Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. März 1990 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch in der Revisionsinstanz nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt eine Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für die Dauer ihrer dreijährigen „Fortbildung” nach der Fortbildungs- und Prüfungsordnung für die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand bei einem Gemeindeunfallversicherungsverband (GUV) ab 1. August 1988. Diese Leistung bezog sie ab August 1987 wegen ihrer ersten Ausbildung nach dem Abitur im staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Sozialversicherungsfachangestellte – Schwerpunkt gesetzliche Unfallversicherung -” beim selben Versicherungsträger, die sie nach einem Jahr abbrach. Die Beklagte lehnte eine BAB für die „Fortbildung” ab, weil diese Leistung nur für die Teilnahme an den nach § 25 Abs 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) anerkannten oder nach § 108 BBiG als anerkannt geltenden Ausbildungen gewährt wird (Bescheid vom 9. Januar 1989; Widerspruchsbescheid vom 31. März 1989). Die Vorinstanzen haben über diesen Anspruch zuungunsten der Klägerin entschieden (Urteile des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 31. August 1989 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 2. März 1990). Das Berufungsgericht hat die „Fortbildung” der Klägerin als Ausbildung iS des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) bewertet und den Ausschluß von einer Förderung auch durch eine BAB deshalb als rechtmäßig bestätigt, weil die „Fortbildung” nicht zu einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf führe (§ 40 AFG, § 2 Abs 1 Nr 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit ≪BA≫ über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung ≪AAusbildung≫). Es sei ein Lehrgang auf der Grundlage einer bestimmten Berufs- oder Schulausbildung und solle zur Beschäftigung in der gehobenen Laufbahn bei einem Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand führen. Der förderungsfähige Kreis von Ausbildungen sei nicht um eine untypische für Erwachsene zu erweitern. Den angestrebten Beruf, für den allein nach Bedarf ausgebildet werde, könnten Bewerber, die im staatlich anerkannten Ausbildungsberuf des Sozialversicherungsfachangestellten vorgebildet seien, über eine Fortbildung iS des AFG erreichen. Die Teilnahme an einer derartigen Fortbildung werde aber nach § 43 Abs 3 AFG nicht gefördert, weil die Maßnahme überwiegend im Interesse des Ausbildungsbetriebes liege.
Die Klägerin vertritt mit ihrer – vom LSG zugelassenen – Revision weiterhin die Ansicht, wegen der Berufsfreiheit des Art 12 Grundgesetz (GG) dürfe die Ausbildungsförderung nicht auf die Vorbereitung für staatlich anerkannte Berufe beschränkt werden. Sonst verwehre die Beklagte der bedürftigen Auszubildenden die Ausbildung für eine qualifizierte Berufstätigkeit, die sie sonst nur über die einfachere als Sozialversicherungsfachangestellte erreichen könne. Ein überwiegendes Gemeinschaftsgut, das die Einschränkung rechtfertige, bestehe nicht. Die „Fortbildung” der Klägerin sei auch nicht entsprechend § 43 Abs 2 AFG als im Interesse des GUV liegend von einer Förderung ausgeschlossen. Ob die Klägerin später in der gehobenen Laufbahn verwendet werde, stehe offen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Änderung der Urteile der Vorinstanzen und der angefochtenen Bescheide die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin BAB ab 1. August 1988 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Beschränkung der Ausbildungsförderung auf bestimmte Berufe nicht für unvereinbar mit höherrangigem Recht.
Vom GUV, bei dem die Klägerin ausgebildet wird, ist eine Auskunft eingeholt worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Der Klägerin steht ab August 1988 keine BAB wegen der Teilnahme an einem dreijährigen „Fortbildungs”-Lehrgang bei einem GUV nach § 40 AFG (vom 25. Juni 1969 – BGBl I 582 –) zu, weil dies keine berufliche Ausbildung iS dieser Vorschrift war.
Die Klägerin betrieb, nachdem sie nach ihrem Abitur eine Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten abgebrochen hatte, eine berufliche Erstausbildung. Diese war, ungeachtet der Bezeichnung als „Fortbildung” in der maßgebenden Ordnung und im Vertrag, für sie keine förderungsfähige Fortbildung iS der §§ 41 ff AFG und konnte deshalb allenfalls eine Ausbildung iS des AFG sein. Eine Berufsbildungsmaßnahme ist eine Fortbildung und keine Ausbildung in diesem Sinn, wenn sie eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung mit einer Befähigung zu verantwortlicher Berufsausübung voraussetzt (§ 41 Abs 1 AFG; BSGE 44, 173, 176 = SozR 4100 § 44 Nr 14). Die Zuordnung einer Maßnahme zur Ausbildung oder Fortbildung bestimmt sich in erster Linie nach dem persönlichen Berufsweg desjenigen, der eine finanzielle Förderung begehrt, nicht nach dem Berufsweg anderer Lehrgangsteilnehmer, die bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen haben (BSG SozR 4100 § 40 Nr 12; SozR 3-4100 § 41 Nr 1). Die Erstausbildung der Klägerin war jedoch keine berufliche Ausbildung in Betrieben oder überbetrieblichen Ausbildungsstätten, für die nach § 40 Abs 1 Satz 1 AFG dem Auszubildenden eine BAB unter bestimmten Voraussetzungen zu gewähren ist. Andere „berufsvorbereitende Maßnahmen” der in § 40 Abs 1 Satz 1 AFG genannten Art, die von einem Anspruch auf BAB vorausgesetzt werden, liegen im Fall der Klägerin völlig außer Betracht.
Was unter betrieblicher und überbetrieblicher Berufsausbildung iS des § 40 AFG zu verstehen ist, bestimmt § 2 AAusbildung (vom 31. Oktober 1969 – ANBA 1970, 213 – / 29. September 1988 – ANBA Nr 9/1988 –) abschließend. Von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, sind nur diejenigen Ausbildungen für förderungsfähig erklärt, die zu Berufen führen, die nach dem Berufsbildungsgesetz (≪BBiG≫ vom 14. August 1969 – BGBl I 1112 – / 23. Dezember 1981 – BGBl I 1692 –) staatlich anerkannt sind. Das sind nur Berufe, die entweder in einem Bildungsgang erlernt wurden, der auf einer Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministers beruht (§ 25 Abs 1 BBiG) oder nach Übergangsrecht (§ 108 Abs 1 BBiG) als anerkannt gelten. Diese Beschränkung entspricht der Einheit von Berufsausbildungs- und Berufsausbildungsförderungsrecht (Gagel, Arbeitsförderungsgesetz, Stand: 1990, § 40 Rz 1). Diese Ausbildungen setzen in der Regel nicht mehr als einen Schulabschluß voraus. Zu diesen Ausbildungen gehört nicht die Erstausbildung nach der Fortbildungs- und Prüfungsordnung für die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (FPO) vom 3. Dezember 1987 (Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe, herausgegeben vom Bundesinstitut für Berufsbildung, Stand: 1989 ff). Als eigenständige Qualifizierungsmaßnahme des GUV vermittelt sie „auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden eine auf die Aufgaben der Sozialversicherung bezogene Bildung, die zur Erfüllung selbständiger und weitgehend eigenverantwortlicher Wahrnehmung gehobener Funktionen befähigt”, wie in § 1 FPO sowie in dem Vertrag zwischen der Klägerin und dem GUV festgelegt ist. In dieser Bildungsmaßnahme wird der Nachwuchs für die gehobenen Tarif-Angestellten des GUV herangebildet, wie dessen Auskunft ergibt. Im Unterschied zu ihr ist die Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten, eine der durch den zuständigen Bundesminister geregelten „betrieblichen Ausbildungen” iS des § 25 Abs 1 BBiG (Verordnung über die Berufsausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten vom 22. Juli 1977 – BGBl I 1425 –). Sie kann deshalb nach § 40 AFG gefördert werden, wie das im Fall der Klägerin ein Jahr lang geschehen war. Die „Fortbildung” nach der FPO kann nach Abschluß der Ausbildung und beruflicher Tätigkeit (§ 42 AFG) als echte Fortbildung iS des § 41 AFG gefördert werden.
Für Personen mit Hochschul- oder Fachhochschulreife, die unmittelbar nach der allgemeinbildenden Schulausbildung zugelassen werden können (§ 2 Abs 1 Nr 3 FPO), stellt sich diese Bildungsmaßnahme als berufliche Erstausbildung oberhalb der Ebene der Berufsausbildungen iS des § 2 Abs 1 AAusbildung dar. Aus diesem Grund und wegen des Fehlens der staatlichen Regelung gemäß § 25 Abs 1 BBiG und der entsprechenden Vorschriften kann sie nicht dem § 40 AFG zugeordnet werden. Die für diese Bildungsmaßnahme maßgebende FPO, die vom Bundesverband der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand eV beschlossen wurde, ist als autonomes Körperschaftsrecht vom GUV übernommen worden (§ 22 Abs 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, § 29 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung –, § 656 Abs 2 und 3, § 657 Reichsversicherungsordnung), also keine staatliche Verordnung. Das Bundesversicherungsamt, das eine Vorabstimmung mit den Aufsichtsbehörden der Länder durchgeführt hat, hat die FPO zur Kenntnis genommen, und das Sozialministerium des Landes Rheinland-Pfalz, die zuständige Aufsichtsbehörde, hat keine Bedenken gegen die FPO geäußert. Selbst wenn damit die FPO als genehmigt gelten könnte, so vermöchte diese Mitwirkung einer staatlichen Behörde nicht die ministerielle Ausbildungsregelung zu ersetzen, auf die § 2 AAusbildung hinweist. § 2 AAusbildung kann nicht in der Richtung erweiternd ausgelegt werden, daß auch eine Ausbildung nach der FPO förderungsfähig wäre.
Die BA hat nach § 40 AFG nur die beruflichen Grundausbildungen, die staatlich geregelt sind, als allgemein anerkannte Grundqualifikation für die Wettbewerbsfähigkeit von Arbeitnehmern auf dem Arbeitsmarkt zu fördern (zum Arbeitsmarkt: BSGE 40, 179, 181 = SozR 4100 § 36 Nr 8); das entspricht ihrem allgemeinen Auftrag (§§ 1 bis 3 AFG; BSG SozR 3-4100 § 40 Nr 2). Für einen andersartigen Ausbildungsgang innerhalb eines – staatlichen -Sonderprogramms ist ein Teilnehmer selbst dann nicht zu fördern, wenn er einen anerkannten beruflichen Abschluß erreicht (BSG aaO).
Ein Interesse des Arbeitgebers an der Ausbildung, das das LSG für bedeutsam gehalten hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die für Fortbildungen maßgebende Einschränkung, daß die Teilnahme an einer im überwiegenden Interesse des Beschäftigungsbetriebes liegenden Maßnahme grundsätzlich nicht gefördert wird (§ 43 Abs 2 AFG), gilt allgemein nicht für Erstausbildungen (BSGE 40, 234, 244 = SozR 4100 § 47 Nr 14). Der Gesetzgeber hatte diese Einschränkung für staatlich geregelte Ausbildungen iS des § 40 Abs 1 Satz 1 AFG nicht festzulegen; denn diese sind gerade auf die Interessen der Auszubildenden und aller für sie in Betracht kommenden Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt abgestellt.
Die staatliche Ordnung dieses Ausbildungswesens gewährleistet eine Verwendbarkeit der Ausgebildeten auch für andere Arbeitgeber und Dienstherren als die Partner des jeweiligen Ausbildungsverhältnisses. Dagegen bildet der GUV seinen Nachwuchs nach der eigenständigen FPO allein für seinen eigenen Bedarf aus (§ 2 Abs 2 Satz 1 FPO). Das schließt allerdings nicht aus, daß andere Träger der Sozialversicherung kraft eigener Entscheidung den Abschluß auch für die Beschäftigung bei ihnen anerkennen. Soweit die Aufsichtsbehörde diese Ausbildung duldet oder gar die zugrundeliegende Ordnung ausdrücklich genehmigt, soll allenfalls im Interesse der Versicherten und der Arbeitgeber, für die der GUV zuständig ist, gewährleistet werden, daß eine Befähigung vermittelt wird, die für den zu leistenden Dienst notwendig ist.
Die Beschränkung der Ausbildungsförderung durch § 2 AAusbildung auf die Ausbildungen nach BBiG und im Handwerk ist mit der gesetzlichen Ermächtigung (§ 39 Satz 1 und 2 Nr 1 AFG) vereinbar, wenn ergänzend die zuvor dargelegten Aufgaben der BA berücksichtigt werden. Sie verletzt insbesondere nicht das Grundrecht der Klägerin auf die freie Wahl der Ausbildungsstätte, des Arbeitsplatzes und des Berufes (Art 12 Abs 1 Satz 1 GG; Gagel, aaO, § 40 Rz 2, für Erwachsene aber erwogen; vgl dazu Urteile des Senats in BSGE 66, 268, 273 = SozR 3-4100 § 46 Nr 1; BSGE 66, 275, 281 f = SozR 3-4100 § 56 Nr 1; Urteil vom 3. Juli 1991 – 9b/7 RAr 142/89 –). Auch wenn Art 12 Abs 1 Satz 1 GG auf eine „möglichst unreglementierte berufliche Betätigung” abzielt (BVerfGE 54, 301, 313) und wenn dieses Grundrecht durch staatliche Subventionspolitik derart eingeschränkt und damit verletzt werden kann, daß der Zugang zu einem Beruf wirtschaftlich unmöglich gemacht wird (BVerfGE 82, 209, 223 f, 228 f), kann die Klägerin nicht aufgrund dieser Rechtsstellung die wirtschaftliche Förderung jeglicher von ihr gewählter Ausbildung von der BA verlangen. Ihre Ausbildung gehört zu den Aufgaben der öffentlichen Hand, die den notwendigen Nachwuchs, ua für den gehobenen Dienst, ausbildet und dies auch finanziert, so daß es der BAB zur Sicherstellung des Lebensunterhalts nicht bedarf.
Für den Regelfall ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse Beamten zu übertragen (Art 33 Abs 4 GG). Das gilt auch für den GUV, der die Klägerin ausbildet (§§ 1 und 3 Abs 2 Satz 2 Landesbeamtengesetz Rheinland-Pfalz – Sammlung des Landesrechts 2030-1; § 1 Satz 1 Laufbahnverordnung des Landes Rheinland-Pfalz – Sammlung des Landesrechts 2030-5). Für jene Berufsstellung wird in Fachhochschulen ausgebildet (§ 24 Abs 1 Laufbahnverordnung Rheinland-Pfalz). Den Anwärtern ist während dieser Ausbildung ein Unterhaltszuschuß zu zahlen, der weit über der BAB liegt (Anlage 5 zu BBVAnpG 1988 vom 20. Dezember 1988 – BGBl I 2363, 2390 – / Gesetz vom 21. Februar 1989 – BGBl I 264, 319 – / 28. Mai 1990 – BGBl I 967, 983 – / Bekanntmachung vom 6. Februar 1991 – BGBl I 293, 345 –). Für die Förderung dieser Ausbildung ist die BA kraft Gesetzes nicht zuständig (§ 34 Abs 4 AFG). Wenn der GUV, bei dem sich die Klägerin für eine gehobene Angestelltentätigkeit ausbilden läßt, ihr die wirtschaftlich weitaus besser gesicherte Fachhochschulausbildung nicht eröffnet, so bleibt der Klägerin doch der Zugang zu der von ihr gewählten gehobenen Ausbildung – im Grenzbereich zwischen der AFG-Förderung und der Fachhochschulausbildung – nicht aus wirtschaftlichen Gründen verschlossen. Die vertragliche Vergütung betrug im ersten Jahr 729,15 DM, im zweiten Jahr 797,76 DM und im dritten Jahr 892,99 DM brutto und ist damit nicht wesentlich geringer als der von der BA für die BAB festgelegte Bedarf. Falls diese Beträge, auch im Vergleich mit dem Unterhaltszuschuß im Vorbereitungsdienst, als nicht ausreichend anzusehen sind, ist es eine Sache der Tarifpartner, eine Erhöhung zu vereinbaren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen