Beteiligte
Beklagte und Revisionsbeklagte |
1) … Revisionsklägerin, 2) … 3) … |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rentenversicherungsbeiträge, die der Kläger als Rehabilitationsträger (RehaTr) für den Beigeladenen zu 2) zu entrichten hat.
Der Beigeladene zu 2) erhält vom Kläger Versorgungsbezüge nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (Mde) um 70 vH. Er ist freiwilliges Mitglied der Beklagten. Sein Bruttoarbeitseinkommen betrug im August 1977 3.739,-- DM. Der Kläger gewährte ihm während einer durch seine Kriegsbeschädigung bedingten medizini-schen Rehabilitationsmaßnahme vom 27. September 1977 an Übergangsgeld. Der Berechnung dieser Leistung sowie der gem. § 22 des Bundesversorgungsgeset-zes (BVG) ab 1. November 1977 entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten legte der Kläger den höchstmöglichen Regellohn (= Höchstregellohn) in Höhe von 313,33 DM täglich zugrunde.
Nachdem die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung mit Wirkung vom 1. Januar 1978 von 3.400,-- DM auf 3.700,-- DM monatlich (= 123,33 DM täglich) angehoben war, forderte die Beklagte als zuständige Einzugsstelle mit Bescheid vom 1. August 1978 vom Kläger für den Beigeladenen zu 2) entsprechend höhere Beiträge sowie einen Säumniszuschlag.
Der Kläger zahlte unter Vorbehalt. Auf seine Klage hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main durch Urteil vom 9. November 1979 die Beklagte zur Erstattung des streitigen Unterschiedsbetrages verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 24. September 1980 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Bemessungsgrundlage für die Rentenversicherungsbeiträge sei das Arbeitseinkommen, das der Versicherte zuletzt im Bemessungszeitraum (hier: August 1977) erzielt habe, soweit es die Bemessungsgrenze (Höchstregellohn) nicht überschreite, nicht aber das Übergangsgeld, das während der Rehabilitationsmaßnahme anstelle des Lohnes gezahlt werde. Bemessungsgrenze für die Rentenversicherungsbeiträge sei dabei die "jeweils gültige" Grenze; die Beiträge bestimmten sich daher hier ab Januar1978 allein nach Maßgabe der erhöhten Beitragsbemessungsgrenze. Hingegen habe die in § 16c BVG getroffene Regelung (Erhöhung des Übergangsgeldes erst nach Ablauf eines Jahres) keine beitragsrechtliche Bedeutung. Nur durch diese Ausle-gung sei sichergestellt, daß auch während der Rehabilitationsmaßnahme dieselben Vorsorgeaufwendungen geleistet würden, wie sie bei fortgesetzter Arbeitstätig-keit des Versicherten erbracht worden wären.
Zur Begründung ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision macht die Beigeladene zu 1) geltend, die vom LSG vertretene Rechtsauffassung führe zu einer der Zielsetzung des § 112 Abs. 3 Buchst. g Nr. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes -AVG- (= § 1385 Abs. 3 Buchst g Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung -RVO-) zuwiderlaufenden unterschiedlichen Anpassung des Übergangsgeldes und der Beiträge für die Zeit des Übergangsgeldbezuges. Die Berechnung des Übergangsgeldes und der Rentenversicherungsbeiträge sei durch die genannten Vorschriften in gleicher Weise an Änderungen des Höchstregellohns gekoppelt. Diese Abgrenzung sei auch ein Gebot der notwendigen Verknüpfung von Leistungs- und Beitragsrecht und werde durch die für das Krankenversicherungsrecht geltende ausdrückliche Regelung in § 385 Abs. 3a RVO bestätigt.
Die Beigeladene zu 1) beantragt, das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. September 1980 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 9. November 1979 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats vom 7. Juni 1979 - 12 RK 38/78 - (SozR 2200 § 1385 Nr. 8), daß die Höhe der Rentenversicherungsbeiträge nur von der - jeweiligen - Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung, nicht aber von der Höchstjahresarbeitsverdienstgrenze in der Krankenversicherung bestimmt werde.
Die Beigeladene zu 3) hat auf die mit der Auffassung der Beigeladenen zu 1) übereinstimmende Beurteilung in dem Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 22. November 1977 - IVb 6/40241 - 2/1 - (BKK 1978, 121) hingewiesen.
Der Kläger und der Beigeladene zu 2) haben keine Anträge gestellt.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beigeladenen zu 1) ist statthaft. Obwohl die Beigeladene zu 1) nach dem angefochtenen Urteil im Ergebnis höhere Beiträge erhält als nach der von ihr vertretenen Rechtsauffassung, wird sie durch diese Entscheidung beschwert. Gegenstand des angefochtenen Bescheides und damit Gegenstand auch des gerichtlichen Verfahrens ist der Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) in der besonderen Ausgestaltung des § 55 Abs. 2 SGG - Umfang der Beiträge -. Insoweit hat die Beigeladene zu 1) ein eigenes Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung eines Bescheides, in dem über die Höhe der - ihrer Ansicht nach falsch berechneten - Beiträge zur Angestelltenversicherung entschieden worden ist. In gleicher Weise steht ihr dieses Anfechtungsrecht gegen ein Urteil zu, mit dem ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit über die Rechtmäßigkeit eines solchen Verwaltungsaktes entschieden hat.
Das LSG hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 1. August 1978 zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte die Höhe der Beiträge, die der Kläger für den Beigeladenen zu 2) in der Zeit von Januar bis Mai 1978 zur Rentenversicherung zu entrichten hat, zutreffend berechnet hat.
In der Rentenversicherung der Angestellten werden nach § 2 Abs. 1 Nr. 10a Buchst b AVG Personen versichert, denen ein Träger der Kriegsopferversorgung während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme einen Kalendermonat Übergangsgeld gezahlt hat, für die Zeit des weiteren Bezuges von Übergangsgeld. Nach § 22 BVG entrichtet die Versorgungsverwaltung die Beiträge für diese Versicherten.
Für die Berechnung der von der Versorgungsverwaltung als RehaTr allein aufzubringenden Beiträge (§ 112 Abs. 4 Buchst. h AVG) sind gem. § 112 Abs. 3 Buchst. g Nr. 2 AVG "das Bruttoarbeitsentgelt oder die Beträge, welche dem Übergangsgeld zugrunde liegen", maßgebend. Der erkennende Senat hat in dem Urteil vom 7. Juni 1979 - 12 RK 38/78 - (SozR 2200 § 1385 Nr. 8) - hier allerdings zu § 112 Abs. 3 Buchst. g Nr. 1 AVG - dargelegt, daß der Wortlaut des Gesetzes nicht eindeutig ist; zweifelhaft sei insbesondere, ob sich das Wort "welche" allein auf das Wort "Beträge" oder auch auf den Begriff "Bruttoarbeitsentgelt" beziehe. Der Senat hat in diesem Urteil jedoch bereits entschieden, daß die Vorschriften über die Berechnung und Entrichtung der für die Rentenversicherung der Rehabilitanden aufzuwendenden Beiträge dem Recht der Rentenversicherung und nicht dem jeweiligen Leistungsrecht angehören und daß deshalb die Höhe der Rentenversiche-rungsbeiträge nur von der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung, nicht aber von der Höchstjahresarbeitsverdienstgrenze für Angestellte in der Krankenversicherung begrenzt wird. Ergänzend dazu hat der Senat auf das auch in § 12 Nr. 2 des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes (RehaAnglG) zum Ausdruck gekommene Grundanliegen der Rehabilitation hingewiesen, den Behinderten in das Erwerbsleben einzugliedern oder wiedereinzugliedern (vgl. dazu auch die Urteile vom 30. November 1977 - 12 RK 28/76 -, BSGE 45, 188, 190; vom 7. Juni 1979 - 12 RK 18/78 -, SozR 2200 § 1227 Nr. 27; vgl. ferner daß Urteil des 8. Senats des BSG vom 31. Januar 1980 - 8a RK 10/79 -, SozR 2200 § 385 Nr. 3). Der Senat hat daraus gefolgert, daß die Rehabilitanden während der Rehabilitations-maßnahme nicht anders gestellt sein sollen, als sie ohne die zur Rehabilitation führende Behinderung gestanden hätten; da sie dann aus ihrem Erwerbseinkommen Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung gezahlt haben würden, sei es in Übereinstimmung mit der Zielsetzung des Gesetzgebers erforderlich, § 112 Abs. 3 Buchst. g Nr. 1 AVG dahin auszulegen, daß für die Berechnung der Rentenversicherungsbeiträge das Bruttoarbeitsentgelt, welches dem Krankengeld zugrunde liegt, bis zur Beitragsbemessungsgrenze des § 112 Abs. 2 AVG maßgebend ist (SozR 2200 § 1385 Nr. 8).
Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn sich die hiernach maßgebende Beitragsbemessungsgrenze während der Rentenversicherungspflicht der Rehabilitanden ändert, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob Beiträge für einen nach § 2 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. a oder einen nach § 2 Abs. 1 Nr. 10a Buchst. b oder c AVG versicherten Rehabilitanden erhoben werden. Die Vorschriften des § 112 Abs. 3 Buchst. g Nrn. 1 und 2 AVG unterscheiden sich nicht hinsichtlich der maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze, sondern nur in der Anknüpfung an unterschiedliche Versicherungstatbestände.
Wenn sich die Revision, demgegenüber vor allem auf den Grundsatz der Äquivalenz von Leistungen und Beiträgen beruft und daraus ableiten will, daß es unzulässig sei, allein die Beiträge nach einer erhöhten Bemessungsgrundlage zu berechnen, so kam der erkennende Senat dem nicht folgen. Wie sich schon aus seinem Urteil vom 7. Juni 1979 (SozR 2200 § 1385 Nr. 8) ergibt, ist für die Forderung nach Gegenseitigkeit von Leistungen und Beiträgen dort kein Raum, wo der Leistungsemp-fänger nicht zugleich auch der Beitragsschuldner ist. Das ist hier der Fall. Darüber hinaus ist zu beachten, daß auch in anderen Bereichen des Sozialrechts eine (volle) Parallelität von Leistungen und Beiträgen nicht besteht (vgl. Urteil des Senats vom 28. Oktober 1981 - 12 RK 23/80 -). Auch das Bundesverfassungsgericht hat schon eine in diesem Sinne nicht "parallele" Regelung zur Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung im Hinblick auf die Besonderheiten des Systems der Arbeitsförderung als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt (vgl. den Beschluß vom 11. März 1980 - 1 BvL 20/76, 1 BvR 826/76 -, BVerfGE 53, 313 = SozR 4100 § 168 Nr. 12; vgl. auch den Beschluß vom 3. April 1979 - 1 BvL 30/76 -, BVerfGE 51, 115 ff = SozR 4100 § 112 Nr. 10).
Nicht entscheidungserheblich ist weiter, daß, wie die Beigeladene zu 1) meint, bei Berücksichtigung der zum 1. Januar 1978 erhöhten Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung in Fällen der vorliegenden Art ein höherer Verwaltungsaufwand eintreten kann, weil sich dann unterschiedliche Anpassungszeitpunkte für die Beiträge und die Leistungen ergeben könnten. Dieser die Verwaltung treffende Nachteil muß, wenn der Zweck des Gesetzes erreicht werden soll, hingenommen werden, zumal er sich nur für wenige Rehabilitanden auswirken wird, die Verwaltung also nicht übermäßig belastet.
Auch der Hinweis der Revision auf die Vorschrift des § 385 Abs. 3a Satz 1 RVO vermag nicht zu überzeugen. Zwar sind die nach § 385 Abs. 3a RVO zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge für Rehabilitanden "nach dem Entgelt zu bemessen, das der Berechnung des Übergangsgeldes zugrunde liegt". Dabei bleibt jedoch offen, ob und wie zwischenzeitliche Änderungen der Bemessungsgrenze zu berücksichtigen sind. Nach dem Wortlaut des § 385 Abs. 3a Satz 1 RVO ergibt sich für diese Vorschrift das gleiche Auslegungsproblem wie für die in § 112 Abs. 3 Buchst g AVG getroffene Regelung. Unter diesen Umständen kann unerörtert bleiben, ob es für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gerechtfertigt ist, die Anpassung des Krankengeldes erst nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraumes vorzunehmen und eine vorher eintretende Änderung der Leistungsbemessungsgrenze in laufenden Fällen unberücksichtigt zu lassen (so der 3. Senat des erkennenden Gerichts in ständiger Rechtsprechung: Urteile vom 13. Juli 1977 - 3 RK 22/76 -, BSGE 44, 130 = SozR 2200 § 182 Nr. 22; vom 10. November 1977 - 3 RK 82/75 -, BSGE 45, 126 = SozR 2200 § 182 Nr. 26; vom 22. Juni 1979 - 3 RK 22/78 -, SozR 2200 § 182 Nr. 46). Es ist hier auch nicht zu entscheiden, ob § 16c BVG über seinen Wortlaut hinaus dahin zu verstehen ist, daß jegliche Erhöhung des Übergangsgeldes vor Ablauf eines Leistungsjahres ausgeschlossen ist (Erlaß des BMA vom 22. November 1977, BKK 1978, 121). Diese für das Leistungsrecht vertretene Auffassung ist jedenfalls für das Beitragsrecht im Hinblick auf die Zielsetzung der Rentenversicherung der Rehabilitanden nicht zwingend. Der erkennende Senat hält daher auch unter Berücksichtigung der von der Revision vorgetragenen Bedenken an der in dem Urteil vom 7. Juni 1979 (aaO) vertretenen Ansicht fest: § 112 Abs. 3 Buchst. g AVG ist danach auch für die Fälle der Nr. 2 dieser Vorschrift so auszulegen, daß für die Berechnung der Beiträge das Bruttoarbeitsentgelt (oder der sonst zugrunde zu legende Betrag) bis zur jeweils gültigen Beitragsbemessungsgrenze maßgebend ist.
Nach alledem ist die Beitragsberechnung der Beklagten zutreffend erfolgt. Die Zulässigkeit der Erhebung des Säumniszuschlages folgt aus § 24 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen