Entscheidungsstichwort (Thema)
überführung von Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen; Beitrittsgebiet; Entgeltbescheid; Sonderversorgungsträger; Mitteilung; Verwaltungsakt; Rücknahme; Berichtigung; Nichtigkeitserklärung einer Norm; BVerfG; Nichtigkeitsfolgenregelung
Leitsatz (amtlich)
1. Teilt ein Versorgungsträger im sogenannten Entgeltbescheid neben den Zugehörigkeitszeiten, den erzielten Arbeitsverdiensten, den tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung niedrigerer Beitragsbemessungsgrenzen und ggf von Arbeitsausfalltagen auch noch die kalenderjährlichen im Gesetz festgesetzten Beitragsbemessungsgrenzen mit, handelt es sich - nur - insoweit nicht um Verwaltungsakte, so daß § 44 SGB 10 nicht anwendbar ist (Weiterführung ua von BSG vom 18.7.1996 - 4 RA 7/95 = SozR 3-8570 § 8 Nr 2, BSG vom 4.5.1999 - B 4 RA 6/99 R = SozR 3-8570 § 8 Nr 3, BSG vom 4.8.1999 - B 4 RA 23/99 R = SozR 3-8570 § 8 Nr 4).
2. § 8 AAÜG ist - wie alle Normen dieses Gesetzes - nur anwendbar, wenn der Betroffene zum 1.8.1991 einen Versorgungsanspruch oder eine Versorgungsanwartschaft iS des § 1 Abs 1 S 1 AAÜG oder eine nach S 2 aaO fingierte Versorgungsanwartschaft hatte (Weiterführung von BSG vom 29.7.1997 - 4 RA 60/96 = SozR 3-8570 § 1 Nr 1 = SozR 3-8570 § 5 Nr 2)., , 3. Zum Verhältnis von § 1 Abs 1 AAÜG ua zu § 5 AAÜG (Weiterführung von ua BSG vom 4.8.1999 - B 4 RA 1/99 R = SozR 3-8570 § 5 Nr 5 und Abgrenzung von BSG vom 12.6.2001 - B 4 RA 117/00 R = SozR 3-8570 § 5 Nr 6)., , 4. Ein Anspruch auf Berichtigung von Mitteilungen, weil sie wegen der Nichtigkeitserklärung einer Norm durch das BVerfG nachträglich unrichtig angewandt worden seien, kann schlechthin nicht bestehen, soweit das BVerfG oder der Gesetzgeber eine spezielle Nichtigkeitsfolgenregelung getroffen haben, die dem entgegensteht.
Normenkette
AAÜG § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 5, §§ 6, 7 Abs. 1, §§ 8, 10-11; SGB VI § 248 Abs. 3, § 259b; SGB X §§ 44-45; SGG § 54 Abs. 1 S. 2, § 55 Abs. 1 Nr. 1; BVerfGG § 31 Abs. 1, § 79 Abs. 2 S. 1; GG Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4; AAÜG § 5
Beteiligte
Bundesrepublik Deutschland |
das Bundesministerium des Innern, dieses vertreten durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsamtes, Außenstelle Berlin-Lichtenberg |
Verfahrensgang
SG Berlin (Urteil vom 18.12.2000; Aktenzeichen S 18 RA 4260/00) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2000 aufgehoben.
Die Klagen werden abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die „Korrektur” von Mitteilungen über besondere Beitragsbemessungsgrenzen in einem sog Entgeltbescheid nach § 8 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz ≪AAÜG≫).
Der Kläger war aufgrund seiner Beschäftigung beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS)/Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) von der Versorgungsordnung dieser Stelle erfaßt. Mit Entgeltbescheid vom 15. Dezember 1992 stellte der beklagte Versorgungsträger nach § 5 AAÜG die Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des MfS/AfNS sowie die während dieser Zeiten tatsächlich erzielten Entgelte in voller Höhe fest; diese Feststellungen sind bindend. Ferner stellte er diesen Arbeitsverdiensten als „begrenzte Jahreswerte” kalenderjährlich die besonderen Beitragsbemessungsgrenzen (Jahreshöchstwerte für als versichert geltende Arbeitsverdienste) gegenüber, die sich nach der Anwendung von § 7 iVm Anlage 6 AAÜG ergaben. Hierüber wird gestritten.
Unter dem 27. Dezember 1992 teilte der Kläger dem Versorgungsträger mit, er werde gegen den Bescheid Widerspruch einlegen, sobald er den darauf gestützten Rentenbescheid erhalten haben werde. Am 20. Mai 1993 verlangte er von der beklagten Bundesrepublik Deutschland, das Schreiben vom 27. Dezember 1992 als Widerspruch anzusehen; diese lehnte dies unter Hinweis auf den dort ausdrücklich ausgesprochenen Vorbehalt des Klägers ab.
Zwischenzeitlich stellte die BfA als zuständiger Rentenversicherungsträger das Recht des Klägers auf Regelaltersrente mit „Rentenbescheid” vom 11. März 1997 neu fest (ab 1. März 1993). Bei der Ermittlung der Entgeltpunkte für die nach § 5 AAÜG gleichgestellten Beitragszeiten legte sie die besonderen Beitragsbemessungsgrenzen nach Anlage 6 zu § 7 Abs 1 AAÜG zugrunde. Gegen die Rentenhöchstwertfestsetzung erhob der Kläger zum SG Berlin (S 18 RA 3122/97) Klage, weil weitere Zurechnungs- und Anrechnungszeiten zu berücksichtigen seien. Die BfA hatte als Beklagte im Hinblick auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. April 1999 darauf hingewiesen, eine „Neuberechnung der Altersrente” des Klägers könne sie erst vornehmen, wenn ein neuer Entgeltbescheid des Versorgungsträgers vorliege.
Unter dem 8. Februar 2000 beantragte der Kläger die Überprüfung des Entgeltbescheides vom 15. Dezember 1992, da nach dem Urteil des BVerfG (BVerfGE 100, 138) die „Kürzung des maßgeblichen Entgelts” nach § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG, soweit sie unter das Durchschnittsentgelt auf nur 70 % erfolgt sei, verfassungswidrig sei.
Im Bescheid vom 21. März 2000 teilte die Beklagte mit, sie „ändere ihren Bescheid vom 15. Dezember 1992 mit Wirkung vom 28. April 1999 ab”; sie wiederholte die Feststellungen der während der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem MfS/AfNS tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte; ferner gab sie jetzt als Beitragsbemessungsgrenzen für die als versichert geltenden Arbeitsverdienste kalenderjährlich das Durchschnittseinkommen im Beitrittsgebiet an; zudem erklärte sie, für die Zeit vor dem 28. April 1999 verbleibe es beim bestandskräftigen Entgeltbescheid. Der dagegen eingelegte Widerspruch mit dem Begehren, die Änderung auch für die Zeit vor dem 28. April 1999 rückwirkend bis zum 1. Januar 1996 vorzunehmen, wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 7. August 2000).
Mit Urteil vom 18. Dezember 2000 hat das SG den „Bescheid vom 15. Dezember 1992 idF des Bescheides vom 21. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2000 … abgeändert” und die Beklagte verurteilt, „für den Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 1996 die im Bescheid vom 21. März 2000 festgestellten Entgelte anzuerkennen”. Es hat ausgeführt, der Bescheid vom 15. Dezember 1992 sei zwar mangels fristgerechtem Widerspruch unanfechtbar geworden. Jedoch sei er auch für die Zeit vor dem 28. April 1999 bis 1. Januar 1996 rückwirkend gemäß § 44 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch – (SGB X) aufzuheben. Das Recht sei bei diesem Bescheid – dies sei zwischen den Beteiligten unstrittig – unrichtig angewandt worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten werde jedoch § 44 SGB X nicht durch § 79 Abs 2 Satz 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) verdrängt (mit Hinweis auf BSGE 64, 62), weshalb der Ausgangsbescheid bzgl der Höhe der „festgestellten Entgelte” nach § 7 AAÜG „abzuändern” gewesen sei, und zwar auch rückwirkend für die Zeit vor Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG, zumindest – wie vom Kläger beantragt – innerhalb der Vierjahresfrist ab Überprüfungsantrag.
Mit ihrer vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 79 Abs 2 Satz 1 BVerfGG. So habe das BVerfG selbst im Urteil vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 138, 195) ausgeführt:
„Die … auf der Grundlage der nichtigen Bestimmungen des § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG (iVm Anlage 6) … ergangenen, im Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Entscheidung bereits bestandskräftigen Bescheide bleiben von der Entscheidung für die Zeit vor der Bekanntgabe unberührt. Dies entspricht dem Grundgedanken des § 82 Abs 1 iVm § 79 Abs 2 Satz 1 BVerfGG. Es ist dem Gesetzgeber aber unbenommen, im Zusammenhang mit dem Gegenstand der vorliegenden Entscheidung eine andere Regelung zu treffen und die Wirkung der vorliegenden Entscheidung auch auf bereits bestandskräftige Bescheide zu erstrecken; von Verfassungs wegen verpflichtet ist er hierzu nicht.”
Diese Ausführungen aber hätten wie die Entscheidungsformel selbst gemäß § 31 Abs 1 BVerfGG Bindungswirkung für die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie für alle Gerichte und Behörden und gemäß § 31 Abs 2 Satz 1 iVm § 13 Nr 11 BVerfGG darüber hinaus Gesetzeskraft. Hinzu komme, daß das BVerfG ausdrücklich auf § 79 Abs 2 Satz 1 BVerfGG Bezug genommen habe. Daher stehe bindend fest, daß die bereits bestandskräftigen Bescheide für die Zeit vor Bekanntgabe der Entscheidung – und damit für die Zeit vor dem 28. April 1999 – unberührt blieben. Ferner gehe § 79 Abs 2 Satz 1 BVerfGG entgegen der Auffassung des SG dem § 44 SGB X vor, der keine „besondere gesetzliche Regelung” iS von § 79 Abs 2 Satz 1 sei. Außerdem sei inzwischen in Art 11 des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AAÜG vom 27. Juli 2001 (2. AAÜG-ÄndG; BGBl I, 1939) geregelt, daß ua Überführungsbescheide nach § 8 des AAÜG, die am 28. April 1999 unanfechtbar gewesen seien, soweit sie auf einer Rechtsnorm beruhten, die nach dem Erlaß dieser Bescheide für mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar und nichtig erklärt worden sei, nur mit Wirkung für die Zeit nach dem 30. April 1999 nach § 44 SGB X zurückgenommen werden könnten.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2000 die Klagen abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Sprungrevision der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das SG hat Bundesrecht verletzt, denn der beklagte Versorgungsträger (die Beklagte) hatte im Ergebnis zutreffend entschieden, daß dem Kläger gegen ihn kein Anspruch auf Rücknahme (oder „Berichtigung”) der Mitteilungen über die besonderen Beitragsbemessungsgrenzen des § 7 Abs 1 AAÜG für Rentenbezugszeiten vor dem 28. April 1999 zusteht.
Streitgegenstand ist der vom Kläger erhobene und von dem beklagten Versorgungsträger im Bescheid vom 21. März 2000 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2000) abgelehnte Anspruch, dieser müsse die früheren Mitteilungen über die nach Anwendung von § 7 AAÜG iVm Anlage 6 zum AAÜG maßgeblichen kalenderjährlichen Beitragsbemessungsgrenzen (damals höchstens 70 vH des Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet) im Blick auf Rentenbezugszeiten vor dem 28. April 1999 „zurücknehmen”. Die übrigen Erklärungen im Bescheid vom 21. März 2000, mit denen die Beklagte die Mitteilungen im Bescheid vom 15. Dezember 1992 für die Zeiten ab 28. April 1999 dahin „abänderte”, daß sie nunmehr die neuen kalenderjährlichen besonderen Beitragsbemessungsgrenzen (in Höhe des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet) angab, ist vom Kläger im Widerspruchs- und Klageverfahren nicht angegriffen worden; er wird dadurch nicht einmal möglicherweise belastet. Der Kläger meint, der Versorgungsträger dürfe und müsse dem Rentenversicherungsträger die im Einzelfall maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze nach den §§ 6, 7 AAÜG verbindlich vorgeben, welche dieser bei der Feststellung der Rentenhöhe anzuwenden habe. Auf dieser Grundlage ist sein Begehren (§ 123 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) darauf gerichtet, die Ablehnung der „Rücknahme” der früheren Mitteilungen der besonderen Beitragsbemessungsgrenzen iS von § 7 AAÜG iVm Anlage 6 AAÜG im Bescheid vom 21. März 2000 im Blick auf Rentenbezugszeiten vor dem 28. April 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Rentenversicherungsträger für diese Zahlungszeiträume die höheren Beitragsbemessungsgrenzen und damit andere kalenderjährliche Höchstgrenzen für das als versichert geltende Arbeitsentgelt vorzuschreiben.
I.) Gegen die Feststellung, es bestehe kein Anspruch auf Rücknahme von „Jahreshöchstwertfestsetzungen” im Blick auf Rentenbezugszeiten vor dem 28. April 1999, ist die Anfechtungsklage zwar statthaft, aber mangels Klagebefugnis unzulässig. Gemäß § 54 Abs 1 Satz 2 SGG ist die Klage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein. Hierfür muß nach dem vom Kläger behaupteten Sachverhalt zumindest die Möglichkeit bestehen, daß er in einem subjektiv-öffentlichen Recht, das es in der Rechtsordnung wirklich gibt und das ihm möglicherweise zusteht, durch den Verwaltungsakt verletzt worden ist (stellv BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 2). Dies setzt hier voraus, daß der Kläger überhaupt einen solchen Anspruch auf Rücknahme von Verwaltungsakten haben kann. Anspruchsgrundlage könnte insoweit nur § 44 Abs 1 und 2 SGB X sein. Voraussetzung der Möglichkeit eines Rücknahmeanspruchs hieraus ist wiederum, daß die streitigen „Mitteilungen” über „begrenzte Jahreswerte” im Bescheid vom 15. Dezember 1992 (rücknehmbare) Verwaltungsakte waren.
Der beklagte Versorgungsträger hatte damals aber keine Entscheidungen darüber getroffen, welche Beitragsbemessungsgrenzen der Rentenversicherungsträger bei der Rentenwertfestsetzung anzuwenden habe; die von ihm – ausschließlich – getroffenen Feststellungen von nach § 5 AAÜG gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten und des darin tatsächlich erzielten Arbeitsverdienstes waren – unstreitig – ebenso zutreffend wie diejenigen der tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenzen des § 7 Abs 1 AAÜG. Seine – im Zeitpunkt ihrer Äußerung gleichfalls unstreitig richtigen – „Mitteilungen” in dem sog Entgeltbescheid über die gesetzlich bestimmten kalenderjährlichen Beitragsbemessungsgrenzen waren schon ihrer Rechtsnatur nach keine Verwaltungsakte (dazu unter a) und auch nach ihrer konkreten Ausgestaltung im vorliegenden Fall bloße Hinweise auf die Gesetzeslage (dazu unter b).
Hierzu näher wie folgt:
a) Das AAÜG ermächtigt den Versorgungsträger (§ 8 Abs 4 AAÜG) nicht dazu, dem Rentenversicherungsträger verbindlich vorzuschreiben, dieser müsse bei seiner Entscheidung über den Bestand und die Höhe eines Rechts auf Rente aus dem SGB VI im Einzelfall ausnahmslos allein und ungeachtet sonstiger rentenversicherungsrechtlicher Vorgaben für die Zeiten einer vom Versorgungsträger festgestellten „Zugehörigkeit” zu einem Versorgungssystem ausschließlich den aus dieser Beschäftigung/Tätigkeit festgestellten wirklich erzielten Arbeitsverdienst und nur die ggf nach § 6 Abs 2 bis 4 und § 7 AAÜG maßgeblichen besonderen Beitragsbemessungsgrenzen zugrunde legen. Ein solches Verständnis würde ua schon die (für DDR-Versorgungsberechtigte nicht schlechthin ausgeschlossenen) Möglichkeiten einer sozialpflichtversicherten Zweitbeschäftigung und des Vorhandenseins zeitgleicher (Pflicht-)Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland (vgl § 6 Abs 4 Satz 2 AAÜG) eigentumswidrig (Art 14 Abs 1 GG) nicht berücksichtigen. Allein entscheidend ist aber, daß das AAÜG bereits nach seinem Geltungsbereich nicht beansprucht, eine umfassende und abschließende rentenversicherungsrechtliche Regelung der SGB VI-Rechtsstellung früherer DDR-Versorgungsberechtigter zu treffen; es begnügt sich vielmehr in seinen §§ 5 bis 8 mit punktuellen Bestimmungen, welche infolge der Ersetzung der überführten Versorgungsberechtigungen durch das im Vergleich zu ihnen völlig andersartige Rentenversicherungsrecht des SGB VI notwendig wurden.
aa) Ohnehin „gilt” das AAÜG nach seinem § 1 Abs 1 Satz 1 nur für zum 1. August 1991 bestehende „Ansprüche und Anwartschaften”, die „aufgrund” der „Zugehörigkeit” zu einem Versorgungssystem (Anlagen 1 und 2 AAÜG) nach dem damals im Beitrittsgebiet geltenden (partiellen) Bundesrecht erworben worden waren. Nur wenn aus bundesrechtlicher Sicht solche (Versorgungs-)„Ansprüche” oder „Anwartschaften” aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen zu diesem Zeitpunkt bestanden, dürfen die §§ 2 ff AAÜG (und auch die §§ 5 ff AAÜG) angewandt werden (stellv BSGE 72, 50; BSG SozR 3-8570 § 5 Nr 4); darüber hinaus gilt das AAÜG nur für Personen, für die § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG eine Versorgungsanwartschaft zum 1. August 1991 fingiert. Nach dieser Vorschrift gelten die Regelungen dieses Gesetzes auch für Personen, die am 1. August 1991 deswegen keine „Ansprüche” oder „Anwartschaften” in einem Versorgungssystem hatten, weil die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der „Anwartschaft” bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall (zB bei Arbeitgeberwechsel) vorgesehen hatten; sie werden jetzt nachträglich so gestellt, als wäre ein „Anwartschaftsverlust” nicht eingetreten. Für alle Inhaber einer Versorgungsanwartschaft iS von § 1 Abs 1 AAÜG gilt § 4 Abs 5 AAÜG, wonach (auch) für die Überführung der Versorgungsanwartschaften die nachfolgenden Vorschriften über die Berücksichtigung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gelten.
Der beklagte Versorgungsträger ist – worüber die Beteiligten nicht streiten – zu Recht davon ausgegangen, daß das AAÜG für seine Versorgungsrechtsbeziehung mit dem Kläger gilt, weil dieser zum 1. August 1991 aufgrund seiner früheren Beschäftigung bei der Stasi Versorgungsberechtigter iS von § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG war. Dies ist nämlich rechtsgrundsätzlich und auch faktisch in aller Regel der Fall, wenn – nach den Bewertungsmaßstäben des Bundesrechts – der Betroffene bereits am 30. Juni 1990 nach den Regelungen der Versorgungssysteme (soweit diese iS von Art 9 Abs 2 des Einigungsvertrages bundesrechtskonform sind) eine Stellung erlangt hatte, daß er (jedenfalls) zum 1. Juli 1990 ein Recht gegen den Versorgungsträger hatte, (wiederkehrend) Leistungen zu verlangen („Versorgungsanspruch”); dasselbe gilt, wenn er am 30. Juni 1990 eine solche Position hatte, daß er, wäre der Versorgungsfall bis Ende Juni 1990 eingetreten, bei bundesrechtskonformer Auslegung und Anwendung der Regelungen der Versorgungssysteme einen Versorgungsanspruch zum 1. Juli 1990 gehabt hätte. Dies ist stets der Fall, wenn eine Einzelfallregelung dieses Rechtsinhalts bereits vorlag (Versorgungszusage, Einzelentscheidung, Einzelvertrag) oder nur durch eine nach Art 19 des Einigungsvertrages aufzuhebende Entscheidung außer Kraft gesetzt war. Darüber hinaus bestand aus der am 1. August 1991 (Inkrafttreten des AAÜG) allein maßgeblichen Sicht des Bundesrechts am 30. Juni 1990 eine Versorgungsanwartschaft, wenn – in bundesrechtlicher Auslegung – die Regelungen eines Versorgungssystems den Versorgungsträger zwingend und ohne eigenen Entscheidungsspielraum verpflichteten, eine Versorgungszusage zu erteilen, und wenn der Betroffene alle Voraussetzungen hierfür bereits erfüllt hatte; denn dann hatte – bundesrechtlich – die noch ausstehende Versorgungszusage keine rechtsbegründende, sondern nur noch feststellende Bedeutung. Demgegenüber reicht für das Vorliegen einer Versorgungsanwartschaft am 1. August 1991 aufgrund der Sachlage vom 30. Juni 1990 nicht aus, wenn der Versorgungsträger noch eine in seinem Ermessen oder in einem sonstigen Abwägungsspielraum liegende und deshalb – bundesrechtlich – rechtsbegründende Entscheidung über die Bewilligung einer Versorgungszusage (oder einer Einzelentscheidung oder eines Einzelvertrages) zu treffen hatte; denn eine „Versorgungsanwartschaft” iS von § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG liegt nur vor, wenn eine Position bestand, bei der nur noch der Versorgungsfall eintreten mußte, damit sie zum Vollrecht erstarkte. Hatte der Betroffene am 1. August 1991 keine solche Versorgungsanwartschaft (und keinen Versorgungsanspruch) erlangt (dh: wenn Abs 1 Satz 1 aaO nicht eingreift), kann das AAÜG auf ihn nur noch dann angewendet werden, wenn § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG für ihn eine solche Anwartschaft fingiert. Dies ist nur der Fall, wenn ihm irgendwann einmal vor dem 1. August 1991 (also im wesentlichen vor dem 30. Juni 1990) in der DDR durch eine – dort stets „rechtsbegründende” – Einzelfallregelung eines Versorgungsträgers oder des Staates selbst die konkrete Aussicht zuerkannt worden war, in einen Versorgungsfall Leistungen nach den Regeln eines Versorgungssystems zu erhalten und wenn diese nach den Versorgungsregelungen wegen Ausscheidens aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall entfallen war.
Für den Kläger gilt somit das AAÜG. Daher sind § 4 Abs 5 und §§ 5 bis 8 dieses Gesetzes anzuwenden.
bb) Das AAÜG regelt, ob und ggf wie Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der „Zugehörigkeit” zu einem der zum 31. Dezember 1991 endgültig geschlossenen Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes erworben worden waren, zum 1. August 1991 gekürzt (§§ 10, 11 AAÜG) und zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung des Beitrittsgebiets überführt werden (§§ 2 bis 4 AAÜG; bei den Parteien-Versorgungen der DDR fand die Überführung zum 30. Juni 1993 direkt in das bundeseinheitliche Rentenversicherungsrecht des SGB VI statt). Zum 1. Januar 1992 wurden gemäß § 1 Abs 2 Satz 2 und Abs 2a Satz 2 AAÜG die bereits derart in partielles Bundesrecht des Beitrittsgebiets überführten Berechtigungen gesetzesunmittelbar erneut ersetzt, nämlich durch die entsprechenden Rechte, Ansprüche und Anwartschaften aus dem bundeseinheitlichen Rentenversicherungsrecht des SGB VI. Daher sind für Bezugszeiten ab 1. Januar 1992 die Regelungen der Versorgungssysteme schlechthin nicht mehr anzuwenden, wie das Gesetz ausdrücklich bekräftigt (gesetzliche Novation, stRspr seit BSGE 72, 50, 56). Demzufolge bestimmen sich auch die Entstehung und der (Geld-)Wert dieser rentenversicherungsrechtlichen (nicht: versorgungsrechtlichen) Rechte aus dem SGB VI ausschließlich nach dem allgemeinen Rentenversicherungsrecht des SGB VI, soweit dieses oder das AAÜG selbst anderes nicht bestimmt (dh zB ungeachtet ggf der durch sog „Zahlbetragsgarantien” geschützten höheren Monatsbeträge der Rente). Hinsichtlich der durch frühere Versorgungsansprüche oder Versorgungsanwartschaften vermittelten Rangstellenwerte nach dem SGB VI treffen jedoch die §§ 5 bis 8 AAÜG punktuelle Spezialregelungen.
Das bundeseinheitliche Rentenversicherungsrecht (SGB VI) erkennt „Rente” grundsätzlich nur nach Maßgabe einer Vorleistung des Versicherten für die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zu, die seine – in Entgeltpunkten (EP) gemessene – Rangstelle unter den Versicherten bestimmt. Die Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten der DDR hatten aber durch ihre damaligen Beschäftigungen in der DDR naturgemäß keine unmittelbar nach Bundesrecht bewertbare Vorleistung für die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland erbracht. Deshalb erkennt das Gesetz ihnen – wie allen in der DDR beschäftigt oder erwerbstätig Gewesenen – einen Rangstellenwert zu, indem es aufgrund der Beschäftigung/Tätigkeit in der DDR eine Vorleistung für die heutige bundesrechtliche Rentenversicherung fingiert. Diese rangstellenbestimmende Vorleistung wird in – fiktiv erworbenen – Entgeltpunkten bemessen; es kommt also für die einzelnen Kalenderjahre einer Beschäftigung/Tätigkeit in der DDR darauf an, in welchem Verhältnis der (durch Beiträge versicherte) Arbeitsverdienst (aufgewertet auf DM) des Versicherten zum jeweiligen kalenderjährlichen Durchschnittsentgelt in der DDR (aufgewertet auf DM und angehoben jeweils auf „West-Niveau”, jedoch höchstens bis zur jeweiligen allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze im Bundesgebiet) stand (siehe § 63 Abs 2 SGB VI). Diese fiktive Rangstellenzuweisung erfolgt durch Gleichstellung von in der DDR zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung/Tätigkeit mit Beitragszeiten nach Bundesrecht (§ 248 Abs 3 SGB VI, § 5 AAÜG) und durch Regelungen darüber, welche in der DDR tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste (nach Aufwertung und Hochrechnung) für die bundesrechtliche Rentenversicherung als im jeweiligen Kalenderjahr „versichertes Arbeitsentgelt/Arbeitseinkommen” gelten sollen (§§ 256a bis 257, 259c bis 261 SGB VI; § 259b SGB VI iVm §§ 5 bis 7 AAÜG; näher dazu stellv BSG SozR 3-2600 § 256a Nrn 2 und 3). Gemäß § 4 Abs 5 AAÜG galten die §§ 5 bis 8 aaO auch für die überführten Versorgungsanwartschaften iS von § 1 Abs 1 aaO.
cc) Die §§ 5 bis 7 AAÜG enthalten ein gegenüber dem SGB VI spezielles Rentenversicherungsrecht (kein Versorgungsrecht). Sie sind – wie gesagt – nur zu prüfen und anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 AAÜG erfüllt sind, wenn also zum 1. August 1991 ein Versorgungsanspruch oder eine Versorgungsanwartschaft nach den oben skizzierten Kriterien vorlag oder fingiert wird.
§ 5 bestimmt, welche der von einem der am 1. August 1991 Versorgungsberechtigten in der DDR ausgeübten Beschäftigungen oder Tätigkeiten (in Abweichung von der allgemeinen Regelung des § 248 Abs 3 SGB VI und diese bei Zusatzversorgungssystemen teilweise verdrängend) „beitragsunabhängig”, dh ohne daß es auf Art, Höhe und Adressaten von Beitragszahlungen ankäme, den Pflichtbeitragszeiten des SGB VI gleichgestellt werden sollen. In den §§ 6 und 7 AAÜG wird ferner bestimmt, welche Rangstellenwerte aus diesen gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten in der allgemeinen Rentenversicherung des SGB VI erzielt werden. Hierfür kommt es – wie im allgemeinen System (§ 63 Abs 2 SGB VI) – darauf an, welchen Arbeitsverdienst der jetzt nach dem SGB VI versicherte frühere Versorgungsberechtigte in jedem Kalenderjahr der gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten tatsächlich erzielt hat; ferner ist entschieden, daß nicht für alle früher Versorgungsberechtigten die für alle Versicherten im ganzen Bundesgebiet maßgebliche allgemeine Beitragsbemessungsgrenze (Anlage 3 zum AAÜG) maßgeblich sein soll, sondern daß für einige Gruppen von ihnen besondere, und zwar niedrigere Beitragsbemessungsgrenzen gelten sollen. In einer dreistufigen Typik räumt das AAÜG der Mehrzahl der am 1. August 1991 Versorgungsberechtigten beitragsunabhängig die rechtliche Stellung ein, als hätten sie ihre von Versorgungssystemen erfaßten Beschäftigungen oder Tätigkeiten in der Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt und die bundesrechtlichen Beiträge hieraus gezahlt oder getragen; für besondere, in § 6 Abs 2 bis Abs 4 und § 7 Abs 1 AAÜG näher benannte Gruppen von früher Versorgungsberechtigten werden jedoch niedrigere Beitragsbemessungsgrenzen eingeführt, weil es das Hauptziel des AAÜG ist, alle Anspruchselemente auszusondern, die nicht auf volkswirtschaftlich sinnvoller Arbeit, sondern sachfremd auf politischer Begünstigung durch das Regime der DDR beruhen (stRspr seit BSGE 72, 50, 61 bis 63).
dd) Nach § 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung, also als Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs 1 SGB VI), Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist. Damit werden alle Zeiten, in denen ein zum 1. August 1991 Versorgungsberechtigter iS von § 1 Abs 1 AAÜG, in der DDR eine entgeltliche Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte, den Zeiten einer pflichtversicherten entgeltlichen Beschäftigung in der bundesrechtlichen Rentenversicherung gleichgestellt, falls die Beschäftigung oder Tätigkeit ihrer Art nach einem Versorgungssystem iS der Anlagen 1 und 2 zum AAÜG zugehörte. Es muß sich dabei nicht notwendig um Zeiten handeln, in denen der Versorgungsberechtigte bereits nach den Gegebenheiten der DDR eine Position innehatte, daß nur noch der Versorgungsfall eintreten mußte, damit ihm Versorgungsleistungen zu gewähren waren. § 5 Abs 2, 2a und 3 AAÜG iVm § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG stellt vielmehr klar, daß bei am 1. August 1991 Versorgungsberechtigten auch Zeiten einer entgeltlichen Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit in der DDR als gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten zu bewerten sind, in denen nach den Gegebenheiten der DDR keine Position gegeben war, die einer Versorgungsanwartschaft iS des Bundesrechts ähnlich war. Denn eine Beschäftigung oder Tätigkeit gehört auch dann einem Versorgungssystem an, wenn der Betroffene
- vor Eintritt eines Versorgungsfalles aus dem Versorgungssystem nach dessen Regelungen ausgeschieden war (§ 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG),
- damals eine Beschäftigung verrichtet hatte, die nur in der Sozialversicherung der DDR oder in deren freiwilliger Zusatzrentenversicherung (FZR) versichert war, weil ein Versorgungssystem hierfür erst später errichtet worden war (§ 5 Abs 2 AAÜG; § 259b Abs 2 SGB VI; sog Vorsystemzeiten),
- eine Beitragserstattung erhalten hatte (§ 5 Abs 3 und 4 AAÜG) oder
- sich noch in einer „Anwartschaftszeit” (dh Wartezeit) für eine Wiedereinbeziehung in das Versorgungssystem befand (§ 5 Abs 2a AAÜG).
Entscheidend für die Gleichstellung durch § 5 Abs 1 AAÜG ist also allein, ob die vom Versorgungsberechtigten (§ 1 Abs 1 aaO) im jeweiligen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung/Tätigkeit ihrer Art nach von irgendeinem Versorgungssystem iS der Anlagen 1 oder 2 des AAÜG erfaßt oder aus den vorgenannten Gründen nicht erfaßt war. Insoweit geht der Geltungsbereich des § 5 AAÜG weit über den des § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG hinaus, weil zB ein 1991 wirklich Versorgungsberechtigter aus dem Versorgungssystem „A”, der in den 60er Jahren eine Beschäftigung verrichtet hatte, die damals von keinem Versorgungssystem erfaßt war, nach § 5 AAÜG hieraus gleichwohl als „Zugehörigkeitszeiten” gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten erhält, falls diese Art von Beschäftigung ihrer Art nach einem später eingeführten Versorgungssystem „B” (oder „A”) zugehörte (dazu zuletzt BSG SozR 3-8570 § 5 Nr 6).
Für diese „systemnahen” Beschäftigten/Selbständigen sieht das Gesetz – wie gesagt – besondere – beitragsunabhängige – fiktiv gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten (§ 5 AAÜG) und eine – gleichfalls beitragsunabhängige – Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Arbeitsverdienstes vor, der im Regelfall bis zur allgemeinen (dh für alle Versicherten im damaligen Bundesgebiet maßgeblichen) Beitragsbemessungsgrenze angerechnet wird (§ 6 Abs 1 AAÜG); dies stellt eine Begünstigung im Vergleich mit den Sozialpflicht- und FZR-Versicherten der DDR dar, die sich aus der hervorgehobenen Qualität von Arbeit und Leistung jener Berufsgruppen rechtfertigt. Zum Ausschluß des Fortwirkens politischer Begünstigung für besonders regimenützliche Beschäftigungen sind in §§ 6 Abs 2 ff, 7 AAÜG spezielle – niedrigere – Beitragsbemessungsgrenzen festgelegt. Nur insoweit liegt eine spezifische Belastung vor. § 8 AAÜG regelt die Aufgabe und Befugnis des zuständigen Versorgungsträgers, die Daten, die aufgrund der §§ 5 bis 7 AAÜG für die „Leistung” der Rentenversicherung erheblich werden können, festzustellen und sie dem Berechtigten und dem Rentenversicherungsträger verbindlich mitzuteilen.
ee) Nach § 8 Abs 1 AAÜG hat der Versorgungsträger (hier die Beklagte) als insoweit besonders sachkundige Behörde in einem der Rentenfeststellung vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs 5 SGB VI ähnlichen Verfahren einzelne Daten (Tatsachen) in einer Vielzahl von Verwaltungsakten (nämlich jeweils Feststellungen, bezogen auf die konkreten einzelnen Zeiträume, jährlichen Arbeitsentgelte etc – siehe Teilurteil und Vorlagebeschluß des Senats vom 14. Juni 1995 – 4 RA 98/94 – S 14 des Umdrucks –) verbindlich festzustellen, die für die Feststellung der Rangstelle und des Wertes der SGB VI-Rente (oder -Anwartschaften) durch den Rentenversicherungsträger von Bedeutung sein können (stellv BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 3 S 16; BSG SozR 3-8570 § 5 Nr 5 S 25/26; BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 2 S 8). Dies sind nur die Daten über:
- Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem,
- die Höhe des aus der vom Versorgungssystem erfaßten Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens,
- die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (§§ 6 und 7 AAÜG) und
- in den Fällen des § 8 Abs 1 Satz 3 AAÜG die Feststellung von Arbeitsausfall – tagen.
Der Versorgungsträger hat also lediglich – neben den hier unstreitigen Tatbeständen an Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem MfS/AfNS und der tatsächlich gezahlten Entgelte – die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze festzustellen, nicht aber dem Rentenversicherungsträger die für die Entscheidung über den „Rentenanspruch” maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenzen oder die Höhe der als versichert geltenden Arbeitsverdienste vorzuschreiben.
Es ist verfassungsgemäß, daß es eine besondere Beitragsbemessungsgrenze für Arbeitsverdienste aus MfS-Beschäftigungen gibt (BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1; siehe schon BSGE 72, 50, 61/63). Das BVerfG hat – auf die Vorlage des Senats (Vorlagebeschluß vom 14. Juni 1995 – 4 RA 54/94 -) – § 7 Abs 1 Satz 1 AAÜG nur insoweit für nichtig erklärt, als diese besondere Beitragsbemessungsgrenze unter dem Durchschnittseinkommen des Beitrittsgebietes (nämlich nur bei 70 % des Durchschnittseinkommens) lag. Dies betrifft aber nicht die von der Beklagten allein zu treffenden Feststellungen über das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer Beitragsbemessungsgrenze nach den §§ 6 bzw 7 AAÜG. Der Versorgungsträger hat aber – wie gesagt – keine Verwaltungsakte über die anzuwendenden Beitragsbemessungsgrenzen oder über die Höhe der bei der Rentenwertfestsetzung durch den Rentenversicherungsträger zugrundezulegenden, als versichert geltenden Arbeitsverdienste zu erlassen.
b) Auch die konkrete Ausgestaltung des Entgeltbescheides vom 15. Dezember 1992 erlaubt es nicht, die „Mitteilungen über begrenzte Jahreswerte” als (rücknehmbare) Verwaltungsakte zu verstehen:
Der Versorgungsträger hat im einzelnen (1.) die Tatbestände der Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem MfS/AfNS, (2.) die vom Kläger aus dieser Beschäftigung tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte während dieser Zeiten und (3.) die tatsächlichen Voraussetzungen dafür festgestellt, daß die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze (hier gemäß § 7 Abs 1 AAÜG) in Betracht kommt. Diese drei Regelungen sind hier nicht im Streit. Ferner hat er auf die gesetzesunmittelbar festgelegten kalenderjährlichen Beitragsbemessungsgrenzen für MfS-Versorgungsberechtigte hingewiesen und dies – wenn auch etwas unglücklich – mit den Worten ausgedrückt:
„Die begrenzten Jahreswerte, die sich nach der Anwendung von § 7 iVm der Anlage 6 AAÜG ergeben, habe ich dem tatsächlichen Entgelt gegenübergestellt.”
IVm dem weiteren Satz „Die entsprechenden Werte der Anlage 6 entnehmen Sie bitte der Spalte ‚Entgelt nach dem AAÜG (Begrenzung)’” könnte dies zwar dahingehend verstanden werden, es sollten nicht nur die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Anlage 6 zu § 7 AAÜG festgestellt, sondern auch die besondere Beitragsbemessungsgrenze („MfS”) verbindlich gemacht werden. Hierfür könnte auch sprechen, daß die „begrenzten Jahreswerte” parallel neben den tatsächlichen Entgelten in der Anlage 1 aufgeführt werden und die Anlage 1 nach dem Text des Bescheides uneingeschränkt Bestandteil des Bescheides sein soll. Bescheide eines Verwaltungsträgers sind aber aus der Sicht eines mit der Sach- und Rechtslage vertrauten Adressaten im Zweifel so auszulegen, daß durch sie ggf rechtmäßige Maßnahmen verlautbart werden sollen. Dann aber sind diese Ausführungen als bloße Hinweise auf die später möglichen und im Regelfall eintretenden rentenrechtlichen Folgen der Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen der besonderen Beitragsbemessungsgrenzen des § 7 Abs 1 AAÜG zu verstehen. Der Versorgungsträger hatte damit nur die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen kalenderjährlichen Beitragsbemessungsgrenzen nach § 7 AAÜG verbindlich festgestellt.
c) Ein Rücknahmeanspruch aus § 44 Abs 1 und 2 SGB X kann also schlechthin nicht bestehen und der Kläger durch die Ablehnung auch unter keinen Umständen darin verletzt sein, weil die Vorschrift nicht anwendbar ist; denn sein Begehren ist auf die „Rücknahme” von Auskünften, nicht aber von Verwaltungsakten gerichtet.
II.) Auch die Klage auf Verpflichtung des Versorgungsträgers zur für den Rentenversicherungsträger verbindlichen Feststellung der höheren Beitragsbemessungsgrenze schon für Rentenbezugszeiten vor dem 28. April 1999 ist mangels Klagebefugnis (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG) unzulässig; ein Anspruch des Klägers gegen den beklagten Versorgungsträger auf eine derartige Entscheidung kann nach dem positiven Recht schlechthin nicht gegeben sein. Der Kläger wird sich über diese Frage vielmehr ggf mit dem Rentenversicherungsträger auseinanderzusetzen haben. Dies ist dem Kläger auch zumutbar. Die – im Regelfall eintretende – Begrenzung des fiktiv als versichert geltenden Arbeitsverdienstes höchstens auf die Werte der besonderen Beitragsbemessungsgrundlagen (hier § 7 Abs 1 AAÜG) kann nicht schon mit der Klage gegen den „Entgeltbescheid” des Versorgungsträgers überprüft werden. Darin liegt kein Verstoß gegen die Rechtsweggarantie des Art 19 Abs 4 Satz 1 GG. Denn der Zugang zu den Gerichten ist für den Kläger nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert (BVerfG im Beschluß vom 9. März 2000 – 1 BvR 2216/96 – in SozR 3-8570 § 8 Nr 5 mit Hinweis auf BVerfGE 40, 272, 274f; 78, 88, 99; 88, 118, 124; stellv BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 2; BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 3 S 16; BSG SozR 3-8570 § 5 Nr 5 S 25/26). Dem Kläger wird der Rechtsweg dadurch nicht verwehrt. Er ist mit seinem rentenversicherungsrechtlichen Rechtsschutzanliegen lediglich auf eine spätere Stufe, nämlich auf die Rentenwertfestsetzung (oder deren Ablehnung) durch den Rentenversicherungsträger verwiesen. Die Gewährung effektiven, zeitnahen Rechtsschutzes wird dadurch nicht in Frage gestellt (so auch BVerfG aaO).
Es war nicht erheblich, ob ggf bis zur Revisionseinlegung für den streitigen Zeitraum eine Rentenwertfestsetzung durch die BfA ergangen ist, da dieser Verwaltungsakt nicht Gegenstand des Verfahrens (§ 96 SGG) geworden wäre. Denn die Rentenwertfestsetzung des Rentenversicherungsträgers ersetzt weder die hier letztlich angegriffenen Mitteilungen des Versorgungsträgers im Entgeltbescheid vom 15. Dezember 1992 noch dessen Feststellung im Bescheid vom 21. März 2000, ein Rücknahmeanspruch des Klägers gegen ihn bestehe nicht. Der „Entgeltbescheid” enthält nämlich – wie ausgeführt – lediglich Feststellungen über die tatsächlichen Voraussetzungen von Anspruchselementen, nicht deren „leistungsrechtliche Bewertung” (so schon stellv Teilurteil und Vorlagebeschluß des Senats vom 14. Juni 1995 – 4 RA 28/94 –; BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 2).
III.) Falls das Begehren des Klägers dahingehend umzudeuten wäre, die Beklagte zu verurteilen, eine berichtigende Erklärung zum Entgeltbescheid vom 15. Dezember 1992 bezüglich der dort aufgeführten nach dem AAÜG „begrenzten Jahreswerte” vor dem 1. Mai 1999 abzugeben, wäre die Klage ebenfalls unzulässig.
Richtige Klageart hierfür wäre die allgemeine (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) auf Verurteilung des Hoheitsträgers zur Vornahme einer (schlichten) Amtshandlung; deren Zulässigkeit setzt ua voraus, daß der Kläger sein Begehren auf eine in der Rechtsordnung objektiv vorhandene Anspruchsgrundlage stützen und durch die Ablehnung oder Unterlassung der begehrten Maßnahme in einem solchen Recht verletzt sein kann (vgl BSGE 75, 262, 265). Ein solcher Anspruch auf Berichtigung früherer Mitteilungen, die keine Verwaltungsakte und ohne eine „Dauerwirkung” sind, ist in § 8 AAÜG nicht benannt; ihn gibt es aber gegenüber dem Versorgungsträger schlechthin nicht, wenn die Mitteilungen – wie hier unstreitig der Fall – bei ihrer Verlautbarung (und jedenfalls bis zur Bekanntgabe der Entscheidung des BVerfG vom 28. April 1999) inhaltlich zutreffend waren. Auf die weitere Frage, ob die übrigen Voraussetzungen der in Rechtsprechung und Literatur fast einhellig (in „analoger” Anwendung) auch bei der allgemeinen (echten) Leistungsklage zum Ausschluß einer gewillkürten Prozeßstandschaft geforderten Klagebefugnis (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG) – also die mögliche Verletzung in gerade eigenen Rechten – vorliegen (s BSGE 75, 262, 265; BSG SozR 3-8570 § 17 Nr 3; BVerwG in NVwZ – RR 1992, 371; s a Kopp/Schenke, VwGO 12. Aufl, § 42 RdNr 62; Eyermann, VwGO 11. Aufl, § 42 RdNr 80), ist deshalb hier nicht mehr einzugehen.
IV.) Auch eine Feststellungsklage iS von § 55 Abs 1 Nr 1 SGG ist mit dem Begehren unstatthaft, ein Rechtsverhältnis festzustellen, aufgrund dessen die Beklagte verpflichtet wäre, die Mitteilungen im Entgeltbescheid vom 15. Dezember 1992 über „begrenzte Jahreswerte” auch für Rentenbezugszeiten vor dem 28. April 1999 zu korrigieren. So besteht nämlich – wie ausgeführt – weder ein Rechtsverhältnis aufgrund eines Rücknahmeanspruchs aus § 44 Abs 1 und 2 SGB X (siehe I.) noch eines „Berichtigungsanspruches” (siehe III.). Im Rechtsverhältnis mit dem Sonderversorgungsträger können Rechte auf Mitteilungen oder deren Abänderung nur in den Grenzen des Aufgabenkreises dieses Hoheitsträgers bestehen; § 8 AAÜG gibt den Versorgungsträgern nicht auf, rechtlich folgenlose Hinweise nachträglich und gleichfalls im übrigen rechtsfolgenlos abzuändern.
V.) Letztlich ist für das Begehren (§ 123 SGG) die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, der Kläger könne aufgrund der Verfahrensgarantie des Art 14 Abs 1 GG iVm Art 19 Abs 4 GG einen Anspruch gegen den Versorgungsträger auf Mitteilung der neuen „verfassungsgemäßen” gesetzlichen Beitragsbemessungsgrenzen auch für die Vergangenheit haben; dem steht jedoch bereits ausschlaggebend die „Rechtsfolgenanweisung” des BVerfG im Abschnitt D. II. des Urteils vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 138, 195 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1 S 32) entgegen. Deshalb kommt die vom SG abgehandelte angebliche Konkurrenzfrage bzgl des Verhältnisses von § 44 Abs 1 und 2 SGB X (§ 45 SGB X wurde nicht angesprochen) zu § 79 Abs 2 Satz 1 BVerfGG nicht zum Tragen.
a) Hält man eine Geltungs- und ggf auch eine Anwendungskonkurrenz zwischen §§ 44, 45 SGB X und § 79 Abs 2 BVerfGG überhaupt für möglich und dann ggf sogar einen Vorrang des § 44 SGB X (und des § 45 SGB X?) für gegeben (so BSGE 64, 62 = SozR 4100 § 152 Nr 18; BSG SozR 3-6610 Art 5 Nr 1; so wohl früher Steiner in: Wirkungen der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auf rechtskräftige und unanfechtbare Entscheidungen ≪§ 79 BVerfGG≫ in Starck ≪Hrsg≫, BVerfG und Grundgesetz, Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, Bd 1, 1976, S 628, 648 ff; so wohl auch Diller/Dannecker, NJW 1999, 897; Heußner, NJW 1982, 257; Ipsen, Rechtsfolgen der Verfassungswidrigkeit von Norm und Einzelakt, 1980, S 276; Tannen, Kompaß 1987, 458; von Einem, SGb 1986, 148; Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, 3. Aufl 1991, § 20 V, S 316, RdNr 77; Stuth in Umbach/Clemens, BVerfGG, RdNr 44 zu § 79 BVerfGG; Wiesner in von Wulffen, SGB X, 4. Aufl 2001, RdNr 22 zu § 44 SGB X; Steinwedel in Kasseler Komm, RdNr 9 zu § 44 SGB X; Louven, SozSich 2000, 387, 390 f; Spellbrink/Hellmich, SGb 2001, 605), kommt man in Fällen der vorliegenden Art zu demselben Ergebnis, als wenn man (wozu der Senat neigt) von einer alleinigen Geltung oder von einem Vorrang des § 79 Abs 2 Satz 1 BVerfGG ausgeht (im letztgenannten Sinn wohl nunmehr Steiner in: Zum Entscheidungsausspruch und seinen Folgen bei der verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle, in: Isensee und Lecheler (Hrsg), Freiheit und Eigentum, Festschrift für Walter Leisner, 1999, S 569, S 579/580; Schlegel, DStR 2000, 1353, 1355). Denn das BVerfG hat ausdrücklich den Umfang der Nichtigkeit und Rechtsfolgen dahingehend bestimmt, daß von Verfassungs wegen die im Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Entscheidung bereits bestandskräftigen Bescheide (Verwaltungsakte) von der Entscheidung für die Zeit vor ihrer Bekanntgabe unberührt bleiben; dabei betrifft dies in der Hauptsache erst die Verwaltungsakte des Rentenversicherungsträgers über die Rentenwertfestsetzung für Rentenbezugszeiten vor dem 28. April 1999.
Damit hat das BVerfG der rückwirkenden Aufhebung von Verwaltungsakten (auch nach § 44 Abs 1 und 2 SGB X) für die Vergangenheit hier eine für die vollziehende und die rechtsprechende Gewalt nicht übersteigbare Grenze gezogen. Andererseits hat das BVerfG damit die Aufhebung (§ 48 SGB X) bestandskräftiger und (aufgrund der Verfassungswidrigkeit) rechtswidriger Verwaltungsakte ab Bekanntgabe der Entscheidung mit Wirkung für die Zukunft (gerechnet ab 28. April 1999) zugelassen. Diese Klärung, welche speziellen verfassungsrechtlichen Rechtsfolgen die konkrete Nichtigkeitserklärung für bereits unanfechtbare Staatsakte hat, geht jedenfalls aufgrund der Bindungswirkung des Urteils des BVerfG (§ 31 Abs 1 BVerfGG) den einfachgesetzlichen allgemeinen Regelungen in § 79 Abs 2 Satz 1 BVerfGG und insbesondere auch den §§ 44, 45 SGB X – wenn diese anwendbar sein sollten – als Rechtserkenntnis der sich aus höherrangigem Recht im konkreten Nichtigkeitsfall ergebenden Rechtsfolgen vor.
§ 79 Abs 2 Satz 1 BVerfGG ist verfassungsgemäß (BVerfGE 2, 380, 404 f; 7, 194, 195 f; 11, 263, 265; 19, 150, 166; 53, 115, 130; s a Pestalozza aaO RdNr 79). Es bestimmt, daß (… vorbehaltlich … der §§ 95 Abs 2, 79 Abs 1 BVerfGG oder einer besonderen gesetzlichen Regelung) „die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben”; sie dürfen (gleichwohl) nicht vollstreckt werden; Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen (Rückabwicklungsverbot). Unanfechtbare Entscheidungen bleiben nur dann nicht unberührt, wenn und soweit das BVerfG oder der Deutsche BT eine spezielle, von § 79 BVerfGG abweichende Regelung gerade über die Folgen einer bestimmten Nichtigkeitserklärung treffen (BVerfGE 20, 230, 236; Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, BVerfGG Komm, Stand Okt 2000, § 79 RdNr 22). Das Begehren des Klägers wird durch § 79 Abs 2 BVerfGG keinesfalls gestützt.
b) Die Voraussetzungen für die Rücknahme eines anfänglich rechtswidrigen Verwaltungsaktes (§§ 44, 45 SGB X) – insbesondere die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes im Zeitpunkt seines Erlasses – können demgegenüber überhaupt nur dann vorliegen, wenn das BVerfG eine Norm ex tunc (rückwirkend jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes) für nichtig erklärt (zutreffend kritisch zur Annahme, dies geschehe im Regelfall, ua Pestalozza aaO § 20 VI S 351 RdNr 125 und § 20 I S 278 RdNr 16). Aber auch in diesen Fällen sind die §§ 44, 45 SGB X nicht anwendbar, soweit das BVerfG die Nichtigkeitsfolgen selbst geklärt oder der Gesetzgeber solche entscheidungsspezifisch angeordnet hat. Erst recht greifen die §§ 44, 45 SGB X nicht ein, wenn das BVerfG eine Norm ex nunc (also mit Wirkung für die Zukunft, gerechnet ab der Bekanntgabe der Entscheidung) für nichtig erklärt hat. Denn in diesem Fall kommt bei bestandskräftigen (Dauer-)Verwaltungsakten allenfalls eine Überprüfung gemäß § 48 SGB X „wegen Änderung der Verhältnisse” in Betracht (ggf wäre daneben auch das Vollstreckungsverbot nach § 79 Abs 2 Satz 2 BVerfGG zu berücksichtigen). Soweit das BVerfG eine Norm zwar für verfassungswidrig, aber dennoch – um einen rechtsfreien Zustand zu verhindern, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt wäre – bis zu einer gesetzlichen Neuregelung für weiterhin anwendbar erklärt (s BVerfGE 37, 217, 261; 61, 319, 356; 92, 53, 73; BVerfG in NJW 2001, 1712, 1716 und 1716, 1718), scheidet eine Anwendung der §§ 44, 45 SGB X ohnehin aus. Abgesehen davon kann ein in der Vergangenheit aufgrund des ausdrücklich weiterhin (also sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft) anzuwendenden Gesetzes ergangener Verwaltungsakt nicht iS der §§ 44, 45 SGB X rechtswidrig sein; außerdem würden auf diesem Umweg der Vorrang des Gesetzes (Art 20 Abs 3 GG) und die Entscheidung des BVerfG zur vorläufigen weiteren Anwendung unterlaufen; es würden gegenüber dem Gesetzgeber faktische Nichtigkeitsfolgen bewirkt, die nach dem Rechtsausspruch des BVerfG von Verfassungs wegen nicht geboten sind, ferner die Geltung des Gesetzes und dessen Rechtswirksamkeit über das von der Verfassung gebotene Ausmaß hinaus verfassungswidrig eingeschränkt. Diese Grundsätze gelten auch für die „Korrektur” von „einfachen” Verwaltungserklärungen, die vor der Nichtigerklärung des ihnen zugrundeliegenden Gesetzes abgegeben wurden. Auch vor dem Hintergrund des Art 14 Abs 1 GG iVm Art 19 Abs 4 GG kann dem Kläger kein über die Rechtsfolgenanordnung des BVerfG hinausgehender – irgendwie gearteter – „Korrekturausgleich” zustehen.
c) Für die Bescheide zur Mitteilung der Überführungsdaten (§ 8 AAÜG) hat ferner der Gesetzgeber aufgrund der Rechtsfolgenanordnung des BVerfG eine die speziellen Nichtigkeitsfolgen bestimmende Regelung in der Zwischenzeit in Art 11 des 2. AAÜG-ÄndG für „Überführungsbescheide” nach § 8 des AAÜG, die am 28. April 1999 unanfechtbar waren, getroffen. Soweit diese auf einer Rechtsnorm beruhen, die nach dem Erlaß dieser Bescheide für mit dem GG unvereinbar oder nichtig erklärt worden ist, dürfen sie nur mit Wirkung für die Zeit nach dem 30. April 1999 nach § 44 SGB X zurückgenommen werden. Dies gilt erst recht für die – hier begehrte – „Berichtigung” der rechtsfolgenlosen Hinweise auf die früheren Beitragsbemessungsgrenzen des § 7 Abs 1 AAÜG.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
NJ 2002, 390 |
SozR 3-8570 § 8, Nr. 7 |