Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rücknahme eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes. Berufskrankheit. Kausalität. Ursachenzusammenhang. Beweismaßstab. hinreichende Wahrscheinlichkeit. gesetzliche Unfallversicherung. Beweislast
Leitsatz (amtlich)
Auch bei der Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach § 45 SGB 10 ist der Beurteilung des medizinischen Ursachenzusammenhangs der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (Bestätigung von BSG vom 2.11.1999 – B 2 U 47/98 R = SozR 3-1300 § 48 Nr 67).
Normenkette
SGB X § 45 Abs. 1-2, 3 S. 1; SGB VII §§ 65, 63 Abs. 1-2; BKV Anl. Nr. 4103
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 28. Juli 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Braunschweig zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Umstritten ist die Entziehung einer Witwenrente.
Der im Jahr 1929 geborene Ehemann der Klägerin H… D… (im Folgenden: Versicherter) war als Beschäftigter Asbesteinwirkungen ausgesetzt und verstarb am 5. Dezember 2001. Nach Einholung von Gutachten von Prof. Dr. M… und Prof. Dr. D… gewährte die beklagte Berufsgenossenschaft (BG) der Klägerin eine Witwenrente (Bescheid vom 25. Oktober 2002) und erkannte zugleich eine Berufskrankheit (BK) Nr 4103 nach der Anlage der Berufskrankheiten-Verordnung beim Versicherten an; die BK sei für den Tod des Versicherten ursächlich gewesen. Nach Einholung eines weiteren Gutachtens bei Dr. S… sowie einer Stellungnahme von Dr. B… und Anhörung der Klägerin nahm die Beklagte dann den Bescheid vom 25. Oktober 2002 nach § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zukunft zurück, weil nach dem Gutachten von Dr. S… und der Stellungnahme von Dr. B… der Tod des Versicherten nicht ursächlich auf die BK zurückzuführen sei, und stellte die Rentenzahlung mit Ablauf des September 2003 ein (Bescheid vom 25. September 2003; Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2004).
Auf die dagegen vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig erhobene Klage hat das SG die Beklagte verpflichtet, der Klägerin ab dem 1. Oktober 2003 weiterhin eine Witwenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2004 aufgehoben und die Sprungrevision zugelassen (Urteil vom 28. Juli 2006). Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 45 SGB X seien nicht erfüllt, denn die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 25. Oktober 2002 sei nicht bewiesen. Die objektive Beweislast hierfür trage die Beklagte und es sei der Beweismaßstab des sog Vollbeweises zugrunde zu legen. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes sei nicht schon statthaft, wenn ein bewilligender Verwaltungsakt nicht ergehen würde, sondern wenn kein vernünftiger Zweifel an der Rechtswidrigkeit des schon ergangenen Verwaltungsakts bestände (Hinweis ua auf das Urteil des 9. Senats des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 24. November 1988 – 9/9a RV 8/87 – BSGE 64, 190 = SozR 1300 § 45 Nr 41). Auch für die Feststellung der Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung gelte im Fall des § 45 SGB X entgegen der Rechtsprechung des 2. Senats des BSG (Hinweis auf das Urteil vom 2. November 1999 – B 2 U 47/98 R – SozR 3-1300 § 48 Nr 67) nicht der erleichterte Beweismaßstab der nur hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Es sei nicht geboten, die materiell-rechtliche Beweiserleichterung zu Gunsten des Berechtigten bei der Feststellung des Kausalzusammenhangs auf das formelle Verfahrensrecht bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit zu übertragen. Im Übrigen beständen erhebliche Zweifel daran, dass der Tod des Versicherten nicht infolge des Versicherungsfalles eingetreten sei. Es bestehe die Möglichkeit einer Teilverursachung des Todes durch die Folgen der anerkannten Asbestose.
Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision, der die Klägerin ausdrücklich zugestimmt hat, rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend, das SG sei von der angeführten Entscheidung des Senats vom 2. November 1999 abgewichen. An dieser Entscheidung sei jedoch festzuhalten, zumal sie durch die zwischenzeitliche Änderung des § 1 Abs 3 Satz 3 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) vom Gesetzgeber bestätigt worden sei. Den Interessen der Klägerin werde durch die Vertrauensschutzregelungen in § 45 SGB X ausreichend Rechnung getragen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 28. Juli 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist insoweit begründet, als das Urteil des SG aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen ist. Denn nach den derzeitigen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Beklagte den ursprünglichen Witwenrentenbescheid für die Klägerin zu Recht nach § 45 SGB X aufgehoben hat.
Nach § 45 Abs 1 SGB X darf ein begünstigender, unanfechtbarer Verwaltungsakt, wie vorliegend der Witwenrentenbescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2002 an die Klägerin, soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Abs 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Voraussetzungen für die Rücknahme eines solchen Bescheides für die Zukunft, wie in diesem Verfahren, sind die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dass das Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsakts unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse nicht schutzwürdig ist und die Einhaltung der Zwei-Jahres-Frist nach § 45 Abs 3 Satz 1 SGB X, die sich aus dem Datum des Rentenbescheides vom 25. Oktober 2002 und dem des Rücknahmebescheides vom 25. September 2003 ergibt.
Ob der Witwenrentenbescheid vom 25. Oktober 2002 rechtswidrig ist, kann seitens des Senats aufgrund der Feststellungen des SG nicht beurteilt werden. Das SG hat insofern ausgeführt, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts nach § 45 SGB X nicht schon statthaft sei, wenn ein bewilligender Verwaltungsakt nicht ergehen würde, sondern wenn im Sinne des sog Vollbeweises kein vernünftiger Zweifel an der Rechtswidrigkeit des schon ergangenen Verwaltungsakts bestände. Dies gelte auch für die Feststellung der Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung bzw deren Verneinung. Es sei nicht geboten, die materiell-rechtlichen Beweiserleichterungen durch den Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu Gunsten des Berechtigten bei der Feststellung des Kausalzusammenhangs auf das formelle Verfahrensrecht bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit zu übertragen.
Diese Darlegungen sind zum Teil rechtsfehlerhaft, wie der Senat in der Entscheidung vom 2. November 1999 – B 2 U 47/98 R – (SozR 3-1300 § 48 Nr 67) ausgeführt hat, durch die das vom SG zum Beleg seiner Auffassung angeführte Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 17. September 1998 – L 6 U 52/97 – aufgehoben wurde. In der Entscheidung vom 2. November 1999 hat der Senat dargelegt und daran ist festzuhalten, dass die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts nach § 45 SGB X anzunehmen ist, wenn der ursprüngliche Bescheid aus damaliger Sicht so nicht hätte ergehen dürfen. Die für die Rentenbewilligung geltenden Grundsätze des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung sind in gleicher Weise anzuwenden, wenn später Umstände auftreten, die die ursprüngliche Zusammenhangsbeurteilung als fehlerhaft erscheinen lassen. Es bedarf deshalb nicht der Feststellung, dass der im Ausgangsbescheid zugrunde gelegte Ursachenzusammenhang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. Vielmehr genügt es, wenn sich nachträglich herausstellt, dass ein solcher Zusammenhang entgegen der ursprünglichen Annahme nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Die sog objektive Beweislast für diese Tatsache trägt jedoch der Unfallversicherungsträger (ebenso im Anschluss an das Urteil: Wiesner in von Wulffen, SGB X, 5. Auflage 2005, § 45 RdNr 9).
Die im Urteil des Senats vom 2. November 1999 ausführlich erörterte Sonderregelung in § 1 Abs 3 Satz 3 BVG für die Kriegsopferversorgung ist durch deren zwischenzeitliche Aufhebung überholt. Die Gesetzesbegründung für diese Aufhebung (lex specialis für die Kriegsopferversorgung, das im Hinblick auf § 45 SGB X obsolet geworden ist, vgl BT-Drucks 14/8008 S 7 f) bestätigt die damalige Entscheidung des Senats.
Zu dem vom SG angeführten Urteil des 9. Senats des BSG vom 24. November 1988 (– 9/9a RV 8/87 – BSGE 64, 190 = SozR 1300 § 45 Nr 41) hat der erkennende Senat schon in der Entscheidung vom 2. November 1999 ausgeführt, dass aus diesem Urteil zu § 45 SGB X nichts herleitbar ist, weil es allein auf § 81 Abs 5 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) abstellt, § 45 SGB X in seinem Verfahren als nicht anwendbar angesehen hat und damit auch keine tragenden Ausführungen zu dessen Auslegung in der Sache gemacht hat.
Ergänzend ist zur Auslegung und Anwendung des § 45 SGB X auf Folgendes hinzuweisen: Nach dem Regelungskonzept des SGB X und insbesondere dessen §§ 44 ff ist ein Verwaltungsakt entweder rechtswidrig oder rechtmäßig (vgl Steinwedel in Kasseler Kommentar, Stand Mai 2006, § 45 SGB X RdNr 24; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Januar 2007, K § 45 RdNr 17; Waschull in Lehr- und Praxiskommentar SGB X, 2004, § 45 RdNr 16; Wiesner, aaO, § 45 RdNr 9, die jeweils hinsichtlich der Rechtswidrigkeit in § 45 SGB X auf ihre entsprechenden Ausführungen zu § 44 SGB X verweisen). Für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines Ausgangsbescheides ist, wie auch bei anderen Beurteilungen im Recht, zwischen der juristischen Subsumtion der festgestellten Tatsachen unter die jeweilige(n) Norm(en) des materiellen Rechts und der durch beweisrechtliche Anforderungen geprägten Feststellung der Tatsachen zu unterscheiden (vgl exemplarisch zum Revisionsrecht § 163 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫; zum Verwaltungsverfahrensrecht: Vogelgesang, aaO, K § 44 RdNr 6: Tatbestandsirrtum bzw Subsumtions- oder Interpretationsfehler; Waschull, aaO, § 44 RdNr 20 ff). Bei der Feststellung der einzelnen Tatsachen ist zudem zwischen dem für ihre Feststellung erforderlichen Beweismaßstab und der im Falle ihrer Nichterweislichkeit entscheidenden sog objektiven Beweislast zu differenzieren (Waschull, aaO, § 44 RdNr 25; vgl zu Beweismaßstäben: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage 2005, III RdNr 154 ff; Bolay in Handkommentar SGG, 2. Auflage 2006, § 128 RdNr 13 ff; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 128 RdNr 3a ff; zur objektiven Beweislast: Krasney/Udsching, aaO, III RdNr 26 ff; Leitherer in Meyer-Ladewig, aaO, § 103, RdNr 19 ff; Wiesner, aaO, § 44 RdNr 11, 36). Maßgebend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts ist dementsprechend neben den verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften das jeweilige einschlägige materielle Recht.
Vorliegend ist das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) maßgebend und es sind keine Gründe dafür ersichtlich, wieso es bei der Beurteilung derselben materiell-rechtlichen Frage, zB ob eine Erkrankung rechtmäßiger Weise als BK anzuerkennen ist oder nicht bzw ob eine BK den Tod des Versicherten verursacht hat oder nicht, unterschiedliche Maßstäbe gelten sollen, je nach dem, ob eine Erstfeststellung erfolgt oder deren Überprüfung. Hiervon zu trennen sind jedoch die Voraussetzungen, unter denen die dieser Beurteilung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen bewiesen sind und wer für sie ggf die sog objektive Beweislast trägt.
Des Weiteren ist von der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides die Frage zu unterscheiden, inwieweit er nach § 45 SGB X zurückgenommen werden darf und insbesondere ob der Betroffene Vertrauensschutz genießt (vgl beispielhaft die Prüfungsschritte von Steinwedel, aaO, § 45 SGB X RdNr 23).
Diese verschiedenen Prüfungsschritte mögen zwar in einem weiteren Urteil des 9. Senats vom 27. Oktober 1989 (– 9 RV 40/88 – SozR 1300 § 45 Nr 49), auf das sich das SG nicht bezieht, nicht ganz deutlich werden, das Urteil betrifft jedoch eine völlig andere Fallgestaltung, sodass aus ihm für die vorliegend zu entscheidende Frage nichts ableitbar ist. Denn in jenem Verfahren war die Überprüfung einer prognostischen Einschätzung für die Gewährung von Berufsschadensausgleich im Streit, während vorliegend um die Beurteilung eines medizinischen Ursachenzusammenhangs in der Vergangenheit gestritten wird. Es handelt sich zwar in beiden Fällen um die Beurteilung eines Ursachenzusammenhangs, dies ist aber im gesamten Rechtswesen in vielfältiger Weise erforderlich. Im Übrigen bestehen zwischen der Beurteilung eines medizinischen Ursachenzusammenhangs und der Beurteilung einer Berufsentwicklung vielfältige Unterschiede, von dem gegensätzlichen Blickwinkel Vergangenheit bzw Prognose ganz abgesehen.
Den Ausführungen des 9. Senats in dem Urteil vom 27. Oktober 1989 ist außerdem zu entnehmen, dass die von ihm geforderten höheren Anforderungen an den Erkenntnis- und Gewissheitsgrad sich nicht alleine auf die Rechtswidrigkeit der Ausgangsentscheidung beziehen, sondern im Rahmen einer Art Gesamtbetrachtung ihren Grund in der gleichzeitigen Berücksichtigung der Bestandskraft des Verwaltungsaktes und des Vertrauensschutzes des Betroffenen haben. In der Sache liegen die oben aufgezeigten Prüfungspunkte der Entscheidung des 9. Senats ebenfalls zugrunde, genauso wie der sie ohne weitere Darlegungen in aller Kürze und ohne weitere Begründungen wiedergebenden Literatur (vgl Steinwedel, aaO, § 45 SGB X RdNr 24 und Waschull, aaO, § 45 RdNr 17), die andererseits, wie ausgeführt, von mehreren Prüfungspunkten und einem einheitlichen Begriff der Rechtswidrigkeit ausgeht.
Übertragen auf den vorliegenden Rechtsstreit um die Rücknahme eines Bescheides über die Gewährung einer Witwenrente, weil der Tod des Versicherten nach Auffassung der beklagten BG nicht durch die bei ihm anerkannte BK verursacht sei, bedeutet dies: Die für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Witwenrentenbescheides maßgebliche Rechtsgrundlagen sind §§ 65, 63 SGB VII und die nach dem vom SG festgestellten Sachverhalt allein umstrittene Voraussetzung ist, ob der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist.
Der Beweismaßstab für die Beurteilung dieses Ursachenzusammenhangs ist, wie auch sonst, bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs in der gesetzlichen Unfallversicherung die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl nur die zusammenfassende Darstellung im Urteil des Senats vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – RdNr 20, vorgesehen für BSGE und SozR). Dieser Beweismaßstab mag zwar für die zumeist bei der Antragstellung beweispflichtigen Versicherten bzw deren Angehörigen wie eine Beweiserleichterung wirken – so auch das SG. Dies ist aber nicht der Grund für diese gegenüber der üblicherweise im Recht erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit herabgesetzte Beweisanforderung, sondern die bei der Beurteilung von medizinischen und anderen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhängen bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten (vgl BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr 15 zu § 1263a aF RVO unter Hinweis auf RVA, EuM 18, 185, 188; zum Zivilprozess: Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl 2000, § 286 RdNr 47 mwN). Das heißt, dieser Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ist auch dann der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zugrunde zu legen, wenn wie in diesem Verfahren um die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach § 45 SGB X gestritten wird.
Da das SG bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit iS des § 45 Abs 1 SGB X von rechtlich unzutreffenden Beweisanforderungen ausgegangen ist und das BSG seinerseits der den Tatsacheninstanzen obliegenden Beweiswürdigung zum Vorliegen des Ursachenzusammenhanges zwischen der bei dem Versicherten anerkannten BK und seinem Tod nicht vorgreifen darf, ist das Urteil des SG aufzuheben und der Rechtsstreit an das SG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Im wiedereröffneten Verfahren wird das SG zur Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen der bei dem Versicherten anerkannten BK und seinem Tod die vom Senat in der schon angeführten Entscheidung vom 9. Mai 2006 zusammenfassend dargestellte Theorie der wesentlichen Bedingung zu beachten haben sowie die im Falle der Beweislosigkeit von der Beklagten zu tragende objektive Beweislast für die Verneinung des hinreichend wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs, weil die Beklagte aus diesem Umstand nun die für sie günstige Rücknahme des Witwenrentenbescheides herleiten will. Des Weiteren wird das SG zu prüfen haben, ob es auf diese Frage überhaupt für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt, weil bei dem Versicherten eine BK Nr 4103 anerkannt war und zur Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten aufgrund dieser BK jedoch trotz der Rechtsvermutung des § 63 Abs 2 SGB VII bisher keine Feststellungen getroffen wurden (vgl insofern Urteil des Senats SozR 4-2700 § 63 Nr 3).
Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen