Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Beitrags, den der Kläger als freiwillig krankenversicherter Rentner der beklagten Ersatzkasse zu zahlen hat.
Der Kläger bezieht eine Altersrente aus der gesetzlichen Angestelltenversicherung. Daneben bezieht er eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, eine Grundrente und Berufsschadensausgleich nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und Einkünfte aus Kapitalvermögen. Nach § 7 Abs. 11 der Versicherungsbedingungen (VB) der Beklagten werden freiwillig versicherte Rentner "entsprechend ihrem nachgewiesenen monatlichen Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und ihren nachgewiesenen monatlichen sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt" eingestuft. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte den Kläger ab 1. Januar 1983 unter Berücksichtigung seiner Einnahmen, ausgenommen die Grundrente nach dem BVG, eingestuft (Bescheid vom 24. Januar 1983). Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 1983).
Das Sozialgericht (SG) hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger ab 1. Januar 1983 in der Beitragsklasse 851 zu versichern. Diese Beitragsklasse kommt in Betracht, wenn lediglich die Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Beitragsbemessung zugrunde gelegt wird (Urteil des SG Düsseldorf vom 21. März 1984). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen -LSG vom 8. November 1984).
Das LSG hat die Auffassung vertreten, daß die Satzungsautonomie der Beklagten durch die gesetzliche Regelung der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) in der Reichsversicherungsordnung (RVO) auch für die bei ihr freiwillig versicherten Rentner eingeschränkt worden sei. Seit der Neuregelung der Rentnerkrankenversicherung durch das Rentenanpassungsgesetz 1982 (RAG 1982) seien auch die Ersatzkassen an die gesetzlichen Bestimmungen über die Beitragsbemessung gebunden. § 180 RVO sei seit der detaillierten Neuregelung des Grundlohns für die Rentnerkrankenversicherung nicht mehr ausschließlich eine Norm des Leistungsrechts, sondern enthalte wesentliche Elemente, die auf der Beitragsseite nicht außer Betracht bleiben könnten. Daß der Grundlohnbegriff bei der Beitragsgestaltung nicht außer Betracht bleiben könne, ergebe sich aus seiner wiederholten Erwähnung in § 385 Abs. 1 RVO, auf den wiederum in § 514 Abs. 3 RVO verwiesen werde. Die Verknüpfung zeige sich ferner in der Verweisung des § 507 Abs. 4 RVO auf § 180 RVO. Wegen der Verknüpfung von Beitrags- und Leistungsrecht spiele es keine entscheidende Rolle, wenn § 180 RVO dort zunächst in leistungsrechtlichem Zusammenhang genannt werde. Die Motive zum Krankenversicherungsänderungsgesetz vom 27. Juli 1969, durch das die Vorschrift des § 507 RVO geändert und Absatz 4 eingefügt worden sei, gingen bereits von einer vorgegebenen beitragsrechtlichen Bindung auch der Ersatzkassen aus, dort heiße es nämlich: "Für die Ersatzkassen sollen auch die §§ 375 und 376 RVO gelten. Diese Erweiterung ist ein weiterer Schritt der Angleichung des für Ersatzkassen geltenden Rechts an das Recht der RVO-Kassen. Die übrigen Änderungen sind redaktioneller Art" (BT-Drucks V/4285, S. 8 zu Nr. 22). Habe aber die Einfügung der Verweisungsvorschrift des § 507 Abs. 4 RVO nur redaktionelle Bedeutung, so besage diese Verweisung nur Selbstverständliches, das allgemeine Gültigkeit beanspruche. Auch die Motive zum RAG 1982 sprächen dafür, daß die Ersatzkassen bei freiwillig versicherten Rentnern an das Gesetz gebunden seien. Dort finde sich der ausdrückliche Hinweis, daß nach § 180 Abs. 7 RVO die Beiträge für freiwillig Versicherte, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, nach den gleichen Grundsätzen, d.h. nach den gleichen Einkommensarten, bemessen werden sollten wie für pflichtversicherte Rentner (vgl. BT-Drucks 9/458, S. 34). Von einer Unterscheidung der Mitgliedschaft in RVO- und Ersatzkassen sei nicht die Rede. Im übrigen sei es das Ziel des RAG 1982 gewesen, Aktive und Rentner und ebenso die Rentner untereinander hinsichtlich der Beitragspflicht grundsätzlich gleich zu behandeln (Kierstein, BKK 1982, S. 2 ff, 6). Ein weiteres wichtiges Indiz für die Gesetzesbindung liege darin, daß § 514 Abs. 2 RVO i.d.F. des RAG 1982 ausdrücklich Bezug auf § 385 Abs. 1a bis 2b RVO nehme, also auch auf § 385 Abs. 2 RVO. Dort sei ausdrücklich von Beitragssätzen und deren Höhe die Rede.
Mit der Revision macht die Beklagte geltend, § 180 Abs. 7 RVO gelte nur für freiwillig versicherte Rentner, die Mitglieder der in § 225 RVO genannten Kassen seien. Für Ersatzkassen gelte weiterhin Art 2 § 4 Abs. 2 der 12. Aufbau-Verordnung. Die Vorinstanz verkenne, daß § 507 Abs. 4 RVO nach wie vor ausschließlich eine Bestimmung des Leistungsrechts sei und ebenso § 180 RVO. Für das Beitragsrecht könne sie nur dort Bedeutung gewinnen, wo in beitragsrechtlichen Vorschriften eine Verweisung enthalten sei. Eine solche Verweisung könne aus § 514 Abs. 2 RVO nicht herausgelesen werden. Die Verweisung auf § 385 Abs. 2 RVO betreffe nur versicherungspflichtige Rentner.
Im übrigen sei es auch sachlich gerechtfertigt, freiwillig versicherte Rentner anders zu behandeln, weil diese häufig über relativ geringfügige Renteneinkünfte neben höheren Einkünften aus anderen Quellen verfügten und sich deshalb bei Außerachtlassung dieser Einkünfte ein Ungleichgewicht zu Lasten der Solidargemeinschaft ergebe.
Die Beklagte beruft sich für ihre Auffassung auf ein Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 8. November 1984 - L 5 Ka 23/84 -, ein Urteil des SG Karlsruhe vom 25. Mai 1984 - S 14 Kr 2284/83 -, eine Auskunft des Bundesversicherungsamts vom 15. Juni 1983 (II 2-5522.2/II-54/83) und ein Urteil des SG Duisburg vom 9. Mai 1984 - S 21 Kr 61/84 -.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er bezieht sich im wesentlichen auf das angefochtene Urteil. Außerdem macht er geltend, daß die Gesetzesvorgeschichte ebenfalls für seine Auffassung spreche. Der Bundesrat habe im Gesetzgebungsverfahren zum RAG 1982 seinen Vorschlag zur Streichung des § 180 Abs. 7 RVO damit begründet, daß eine Gleichstellung der freiwillig versicherten Rentner mit den pflichtversicherten Rentnern nicht geboten sei, weil erstere während ihres aktiven Erwerbslebens nicht in ausreichendem Maße der gesetzlichen Krankenversicherung angehört hätten. Der Gesetzgeber sei aber diesem Vorschlag nicht gefolgt und habe damit deutlich gemacht, daß eine Gleichbehandlung aller Rentner beabsichtigt gewesen sei (BT-Drucks 9/458, S. 51).
Beide Beteiligte haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG.
Entgegen der Auffassung des LSG sind die Ersatzkassen bei der Beitragsgestaltung für freiwillig versicherte Rentner nicht an § 180 Abs. 5 bis 8 RVO gebunden.
Für das Beitragsrecht der nichtversicherungspflichtigen Mitglieder der Ersatzkassen gilt - wie das Bundessozialgericht (BSG)schon früher entschieden hat (BSGE 25, 195, 197 f) - Art 2 § 4 Abs. 2 der 12. Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 24. Dezember 1935 (RGBl 1 1537) i.d.F. der 15. Verordnung vom 1. April 1937 (RGBl 1 439). Dort heißt es:
"Für die Versicherung nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht gelten die Bestimmungen der Satzung."
Hieran hat sich bisher nichts geändert (s. auch Urteil des BSG vom 22. Januar 1986 - 8 RK 30/85 -). Die Satzungsbefugnisse von Ersatzkassen sind zwar aus dem Bestreben, das für sie geltende Recht dem der RVO-Kassen anzugleichen (BT-Drucks V/4285, S. 8 zu Nr. 22), in verschiedener Hinsicht eingeengt worden. Auch kann eine Einengung ihrer Befugnisse u.U. mittelbar aus anderen Vorschriften geschlossen werden (so z.B. aus § 205 i.V.m. § 507 Abs. 4 RVO die Unzulässigkeit von Beitragssätzen, die nach dem Familienstand gestaffelt sind; s. BSGE 48, 134). Diese Einschränkungen betreffen aber nicht freiwillig versicherte Rentner. Auch durch die Neuregelung der KVdR durch das RAG 1982 ist die Befugnis der Ersatzkassen, für freiwillig versicherte Rentner Grundlohn und Beiträge eigenständig in der Satzung zu regeln, nicht geändert worden.
§ 180 RVO ist - wie sich aus seiner systematischen Stellung (vgl. die Überschrift vor § 179 RVO: "Leistungen im allgemeinen") und auch aus dem Wortlaut des Abs. 1 ergibt - nach wie vor eine Vorschrift des Leistungsrechts, die als solche, wie insbesondere die §§ 504 ff. RVO zeigen, nur für die in § 225 RVO genannten Pflichtkassen gilt. Auch soweit § 507 Abs. 4 RVO auf sie verweist und sie damit auf Mitglieder der Ersatzkassen anwendbar macht, bleibt sie nach dem Wortlaut des § 507 Abs. 1 RVO eine Vorschrift des Leistungsrechts. Dies alles hat der erkennende Senat schon in seinem Urteil SozR 2200 § 180 Nr. 12 (Leibrentenfall) ausgeführt und dort entschieden, daß für nichtversicherungspflichtige Mitglieder der Ersatzkassen sich der Beitrag nach der Satzung richtet, mithin keine Bindung an § 180 Abs. 4 RVO besteht.
§ 514 Abs. 2 RVO regelt zwar das Beitragsrecht der Ersatzkassen, soweit darin auf beitragsrechtliche Vorschriften der RVO verwiesen wird. Eindeutig geregelt wird jedoch in § 514 Abs. 2 RVO nur das Beitragsrecht der versicherungspflichtigen Ersatzkassenmitglieder. Demgemäß hat der erkennende Senat bereits entschieden, daß der Grundlohn versicherungspflichtiger Rentner sich auch, bei Ersatzkassen nicht nach der Satzung, sondern nach § 180 RVO richtet (BSGE 58, 10, 11).
Gleiches gilt aber nicht für freiwillig versicherte Rentner. § 514 Abs. 2 RVO verweist - soweit hier von Interesse - u.a. auf die die Beitragslast regelnde Vorschrift in § 381 Abs. 2 RVO. Diese betrifft Personen, deren Beiträge nach §180 Abs. 5 und 6 RVO zu bemessen sind. Da sie aber selbst nicht regelt, wessen Beiträge nach § 180 Abs. 5 und 6 RVO zu bemessen sind, läßt sich aus der Verweisung nicht entnehmen, daß sie auch für die freiwillig versicherten Rentner der Ersatzkassen gilt. Die einzige Bestimmung, die insoweit eine Aussage machen könnte, ist § 180 Abs. 7 RVO. Eine Verweisung oder systematische Brücke zu dieser Bestimmung fehlt indes.
Eine generelle Bestimmung, daß sich die Beiträge nach dem Grundlohn und folglich nach § 180 RVO (einschließlich seines Abs. 7)richten, findet sich in § 385 Abs. 1 RVO. Auf diese Vorschrift ist aber in § 514 Abs. 2 RVO gerade nicht verwiesen worden. Daß eine Anwendung dieser Vorschrift auf die Ersatzkassen auch nicht gewollt war, läßt sich daraus ablesen, daß in § 514 Abs. 3 RVO, der die Beiträge für Bezieher von Arbeitsentgelt betrifft, im Gegensatz zu Abs. 2 eine Verweisung auf § 385 Abs. 1 RVO erfolgt ist.
Damit fehlt allerdings auch für die versicherungspflichtigen Mitglieder einer Ersatzkasse eine generelle Bestimmung, daß sich der Beitrag nach dem Grundlohn zu richten hat. Für versicherungspflichtige Rentner läßt sich dies jedoch mittelbar aus der Verweisung aus § 385 Abs. 2 bis 2a RVO in § 514 Abs. 2 RVO ableiten. Dort ist der Beitragssatz für die genannten Rentner festgelegt. Ein solcher Beitragssatz (Vomhundertsatz) muß eine Bezugsgröße haben. Diese kann nach der Systematik des § 385 RVO nur der in § 385 Abs. 1 RVO erwähnte Grundlohn sein. Da aber § 385 Abs. 2 bis 2a RVO nur für Versicherungspflichtige gilt, ist dieser Rückschluß auch nur in diesem Rahmen möglich und nicht für das Beitragsrecht der bei Ersatzkassen freiwillig versicherten Rentner. Ihre Beiträge richten sich daher n i c h t nach dem in § 180 RVO gesetzlich festgelegten Grundlohn.
Auch die neuere Gesetzesentwicklung und die Materialien hierzu reichen nicht aus, andere Folgerungen zu ziehen. Die Entwicklung des § 514 RVO bestätigt, daß die beitragsrechtlichen Vorschriften, die für die RVO-Kassen gelten, nur schrittweise und bisher nur zum Teil auf die Ersatzkassen übertragen worden sind. Durch Art 1 § 1 Nr. 54 Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1069) haben die Absätze 2 bis 4 des § 514 RVO eine neue Fassung erhalten. Die Absätze 3 und 4 gelten in dieser Fassung noch heute; in Abs. 2 wurden die §§ 381 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 2 und 3, 381a, 385 Abs. 2 sowie 393a bis 393d RVO für entsprechend anwendbar erklärt. In der Begründung des Regierungsentwurfs hieß es dazu (BT-Drucks 8/166, S. 32): "In § 514 Abs. 2 und 3 RVO werden die das Mitgliedschaftsverhältnis und die Beitragsregelungen betreffenden notwendigen Anpassungen des Ersatzkassenrechts an das Recht der allgemeinen Krankenversicherung zusammengefaßt. Die Änderung des Absatzes 3 stellt sicher, daß die Ersatzkassen verpflichtet sind, die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze zu beachten. § 514 Abs. 3 RVO wird an die Neuregelung in § 313 Abs. 1 RVO . . . angeglichen. " Später wurde durch Art 1 Nr. 14 Buchst b des Gesetzes über die Verwaltung der Mittel der Träger der Krankenversicherung vom 15. Dezember 1979 (BGBl I 2241) der Absatz 3a des § 514 eingefügt, um - so der Regierungsentwurf (BT-Drucks 8/3126, S. 14) - die haushaltsmäßige Bindung der Beitragsgestaltung auch auf die Ersatzkassen zu erstrecken.
Danach erfolgten in § 514 Abs. 2 RVO, soweit beitragsrechtlich einschlägig, lediglich noch punktuelle Änderungen und Ergänzungen, die Änderungen und Ergänzungen im allgemeinen Beitragsrecht entsprachen. So wurde durch Art. 2 Nr. 20 des RAG 1982 u.a. die Bezeichnung "§ 385 Abs. 2" durch die Bezeichnung "§ 385 Abs. 2 bis 2b" ersetzt. Im Regierungsentwurf (BT-Drucks 9/458, S. 37) hieß es dazu, die Änderung erstrecke die beitragsrechtlichen Neuregelungen in der KVdR auf die Ersatzkassen. Weiter wurden durch Art. 4 § 1 Nr. 5 Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) die Worte "§ 381 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 und 3" durch die Worte "§ 381 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 und 3 und Abs. 6" ersetzt. Nach dem Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung, der diese Änderung vorgeschlagen hatte (BT-Drucks 9/966, S. 83, linke Spalte oben), sollte damit das Recht der Ersatzkassen an die Änderung in § 381 Abs. 3a und Abs. 6 RVO angepaßt werden (die Verweisung auf Abs. 6 ist zugleich mit dessen Streichung in § 381 RVO inzwischen wieder gestrichen worden, Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes vom 20. Dezember 1985, BGBl I 2484). Schließlich wurde durch Art. 1 Nr. 13 Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) die Bezeichnung "§ 385 Abs. 2 bis 2b" durch die Bezeichnung "§ 385 Abs. 1a bis 2b" ersetzt. Nach dem Regierungsentwurf (BT-Drucks 10/335, S. 71) war das eine Folgeänderung zu der Änderung in § 385 RVO.
Die fehlende Bindung an § 180 Abs. 5 bis 8 RVO läßt der Beklagten Raum, im Wege der Satzung zu bestimmen, daß auch andere als die in § 180 Abs. 8 RVO aufgeführten "Versorgungsbezüge" bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen sind. Es ist deshalb auch unbeachtlich, daß keine der hier streitigen Einkunftsarten in § 180 Abs. 8 RVO erwähnt ist und daß einige (z.B. die Unfallrente) in den Materialien sogar als Leistungen erwähnt werden, die nicht einbezogen werden sollen (BT-Drucks 9/458, S. 34, rechte Spalte). Die Orientierung des Gesetzgebers an den "der Rente vergleichbaren Einnahmen" (§ 180 Abs. 5 Nr. 2 RVO) ist für die Ersatzkassen nicht verpflichtend, soweit es sich um nichtversicherungspflichtige Rentner handelt.
Ob trotz dieser fehlenden Bindung Grundentscheidungen des Gesetzgebers zu beachten sind, wie z.B. die Beschränkung der Beitragspflicht auf Einkünfte (unter Ausschluß von Vermögensverzehr), kann hier dahinstehen, da die Beklagte in § 7 Nr. 11 ihrer VB - wie das Gesetz in § 180 Abs. 4 RVO - zur Beitragsbemessung nur "Einnahmen zum Lebensunterhalt" heranzieht. Es besteht kein Anhalt anzunehmen, daß mit diesem Begriff etwas anderes gemeint ist als in § 180 Abs. 4 RVO.
Demnach ist stets zu prüfen, ob laufende Einnahmen, die der Beitragsbemessung zugrunde gelegt werden sollen, echte Einnahmen sind oder ob sie einen Kapitalanteil enthalten (vgl. BSG SozR 2200 § 180 Nrn. 12, 19 und 20). Dies könnte fraglich sein bei den von der Beklagten einbezogenen Kapitaleinkünften. Das LSG muß hierzu noch die erforderlichen Feststellungen treffen.
Ferner ist zu beachten, ob die Leistung ihrer Zweckbestimmung nach für den Lebensunterhalt bestimmt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 180 Nrn. 5, 7, 8, 9, 10, 15 und 18). Keine Bedenken bestehen insoweit bei dem Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 BVG. Er dient schon nach dem Wortlaut des Abs. 3 dem Ausgleich des durch die Schädigung verursachten Verlustes von "Einkommen" (Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen) und hat damit den gleichen Zweck wie diese Einkunftsarten, nämlich den der Sicherung des Lebensunterhalts.
Etwas anderes gilt jedoch für die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese besteht in der Regel aus einem Anteil, der dem pauschalen Ausgleich eines durch die Körperschäden bedingten Mehrbedarfs dient, und einem Anteil, der den Einkommensverlust ausgleichen soll. Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit der Grundrente nach dem BVG. Diese Grundrente dient (zumindest soweit sie nur nach dem Körperschaden und nicht nach beruflicher Betroffenheit bemessen ist) zweckgebunden dem pauschalen Ausgleich eines bei Körperbehinderungen dieses Umfangs regelmäßig bestehenden Mehrbedarfs (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 5). Die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat jedenfalls teilweise die gleiche Funktion wie die Kriegsopfergrundrente. Auch sie wird nach einem am Umfang des Integritätsverlustes orientierten Prozentsatz gezahlt. Das Unfallopfer hat ferner bei gleicher Schädigung die gleichen Bedürfnisse und hat die gleichen Erschwernisse zu ertragen. Bei dieser Sachlage wäre es eine willkürliche und verfassungsrechtlich nicht haltbare Ungleichbehandlung, die Unfallrente im Gegensatz zur Kriegsopferrente voll als Einnahme zum Lebensunterhalt anzusehen und der Beitragsbemessung zugrunde zu legen. Andererseits wird aber die Unfallrente anders als die Kriegsopfergrundrente nicht nach festen, den Mehrbedarf pauschalierenden Sätzen festgelegt, sondern nach den vorangegangenen Einkünften berechnet (§ 581 i.V.m. §§ 570 ff. RVO), und sie tritt aufgrund der Ruhensbestimmung des § 1278 RVO teilweise an die Stelle der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Daraus ist abzulesen, daß die Unfallrente teilweise auch Einkommensersatzfunktion hat und deshalb insoweit zu den Einkünften zum Lebensunterhalt zu rechnen ist.
Allerdings lassen sich die beiden Bestandteile der Unfallrente nicht exakt voneinander abgrenzen. Das Recht der RVO enthält hierfür keine Maßstäbe. In einem solchen Fall ist es, wie der Senat bereits für den Fall der Veräußerungsleibrente entschieden hat (SozR 2200 § 180 Nr. 12), Aufgabe der Satzung, diese Grenze festzulegen. Hierbei kann der Satzungsgeber jedoch nicht willkürlich handeln; er kann zwar pauschalierende Regelungen treffen, muß sich aber dabei an nachvollziehbaren sachlichen Überlegungen orientieren, die zu einer möglichst realitätsnahen Abgrenzung führen (s. besonders BSG SozR 2200 § 180 Nr. 15 S. 46 unten).
Für die Abgrenzung des Teils der Unfallrente, der für den Mehrbedarf zweckgebunden ist, und desjenigen Teils, der als Einnahme zum Lebensunterhalt dient, bietet sich mangels anderer Anhaltspunkte ein Vergleich mit den Beträgen an (einschließlich der Aufstockungsbeträge für ältere Schwerbeschädigte), die in § 31 Abs. 1 BVG für die Kriegsopferrenten vorgesehen sind. Sie sind Ausdruck der Vorstellung des Gesetzgebers über den Mehrbedarf von Verletzten, von dem abzuweichen regelmäßig kein Anlaß besteht. Dies zeigt sich auch daran, daß der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen in § 11 Nr. 4 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (Alhi-VO) aufgrund von § 138 Abs. 4 des Arbeitsförderungsgesetzes für die Bedürftigkeitsprüfung die Nichtberücksichtigung von Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe der bei gleicher Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) zu gewährenden Grundrente nach dem BVG vorgeschrieben hat. Eine Übernahme dieser Sätze sichert die Gleichbehandlung zwischen Kriegsopfern und zivilen Unfallopfern.
Allerdings ergibt sich eine Inkongruenz beider Systeme dadurch, daß die Kriegsopferrente nur nach MdE-Stufen von 10 v.H. gezahlt wird, wobei jeweils eine unter diesen Stufen liegende Minderung von 5 v.H. und mehr auf die nächsten vollen 10 v.H. aufgerundet wird (§ 31 Abs. 2 BVG), während in der Unfallversicherung u.U. Renten nach Stufen von 5 v.H. gezahlt werden (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, Stand: Mai 1982, § 581 Anm. 8c. Außerdem beginnt die Unfallrente schon bei einer MdE von 20 v.H., die Rente nach dem BVG jedoch erst bei einer MdE von 30 v.H. (wozu dann auch eine auf 30 v.H. aufgerundete MdE von 25 v.H. oder mehr gehört). Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber des BVG zu erkennen gegeben, daß bei einer MdE von unter 25 v.H. ein verletzungsbedingter Mehrbedarf nicht besteht. Dieser Gedanke ist nicht auf das BVG beschränkt und deshalb hier auch für die Beurteilung der Unfallrenten zu übernehmen. Zu § 11 Alhi-VO, der für die Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Alhi ebenfalls eine Aufteilung der Unfallrente in zweckgebundenen Mehrbedarf und Einnahmen zum Lebensunterhalt vornimmt (Nr. 4), hat der 7. Senat des BSG ebenso entschieden (SozR 4480 § 27 Nr. 4).
Ungeklärt bleibt danach lediglich, ob bei einer MdE zwischen 25 v.H. und 29 v.H., wie in der Kriegsopferversorgung, ein pauschaler Mehrbedarf in Höhe des Satzes für eine MdE von 30 v.H. anzusetzen ist oder ob hier Abschläge zu machen sind oder ob der Mehrbedarf erst bei einer vollen MdE von 30 v.H. anerkannt werden kann. Nach § 11 Alhi-VO gilt nicht als Einkommen die Unfallrente, soweit sie bei gleicher MdE in der Kriegsopferversorgung als Grundrente zu gewähren wäre; das bedeutet, daß schon ab einer MdE von 25 v.H. der in § 31 Abs. 1 BVG festgelegte Satz der Grundrente für eine MdE von 30 v.H. als Mehrbedarf abzuziehen ist. Die Übernahme dieser Regelung durch die Satzung einer Ersatzkasse ist aber nicht zwingend. Die Satzung kann sich, wie § 11 Alhi-VO, pauschalierend voll am BVG orientieren; sie kann aber auch nach dem genauen Umfang der Unfall-MdE staffeln und entsprechende Zwischenwerte festlegen.
Aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist nicht zu entnehmen, nach welcher MdE die Unfallrente gezahlt wird. Diese Feststellung muß das LSG noch nachholen. Sollte sich dabei ergeben, daß die MdE unter 25 v.H. liegt, so ist die Unfallrente voll der Beitragsberechnung zugrunde zu legen. Beträgt die MdE dagegen volle 30 v.H. oder mehr, so sind die Beträge abzuziehen, die im BVG für die Kriegsopferversorgungsgrundrente ausgewiesen sind. Liegt die MdE zwischen vollen Zehnerwerten, so bleibt der Satzung vorbehalten, darüber zu entscheiden, welche Berechnungsmethode zugrunde zu legen ist. Solange eine Satzungsregelung fehlt, ist zugunsten des Klägers von einer auf volle Zehnerwerte aufgerundeten MdE auszugehen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen