Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte |
Bek!agte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Pflegekrankengeldes nach § 185c Reichsversicherungsordnung (RVO).
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin hatte Anspruch auf Krankengeld nach § 185c RVO für fünf Arbeitstage im Dezember 1982, an denen sie zur Pflege ihres erkrankten, vier Jahre alten Sohnes von der Arbeit freigestellt war. Sie arbeitete drei Tage in der Woche, elf Tage im Monat mit 87 Stunden bei einem Arbeitsentgelt von 853,08 DM brutto bzw. 531,98 DM netto im November 1982. Die Beklagte bewilligte ihr für fünf Arbeitstage Krankengeld in Höhe von 17,73 DM pro Arbeitstag, wobei sie ihrer Berechnung den Nettoarbeitsverdienst (531,98 DM) zugrundelegte und diesen Betrag durch dreißig teilte ( = 17,73). Nach erfolglosem Widerspruch hat die Versicherte Klage erhoben und geltend gemacht, daß es bei ihren bloß elf Arbeitstagen im Monat rechtlich nicht zulässig sei, ihren Verdienst durch die Zahl 30 zu teilen; bei einer Teilung durch elf ergebe sich aber ein Krankengeld von 48,36 DM pro Arbeitstag. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte antragsgemäß mit der Begründung verurteilt, die Berechnung des Krankengeldes werde hier der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes nicht gerecht; die gesetzliche Berechnungsregelung habe das Leitbild einer Vollzeitbeschäftigung im Auge. Mit der Revision beruft sich die Beklagte auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. Oktober 1980 - 3 RK 56/79 - (BSGE 50, 259), wonach die Höhe des Pflegekrankengeldes sich nach § 182 Abs. 4 RVO errechne und Absatz 5 Satz 3 dieser Vorschrift ausdrücklich auf Kalendertage abstelle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 31. Juli 1984 - S. 14 Kr 59/83 - aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 1983 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist nicht begründet.
Die Beklagte hat der Klägerin denjenigen Teil des monatlichen Nettoregellohnes als Krankengeld zu gewähren, der der Anzahl ihrer Arbeitstage in diesem Zeitraum entspricht. Die Bemessung mit einem Dreißigstel widerspricht hier dem Sinn des Gesetzes.
Die Vorschrift des § 185c RVO über einen Arbeitsfreistellungsanspruch (Absatz 3) und einen entsprechenden Krankengeldanspruch (Absatz 1, 2) bei Fernbleiben von der Arbeit wegen eines kranken Kindes enthält keine ausdrückliche Regelung zur Höhe des Krankengeldanspruchs, weder unmittelbar noch durch Verweisung auf § 182 RVO. Nach der Bestimmung der Anspruchsvoraussetzungen im Absatz 1 heißt es im Absatz 2, Satz 1 lediglich: "Anspruch auf Krankengeld nach Absatz 1 besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für fünf Arbeitstage". Anhaltspunkte für die Anspruchshöhe aus der Vorschrift selbst ergeben sich daher insoweit, als im Absatz 1 für den Geldanspruch der Begriff "Krankengeld" verwendet ("Versicherte erhalten Krankengeld, wenn ...", womit also stillschweigend auf den Krankengeldbegriff des § 182 RVO zurückgegriffen wird, und als im Absatz 2 Satz 1 bestimmt wird, daß dieses Krankengeld für "Arbeitstage", nicht aber auch für die dazwischenliegenden arbeitsfreien Tage bezahlt wird (BSG aaO, S. 260).
Wenn es im § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO heißt, daß Krankengeld gewährt wird, "wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht", so ist damit zwar die Leistungsvoraussetzung bestimmt - die mit der des § 185c Abs. 1 RVO nicht übereinstimmt -, nicht aber der (auch die Leistungshöhe mitbestimmende) Zweck der Leistung. Jedoch ist diese Zweckbestimmung in dem an sich der zahlenmäßigen Anspruchshöhe geltenden Absatz 4 Satz 1 des § 182 RVO insofern eingebracht, als es dort heißt, das Krankengeld betrage 80 vom Hundert "des wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangenen regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens". Damit wird deutlich, daß das Krankengeld ein Ersatz für das entgangene regelmäßige Arbeitsentgelt sein und damit Lohnersatzfunktion haben soll. Neben den gleichartigen Leistungsvoraussetzungen ( - Arbeitsunfähigkeit wegen eigener Krankheit im § 182 RVO; Arbeitsfreistellung wegen der Krankheit und Pflegebedürftigkeit eines Kindes im § 185c RVO -) ist es also derselbe Zweck der Lohnersatzfunktion, welcher die Verwendung desselben Begriffs "Krankengeld" im § 185c RVO wie im § 182 RVO rechtfertigt. Hier wie dort muß sich also die Höhe des Krankengeldes an dem tatsächlich entgangenen (regelmäßigen) Arbeitsverdienst orientieren. Das bedeutet, daß seine Höhe im Verhältnis der in dem zugrunde gelegten Zeitraum liegenden Arbeitszeit zu dem in diesem Zeitraum verdienten Arbeitsentgelt steht. Denn anders ist der Zweck, einen Ausgleich für den "wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangenen regelmäßigen" Verdienst zu schaffen, nicht zu erreichen. Das primäre Bestimmungsmerkmal der Anspruchshöhe liegt damit schon in der gesetzlichen Zweckbestimmung begründet.
Wenn es in § 182 Absatz 4, Satz 3 RVO heißt, daß das Krankengeld für Kalendertage gezahlt wird, so bedeutet dies, daß es nicht nur für Arbeitstage, sondern auch für die dazwischenliegenden arbeitsfreien Tage zu zahlen ist. Insofern wird dadurch der zeitliche Umfang des (zu ersetzenden) entgangenen Verdienstes und damit auch die Anspruchshöhe bestimmt. Die rechnerische Ermittlung des (Tages-) Krankengeldes setzt an höhenbestimmenden Berechnungen einerseits die Ermittlung des Regellohnes sowie die Reduzierung auf den Höchstsatz, andererseits die Feststellung des kalender- oder arbeitstäglichen Anteils voraus, an dem dem Versicherten jener Regellohn "wegen der Arbeitsunfähigkeit" entgangen ist. Welcher zeitliche Umfang dieser Anteil hat, hängt von der Anzahl der Kalender- bzw. Arbeitstage ab, an denen die Arbeitsunfähigkeit bestand. Während § 182 Abs. 4 RVO auf die Kalendertage abstellt - die bei voller Arbeitszeit mit 30 Tagen anzusetzen sind -, ist das Pflegekrankengeld nach § 185c RVO nach Arbeitstagen, also ohne dazwischenliegende arbeitsfreie Tage zu berechnen. Unter Berücksichtigung der obengenannten Lohnersatzfunktion kann dies nur bedeuten, daß das in dem maßgeblichen Kalendermonat erzielte und anrechenbare Entgelt durch die Anzahl der monatlichen Arbeitstage zu teilen ist.
Die Beklagte hat der Klägerin daher denjenigen Betrag als Krankengeld zu gewähren, der sich aus der Teilung ihres monatlichen Nettoregellohnes in Höhe von 531,98 DM durch die Zahl ihrer (elf) Arbeitstage ergibt. Das SG hat sie somit zu Recht verurteilt, der Klägerin für fünf Tage anstelle eines Krankengeldes von 17,73 DM ein solches von 48,36 DM zu zahlen. Ob in dem obengenannten Urteil des Senats vom 22. Oktober 1980 zur Begründung des Divisors 30 zu Recht auf die Gesetzesentwicklung abgestellt wurde, kann hier dahinstehen, da es sich dort jedenfalls um eine Vollzeitbeschäftigung handelte.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen