Leitsatz (amtlich)

Ein Maschinist, der auf einem Schlepper auf der Unterelbe eingesetzt ist, gehört auch dann nicht zu den Angestellten nach AVG § 3 Abs 1 Nr 7 und Abschn d Berufsgruppenkatalog AnV, wenn er für die Seefahrt erforderliche Befähigungsnachweise besitzt.

 

Normenkette

AVG § 3 Abs. 1 Nr. 7 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1227 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23, Abs. 1 S. 2 Fassung: 1957-02-23; AnVBerufsBest Abschn. D Fassung: 1927-02-04

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 5. Juni 1963 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Es war zu entscheiden, ob der Kläger in der Angestelltenversicherung (AnV) zu versichern ist oder ob er der Arbeiterrentenversicherung (ArV) unterliegt. Die beklagte Betriebskrankenkasse (BKK), das Sozialgericht (SG) und das Landessozialgericht (LSG) haben zu Recht Versicherungspflicht in der ArV angenommen.

Der Kläger ist Maschinist. Er hat eine Maschinenbaulehre abgeschlossen. Von 1924 bis 1928 fuhr er als Heizer und Maschinenassistent auf Seeschiffen. Von 1928 bis 1930 war er auf Land tätig. Danach war er Heizer beim Wasserstraßen- und Schiffahrtsamt und arbeitete auf Baggern. Seit 1950 ist er bei der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Hamburg beschäftigt. Er war zunächst auf einem Bagger auf der Unterelbe eingesetzt. 1952 erwarb er das Patent C 2 und legte auch die M-Prüfung ab, die etwa dem Patent C 3 entspricht. Von 1954 an war er Maschinist auf dem Schlepper "B." (5 Mann Besatzung). Seit 1959 arbeitete er als Maschinist auf dem Schlepper "K." (330 PS-Maschine und ebenfalls 5 Mann Besatzung: Schiffsführer, 1 Matrose, 1 Koch, 1 Maschinist, 1 Heizer). Der Kläger ist für den Betrieb der Maschine und das Funktionieren der Nebenaggregate und für die Hilfspumpen verantwortlich. Der Heizer hat seinen Weisungen zu folgen. Der Kläger hat ein Maschinenbuch über den Verbrauch an Kohle, Fett, Öl und über besondere Vorkommnisse und Gefahrenmanöver sowie das Zollkontrollbuch über Brennstoffe zu führen. Außerdem hat er eine Wochenübersicht zu fertigen. Die Schlepper, auf denen der Kläger seit 1954 tätig ist, werden auf der Unterelbe verwendet. Sie sind zwar seetüchtig, werden aber nur in besonderen Ausnahmefällen außerhalb der Seefahrtsgrenzen im Sinne der 3. Durchführungsverordnung zum Flaggenrechtsgesetz (DVO) vom 3. August 1951 (BGBl III 9514-1-3) eingesetzt.

Im Oktober 1959 wurde der Kläger - wie es in dem Urteil des LSG heißt - in das Angestelltenverhältnis übernommen. Im Frühjahr 1960 stellte die beklagte BKK fest, daß er der ArV-Pflicht unterliege. Der dagegen erhobene Widerspruch des Klägers wurde mit Bescheid vom 23. Februar 1962 zurückgewiesen, da Maschinisten auf Binnenschiffen nach der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts (RVA) in der ArV zu versichern seien.

Das SG Hamburg hat die Klage auf Feststellung der Versicherungspflicht in der AnV mit der Begründung abgewiesen, daß der Kläger nicht zu den in § 3 Abs. 1 Nr. 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aufgeführten Personen gehöre und seine Tätigkeit auch nicht der eines Seemaschinisten gleichartig sei. Es komme nicht darauf an, daß er das C 2 - Patent als Seemaschinist besitze und die innerbehördliche M-Prüfung abgelegt habe; maßgeblich sei nur die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit (Urteil vom 28. November 1962).

Das LSG Hamburg hat mit Urteil vom 5. Juni 1963 die Berufung zurückgewiesen. Es hat sinngemäß ausgeführt, der Kläger unterliege der ArV-Pflicht, weil er nicht auf einem Seefahrzeug beschäftigt und nicht Offizier des Maschinendienstes sei und sich auch nicht in einer ähnlich gehobenen und höheren Stellung befinde, wie die in § 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG genannten Personen. Es sei unstreitig, daß die Schlepper, auf denen der Kläger arbeite, oberhalb der Seefahrtsgrenze nach der 3. DVO eingesetzt seien und sie nur in seltenen Fällen überschritten. Die Schlepper würden somit nicht ausschließlich oder überwiegend zur Seefahrt benutzt (§ 163 der Reichsversicherungsordnung - RVO -). Der Begriff "Seefahrt" (vgl. § 1047 RVO aF) richte sich nach dem Flaggenrechtsgesetz vom 8. Februar 1951 (BGBl III 9514-1) in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 4 der 3. DVO vom 3. August 1951. Der ständigen Rechtsprechung des RVA in dieser Frage sei zu folgen (AN 1924, 206; 1928, 162; 1930, 343). Daß die Schlepper an sich seetüchtig seien, ändere nichts, denn nach § 163 RVO käme es nur auf die Verwendung des Fahrzeugs an. § 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG sei nicht erschöpfend, soweit es sich um Personen in ähnlich gehobener und höherer Stellung handele. Die nähere Bestimmung der angestelltenversicherungspflichtigen Berufe der Binnenschiffahrt finde sich in Abschnitt D des Berufsgruppenverzeichnisses idF vom 4. Februar 1927 (RGBl I 58). Diese Verordnung gelte weiterhin (BSG in SozR § 1227 RVO Nr. 3). Danach seien nur Führer von maschinenangetriebenen Fahrzeugen mit mindestens 2 Mann Besatzung Angestellte; ein Maschinist könne daher allenfalls nur dann eine ähnlich gehobene Stellung wie ein Schiffsführer einnehmen, wenn ihm mindestens 2 Besatzungsmitglieder unterstellt seien. Die alleinige Verantwortung für die Maschine genüge nicht zur Begründung der AnV-Pflicht. Die Binnenschiffahrt kenne keine Offiziere des Maschinendienstes. Auch das Leistungsgruppenverzeichnis zur VO vom 3. März 1960 (BGBl I 137) gebe keinen Anhalt für eine abweichende Beurteilung. Die Revision wurde zugelassen.

Der Kläger hat Revision eingelegt. Er beantragt,

unter Aufhebung der Urteile des LSG und des SG sowie des Widerspruchsbescheides festzustellen, daß der Kläger in der AnV versicherungspflichtig ist.

Zur Begründung führt der Kläger aus, daß die Tätigkeit auf einem seetüchtigen Schlepper den Maschinisten überwiegend geistig in Anspruch nähme. Für die mechanischen Arbeiten sei ein Hilfsmaschinist beigegeben. Er wäre unzweifelhaft angestelltenversicherungspflichtig, wenn der Schlepper jenseits der Seefahrtsgrenze verwandt würde. Von solchen Zufälligkeiten dürfe die Entscheidung nicht abhängen. Seine Verantwortung und Ausbildung (Patente) seien nicht anders als die eines Offiziers des Maschinendienstes. In den Tarifverträgen werde die Unterelbe als Seegebiet behandelt und es würden Befähigungszeugnisse der Seefahrt verlangt. Die Seefahrtsgrenze nach § 1047 RVO aF sei nicht für die AnV maßgebend. Die Grenzbestimmung nach örtlichen Merkmalen sei willkürlich. Sie müsse sachlich gezogen werden.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Rechtsauffassung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA).

Die beigeladene BfA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, daß der Kläger in der ArV zu versichern sei. Die Seefahrtsgrenzen seien nicht nur in der Unfallversicherung (§ 836 RVO nF) nach dem Flaggenrechtsgesetz bestimmt; auch § 163 RVO verweise auf das Seefahrtsrecht; daß die Unterelbe eine Seeschiffahrtsstraße sei, spiele keine Rolle.

Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger ist nicht nach dem AVG versicherungspflichtig. Er unterliegt deshalb der ArV (§ 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 RVO; vgl. auch AN 1924, 206; 1928, 162; 1929, 345; 1930, 342; 1932, 483).

§ 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG und das Berufsgruppenverzeichnis der AnV vom 8. März 1924 (RGBl I 274, 410) idF vom 4. Februar 1927 (RGBl I 58) - Abschn. D - enthalten besondere Bestimmungen über die Versicherungspflicht in der AnV für Personen, die in der Schiffahrt beschäftigt sind. Das Berufsgruppenverzeichnis gilt noch, weil der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) noch nicht von der Ermächtigung in Abs. 3 des § 3 AVG, die Berufsgruppen näher zu bezeichnen, Gebrauch gemacht hat. Die besonderen Vorschriften für in der Schiffahrt beschäftigte Personen (§ 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG) schließen es aus, diese Personen nach den von der Rechtsprechung zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AVG entwickelten Grundsätzen zu beurteilen (vgl. dazu BSG 4, 17; 10, 82; 21, 176; vgl. ferner auch RVA in AN 1932, 483 f). Maßgebend für die Zuordnung des Klägers zu den Angestellten oder Arbeitern ist vielmehr allein § 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG und das Berufsgruppenverzeichnis.

1.) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG sind Angestellte insbesondere die ausdrücklich genannten Schiffsführer, Offiziere des Decks- und Maschinendienstes, Schiffsärzte, Funkoffiziere, Zahlmeister, Verwalter und Verwaltungsassistenten sowie, allgemeiner umschrieben, "die in einer ähnlich gehobenen und höheren Stellung befindlichen Mitglieder der Schiffsbesatzung von Binnenschiffen oder deutschen Seefahrzeugen."

Nach Abschnitt D des Berufsgruppenverzeichnisses gehören zu den Angestellten im Sinne des jetzigen § 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG (Schiffahrtsangestellte) in der Binnenschiffahrt insbesondere: Führer von maschinell angetriebenen Personenfahrzeugen mit einer Schiffsmannschaft von mindestens 2 Personen ..., Führer sonstiger maschinell angetriebener Fahrzeuge mit einer Mannschaft von mindestens 2 bzw. 3 Personen ... und der erste Steuermann bei Rheindampfern der Personenbeförderung.

Hiernach wird unterschieden, ob eine Person in der Seeschiffahrt oder in der Binnenschiffahrt beschäftigt ist. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG ausdrücklich bezeichneten Berufe sind nämlich nur solche der Seeschiffahrt, während Abschnitt D des Berufsgruppenverzeichnisses die Binnenschiffahrt ausdrücklich hervorhebt. Daß die in § 3 Abs. 1 Nr. 7 einzeln aufgeführten Berufe nur solche der Seeschiffahrt sind, ergibt sich auch aus der Terminologie der die Seeschiffahrt und die Binnenschiffahrt betreffenden Gesetze.

Nach dem Seemannsgesetz vom 26. Juli 1957 (BGBl III 9513-1) sind neben dem Führer des Schiffes, dem Kapitän (§ 2), Besatzungsmitglieder nach § 3: die Schiffsoffiziere (§ 4), die sonstigen Angestellten (§ 5) und die Schiffsleute (§ 6). Nach § 4 sind Schiffsoffiziere:

1.) die Angestellten des nautischen oder des technischen Schiffsdienstes, die eines staatlichen Befähigungsnachweises bedürfen,

2.) die Schiffsärzte,

3.) die Seefunker, die Inhaber eines Seefunkzeugnisses 1. oder 2. Klasse sind,

4.) die Zahlmeister.

Nach § 5 sind "sonstige Angestellte" Besatzungsmitglieder, die, ohne Schiffsoffiziere zu sein, nach der seemännischen Verkehrsanschauung als Angestellte angesehen werden, insbesondere, wenn sie eine überwiegend leitende, beaufsichtigende oder büromäßige Tätigkeit oder eine verantwortliche Tätigkeit ausüben, die besondere Kenntnisse erfordert.

Nach § 6 ist Schiffsmann jedes andere, in einem Heuerverhältnis stehende Besatzungsmitglied, das nicht Angestellter im Sinne der §§ 4 und 5 ist.

Das Seemannsgesetz gilt nach § 1 für alle Kauffahrteischiffe, die nach dem Flaggenrechtsgesetz vom 8. Februar 1951 die Bundesflagge führen. Das Flaggenrechtsgesetz bestimmt im ersten Abschnitt "Flaggenrecht der Seeschiffe" in § 1, daß "alle Kauffahrteischiffe und sonstigen zur Seefahrt bestimmten Schiffe (Seeschiffe)" unter weiteren Voraussetzungen die Bundesflagge zu führen haben. Der zweite Abschnitt betrifft die "Flaggenführung der Binnenschiffe".

Die im Seemannsgesetz aufgeführten Berufsbezeichnungen betreffen somit nur das Personal von Seeschiffen und nicht das von Binnenschiffen.

Die noch geltende Schiffsbesetzungsordnung vom 29. Juni 1931 (BGBl III 9513-2), die nach § 1 auf Kauffahrteischiffe - also Seeschiffe - und auf sonstige Schiffe, die von der See-Berufsgenossenschaft zur Seefahrt zugelassen sind, anzuwenden ist, führt in § 2 weitere Berufsbezeichnungen auf:

Seemaschinist:

Der im Maschinendienst tätige Schiffsoffizier,

Leitender Seemaschinist oder

Leiter der Maschinenanlage:

Der für die Leitung der Maschinenanlage verantwortliche Schiffsoffizier,

Wachmaschinist:

Der Schiffsoffizier, der zur Unterstützung des leitenden Seemaschinisten oder des Leiters der Maschinenanlage bestimmt ist.

In § 3 sind die Befähigungszeugnisse für Seemaschinisten genannt und in §§ 7 bis 10 ist ausgeführt, welche Zeugnisse die jeweils eingesetzten Maschinisten besitzen müssen. Ein Maschinist kann sonach, wie aus §§ 1 bis 3 der Schiffsbesetzungsordnung folgt, Schiffsoffizier im Sinne des § 4 Nr. 1 des Seemannsgesetzes nur dann sein, wenn er auf einem Seeschiff eingesetzt ist; dies sind nach § 1 des Flaggenrechtsgesetzes die zur Seefahrt bestimmten Schiffe.

Seefahrt ist nach § 1 Abs. 1 der 3. DVO zum Flaggenrechtsgesetz vom 3. August 1951 die Schiffahrt seewärts der in Abs. 2 und 3 festgelegten Grenzen. Nach Abs. 2 Nr. 4 verläuft die Grenze der Seefahrt bei der Elbmündung auf der Verbindungslinie von der Kugelbake bei Döse zur nordwestlichen Spitze des Hohen Ufers (Dieksand). Die Unterelbe, auf der die Schlepper eingesetzt sind, mit denen der Kläger fährt, liegt also binnenwärts der Grenze der Seefahrt. Das Befahren der Unterelbe stellt somit keine Seefahrt dar.

Dem steht nicht entgegen, daß die Elbe unterhalb der oberen Grenze des Hamburger Hafens als "Seeschiffahrtsstraße" bezeichnet wird: Anl. 2 zu § 22 der VO über Befähigungszeugnisse in der Binnenschiffahrt (BSchPatentVO) vom 15. Juni 1956 (BGBl III 9503-10). Es heißt dort ausdrücklich: "Seeschiffahrtsstraßen binnenwärts der Grenze der Seefahrt (§ 1 der 3. DVO zum Flaggenrechtsgesetz ...)". Zudem zeigt auch die Regelung, wonach für das Befahren der Unterelbe das Schifferpatent nach der BSchPatentVO erteilt wird, daß die Unterelbe der Binnenschiffahrt zugerechnet wird. Die Schiffahrt auf der Unterelbe als "Seeschiffahrtsstraße" gehört also nicht zur Seefahrt, wie der Kläger meint.

Für die RVO und das AVG kann die Unterscheidung zwischen Binnenschiffahrt und Seefahrt nicht anders als nach den die Schiffahrt betreffenden Gesetzen und Verordnungen verstanden werden.

§ 163 RVO unter der Überschrift "Deutsche Seeschiffahrt" befindet sich in dem Unterabschnitt "Gemeinsame Begriffsbestimmungen" des Abschnitts "Sonstige gemeinsame Vorschriften" im 1. Buch "Gemeinsame Vorschriften" der RVO. § 163 RVO ist danach für die Krankenversicherung (KrV), Unfallversicherung (UV) und die Rentenversicherung maßgebend. Nach § 163 Abs. 1 RVO gilt als deutsches Seefahrzeug jedes Fahrzeug, das unter deutscher Flagge fährt und ausschließlich oder vorzugsweise zur Seefahrt benutzt wird. Nach Abs. 2 sind Mitglieder der Besatzung deutscher Seefahrzeuge (Seeleute) der Kapitän (Schiffsführer, Schiffer), die Schiffsoffiziere, die Schiffsleute und unter bestimmten Voraussetzungen sonstige geheuerte Personen. Die Begriffsbestimmungen in Abs. 1 des § 163 RVO stehen in Einklang mit § 1 des Flaggenrechtsgesetzes vom 8. Februar 1951. Abs. 2 des § 163 RVO nennt im wesentlichen die in §§ 2 bis 6 des Seemannsgesetzes aufgeführten Personen.

Aus diesen Gründen können in § 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG und in Abschnitt D des Berufsgruppenverzeichnisses der AnV nicht andere Begriffe für Seefahrzeug, Binnenschiffahrt und Seefahrt als nach den die Schiffahrt betreffenden Gesetzen zugrunde gelegt werden. Der Kläger ist daher nicht auf einem Seefahrzeug in der Seefahrt beschäftigt. Er ist nicht Offizier des Maschinendienstes im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG. Daß er als Inhaber des Patentes C 2 und der M-Prüfung als "Offizier des Maschinendienstes" (§ 4 Nr. 1 des Seemannsgesetzes in Verbindung mit §§ 2 und 3 der Schiffsbesetzungsordnung) in der Seefahrt verwendet werden kann, ist nicht zu berücksichtigen, da er tatsächlich nicht auf einem Seeschiff in der Seefahrt eingesetzt ist.

2.) Der Kläger befindet sich auch nicht in einer "ähnlich gehobenen und höheren Stellung" im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG. Als Vergleichsberuf kommt der des Seemaschinisten in Frage. Die Stellung des Klägers kann jedoch nicht der eines Seemaschinisten gleichgesetzt werden. In der Binnenschiffahrt, zu der gesetzlich die Seeschiffahrtsstraßen gerechnet werden (BSchPatentVO), sind für Maschinisten nach dem Gesetz keine besonderen Befähigungsnachweise wie für die Seefahrt vorgesehen. In dem Gesetz über Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt vom 15. Februar 1956 (BGBl II 9500-1) wird der Bundesminister für Verkehr ermächtigt, Rechtsverordnungen für die Anforderungen an die Befähigung und die Eignung von "Schiffsführern und -mannschaften, Floßführern, Fährleuten und Lotsen" zu erlassen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3). Die hierauf beruhende BSchPatentVO regelt nur die Befähigung zum Führen von Schiffen (§ 3: Schifferpatent, Schifferausweis, Fährführerschein). Dagegen verlangt sie nicht auch einen Befähigungsnachweis für Mannschaften, zu denen die Maschinisten zählen. Da die BSchPatentVO in § 22 und Anlage 2 ausdrücklich die Unterelbe als "Seeschiffahrtsstraße" mitumfaßt, ist klargestellt, daß Maschinisten auf der Unterelbe keines gesetzlich bestimmten Befähigungsnachweises bedürfen. Die Anforderungen an den Maschinisten außerhalb der Seefahrt, d. h. in der Binnenschiffahrt, sind also nach dem Gesetz wesentlich geringer als an den Seemaschinisten. Die Maschinisten außerhalb der Seefahrt haben daher nicht ohne weiteres eine ähnlich gehobene oder höhere Stellung als die Seemaschinisten und sind daher nicht schlechthin Angestellte.

Aus diesem Grunde und weil nach Abschnitt D des Berufsgruppenverzeichnisses in der Binnenschiffahrt nur die Führer von Schiffen unter zusätzlichen weiteren Voraussetzungen stets Angestellte sind, muß sich ein Maschinist außerhalb der Seefahrt aus dem Kreis der sonstigen, in diesem Bereich beschäftigten Maschinisten besonders herausheben, damit er als Angestellter angesehen werden kann. Dies ist beim Kläger indessen nicht der Fall. Daß er auf einer Seeschiffahrtsstraße eingesetzt ist, ist kein ausreichendes Unterscheidungsmerkmal, um ihn einem Seemaschinisten gleichzusetzen, da, wie ausgeführt, die BSchPatentVO auch bei Seeschiffahrtsstraßen keinen besonderen Befähigungsnachweis für Maschinisten verlangt. In dem maßgebenden Tarifvertrag (siehe unten) wird für Maschinisten auf der Unterelbe nicht ein den Patenten für die Seefahrt entsprechender Befähigungsnachweis gefordert. Die M-Prüfung beruht nur auf innerdienstlichen allgemeinen Dienstvorschriften der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung (Nr. 1630 vom 20. Oktober 1956). Wenn bei der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Hamburg die Gepflogenheit besteht, bei Maschinisten auf der Unterelbe Seefahrtspatente zu verlangen, so mag dies zweckmäßig sein, damit das Schlepperpersonal der Unterelbe in Ausnahmefällen auch seewärts der Seefahrtsgrenze eingesetzt werden kann und nicht ausgewechselt werden muß. Doch kann eine solche unverbindliche Handhabung nicht einer gesetzlichen Regelung gleichgestellt werden.

Der hier einschlägige Tarifvertrag vom 8. Mai 1961 über die anderweitige Eingruppierung der im nautischen und schiffsmaschinentechnischen Dienst beschäftigten Tarifangestellten und von Angestellten im Funkdienst der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung und des deutschen Hydrographischen Instituts - MinBlFin 1961, 1007 - (der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 als Vergütungsordnung im Sinne des § 1 Abs. 2 des Bundesangestelltentarifs - BAT - gilt), bestimmt in § 2 nur die Eingruppierung in Vergütungsgruppen nach Tätigkeit und Besitz eines Patents und erläutert in § 3 die verschiedenen Patente. Er verlangt aber nicht den Besitz von Seeschiffahrtspatenten für die Binnenschiffahrt einschließlich der Seeschiffahrtsstraßen. Nach Anlage 1 erfaßt der Tarifvertrag auch die Schlepper "B." und "K.". Diese arbeitsrechtliche Regelung der Entlohnung ändert nichts an der versicherungsrechtlichen Zuordnung zur AnV oder ArV, die der vertraglichen Regelung entzogen ist. Die Eingruppierung von in der Schiffahrt Beschäftigten in den BAT ist für die Beurteilung der Versicherungspflicht in der AnV nicht entscheidend. Vielmehr macht § 1 Abs. 1 BAT die Anwendung dieses Tarifvertrages grundsätzlich davon abhängig, ob der Arbeitnehmer in einer der AnV unterliegenden Beschäftigung tätig ist. Danach hat die Feststellung der AnV-Pflicht eines Beschäftigten der Anwendung des BAT vorauszugehen. Nach § 1 Abs. 2 BAT kann mit Arbeitnehmern in einer der ArV unterliegenden Tätigkeit vereinbart werden, daß sie als Angestellte nach dem BAT beschäftigt werden, wenn ihre Tätigkeit in der Vergütungsordnung aufgeführt ist (s. dazu § 1 Abs. 1 Satz 2 des oben genannten Tarifvertrages vom 8. Mai 1961). In diesen Fällen bleibt also der "Angestellte" nach Abs. 2 des § 1 BAT Arbeitnehmer im Sinne der ArV (§ 1227 RVO). Es kommt somit nicht darauf an, wie der Kläger tarifvertraglich von seinem Arbeitgeber behandelt wird.

Es kann nicht eingewandt werden, die Vorschriften über Maschinisten außerhalb der Seefahrt seien durch die technische Entwicklung überholt. § 3 AVG nF und die genannten Gesetze und Verordnungen der Schiffahrt stammen vielmehr aus den letzten Jahren bzw. sind in den letzten Jahren geändert worden, so daß der Stand der Technik berücksichtigt ist.

Es ist unzweifelhaft, daß der Maschinist außerhalb der Seefahrt auch ohne Befähigungsnachweis nach der BSchPatentVO oder Spezialvorschriften für bestimmte Schiffahrtsstraßen besondere Berufskenntnisse besitzen muß (vgl. § 2 Nr. 10 "Maschinist", §§ 66 bis 75 der Binnenschiffs-Untersuchungsordnung vom 18. Juli 1956 - BSchUO - BGBl III 9502-7). Wenn er eine praktische Ausbildung etwa in Form einer Lehre als Maschinenbauer, Maschinenschlosser u. ä. oder nach innerdienstlichen Bestimmungen erhalten hat, so bedeutet dies ggf., daß er Facharbeiter ist. Es besagt aber nicht, daß er als Angestellter in die AnV einzugruppieren sei. Der Unterschied zum Seemaschinisten besteht darin, daß der Maschinist außerhalb der Seefahrt eine besondere Befähigung nicht nachweisen muß, wie es vom Seemaschinisten verlangt wird (§§ 24, 25 der Schiffsbesetzungsordnung: Kleinmaschinist (C 2): Seefahrtszeit im Maschinendienst und Werkstättenarbeit von zusammen 50 Monaten; als Seemaschinist II (C 3): Werkstättenlehre von 36 Monaten und Seefahrtszeit von 24 Monaten sowie Lehrgang von 20 Wochen auf einer Seemaschinistenschule mit Prüfung).

Daß der Kläger als einziger Maschinist auf den Schleppern für die Maschinenanlage verantwortlich ist, ist keine Besonderheit. Verantwortlichkeit wird in vielen Facharbeiterberufen beim Umgang mit wertvollen Maschinen und Materialien gefordert. Eine ähnlich gehobene und höhere Stellung wie die eines Seemaschinisten wird dadurch noch nicht erlangt.

Auch der Besitz von Patenten für die Seefahrt macht den Kläger nicht zu einem Angestellten ähnlich einem Seemaschinisten, weil er nicht bei einer Tätigkeit eingesetzt ist, für die die oben genannten Gesetze diese Patente erfordern. Das Führen von Listen und Büchern sowie das Erstatten von schriftlichen Berichten begründet ebenfalls nicht die Angestellteneigenschaft des Klägers. Der Zweck und der Hauptinhalt seiner Arbeit sind das Bedienen und Beaufsichtigen der Maschinenanlage. Das Führen der Listen und die anderen schriftlichen Arbeiten sind eine damit zusammenhängende Nebenarbeit, die den Charakter seiner Tätigkeit nicht entscheidend bestimmt.

Der Kläger befindet sich somit nicht in einer ähnlich gehobenen und höheren Stellung wie die in § 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG im einzelnen genannten, in der Seefahrt beschäftigten Personen.

3.) Der Kläger ist auch nicht Angestellter nach Abschnitt D des Berufsgruppenverzeichnisses der AnV. Das LSG führt zwar zu Unrecht noch den früheren Abs. 2 des Abschnittes D an, worin es hieß, daß die sonstige Besatzung von Fahrzeugen der Binnenschiffahrt nicht angestelltenversicherungspflichtig seien. Dieser Abs. 2 ist mit der VO vom 4. Februar 1927 weggefallen. Doch ist der Kläger trotzdem nicht Angestellter nach Abschnitt D. Dieser Abschnitt führt als Schiffahrtsangestellte "insbesondere" Führer von bestimmten Fahrzeugen auf. Daher können an sich auch andere Personen der Schiffsbesatzung Angestellte sein. Da aber andere Berufsgruppen außer dem Schiffsführer nicht schlechthin als Angestellte aufgeführt sind, kann ein Besatzungsmitglied der anderen Berufsgruppen nur dann als Angestellter im Sinne der AnV behandelt werden, wenn es sich aus der Gruppe der gleichartigen Besatzungsmitglieder besonders heraushebt. Der Kläger kann aber nicht mit einem Führer eines der in Abschnitt D Nr. 1 und 2 beschriebenen Schiffe gleichgesetzt werden. Der Maschinist ist zwar für die Maschinenanlage verantwortlich, er untersteht aber dem Schiffsführer, der die gesamte Verantwortung trägt (vgl. §§ 1, 4, 125 der Seeschiffahrtsstraßenordnung vom 6. Mai 1952 - BGBl II 9511-1 und Anl. 2).

Sonstige Umstände, die den Kläger aus der Gruppe der außerhalb der Seefahrt tätigen Maschinisten herausheben und seine Stellung ähnlich der des Seemaschinisten oder der eines Schiffsführers in der Binnenschiffahrt erscheinen ließen, sind nicht erkennbar.

Die Revision des Klägers war somit nicht begründet und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2380280

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