindeststundenentgelt und jeweils zum Jahresbeginn die Entgeltgrenze (anfangs Beitragsbemessungsgrenze, später Bezugsgröße) ändert.
Für die weiteren Jahre (ab 1982) bis 1984 war die Berechnungsweise der Versicherungsträger auf der Grundlage von einem Sechstel der Bezugsgröße möglicherweise auch deswegen bedenklich, weil die Entgeltgrenze des Jahres 1981 (390 DM) infolge von Änderungen des § 8 SGB IV erneut und nunmehr bis Ende 1984 festgeschrieben wurde (Art 3 Buchst a des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981, BGBl I 1497, sowie Art II § 16 Nr 2 des SGB – Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten – vom 4. November 1982, BGBl I 1450). Dann aber hätte die Zeitgrenze von 15 Stunden möglicherweise dieser Grenze und nicht einer Grenze in Höhe von einem Sechstel der jeweiligen Bezugsgröße entsprochen (das Sechstel betrug monatlich 1982 = 410 DM, 1983 = 430 DM und 1984 = 455 DM). Als Folge hiervon wäre die Kurzzeitigkeitsgrenze von 20 Wochenstunden auch von 1982 bis 1984 einer Entgeltgrenze von gleichbleibend 520 DM und nicht der von der Beklagten angesetzten, entsprechend der Bezugsgröße angestiegenen Entgeltgrenze gleichzustellen gewesen (nach der Revisionsbegründung monatlich 1982 = 546,66 DM, 1983 = 573,33 DM und 1984 = 606 DM). Jedenfalls hat der Gesetzgeber von 1985 an, als die festgeschriebene Geringfügigkeits-Grenze von 390 DM ausgelaufen war, diese Grenze auf der bisherigen Grundlage (monatlich 390 DM) – in Höhe von einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (1985 = 400 DM) – ansteigen lassen und nicht auf der Grundlage des höheren Betrages, den ein Sechstel der monatlichen Bezugsgröße im Jahre 1984 hatte (455 DM). Dabei stand der Wechsel von einem Sechstel auf ein Siebtel der Bezugsgröße ab 1985 schon seit der erwähnten Gesetzesänderung vom 4. November 1982 fest. Die Versicherungsträger hatten sich mit ihrer Berechnungsweise daher für die Jahre 1982 bis 1984 zum Teil sogar von der gesetzlichen Geringfügigkeits-Regelung entfernt und mußten den von der Beklagten genannten, der Kurzzeitigkeit entsprechenden Grenzwert von monatlich 606 DM (zwei Neuntel der Bezugsgröße) des Jahres 1984 auf monatlich 533,33 DM (4/21 der Bezugsgröße) im Jahre 1985 absenken. Das lief auch der allgemeinen Entgelt-Entwicklung deutlich zuwider. Später haben die Versicherungsträger ihre Berechnungsweise den Herabsetzungen der Kurzzeitigkeitsgrenze auf 19 bzw 18 Stunden angepaßt (Formel: ein Siebtel der Bezugsgröße: 15 × 19 bzw × 18; vgl Besprechungsergebnis vom 25./26. Oktober 1984, Die Beiträge 1985, 6, 7; zuletzt Runderlaß der Bundesanstalt für Arbeit vom 14. Januar 1992, Die Beiträge 1992, 69, 70/71). Die Berechnungsweise mit ihrer Anknüpfung an die Entgelt-Geringfügigkeit der Nr 1 des § 8 Abs 1 SGB IV könnte inzwischen rechtlich weiter erschwert sein, weil § 169a Abs 2 nF AFG diese Regelung nicht anführt. Hierauf ist jedoch hier nicht näher einzugehen, weil nur für die Zeit bis März 1981 zu entscheiden ist.
Die Vorzüge der Berechnungsweise der Klägerin, die ihr Prozeßbevollmächtigter auch in Veröffentlichungen vertreten hat (Otten BB 1983, 258 f und NZA 1987, 487 ff), haben in der Literatur Zustimmung gefunden (Gagel/Steinmeyer, Komm zum AFG, § 102 RdNrn 20 bis 22; teilweise auch Heuer in Hennig/Kühl/ Heuer/Henke, Komm zum AFG, § 101 RdNr 8). Wenn die Beklagte die Berechnung der Klägerin beanstandet, weil die ordnungsgemäße Ermittlung der Stückzeiten nicht feststehe und der Schluß von dem erzielten Entgelt auf die Arbeitszeit aus diesem Grunde nicht zuverlässig sei, so träfe das auf die Berechnungsweise der Versicherungsträger ebenso zu, weil auch sie bei ihrer Berechnungsweise von dem erzielten Entgelt (allerdings möglicherweise einschließlich von Zuschlägen) ausgehen. Die Abweichungen, zu denen die konkurrierenden Berechnungsweisen im Ergebnis führen, sind auch nicht allgemein so geringfügig, daß sie vernachlässigt werden könnten. Vielmehr blieben nach der pauschalen Berechnung der Beklagten manche Heimarbeiter, für die ein hohes Mindeststundenentgelt galt, noch bei einer Arbeitszeit deutlich unter der Kurzzeitigkeitsgrenze beitragspflichtig, während andere Heimarbeiter, für die ein niedriges Mindeststundenentgelt festgesetzt war, noch bei einer Arbeitszeit erheblich darüber beitragsfrei geblieben wären. Dieses entspricht nicht dem materiellen Recht und muß, auch wenn die Unterschiede zwischen den Berechnungsweisen im vorliegenden Verfahren nicht sehr erheblich sein mögen, jedenfalls dann vermieden werden, wenn wie hier bindende Festsetzungen von Mindeststundenentgelten eingreifen und geltend gemacht werden. Das führt nicht zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsmehraufwand, zumal im vorliegenden Erstattungsstreit von Seiten der Klägerin ausführliche Einzelberechnungen vorgelegt worden sind. Wenn bindende Festsetzungen fehlen sollten, mag die Beklagte an ihrer neueren Berechnungsweise festhalten können. Soweit diese nach dem Vorbringen der Beklagten einen Schutz von mehr Heimarbeitern in der Arbeitslosenversicherung gewährleisten soll, liegt darin eine hier unbeachtliche rechtspolitische Überlegung.
Im vorliegenden Erstattungsstreit steht der Annahme der Beitragsfreiheit ein früherer Bescheid der beigeladenen AOK, in dem diese als Einzugsstelle die Beitragspflicht der Heimarbeiter festgestellt hätte, nicht entgegen. Ein solcher Bescheid ist nicht ergangen. Dementsprechend ist auch nicht vorausschauend und bindend beurteilt worden, ob die Heimarbeiter kurzzeitig tätig waren. Inwiefern die vorausschauende Betrachtungsweise bei Heimarbeitern nach der Eigenart ihrer Tätigkeit überhaupt durchführbar oder nicht lediglich eine nachträgliche Beurteilung aufgrund der gezahlten Entgelte möglich ist, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls im vorliegenden Verfahren kann die vorausschauende Betrachtungsweise für die Jahre 1976 bis 1981 nicht mehr im einzelnen nachgeholt werden. Deshalb ist hier davon auszugehen, daß sie das Entgelt ergeben hätte, das später tatsächlich gezahlt worden ist (vgl BSGE 13, 98). Der Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge in der nicht umstrittenen Höhe steht schließlich eine Leistungsgewährung durch die Beklagte nicht entgegen (§ 26 Abs 1 SGB IV ursprünglicher Fassung, § 26 Abs 2 SGB IV nF iVm § 186 Abs 1 Satz 2 AFG aF, § 185a Abs 1 Satz 2 AFG nF). Nach den Feststellungen des LSG haben die Heimarbeiter keine Leistungen bezogen.
Hiernach erwies sich die Revision der Beklagten als unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen