Leitsatz (amtlich)
Eine nach AnVNG Art 2 § 52 Abs 3 ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem HVG erstreckte sich nicht auf eine angestelltenversicherungspflichtige Tätigkeit, die nach Löschung des von der Versicherungspflicht Befreiten in der Handwerksrolle aufgenommen wurde.
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, hängt davon ab, ob die Verpflichtung des Arbeitnehmers gegeben ist, im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers hinsichtlich der Ausführung der Arbeit dessen Anordnung zu befolgen. Von Bedeutung ist dabei, ob der Betreffende zur Einkommensteuer oder zur Lohnsteuer herangezogen wird.
2. Wesentliches Merkmal für das Vorliegen eines die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Abhängigkeit, dh die Eingliederung in den Betrieb und die damit gegebene Bindung an Einzelanweisungen des Arbeitgebers; das Fehlen jeglichen eigenen Risikos, die Zahlung gleichbleibender Bezüge und die Entrichtung von Lohnsteuer sprechen in der Regel für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
3. Ein Reisevertreter, der in einem vom Arbeitgeber bestimmten Bezirk zu regelmäßigen Kundenbesuchen und Kundenwerbungen verpflichtet ist, über die Vermittlung von Geschäften sowie über bedeutsame Vorgänge in seinem Bezirk Bericht zu erstatten hat und eine entgeltliche Nebenbeschäftigung nur mit schriftlicher Zustimmung des Arbeitgebers aufnehmen darf, steht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und unterliegt daher der Versicherungspflicht.
4. Ein Handwerker, der nach AnVNG Art 2 § 52 Abs 3 von der Versicherungspflicht nach dem HVG befreit worden war und nach HwVG § 7 Abs 2 versicherungsfrei bleibt, unterliegt auch in allen neben der Tätigkeit als Handwerksmeister ausgeübten Beschäftigungen nicht der Rentenversicherungspflicht; die Befreiung von der Versicherungspflicht verliert jedoch ihre Wirkung, wenn die Tätigkeit als Handwerker aufgegeben und die Eintragung in der Handwerksrolle gelöscht wird. 2. Wesentliches Merkmal für das Vorliegen eines die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Abhängigkeit, dh die Eingliederung in den Betrieb und die damit gegebene Bindung an Einzelanweisungen des Arbeitgebers; das Fehlen jeglichen eigenen Risikos, die Zahlung gleichbleibendes Bezüge und die Entrichtung von Lohnsteuer sprechen in der Regel für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. 3. Ein Reisevertreter der in einem vom Arbeitgeber bestimmten Bezirk zu regelmäßigen Kundenbesuchen verpflichtet ist, über die Vermittlung von Geschäften sowie über bedeutsame Vorgänge in seinem Bezirk Bericht zu erstatten hat und eine entgeltliche Nebenbeschäftigung nur mit schriftlicher Zustimmung des Arbeitgebers aufnehmen darf, steht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und unterliegt daher der Versicherungspflicht.
Normenkette
AnVNG Art. 2 § 52 Fassung: 1957-02-23; HwAVG; HwVG § 7 Abs. 2 Fassung: 1960-09-08
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts ... vom 4. August 1970 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene M während seiner Tätigkeit als Vertreter bei der Klägerin versicherungspflichtig in der Angestelltenversicherung gewesen ist.
Die Klägerin beschäftigt seit dem 1. Juli 1964 den 1919 geborenen Beigeladenen zu 1) als Vertreter. Dieser war bis zum 15. Januar 1964 als selbständiger Metzgermeister in der Handwerksrolle der Handwerkskammer ... eingetragen. Von der Versicherungspflicht nach dem Handwerkerversorgungsgesetz (HVG) vom 21. Dezember 1938 (RGBl I 1900) war er auf seinen Antrag von der Landesversicherungsanstalt (LVA) ... mit Wirkung vom 1. September 1959 befreit worden, nachdem er Pflichtbeiträge für 180 Kalendermonate entrichtet hatte. Der Bescheid vom 14. September 1959 hat folgenden Wortlaut:
"Da Sie 180 Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung nachgewiesen haben, werden Sie entsprechend Ihrem Antrag mit Wirkung vom 1.9.59 gem. Art. 2 § 52 Abs. 3 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes von der Versicherungspflicht nach dem Gesetz über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk befreit.
Nach dem Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz sind Sie zur freiwilligen Weiterversicherung in der Altersversorgung für das Deutsche Handwerk berechtigt. ..."
Die LVA ... - Handwerkerversorgung - erteilte dem Beigeladenen zu 1) am 14. September 1959 eine Bescheinigung folgenden Inhalts:
"Der L M geb. am 9. November 1919 aus S ist nach Art. 2 § 52 (3) des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 23.2.1957 mit Wirkung ab 1.9.59 von der Versicherungspflicht befreit. Für ihn sind keine Pflichtbeiträge auf Grund des HVG zu entrichten."
Anläßlich einer im Juli 1968 von der Allgemeinen Ortskrankenkasse in ... im Auftrag der Beklagten vorgenommenen Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß die Klägerin für den Beigeladenen zu 1), der zu der Zeit monatlich DM 860,- zuzüglich Provision verdiente, von Beginn der Beschäftigung an keine Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erst vom 1. August 1966 an abgeführt hatte.
Die beklagte Kasse berechnete daraufhin Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten für die Zeit vom 1. Dezember 1965 bis zum 31. Dezember 1967 in Höhe von DM 4.363,82 und zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit bis zum 21. Juli 1967 in Höhe von DM 78,08. Diese nicht verjährten Beiträge forderte sie mit Bescheid vom 18. August 1968 von der Klägerin.
Die Klägerin erhob Widerspruch, soweit es sich um die Beiträge zur Angestelltenversicherung handelt: Die von dem Beigeladenen zu 1) erteilte Befreiung von der Handwerkerversicherung erstrecke sich auf dessen gesamte Tätigkeit. Der Widerspruch wurde am 6. Dezember 1968 zurückgewiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Wenn der Beigeladene zu 1) auch weitgehend in der Gestaltung seiner Tätigkeit, insbesondere der Arbeitszeit, frei sei, so trage das Vertragsverhältnis doch überwiegend die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, wie sie das Bundessozialgericht (BSG) in seinen Urteilen vom 25. Februar 1958 - 3 RK 73/55 -, vom 31. Juli 1958 - 3 RK 46/55 - und vom 22. Oktober 1960 - 3 RK 13/56 - (BSG 13, 130 ff) entwickelt habe. Abgesehen von der Bezeichnung des Vertrages als "Dienstvertrag für reisende Angestellte" enthalte er wesentliche Einzelregelungen, aus denen sich die Eingliederung und Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) ergeben. Eine entgeltliche Nebenbeschäftigung dürfe er nur mit schriftlicher Zustimmung der Klägerin aufnehmen. Er sei also verpflichtet, seine Arbeitskraft ausschließlich der Klägerin zur Verfügung zu stellen, wogegen ein selbständiger Handelsvertreter die Möglichkeit habe, für mehrere Firmen gleichzeitig tätig zu werden. Die besonders enge und mit einer selbständigen Tätigkeit unvereinbare Bindung an die Klägerin folge auch daraus, daß der Beigeladene zu 1) verpflichtet sei, bei betrieblicher Notwendigkeit sowie nach Aufkündigung des Vertrages ausschließlich kaufmännische Tätigkeiten im Innendienst der Klägerin zu leisten.
Als Entgelt erhalte der Beigeladene zu 1) ein monatliches "Fixum" von zunächst DM 750,-, später DM 860,-, eine später ebenfalls erhöhte Garantieprovision von DM 300,- sowie Abschlußprovisionen, deren Höhe für einzelne Geschäfte besonders geregelt sei. Ein wirtschaftliches Risiko trage er daher nur insoweit, als es ihm möglich sei, mit intensiver und erfolgreicher Tätigkeit sein garantiertes Mindesteinkommen von über DM 1.000,- monatlich zu steigern. Hinzu komme, daß die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) Porto-, Telegramm- und Telefonunkosten zu erstatten habe, Tages- und Übernachtungsspesen zahle und ihm einen Dienstwagen zur Verfügung stelle oder Kilometergeld für den eigenen Wagen zahle, wodurch sein wirtschaftliches Risiko weiter verringert werde. Auch bei Krankheit liefe das Gehalt weiter. Hinzu komme noch, daß für das Entgelt des Beigeladenen zu 1) monatlich von der Klägerin Lohnsteuer abgeführt worden sei.
Die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) sei auch nicht von der Angestelltenversicherungspflicht befreit gewesen, weil sich die am 14. September 1959 von der LVA Saarland ausgesprochene Befreiung nur auf die Versicherungspflicht nach dem HVG erstreckt habe. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des Bescheides und aus Art. 2 § 52 Abs. 3 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG). Diese Befreiung hätte sich nur auf versicherungspflichtige Beschäftigungen erstreckt, die der Beigeladene zu 1) neben seiner Tätigkeit als Handwerksmeister ausgeübt hätte. Verliere jedoch ein selbständiger Handwerker seine Eigenschaft (werde er in der Handwerksrolle gelöscht), so verliere auch die umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht ihre Wirkung. Weder der Beigeladene zu 1) noch die Klägerin könnten sich darauf berufen, daß sie nach dem Wortlaut der Bescheinigung vom 14. September 1959 hätten darauf vertrauen können, der Beigeladene zu 1) sei auch für die Beschäftigung bei der Klägerin von der Angestelltenversicherungspflicht befreit. Denn aus der Bescheinigung ergebe sich klar, daß diese nur die Versicherungspflicht nach dem HVG betreffe, was sich insbesondere aus dem Satz ergebe, daß keine Pflichtbeiträge nach dem HVG zu entrichten seien. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Klägerin hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Sie trägt vor: Bei der Prüfung, ob eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit vorliege, komme es nicht darauf an, was die Parteien erklärt hätten, sondern darauf, welche Merkmale die Tätigkeit des Beschäftigten aufweise. Mit dieser Frage habe sich das angefochtene Urteil nicht befaßt. Aus der Tatsache, daß ein Dienstwagen gestellt oder bei Krankheit eine Vergütung gezahlt werde, sei kein Beweis dafür zu entnehmen, daß eine abhängige Beschäftigung ausgeübt werde; denn entscheidend sei nicht die Gegenleistung für die Arbeit, sondern die Tätigkeit selbst.
Selbst wenn man eine unselbständige Beschäftigung annehme, so sei diese nicht versicherungspflichtig in der Angestelltenversicherung, weil die bereits ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem HVG sich auch auf eine Angestelltentätigkeit erstrecke. Denn die Befreiung erfolge einzig aus dem Grunde, weil der Lebensabend des Betroffenen bereits ausreichend gesichert sei. Es wäre unlogisch, jemand von der Handwerkerversicherung zu befreien, ihn aber zur Angestelltenversicherung zu zwingen, sobald er in ein Angestelltenverhältnis überwechsele.
Sollte sich die Befreiung grundsätzlich nicht auf die Angestelltenversicherungspflicht erstrecken, so müsse jedoch der Umstand, daß die Behörde Versicherungsfreiheit bescheinigt habe, zu dem Ergebnis führen, daß die Versicherungspflicht zu verneinen sei. Denn die Formulierung, der Beigeladene sei von der Versicherungspflicht befreit, könne nichts anderes bedeuten als die Befreiung von der Angestelltenversicherung generell.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG ... vom 4. August 1970 und des SG ... vom 12. November 1969 und die Bescheide der Beklagten vom 18. August und 6. Dezember 1968 und die ihnen zugrunde liegenden Beitragsforderungen aufzuheben, soweit sie die Beiträge zur Angestelltenversicherung betreffen.
Die Beklagte und die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Der Beigeladene zu 1) ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
II
Die Revision ist nicht begründet.
1. Das LSG hat zutreffend festgestellt, daß der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, hängt davon ab, ob die Verpflichtung des Arbeitnehmers gegeben ist, im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers hinsichtlich der Ausführung der Arbeit dessen Anordnung zu befolgen (BSG vom 25. Februar 1958, SozR RVO zu § 165 Nr. 6). Bei dieser Prüfung kommt es vor allem auf die tatsächliche Gestaltung an. Von Bedeutung ist dabei auch, ob der Betreffende zur Einkommenssteuer oder zur Lohnsteuer herangezogen wird. Maßgebend für die Beurteilung, ob die für die Versicherungspflicht entscheidende persönliche Abhängigkeit vorliegt, ist in erster Linie die Eingliederung in den Betrieb und die damit gegebene Bindung an Einzelanweisungen des Unternehmers. Das Fehlen jeglichen eigenen Risikos und die Zahlung gleichbleibender Bezüge sprechen in der Regel für eine persönliche Abhängigkeit. Ausschlaggebend ist das Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung (BSG vom 31. Juli 1958, SozR RVO § 165 Nr. 8).
Im vorliegenden Fall hat das LSG hierzu festgestellt, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) habe in der Vermittlung von Geschäften für die Klägerin in einem bestimmten Bezirk bestanden, der von der Klägerin neu gestaltet werden konnte. Von jedem vermittelten Geschäft habe der Beigeladene zu 1) unverzüglich Mitteilung zu machen gehabt. Er sei zur intensiven Bearbeitung seines Bezirks, regelmäßigen Kundenbesuchen, Kundenwerbungen, Nachforschungen über die Bonität des Kunden und Überwachung ihrer Kreditwürdigkeit verpflichtet gewesen. Bedeutsame Vorgänge dieser Art hatte er der Klägerin unverzüglich mitzuteilen. Eine entgeltliche Nebenbeschäftigung durfte er nur mit schriftlicher Zustimmung der Klägerin aufnehmen, sei also verpflichtet gewesen, seine Arbeitskraft der Klägerin ausschließlich zur Verfügung zu stellen. Außerdem sei der Beigeladene zu 1) verpflichtet gewesen, bei betrieblicher Notwendigkeit ausschließlich kaufmännische Tätigkeiten im Innendienst der Klägerin zu leisten. Als Entgelt habe er ein monatliches Fixum erhalten, später noch eine Garantieprovision sowie Abschlußprovisionen. Die Klägerin habe die Porto-, Telegramm- und Telefonunkosten zu erstatten gehabt, außerdem Tages- und Übernachtungsspesen zahlen und einen Dienstwagen zur Verfügung stellen müssen bzw. Kilometergeld. Schließlich sei für die Bezüge des Klägers, die auch im Krankheitsfalle weitergezahlt wurden, Lohnsteuer abgeführt worden. Aus diesen Merkmalen hat das LSG ohne Rechtsirrtum den Schluß gezogen, daß der Beigeladene zu 1) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin steht. Dieses ist eine Angestelltentätigkeit; der Beigeladene zu 1) unterliegt daher der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung.
2. Auch die weitere Frage, ob die Tätigkeit des Klägers kraft Befreiung von der Versicherungspflicht versicherungsfrei sei, hat das LSG mit Recht verneint. Nach Art. 2 § 52 Abs. 3 AnVNG wurden Handwerker auf ihren Antrag von der Versicherungspflicht nach dem Gesetz über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk befreit, wenn sie Beiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit während mindestens 180 Kalendermonaten entrichtet haben. Diese Befreiung galt nach § 7 Abs. 2 des Handwerkerversicherungsgesetzes vom 8. September 1960 (BGBl I 737) - HwVG - weiter. Sie betrifft aber nur die Versicherungspflicht als selbständiger Handwerker. Zwar hätte sich die Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem HVG, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, auch auf alle neben der Tätigkeit als Handwerksmeister ausgeübten - an sich - versicherungspflichtigen Beschäftigungen erstreckt (§ 1 Satz 2 der VO zur Durchführung und Ergänzung des HVG vom 13.7.1939, der auf Befreiungen von der Versicherungspflicht gemäß Art. 2 § 52 Abs. 3 AnVNG entsprechend anzuwenden ist; BSG, Urt. v. 12.11.1969 - 4 RJ 531/68 - SozR, § 1227 RVO, Nr. 13). Voraussetzung für die Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht auf versicherungspflichtige Nichthandwerksmeistertätigkeiten war jedoch, daß der Befreite als selbständiger Handwerksmeister in der Handwerksrolle eingetragen war. Primärwirkung des Befreiungsbescheides - Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem HVG - wie Sekundärwirkung - Befreiung von der Versicherungspflicht nach sonstigen Vorschriften - waren gleichermaßen davon abhängig, daß der Betreffende selbständiger Handwerker war. Da Art. 2 § 52 Abs. 3 AnVNG die Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem HVG nur von der Erreichung einer Mindestsicherung abhängig machte und nicht mehr als einen Grundstock im Bedarfsfall gewährleistete, hätte es jeden inneren Grunds entbehrt, diese Befreiung von der Versicherungspflicht nach Aufgabe der Handwerkertätigkeit und der damit regelmäßig verbundenen Abgabe des Handwerksbetriebes als einer starken Stütze der Zukunftssicherung fortwirken zu lassen.
Dieser Auffassung stehen die oben zitierte Entscheidung des 4. Senats des BSG und das Urteil des 12. Senats des BSG vom 28.1.1970 - 12 RJ 320/68 - (SozR § 1227 RVO, Nr. 14) nicht entgegen. In diesen Urteilen ist nur entschieden worden, daß ein Hausgewerbetreibender, der als Handwerker nach Art. 2 § 52 Abs. 3 AnVNG von der Versicherungspflicht befreit worden bzw. nach § 6 Abs. 3 HwVG versicherungsfrei geblieben ist, nicht als Hausgewerbetreibender der Versicherungspflicht nach § 1227 Abs. 1 Nr. 3 RVO unterliegt. Der entscheidende Unterschied zu dem vorliegenden Rechtsstreit besteht darin, daß in den zitierten Fällen die Tätigkeit als selbständiger Handwerker fortbestanden hat.
3. Schließlich kann die Klägerin auch nicht mit dem Einwand durchdringen, sie verdiene im Hinblick auf den Wortlaut des Befreiungsbescheides und der dem Kläger ausgehändigten Bescheinigung Vertrauensschutz. Keinesfalls konnte sie dem Bescheid und der Bescheinigung entnehmen, daß der Beigeladene zu 1) allgemein von der Versicherungspflicht befreit war. In dem Befreiungsbescheid ist nur zum Ausdruck gebracht, daß dieser "von der Versicherungspflicht nach dem Gesetz über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk befreit" worden ist. In der Bescheinigung heißt es zwar zunächst im ersten Satz - damit in der Tat unbestimmter als im Bescheid -, daß M. nach Art. 2 § 52 Abs. 3 AnVNG "von der Versicherungspflicht befreit" sei;, mit dem zweiten Satz - "Für ihn sind keine Pflichtbeiträge auf Grund des HVG zu entrichten" - wird aber der eingeschränkte Rahmen der Befreiung von der Versicherungspflicht klargestellt.
Selbst wenn man aber zugunsten der Klägerin unterstellt, der Wortlaut von Befreiungsbescheid und Bescheinigung ließe Zweifel über den Umfang der Befreiung von der Versicherungspflicht zu, so kann sie jedenfalls nicht Vertrauensschutz für die von ihr vorgenommene Auslegung beider Erklärungen beanspruchen. Angesichts eines in rechtlicher Hinsicht so schwierigen Sachverhalts hätte sie sich nicht auf ihre eigene Auffassung verlassen dürfen. Sie hätte - notfalls durch Antrag bei der Einzugsstelle auf Entscheidung über die Versicherungs- und Beitragspflicht ihres Angestellten (vgl. § 121 Abs. 3 AVG) - diese Fragen klären können und müssen. Wenn sie das nicht getan hat, so geht dies zu ihren Lasten. Es ist daher kein Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn die Beiträge zur Angestelltenversicherung gefordert werden, soweit sie noch nicht verjährt sind.
Die Revision ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen