Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Kürzung der Pflegevergütung. Pflegeheim. stationäre Pflege. Pflichtverletzung. Qualitätsmangel. Personalabgleich. Unterschreitung der vereinbarten Personalausstattung. Leistungs- und Qualitätsvereinbarung. Kürzungsverfahren. Beschleunigungsgebot. verspätete Beantragung des Schiedsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der rückwirkenden Kürzung der Pflegevergütung kann grundsätzlich nur die Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten geahndet werden, die zu Qualitätsmängeln bei der Pflege geführt haben.
2. Qualitätsmängel werden unwiderlegbar vermutet, wenn ein Personalabgleich ergeben hat, dass die vereinbarte Personalausstattung über mehrere Monate hinweg um jeweils mindestens 8 vH unterschritten worden ist oder ein Heimträger die vereinbarte Personalausstattung planmäßig und zielgerichtet nicht bereitstellt.
3. Das Kürzungsverfahren unterliegt einem systemimmanenten Beschleunigungsgebot: Eine Kürzung der Pflegevergütung ist ausgeschlossen, wenn das Schiedsverfahren erst verspätet (hier: 21 Monate nach Vorlage des MDK-Berichts über die Qualitätsprüfung) beantragt wird.
Normenkette
SGB 11 § 115 Abs. 3 S. 1 Fassung: 2001-09-09, S. 1 Fassung: 2001-12-14, S. 2 Fassung: 2001-09-09, S. 2 Fassung: 2001-12-14, S. 3 Fassung: 2001-09-09, S. 3 Fassung: 2001-12-14, § 80a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 Fassung: 2001-09-09, Nr. 3 Fassung: 2001-12-14, § 84 Abs. 6, §§ 75, 72
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27. Januar 2011 geändert und der Schiedsspruch der Beklagten vom 18. Juni 2008 aufgehoben.
Die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen tragen die Beklagte und die Beigeladenen jeweils zur Hälfte. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Beigeladenen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 178 152,98 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist ein Schiedsspruch der beklagten Schiedsstelle über die Kürzung der Pflegevergütung wegen Pflichtverletzungen der Klägerin bei der stationären Pflege in den Zeiträumen vom 1.8.2005 bis zum 30.9.2006 sowie vom 1.11. bis zum 31.12.2006.
Die klagende Gesellschaft betreibt seit dem 1.7.2004 das durch Vertrag (§ 72 SGB XI) zur Versorgung der Versicherten mit stationären Pflegeleistungen ab 2.8.2004 zugelassene Pflegeheim "Seniorenwohnpark K." in L. mit 150 Plätzen (§ 43 SGB XI), wovon 15 Plätze bei Bedarf für die Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) genutzt werden können ("eingestreute Kurzzeitpflege"). Grundlage der Pflege war die "Leistungs- und Qualitätsvereinbarung" (LQV) vom 30.8.2004 (Vereinbarung nach § 80a SGB XI in der bis zum 30.6.2008 geltenden Fassung), die für die Zeit vom 2.8.2004 bis zum 31.7.2005 ua eine personelle Ausstattung im Bereich Pflege und Betreuung mit 56,39 Vollzeitstellen des Qualitätsprofils "examinierte Pflegekräfte, Pflegehilfskräfte sowie Mitarbeiter im Bereich der Sozialen Betreuung" (Vollzeitkräfte = VK) und einem Gesamtanteil der Pflegefachkräfte von 50 % bei einer angenommenen durchschnittlichen Belegung von 147 Plätzen (98 %) vorsah. Diese LQV galt vertragsgemäß nach Ablauf des Geltungszeitraums bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung weiter. Durch Schiedsspruch der Beklagten vom 29.8.2006 wurde für die Zeit ab 1.4.2006 bis zum 31.3.2007 eine neue LQV geschlossen. Die Anzahl der VK-Stellen wurde auf der Basis eines unveränderten Auslastungsgrades von 98 % auf 52,69 reduziert, weil sich die Pflegekennziffer (PKZ = durchschnittliche Pflegeeinstufung aller Heimbewohner) von 1,37 auf 1,27 reduziert und zugleich der Personalschlüssel im Pflege- und Betreuungsdienst (Personalanhaltswert) von 1:3,40 auf 1:3,54 erhöht hatte, indem die bei der alten LQV als Kalkulationsgrundlage dienende durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden durch die bei der Klägerin auch schon im Jahre 2004 tatsächlich geltende Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ersetzt wurde (vgl zur Festlegung des Personalanhaltswertes von 1:3,40 auf der Grundlage einer 38,5-Stunden-Woche den Schiedsspruch der Beklagten vom 12.10.2005 zu § 21 des Hessischen Rahmenvertrages nach § 75 SGB V). Die Laufzeit dieser LQV wurde von der Klägerin und ihren beigeladenen Vertragspartnern (§ 85 Abs 2 SGB XI) einvernehmlich auf die Zeit vom 1.11.2006 bis zum 31.10.2007 verschoben, um eine zeitliche Übereinstimmung mit der auf dieser LQV basierenden neuen Entgeltvereinbarung zu erreichen, die von der Beklagten durch Schiedsspruch vom 16.10.2006 angeordnet worden war. Danach betrugen die täglichen Pflegesätze in der Pflegestufe I 40,13 Euro, in der Pflegestufe II 56,19 Euro und in der Pflegestufe III 72,24 Euro; das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung belief sich auf täglich 16,75 Euro.
Auf Antrag der Landesverbände der Pflegekassen in Hessen führte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) am 25./26.10.2005 in dem Pflegeheim der Klägerin eine Qualitätsprüfung (§ 112 iVm § 114 SGB XI) durch, bei der eine Reihe von Qualitätsmängeln festgestellt wurde (MDK-Bericht vom 22.11.2005). Die Landesverbände ordneten aufgrund des Ergebnisses der Qualitätsprüfung 26 Sofortmaßnahmen an, die von der Klägerin bis zum 30.4.2006 zu erledigen sein sollten (Schreiben vom 28.2.2006). Anschließend sollte eine Nachschau durch den MDK erfolgen.
Im Gefolge der Qualitätsprüfung fand auch ein Personalabgleich (§ 80a Abs 5 SGB XI aF) statt, der sich bis Anfang 2007 hinzog. Der zu 1. beigeladene Sozialhilfeträger kam dabei für die Zeit von August 2005 bis Dezember 2006, jedoch mit Ausnahme des Monats Oktober 2006, zu einer durchschnittlichen personellen Unterbesetzung von 3,50 VK. Bei monatlichen durchschnittlichen Personalkosten von 3185 Euro je VK errechne sich für das "eingesparte" Personal ein täglicher "verdeckter Gewinn" von 2,58 Euro je Heimbewohner, was bei 68 618 Berechnungstagen einem Gesamtbetrag von 178 152,98 Euro entspreche (Schreiben vom 5.3.2007). Da die Klägerin mit einer entsprechenden Vergütungskürzung nicht einverstanden war, weil nach ihrer Berechnung sogar von einer durchschnittlichen Personalüberbesetzung von 2,54 VK-Stellen auszugehen sei, fand am 9.5.2007 eine Verhandlung zwischen der Klägerin und den Beigeladenen statt, um über den Personalabgleich und die Vergütungskürzung eine einvernehmliche Regelung zu finden (§ 115 Abs 3 S 2 SGB XI), was aber misslang (gemeinsames Nichteinigungsprotokoll vom 9.5.2007 mit Benennung der Dissenspunkte).
Auf Antrag der Beigeladenen vom 27.8.2007 hat ein Schiedsverfahren zur streitigen Vergütungskürzung stattgefunden (§ 115 Abs 3 S 3 SGB XI), in dem die Beklagte nach zweimaliger mündlicher Verhandlung (14.12.2007 und 18.6.2008) durch Schiedsspruch vom 18.6.2008 eine Kürzung der Pflegesätze um täglich 2,58 Euro pro Heimbewohner einheitlich für alle Pflegestufen für die Zeit von August 2005 bis Dezember 2006, jedoch mit Ausnahme des Monats Oktober 2006, verfügt hat. Die Beklagte ist dabei uneingeschränkt den Berechnungen der Beigeladenen zum Personalabgleich gefolgt: Auszugehen sei für die Zeit bis Oktober 2006 von den vereinbarten 56,39 VK-Stellen, weil die LQV vom 30.8.2004 arbeitszeitneutral gestaltet sei, also keine Festlegung auf eine 38,5-Stunden-Woche enthalte und deshalb auch für die hausinterne 40-Stunden-Woche zutreffe. Der Personaleinsatz von 56,39 VK sei schließlich auch Basis der Vergütungsvereinbarung für die Zeit ab 2.8.2004 gewesen. Der Ansatz eines entgeltwirksamen Stellenanteils von 0,125 VK je besetztem Ausbildungsplatz entspreche der Festlegung durch die "Hessische Arbeitsgemeinschaft (AG) § 20 HeimG"; der von der Klägerin gewünschte Stellenanteil von 0,35 VK könne daher nicht in Ansatz gebracht werden. Toleranzwerte seien wegen der erheblichen Dauer der festgestellten Unterbesetzung nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin macht geltend, in Hessen sei erst durch den Rahmenvertrag vom 1.5.2009 eine verbindliche Grundlage für die Durchführung eines Personalabgleichs geschaffen worden. In der hier betroffenen Zeit habe es an einer solchen Regelung noch gefehlt, sodass völlig unklar gewesen sei, wie der Abgleich zu erfolgen habe. Je nach Berechnungsmodell komme man zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Beklagte und die Beigeladenen folgten dem "Stellenplankalkül". Maßgeblich sei danach, wie viele VK-Stellen in der LQV festgeschrieben und durch Arbeitsvertrag besetzt seien. Mitarbeiter, die in Urlaub seien oder krankheitsbedingt fehlten, würden als "tatsächlich bereitgestelltes und bestimmungsgemäß eingesetztes Personal" zählen, solange sie eine Entgeltfortzahlung des Heimträgers erhielten und es deshalb an einem "verdeckten Gewinn" durch Nichtbesetzung von Stellen fehle, die über die von den Heimbewohnern gezahlten Pflegesätze bereits finanziert seien. Demgegenüber werde in dem - von ihr favorisierten - "Dienstplankalkül" auf Basis der vereinbarten Vollzeitstellen die zu erbringende Nettoarbeitszeit berechnet und sodann mit den aus den Dienstplänen ersichtlichen tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden des Pflege- und Betreuungspersonals verglichen. Die Nettoarbeitszeit sei dabei die nach Abzug von Abwesenheitszeiten (zB Urlaub, Krankheit, Fortbildung, Mutterschutz) durchschnittlich zu erbringende tatsächliche Arbeitszeit. Die zum Ausgleich der Fehlstunden geleisteten Überstunden seien unabhängig davon zu berücksichtigen, ob sie extra vergütet, später "abgefeiert" oder einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben würden. Außerdem sei die jeweilige tatsächliche, also ohne die wegen Krankenhausaufenthalt oder anderen Gründen abwesenden Heimbewohner zu berechnende Belegung des Hauses sowie die monatlich zu ermittelnde PKZ zu berücksichtigen. Der für Heimträger regelmäßig günstigere Personalabgleich nach dem "Dienstplankalkül" falle hier für die Zeit bis Oktober 2006 sogar noch besser aus, weil die LQV vom 30.8.2004 eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden als Kalkulationsgrundlage ausgewiesen habe. Da bei ihr aber eine 40-Stunden-Woche gelte, sei sie berechtigt gewesen, von den in der LQV vereinbarten 56,39 VK-Stellen einen entsprechenden Anteil herauszurechnen. Zudem seien die Auszubildenden in Anlehnung an eine Regelung aus Bayern mit 0,33 VK und bei einer 40-Stunden-Woche sogar mit 0,35 VK auf das Personal-Soll anzurechnen, weil es nur auf den tatsächlichen Einsatz im Pflegebereich ankomme, nicht aber darauf, wie die Ausbildungskosten finanziert werden. Der von der Beklagten und den Beigeladenen anerkannte Anteil von 0,125 VK beruhe darauf, dass von den gesamten jährlichen Ausbildungskosten in Höhe von 12 800 Euro nach Abzug des Ausbildungszuschlags (§ 82a SGB XI) von 8000 Euro ein über die Vergütungssätze zu finanzierender Rest von 4800 Euro verbleibe, der im Vergleich zu den Kosten einer VK-Stelle von 38 219 Euro einem Anteil von 0,125 VK entspreche. Die Arbeit der Praktikanten würde überhaupt nicht berücksichtigt, weil sie in der Regel keine Vergütung erhielten. Sie setze dagegen die Arbeitszeit von Praktikanten mit einem Drittel an, was sich pro Jahr mit 453 Stunden bzw 0,29 VK-Stellen niederschlage. Aber selbst bei Berücksichtigung der Auszubildendenstellen mit nur 0,125 VK (statt 0,35 VK) und gänzlicher Ausklammerung der Praktikantenstellen ergebe sich nach dem "Dienstplankalkül" immer noch ein Personalüberhang von 1,21 VK (statt 2,54 VK). Eine Pflichtverletzung liege daher keinesfalls vor.
Das nach § 29 Abs 2 Nr 1 SGG erstinstanzlich zuständige LSG hat die auf Aufhebung des Schiedsspruchs der Beklagten vom 18.6.2008 und auf Neubescheidung des Schiedsantrages der Beigeladenen vom 27.8.2007 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 27.1.2011). Es ist den Berechnungen der Beigeladenen und der Beklagten zum Personalabgleich gefolgt und hat in der durchschnittlichen Nichtbesetzung von 3,50 VK-Stellen eine Pflichtverletzung der Klägerin iS des § 115 Abs 3 S 1 SGB XI gesehen, die mit einer rückwirkenden Kürzung der Pflegesätze um einheitlich 2,58 Euro pro Heimbewohner und Tag zu ahnden sei.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin in erster Linie die Verletzung materiellen Rechts (§ 80a Abs 5 SGB XI aF und § 115 Abs 3 S 1 SGB XI), macht zusätzlich aber auch Verfahrensmängel geltend (Verstöße gegen § 62 und § 103 SGG).
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 27.1.2011 zu ändern und den Schiedsspruch der Beklagten vom 18.6.2008 aufzuheben;
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, den Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Schiedsverfahrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das LSG hat den angefochtenen Schiedsspruch zu Unrecht als rechtmäßig angesehen. Die Beklagte hätte den Antrag der Beigeladenen vom 27.8.2007 auf Durchführung eines Schiedsverfahrens zur beabsichtigten Vergütungskürzung (§ 115 Abs 3 SGB XI) ohne Sachprüfung ablehnen müssen.
1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen zur Entscheidung über die Klage liegen vor. Die Klage ist zulässig.
a) Die Klägerin hat in erster Linie eine reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 1. Alt SGG) und hilfsweise - für den Fall der grundsätzlichen Berechtigung des Kürzungsbegehrens der Beigeladenen - eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 2. Alt SGG) erhoben. Dies sind die dem Streitgegenstand entsprechenden Klagearten. Der Schiedsspruch einer pflegeversicherungsrechtlichen Schiedsstelle nach § 76 SGB XI stellt einen Verwaltungsakt dar (BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1; Udsching, SGB XI, 3. Aufl 2010, § 76 RdNr 6 mwN), dem mit der Anfechtungsklage zu begegnen ist. Das Klagebegehren ist im Falle eines Kürzungsverlangens nach § 115 Abs 3 SGB XI primär auf die vollständige und ersatzlose Aufhebung des ergangenen Schiedsspruchs und hilfsweise - als "Minus" dazu - auf die Erteilung eines neuen Schiedsspruchs gerichtet, also auf den Erlass eines anders lautenden Verwaltungsakts, und zwar nach Maßgabe der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts. Die reine Anfechtungsklage führt zum Erfolg, wenn bereits der Schiedsantrag unzulässig ist oder in der Sache jede andere Entscheidung als die Ablehnung des Kürzungsverlangens rechtswidrig wäre; in diesem Fall würde durch die uneingeschränkte Aufhebung des Schiedsspruchs dem Begehren des Heimträgers Rechnung getragen und die Schiedsstelle einer erneuten Entscheidung über den Schiedsantrag enthoben. Ansonsten müsste die Schiedsstelle entsprechend dem Verpflichtungstenor und den gerichtlichen Entscheidungsgründen das Schiedsverfahren wieder aufnehmen und einen neuen Schiedsspruch erlassen.
b) Die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI ist gemäß § 70 Nr 4 SGG beteiligtenfähig, weil es sich dabei um ein gemeinsames Entscheidungsgremium von Leistungserbringern und Pflegekassen handelt (Udsching, aaO, § 76 RdNr 8). Klagegegner ist daher nicht das jeweilige Land, hier das Land Hessen, zumal diesem nur die Rechtsaufsicht über die Schiedsstelle obliegt (§ 76 Abs 4 SGB XI), sondern die Schiedsstelle selbst, deren fehlende Rechtsfähigkeit insoweit nicht maßgebend ist (BSGE 87, 199, 200 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1).
c) Ein Schiedsspruch zu § 115 Abs 3 SGB XI kann nach der ausdrücklichen Rechtswegregelung in § 115 Abs 3 S 4 SGB XI vor den Sozialgerichten angefochten werden, wobei das LSG nach § 29 Abs 2 Nr 1 SGG erstinstanzlich zuständig ist. Ein Vorverfahren (§ 78 SGG) findet nicht statt; die Klage hat aufschiebende Wirkung.
2. Rechtsgrundlage des angefochtenen Schiedsspruchs ist § 115 Abs 3 S 1 SGB XI iVm § 80a SGB XI, beides in der Fassung des Pflege-Qualitätssicherungsgesetzes (PQsG) vom 9.9.2001 (BGBl I S 2320) und des Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetzes (PflEG) vom 14.12.2001 (BGBl I S 3728). Diese Fassung galt in dem Zeitraum vom 1.1.2002 bis zum 30.6.2008 und ist daher für den hier von der Vergütungskürzung betroffenen Zeitraum (1.8.2005 bis 31.12.2006) maßgebend.
§ 115 Abs 3 S 1 SGB XI lautete bis zum 30.6.2008: "Hält die Pflegeeinrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere ihre Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung aus dem Versorgungsvertrag (§ 72 SGB XI) oder aus der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung (§ 80a SGB XI) ganz oder teilweise nicht ein, sind die nach dem 8. Kapitel vereinbarten Pflegevergütungen für die Dauer der Pflichtverletzungen entsprechend zu kürzen". Dabei ist über die Höhe des Kürzungsbetrags zwischen den Vertragsparteien nach § 85 Abs 2 SGB XI Einvernehmen anzustreben (§ 115 Abs 3 S 2 SGB XI). Kommt eine solche Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI in der Besetzung des Vorsitzenden und der beiden weiteren unparteiischen Mitglieder (§ 115 Abs 3 S 3 SGB XI).
Mit dem in § 115 Abs 3 S 1 SGB XI genannten § 80a SGB XI verwies der Gesetzgeber auf das Instrument der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung. Diese durch das PQsG zum 1.1.2002 geschaffene Regelung zur Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Pflege ist zwar mit Wirkung ab 1.7.2008 abgeschafft worden. Eine wesentliche inhaltliche Änderung im Bereich der Qualitätssicherung ist dadurch aber nicht eingetreten, weil die - der Sache nach gleichartigen - Leistungs- und Qualitätsmerkmale durch das zum 1.7.2008 in Kraft getretene Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PflegeWEG) vom 28.5.2008 (BGBl I S 874) nunmehr in den Pflegesatzvereinbarungen festzulegen sind (§ 84 Abs 5 SGB XI).
3. Der Schiedsspruch ist möglicherweise schon formell rechtswidrig. Zweifel ergeben sich hinsichtlich der ordnungsgemäßen Beteiligung der Pflegekassen des Ersatzkassenbereichs am Kürzungsverfahren. Die tatsächlich beteiligte Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus dem Verband der Angestellten-Krankenkassen eV (VdAK) und dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband eV (AEV), hätte jedenfalls nicht beteiligt werden dürfen. Ob aber überhaupt eine Pflegekasse des Ersatzkassenbereiches hätte beteiligt werden müssen und ob es damals bereits eine entsprechende Arbeitsgemeinschaft gab, ist ungeklärt und offen. Diesen Fragen brauchte aber letztlich nicht weiter nachgegangen zu werden, weil der Schiedsspruch aus materiell-rechtlichen Gründen ohnehin rechtswidrig ist.
a) Beteiligte des Kürzungsverfahrens sind gemäß § 115 Abs 3 S 2 SGB XI die Vertragsparteien nach § 85 Abs 2 SGB XI. Nach § 85 Abs 2 S 1 SGB XI sind Parteien der Pflegesatzvereinbarung (Vertragsparteien) auf der einen Seite der Träger des zugelassenen Pflegeheimes sowie auf der anderen Seite (1.) die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger, (2.) die für die Bewohner des Pflegeheimes zuständigen Träger der Sozialhilfe sowie (3.) die Arbeitsgemeinschaften der unter Nummer 1 und 2 genannten Träger, soweit auf den jeweiligen Kostenträger oder die Arbeitsgemeinschaft im Jahr vor Beginn der Pflegesatzverhandlungen jeweils mehr als 5 vH der Berechnungstage des Pflegeheimes entfallen. Dieses Quorum erfüllten seinerzeit die zu 2. beigeladene Pflegekasse der AOK Hessen sowie der zu 1. beigeladene Landkreis als Träger der Sozialhilfe. Unklar ist indes, ob damals eine oder mehrere (damals üblicherweise vom VdAK oder dem AEV vertretene) Pflegekassen der in Hessen tätigen Ersatzkassen das Quorum erfüllt hatten (zur Bevollmächtigung von VdAK und AEV nach § 85 Abs 4 S 3 SGB XI vgl BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, jeweils RdNr 35); zudem gibt es keine Feststellungen des LSG, ob seinerzeit überhaupt schon eine - das Quorum sicherlich erfüllende - Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassen der Ersatzkassen in Hessen eingerichtet worden war. Im Kürzungsverfahren war nämlich nur - zu Unrecht - die Arbeitsgemeinschaft aus VdAK und AEV für den Ersatzkassenbereich beteiligt; sie ist dort durch den Beigeladenen zu 1. vertreten worden (Vollmacht vom 12.9.2007). Diese Beteiligten haben mit der Klägerin den Einigungsversuch vom 9.5.2007 (§ 115 Abs 3 S 2 SGB XI) unternommen und nach dessen Fehlschlagen durch gemeinsames Schreiben vom 27.8.2007 die Durchführung des Schiedsverfahrens (§ 115 Abs 3 S 3 SGB XI) beantragt.
b) Der als "Beschluss II" überschriebene Schiedsspruch vom 18.6.2008 führt ausweislich des Rubrums (vgl Ausfertigung vom 25.7.2008) die AOK Hessen, die Arbeitsgemeinschaft der Ersatzkassenverbände in Hessen - VdAK/AEV Hessen - sowie den Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises als Antragsteller auf. Dieses Rubrum ist gleich in mehrfacher Hinsicht ungenau. Nicht die AOK Hessen, also die Krankenkasse, war Beteiligte, sondern die Pflegekasse der AOK Hessen; dies hat die Beklagte in der Sachverhaltsdarstellung ihres Schiedsspruchs auch zutreffend ausgeführt. Ferner konnte aus Rechtsgründen nicht die damals aus den hessischen Landesvertretungen von VdAK und AEV bestehende, als Ersatzkassenverbände nach § 212 Abs 5 SGB V aus eigenem Recht nur für die Krankenversicherung zuständig gewesene "Arbeitsgemeinschaft der Ersatzkassenverbände in Hessen" Vertragspartei sein, sondern nur eine oder mehrere der Pflegekassen der in Hessen tätigen Ersatzkassen oder eine von diesen Pflegekassen gebildete Arbeitsgemeinschaft (vgl § 85 Abs 2 S 1 Nr 1 und 3 SGB XI), zu deren Existenz es aber keinerlei Feststellungen des LSG gibt. Im Falle eines erneut durchzuführenden Schiedsstellenverfahrens hätte die Beklagte die Beteiligungsform des Ersatzkassenbereiches und die Erfüllung des Quorums im Einzelnen feststellen müssen.
c) Der zu 3. beigeladenen VdeK ist Rechtsnachfolger des früheren VdAK; der AEV ist aufgelöst worden. Damit ist auch die aus VdAK und AEV in Hessen gebildete Arbeitsgemeinschaft untergegangen. Der VdeK könnte hier eine oder mehrere der Pflegekassen des Ersatzkassenbereichs in Hessen als Bevollmächtigter (§ 85 Abs 4 S 3 SGB XI) vertreten und wäre in dieser Funktion nicht selbst Beteiligter des sozialgerichtlichen Verfahrens. Der VdeK kann nämlich nicht, wie im Bereich der Krankenversicherung, als Bevollmächtigter mit Abschlussvollmacht in Prozessstandschaft für die Ersatzkassen im sozialgerichtlichen Verfahren als Kläger, Beklagter oder Beigeladener auftreten (§ 212 Abs 5 SGB V). Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass dem VdeK über die Verweisung in § 52 Abs 1 S 2 SGB XI auf § 212 Abs 5 S 4 bis 10 SGB V aus dem Bereich der Pflegeversicherung nur Aufgaben der Ersatzkassen in ihrer Funktion als Landesverbände der Pflegekassen (§ 52 Abs 1 S 1 SGB XI) übertragen werden können. Die an den Vergütungsvereinbarungen zu beteiligenden Pflegekassen des Ersatzkassenbereichs oder die von ihnen gebildeten Arbeitsgemeinschaften sind demgegenüber darauf angewiesen, dem VdeK jeweils eine besondere Verhandlungs- und Abschlussvollmacht zu erteilen, wie es in § 85 Abs 4 S 3 SGB XI (ebenso in § 89 Abs 3 S 4 SGB XI für die ambulante Pflege) vorgesehen ist (vgl BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, jeweils RdNr 35). Die vom LSG verfügte Beiladung des VdeK war jedoch prozessual zutreffend, weil er als Rechtsnachfolger des VdAK und Interessenvertreter der aus VdAK und AEV gebildeten früheren Arbeitsgemeinschaft, der gegenüber des Schiedsspruchs ergangen ist, schon formell betroffen war und daher am sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt werden konnte.
d) Die sonstigen Pflegekassen sowie die Heimbewohner bzw der Heimbeirat des Pflegeheimes waren am Schiedsverfahren nicht zu beteiligen und auch nicht beizuladen (§ 75 SGG). Die Bindungswirkung des Ergebnisses des Einigungsversuchs (§ 115 Abs 3 S 2 SGB XI) sowie des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt (§ 31 SGB X, § 115 Abs 3 S 3 SGB XI) ergibt sich für die nach § 85 Abs 2 S 1 SGB XI nicht beteiligungsberechtigten Kostenträger sowie für die Pflegebedürftigen, denen von vornherein kein Beteiligungsrecht zusteht, unmittelbar aus dem Gesetz (§ 85 Abs 6 S 1 SGB XI). Die Interessen der Pflegebedürftigen werden - wie bei der Festlegung des Pflegesatzes - von den Pflegekassen treuhänderisch im Wege der Prozessstandschaft mit wahrgenommen (BSGE 87, 199, 201 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 15; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2 RdNr 36). In vergleichbarer Weise werden die Interessen der nicht beteiligungsberechtigten Kostenträger durch die beteiligten Kostenträger bzw deren Arbeitsgemeinschaften wahrgenommen.
e) Ein erfolgloser Einigungsversuch nach § 115 Abs 3 S 2 SGB XI ist formelle Voraussetzung für das spätere Schiedsverfahren. Das Bemühen um eine einvernehmliche Kürzung der Pflegevergütung ist bei dem Gespräch am 9.5.2007 erfolglos geblieben.
f) Der Schiedsspruch ist von dem nach § 76 iVm § 115 Abs 3 S 3 SGB XI zuständigen Gremium, also dem Vorsitzenden der Schiedsstelle und den beiden weiteren unparteiischen Mitgliedern, erlassen worden.
4. In materiell-rechtlicher Hinsicht hält der Schiedsspruch vom 18.6.2008 einer rechtlichen Prüfung nicht stand; er ist rechtswidrig und war deshalb aufzuheben. Die von der Beklagten zur Begründung der Vergütungskürzung allein herangezogene kontinuierliche Unterschreitung der vereinbarten Personalausstattung um durchschnittlich 3,5 VK-Stellen in 14 von 15 Monaten vermag die angeordnete Sanktion nicht zu rechtfertigen. Das gilt unabhängig davon, ob der durchgeführte Personalabgleich zu Recht oder zu Unrecht zu diesem für die Klägerin negativen Ergebnis gekommen ist. Ein neuer, nunmehr auf die festgestellten Qualitätsmängel zu stützender Schiedsspruch kommt aus Rechtsgründen nicht mehr in Betracht.
a) Die Kürzung der vereinbarten Pflegevergütung setzte nach § 115 Abs 3 S 1 SGB XI in der bis zum 30.6.2008 geltenden Fassung voraus, dass die Pflegeeinrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen, und zwar insbesondere die Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung aus dem Versorgungsvertrag (§ 72 SGB XI) oder der LQV (§ 80a SGB XI), nicht eingehalten hat. Die LQV war bis zum 30.6.2008 das Bindeglied zwischen Versorgungsvertrag und Vergütungsvereinbarung. Seit 1.7.2008 ist eine LQV entbehrlich und mit der Streichung des § 80a SGB XI auch formell abgeschafft geworden, weil nach § 84 Abs 5 und 6 SGB XI die wesentlichen Elemente der LQV nunmehr als Leistungs- und Qualitätsmerkmale (LQM) unmittelbar in der Vergütungsvereinbarung für Pflegeheime festzulegen sind.
Zum Inhalt der LQV gehörte nach § 80a Abs 2 S 2 Nr 3 SGB XI vor allem auch die Personal- und Sachausstattung. Der Einrichtungsträger war verpflichtet, mit dem als notwendig festgeschriebenen Personal jederzeit die Versorgung der Heimbewohner uneingeschränkt zu gewährleisten (§ 80a Abs 4 S 1 SGB XI). Er hatte bei Personalengpässen oder Personalausfällen durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Versorgung der Heimbewohner nicht beeinträchtigt wird (§ 80a Abs 4 S 2 SGB XI). Die Festlegungen in der LQV waren als Bemessungsgrundlage für die Pflegesätze sowie die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung unmittelbar verbindlich (§ 80a Abs 2 S 3 SGB XI). Zur Absicherung der in der LQV vereinbarten Personalausstattung sah § 80a Abs 5 SGB XI (seit dem 1.7.2008: § 84 Abs 6 S 3 SGB XI) vor, dass der Träger einer Pflegeeinrichtung auf Verlangen einer Vertragspartei in einem Personalabgleich nachzuweisen hat, dass seine Einrichtung das als notwendig anerkannte und vereinbarte Personal auch tatsächlich bereitstellte und bestimmungsgemäß einsetzte. Für den Fall, dass durch einen Personalabgleich ein Verstoß gegen die Bestimmungen der LQV zur Personalausstattung festgestellt wurde, kannte allerdings § 80a SGB XI keine eigenständige Sanktionsregelung; das gilt ebenso für den jetzt einschlägigen § 84 SGB XI. Es kam und kommt lediglich eine Kürzung der Pflegevergütung nach Maßgabe des § 115 Abs 3 SGB XI in Betracht. Die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drucks 14/5395 S 43 f) bestätigt, dass die Sanktion der Vergütungskürzung vor allem in den Fällen greifen soll, in denen die zur Qualitätseinbuße führende Pflichtverletzung in der Nichtvorhaltung des vereinbarten Personals besteht (Udsching SGb 2003, 133, 134).
b) Die Beigeladenen und die Beklagte gehen jedoch zu Unrecht davon aus, dass eine im Personalabgleich über einen längeren Zeitraum festgestellte unterschiedlich hohe Personalunterdeckung eines Pflegeheimes, die nicht durch einen entsprechenden Personalüberhang in anderen Monaten ausgeglichen wird, immer schon allein ausreicht, die Rechtsfolge der Vergütungskürzung auszulösen. Bei wortgetreuer und den Regelungszusammenhang berücksichtigender Auslegung des § 115 Abs 3 SGB XI greift die Sanktion der Vergütungskürzung grundsätzlich nur dann, wenn aus der Verletzung einer gesetzlichen oder vertraglichen Pflicht durch den Einrichtungsträger Qualitätsmängel resultieren, einem Heimträger also konkret der Vorwurf der Beeinträchtigung der Qualität der Versorgung Pflegebedürftiger bei der Pflege, bei der sozialen Betreuung sowie bei der medizinischen Behandlungspflege (§ 112 Abs 2 S 2 iVm § 43 Abs 2 S 1 SGB XI) sowie bei den Leistungen im Bereich Unterkunft und Verpflegung (§ 87 SGB XI) und bei den Zusatzleistungen (§ 88 SGB XI) gemacht werden kann (Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, 3. Aufl 2009, § 115 RdNr 9; Udsching, SGB XI, 3. Aufl 2010, § 115 RdNr 8; Udsching SGb 2003, 133, 134; Leitherer in Kasseler Komm, Stand Juni 2012, § 115 SGB XI, RdNr 19).
aa) Für das Vorliegen von Qualitätsmängeln als grundsätzliche Voraussetzung für die Kürzung der Pflegevergütung sprechen schon die Regelungen in § 80a Abs 4 SGB XI aF und § 84 Abs 6 SGB XI selbst, weil in diesen Vorschriften hervorgehoben wird, dass eine unbeeinträchtigte, sachgerechte Versorgung der Heimbewohner Grund für die vom Heimträger in der LQV bzw in den LQM der Pflegesatzvereinbarung vorzunehmende Konkretisierung der Leistungspflichten des Pflegeheimes ist.
bb) Dementsprechend wurde in § 115 Abs 3 S 1 SGB XI nicht generell auf die Wahrung der Pflichten aus dem Versorgungsvertrag (§ 72 SGB XI) und der LQV (§ 80a SGB XI) abgestellt, sondern ausdrücklich die Verletzung der "Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung" aus dem Versorgungsvertrag bzw der LQV als besonders ahndungswürdig hervorgehoben.
cc) In der LQV vom 30.8.2004 war folgerichtig die Personalausstattung des Pflegeheimes auch nicht unter der Überschrift "Qualität" (§§ 4, 6 LQV), sondern in dem Abschnitt über "Personelle Ausstattung und Fort- und Weiterbildung, sächliche Ausstattung" (§ 5 LQV) geregelt.
dd) Schließlich spricht auch die Stellung des § 115 Abs 3 SGB XI innerhalb des Gesetzes für die Auslegung, dass ohne Qualitätsmängel eine Kürzung der Pflegevergütung in der Regel nicht in Betracht kommt. Die Vorschrift findet sich im 11. Kapitel des SGB XI (§§ 112 ff), das mit "Qualitätssicherung, sonstige Regelungen zum Schutz der Pflegebedürftigen" überschrieben ist, und dort innerhalb der Bestimmung zu den "Ergebnissen von Qualitätsprüfungen".
c) Die Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen durch einen Heimträger ist nach § 115 Abs 3 S 1 SGB XI also regelmäßig nur dann geeignet, die Rechtsfolge der Kürzung der Pflegevergütung auszulösen, wenn es um Verstöße gegen Vorschriften handelt, die zur Sicherung der Qualität bei der Pflege, der sozialen Betreuung, der medizinischen Behandlungspflege, der Unterkunft und Verpflegung sowie bei den Zusatzleistungen eingeführt worden sind, oder um Verstöße gegen sonstige Vorschriften - wie zB jene über die notwendige Personalausstattung, sofern diese Verstöße ursächlich oder mitursächlich für das Auftreten von Qualitätsmängeln sind.
Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen:
aa) Sind Qualitätsmängel in einem nennenswerten Umfang festgestellt, kann eine Ahndung der Pflichtverletzung durch eine Kürzung der Vergütung auch dann erfolgen, wenn die vereinbarte Personalausstattung vom Heimträger eingehalten worden ist.
bb) Hat sich bei einem Personalabgleich herausgestellt, dass der Heimträger die vereinbarte Personalausstattung nicht gewährleistet hat, ohne dass von einer systematischen und zielgerichteten Unterdeckung gesprochen werden kann, ist eine Ahndung dieser Pflichtverletzung nach § 115 Abs 3 SGB XI nicht möglich, wenn bei einer gleichzeitigen Qualitätsprüfung keine oder jedenfalls keine nennenswerten Qualitätsmängel festgestellt werden konnten. Mit anderen Worten - aus der Tatsache der personellen Unterdeckung folgt nicht eo ipso ein ahndungsfähiger Qualitätsmangel. Falls der Gesetzgeber allerdings sämtliche, also auch die nicht planmäßig herbeigeführten und sich nicht in Qualitätsmängeln niederschlagenden Defizite bei der Personalausstattung durch eine Kürzung der Vergütung geahndet sehen will, müsste dies durch eine Klarstellung in § 84 Abs 6 oder in § 115 Abs 3 SGB XI geschehen.
cc) Die grundsätzlich notwendige Feststellung von Qualitätsmängeln ist aber ausnahmsweise entbehrlich, wenn ein Personalabgleich zu dem Ergebnis kommt, dass in dem Pflegeheim über mehrere Monate hinweg so wenig Personal vorhanden gewesen ist, dass Qualitätsmängel praktisch unvermeidlich waren. In solchen Fällen ist das Auftreten von ernsthaften, ahndungswürdigen Qualitätsmängeln unwiderlegbar zu vermuten, sodass auf eine zusätzliche Qualitätsprüfung verzichtet werden kann. Als Anhaltspunkt für eine derartige unwiderlegbare Vermutung ist die Unterschreitung des vereinbarten Personalsolls von monatlich mindestens 8 % anzunehmen. Diese Vermutung setzt allerdings voraus, dass das Ergebnis des Personalabgleichs im Wesentlichen nicht umstritten ist. Dazu bedarf es konkreter Regelungen zur Durchführung des Personalabgleichs in Rahmenverträgen auf Landesebene nach § 75 Abs 1 und 2 SGB XI, zu deren Abschluss der Gesetzgeber die Vertragsparteien in § 84 Abs 6 S 4 SGB XI ermächtigt hat. Für die hier interessierende Zeit vor dem 1.7.2008 war ein solcher Vertrag in Hessen noch nicht geschlossen, sodass es zu erheblichen Unsicherheiten über die Berechnungsgrundlagen des Personalabgleichs (vgl zB die Berechnung gemäß "Stellenplankalkül" oder "Dienstplankalkül" sowie die Berücksichtigung der Arbeit von Auszubildenden und Praktikanten) kommen konnte. Aber selbst auf Basis der Berechnungen der Beigeladenen zum Personalabgleich scheidet im vorliegenden Fall eine Vermutung für das Vorliegen von Qualitätsmängeln aus, weil danach in den 16 Monaten mit rechnerischer Personalunterdeckung durchschnittlich nur 3,5 VK-Stellen nicht besetzt gewesen sind, was sowohl gemessen am vereinbarten Personalsoll von 56,39 VK-Stellen bis 31.10.2006 bzw 52,69 VK-Stellen ab 1.11.2006 als auch im Vergleich zum belegungsabhängig niedrigeren Personalsoll in der Bandbreite zwischen 48,55 (August 2005) und 55,82 (VK-Stellen August 2006) einem Defizit von deutlich unter 8 % entspricht. Bleibt aber eine Personalunterdeckung unterhalb von 8 % (und findet sich sogar, wie hier im Oktober 2006, ein zeitweiser rechnerischer Personalüberhang), kann auf die konkrete Feststellung von Qualitätsmängeln nicht verzichtet werden, weil es bei einer guten Pflegedienstleitung, einem effektiven Qualitätsmanagement und engagierten Mitarbeitern nicht ausgeschlossen erscheint, dass Qualitätsmängel nennenswerten Ausmaßes vermieden werden können.
dd) Auf die gesonderte Feststellung von Qualitätsmängeln ist schließlich auch dann zu verzichten, wenn ein planmäßiger und zielgerichteter Verstoß des Heimträgers gegen gesetzliche oder vertragliche Verpflichtungen zur angemessenen Personalausstattung im Bereich Pflege und soziale Betreuung festgestellt wird, auch wenn dieser Verstoß nicht durchgängig zu einem Personaldefizit von 8 % geführt haben sollte. Eine solche Pflichtverletzung steht nachgewiesenen Qualitätsmängeln gleich und ist vom Wortlaut und Sinn des § 115 Abs 3 S 1 SGB XI ebenfalls als sanktionswürdig erfasst, weil es sich um ein eindeutig vertragswidriges Verhalten des Heimträgers handelt, welches darauf abzielt, die Heimbewohner finanziell zu benachteiligen und ihnen auf Dauer die versprochenen Leistungen (§§ 43, 87, 88 SGB XI) nicht im erforderlichen Umfang bzw in der gebotenen Qualität zukommen zu lassen. Im vorliegenden Fall kann von einer systematischen personellen Unterbesetzung des Pflegeheimes schon deshalb nicht die Rede sein, weil es damals keinen verbindlichen Berechnungsmodus für den Personalabgleich gab und die in Betracht kommenden Berechnungsmodelle - wie bereits ausgeführt - zu sehr unterschiedlichen und keineswegs ein Personaldefizit belegenden Ergebnissen führen.
ee) Werden ahndungswürdige Pflegemängel festgestellt, handelt es sich um eine Personalunterdeckung von mehr als 8 % oder liegt ein planmäßiger und zielgerichteter Verstoß des Heimträgers gegen seine Verpflichtung zur angemessenen Personalausstattung vor, kann das Ausmaß der personellen Unterbesetzung und der dadurch erzielte "verdeckte" Gewinn des Heimträgers nur ein Berechnungsfaktor für die Kürzung der Pflegevergütung sein, und zwar nach Maßgabe des mit dem Begriff der "entsprechenden" Kürzung (§ 115 Abs 3 S 1 SGB XI) zum Ausdruck gebrachten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die Vergütungskürzung in Form der Gewinnabschöpfung ist zwar in solchen Fällen vom Gesetzgeber ausdrücklich gewünscht (BT-Drucks 14/5395 S 43 f); dies bedeutet aber keineswegs und immer eine Kompensierung um 100 %; maßgeblich sind insoweit immer die konkreten Umstände des einzelnen Falles.
ff) Obgleich der Wortlaut des § 115 Abs 3 S 1 SGB XI ("sind … entsprechend zu kürzen") dafür sprechen könnte, dass bei der Feststellung von Qualitätsmängeln oder ihnen gleichstehender Pflichtverletzungen die Rechtsfolge der Vergütungskürzung zwingend vorgeschrieben ist, sind die insoweit zuständigen Pflegekassen und Sozialhilfeträger (§ 115 Abs 3 S 2 iVm § 85 Abs 2 SGB XI) nicht gehalten, stets zu dieser Sanktion zu greifen, wenn bei einer Qualitätsprüfung Mängel bei der Pflege, der sozialen Betreuung, der medizinischen Behandlungspflege, bei Unterkunft und Verpflegung sowie bei den Zusatzleistungen festgestellt werden. Auch in diesem Kontext gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sodass bei eher geringfügigen oder temporären Mängeln von dieser Sanktion im Einzelfall durchaus abgesehen werden kann.
e) Im vorliegenden Fall kann es nach alledem nur um die Ahndung von festgestellten Qualitätsmängeln gehen, und diese sind für den fraglichen Zeitraum (1.8.2005 bis 31.12.2006) nur für die Monate August bis Oktober 2005 belegt; sie sind im MDK-Bericht vom 22.11.2005 über die Ergebnisse der Qualitätsprüfung vom 25./26.10.2005 dokumentiert. Im Schiedsverfahren ist noch ein MDK-Bericht vom 17.6.2008 über eine als "3. Nachschau" bezeichnete Qualitätsprüfung vom 12.6.2008 vorgelegt worden, bei der erneut Qualitätsmängel festgestellt worden sind. Dieser Bericht ist im vorliegenden Zusammenhang aber unerheblich, weil er nicht die hier allein interessierende Zeit bis Ende 2006 betrifft. Berichte über eine etwaige 1. und 2. Nachschau in den Jahren 2006 und 2007 sind nicht vorgelegt worden. Damit bleibt es bei belegten Qualitätsmängeln nur für den kurzen Zeitraum von August bis Oktober 2005. Für die Zeit danach (September 2005 - Dezember 2006) sind weder Qualitätsmängel festgestellt worden noch liegt eine ahndungswürdige Personalunterdeckung vor.
5. Der Schiedsspruch vom 18.6.2008 kann aber auch nicht für die Zeit der belegten Qualitätsmängel (1.8. bis 31.10.2005) aufrecht erhalten werden, weil den Beigeladenen insoweit die verspätete, dem Beschleunigungsgebot widersprechende Geltendmachung der von ihnen durchzusetzenden Sanktion nach § 115 Abs 3 S 1 SGB XI entgegenzuhalten ist. Die Beklagte hätte in ihrem Schiedsspruch die beantragte Vergütungskürzung deshalb auch unter dem Aspekt der Ahndung von Qualitätsmängeln ablehnen müssen.
a) Die Pflegekassen und die Sozialhilfeträger (§ 85 Abs 2 S 1 SGB XI) haben bei der Verfolgung und Durchsetzung eines Kürzungsanspruchs nach § 115 Abs 3 S 1 SGB XI ein systemimmanentes Beschleunigungsgebot zu beachten. Auch die Schiedsstelle soll einen Schiedsantrag nach § 115 Abs 3 S 3 SGB XI zügig bearbeiten und bescheiden. Zwar sieht das Gesetz selbst keine konkreten Fristen für den Einigungsversuch, die Beantragung des Schiedsverfahrens sowie dessen Durchführung und Abschluss vor; es ist aber der Gesetzessystematik selbst zu entnehmen, dass die Beteiligten bei dem Kürzungsverfahren auf eine zügige Durchführung und Erledigung hinzuarbeiten haben.
Profitieren von einer Kürzung der Pflegevergütung für die Vergangenheit sollen gemäß § 115 Abs 3 S 5 SGB XI in erster Linie "die betroffenen Pflegebedürftigen". Dabei handelt es sich um einen Kreis alter und sehr alter, durchweg gebrechlicher Personen. Bei einer langen Dauer des Kürzungsverfahrens (hier: von der MDK-Prüfung im Oktober 2005 bis zum Revisionsverfahren im September 2012) sind erfahrungsgemäß viele Heimbewohner bereits verstorben, sodass sie gar nicht in den Genuss der Rückzahlung kommen würden. Der Heimträger müsste unter in der Regel großem Aufwand die anspruchsberechtigten Erben verstorbener Heimbewohner ermitteln, was nicht immer gelingen dürfte. Würde im vorliegenden Fall der Schiedsspruch letztinstanzlich bestätigt, stünde erst nach sieben Jahren fest, dass den damals betroffenen Heimbewohnern, von denen nur noch ein geringer Teil leben dürfte, ein Kürzungsbetrag nach § 115 Abs 3 S 1 und 5 SGB XI auszuzahlen wäre - ein geradezu groteskes Ergebnis. Hinzu kommt der Umstand, dass nach § 114 Abs 2 SGB XI seit 2011 regelmäßig im Abstand von höchstens einem Jahr eine Qualitätsprüfung stattfinden muss. Bei Beginn der neuen Qualitätsprüfung sollte also in aller Regel schon feststehen, ob die vorausgegangene Qualitätsprüfung zu einer Kürzung der Vergütung nach § 115 Abs 3 SGB XI geführt hat. Daher müssen es sich die Beteiligten zur Regel machen, so zügig zu arbeiten, dass das Verfahren vor Ablauf eines Jahres nach einer Qualitätsprüfung abgeschlossen ist - entweder durch eine einvernehmliche Regelung oder durch einen Schiedsspruch (§ 115 Abs 3 S 2 und 3 SGB XI); hinzu käme ggf noch das gerichtliche Verfahren im Falle der Anfechtung des Schiedsspruchs, das aber ebenfalls zügig durchzuführen ist.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Kürzungsverfahren nach § 115 Abs 3 SGB XI nicht den vorherigen Erlass eines Mängelbeseitigungsbescheides durch die Landesverbände der Pflegekassen mit Benennung der innerhalb einer bestimmten Frist zu erledigenden Sofortmaßnahmen nach § 115 Abs 2 SGB XI erfordert. Ein solcher Bescheid ist lediglich Voraussetzung für eine Kündigung des Versorgungsvertrages nach § 115 Abs 2 S 2 iVm § 74 SGB XI. Für die Einleitung des Kürzungsverfahrens durch die Vertragsparteien nach § 85 Abs 2 S 1 Nr 1 bis 3 SGB XI genügt schon die Vorlage des MDK-Berichts über eine Qualitätsprüfung nach § 114 SGB XI, aus dem sich die festgestellten Qualitätsmängel ergeben. Der Heimträger muss zu dem MDK-Bericht, der ihm zuzusenden ist (§ 115 Abs 1 S 1 SGB XI), nur angehört werden - ihm ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Daran anschließend können die Vertragsparteien nach § 85 Abs 2 S 1 Nr 1 bis 3 SGB XI entscheiden, ob sie einen - kurzfristigen - Gesprächstermin zur Herbeiführung des Einvernehmens über eine Vergütungskürzung mit dem Heimträger nach § 115 Abs 3 S 2 SGB XI anberaumen.
b) Das systemimmanente Beschleunigungsgebot ist im vorliegenden Fall nicht beachtet worden. Zwischen der Zusendung des MDK-Berichts vom 22.11.2005 über die Ergebnisse der Qualitätsprüfung vom 25./26.10.2005 und der Beantragung des Schiedsverfahrens mit Schreiben vom 27.8.2007 sind 21 Monate vergangen, in denen die Beigeladenen Kenntnis von den festgestellten Qualitätsmängeln hatten. In diesem Zeitraum wurden zwar von dem Beigeladenen zu 3. namens und im Auftrag der insoweit zuständigen Landesverbände der Pflegekassen und unter Beteiligung des Beigeladenen zu 1. als zuständigem Träger der Sozialhilfe 26 Sofortmaßnahmen benannt, die als Konsequenz aus dem MDK-Bericht zur Widerherstellung einer qualitätsgerechten Versorgung der Heimbewohner zu treffen waren; gleichzeitig wurde der Klägerin eine Frist zur Erledigung bis zum 30.4.2006 gesetzt (Schreiben vom 28.2.2006). Mit dieser Maßnahme der Landesverbände der Pflegekassen, die hierfür nach § 115 Abs 2 S 1 SGB XI einen förmlicher Bescheid hätten erlassen müssen, erschöpfte sich jedoch die Konsequenz aus den festgestellten Qualitätsmängeln. Die Beigeladenen haben zu keinem Zeitpunkt Schritte unternommen, um aus den festgestellten Qualitätsmängeln selbst irgendwelche Konsequenzen nach § 115 Abs 3 S 1 SGB XI zu ziehen, und so bei der Klägerin den Eindruck erweckt, dass es mit der Aufforderung zur Erledigung der Sofortmaßnahmen bis zum 30.4.2006 und der zugleich angekündigten Nachschau durch den MDK sein Bewenden haben werde. Die gesamte Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und den Beigeladenen konzentrierte sich auf den in seinen Ergebnissen strittigen Personalabgleich, der sich bis Anfang 2007 hinzog. Nur der Personalabgleich war Gegenstand des Gesprächs am 9.5.2007, in dem versucht wurde, Einvernehmen über eine Kürzung der Vergütung zu erzielen (§ 115 Abs 3 S 2 SGB XI). Der Schiedsantrag wurde ausschließlich mit der angeblich zu geringen Personalausstattung des Pflegeheims und dem Bemühen begründet, dadurch erzielte versteckte Gewinne abzuschöpfen. Der MDK-Bericht vom 22.11.2005 und die dort festgestellten Qualitätsmängel spielten bei sämtlichen Treffen der Beteiligten und in ihrer Korrespondenz keine Rolle. Selbst im Schiedsverfahren ist dieser Komplex nicht angesprochen worden und die Beigeladenen haben auch nicht den MDK-Bericht über die für Mitte 2006 vorgesehene Nachschau vorgelegt.
Damit durfte die Klägerin im Zeitpunkt der Beantragung des Schiedsverfahrens, also 21 Monaten nach Kenntnis von den festgestellten Qualitätsmängeln, davon ausgehen, dass die Beigeladenen die beabsichtigte Kürzung der Vergütung nicht auf die Qualitätsmängel stützen würden, und zwar weder im damaligen Schiedsverfahren noch in Zukunft. Das Recht, die Qualitätsmängel, die der MDK am 25./26.10.2005 festgestellt hat, mit einer Vergütungskürzung zu ahnden, war jedenfalls bei der Antragstellung am 27.8.2007 erloschen. Deshalb konnte der angefochtene Schiedsspruch auch nicht für die Zeit vom 1.8. bis zum 31.10.2005 aufrecht erhalten bleiben; die Schiedsstelle hätte den Antrag der Beigeladenen wegen des erheblichen Zeitablaufs auch insoweit nicht mehr sachlich bescheiden dürfen.
c) In Anbetracht der verspäteten Beantragung des Schiedsverfahrens scheidet auch die Möglichkeit aus, das Schiedsverfahren, das mit dem angefochtenen Schiedsspruch vom 18.6.2008 endete, nunmehr zu wiederholen und dort ggf die MDK-Berichte über die 1. und 2. Nachschau aus den Jahren 2006 und 2007 einzubringen, um möglicherweise durchgängige Qualitätsmängel für den gesamten streitigen Zeitraum zu belegen und den neuen Schiedsspruch auf zu Qualitätsmängeln führende Pflichtverletzungen der Klägerin zu stützen.
d) Da kein neues Schiedsverfahren durchzuführen ist, brauchte auch nicht entschieden zu werden, ob die im MDK-Bericht vom 22.11.2005 festgehaltenen Qualitätsmängel nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit überhaupt eine Vergütungskürzung nach § 115 Abs 3 S 1 SGB XI gerechtfertigt hätten. Es handelte sich ganz überwiegend um Lücken und Mängel bei der Dokumentation. Wirkliche Pflegemängel (zB Auftreten von Dekubituswunden, unzureichende Nahrungs- und Flüssigkeitsversorgung, Sondenernährung allein zur Arbeitserleichterung, rechtswidrige Fixierungen, Unterlassen der im Einzelfall gebotenen Hinzuziehung eines Arztes usw) wurden nicht dokumentiert.
6. Die Kostenentscheidung für das gerichtliche Verfahren beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 162 Abs 3 VwGO. Die Kosten des Schiedsverfahrens waren den Beigeladenen nach § 116 Abs 2 S 1 SGB XI aufzuerlegen, weil ihrem Kürzungsbegehren nicht stattgegeben werden konnte. Über diese Kosten hat der erkennende Senat zu befinden, weil der Schiedsspruch vom 18.6.2008 aufgehoben worden und nicht durch einen neuen Schiedsspruch zu ersetzen ist (vgl dazu Gesetzesbegründung in BT-Drucks 14/5395 zu § 116 Abs 3 PQsG-E).
Die Streitwertfestsetzung entspricht der erstinstanzlichen Festsetzung und beruht auf § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und § 47 Abs 1 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 3458296 |
BSGE 2013, 1 |
DB 2013, 8 |
FA 2013, 128 |
WzS 2013, 55 |
KrV 2013, 109 |
NZS 2013, 265 |
SGb 2012, 650 |
SGb 2013, 546 |
GesR 2013, 172 |
PflR 2013, 51 |
SRA 2013, 34 |