Entscheidungsstichwort (Thema)

berufliche Rehabilitation. berufliche Bildungsmaßnahme. Behinderter. Zuständigkeit. Zweckmäßigkeit. Aufnahme einer beitragspflichtigen Beschäftigung. Beamte. Ruhestandsbeamter. Polizeivollzugsbeamter. Versorgungsbezüge. Unterschiedlichkeit der Sicherungssysteme. Rehabilitation im Beamtenrecht. Verzicht auf Versorgungsbezüge. Bedürftigkeit. Anrechnung von Erwerbseinkommen. beitragspflichtige Beschäftigung. Feststellungsklage. Leistungsklage

 

Leitsatz (amtlich)

Ein wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzter Beamter ist nicht von vornherein von der Inanspruchnahme berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation nach dem AFG ausgeschlossen.

 

Normenkette

AFG § 36 Nrn. 1, 3, § 56 Abs. 1 S. 1, § 58; BBG §§ 35, 42 Abs. 3, § 44 Abs. 1 S. 1, § 47 Abs. 2, § 52ff; BRRG § 21 Abs. 2, § 35ff; BeamtVG § 3 Abs. 3, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 53a Abs. 1; BPolBG §§ 1-2; SGG §§ 54, 55 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 13.07.1993; Aktenzeichen L 8 Ar 276/92)

SG Braunschweig (Urteil vom 05.08.1992; Aktenzeichen S 13 Ar 19/91)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 13. Juli 1993 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I

Der Kläger, ein behinderter Ruhestandsbeamter, begehrt die Förderung seiner beruflichen Bildung als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation (Reha) nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Der 1958 geborene Kläger ist von Beruf Werkzeugmacher. Seit 1977 ist er als Polizeibeamter beim Bundesgrenzschutz tätig. 1984 erlitt er privat einen Unfall, der zu einer erheblichen Einschränkung der Bewegungsfähigkeit und Kraftentfaltung der Finger der rechten Hand führte. Im Mai 1989 wurde er deshalb wegen Polizeidienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt, nachdem er zuvor über die Möglichkeit eines Laufbahnwechsels (nach § 8 Abs 2 Bundespolizeibeamtengesetz ≪BPolBG≫) belehrt worden war, einen entsprechenden Antrag aber nicht gestellt hatte. Seine Versorgungsbezüge betrugen 1989 brutto 1.665,99 DM monatlich.

Bereits vor seiner Versetzung in den Ruhestand hatte der Kläger im Januar 1989 beim Arbeitsamt (ArbA) Helmstedt einen Antrag auf Reha-Leistungen gestellt, um umgeschult zu werden. Dieser Antrag wurde unter Hinweis auf den Beamtenstatus des Klägers abgelehnt. Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung könnten nur gewährt werden, wenn ua der Antragsteller beabsichtige, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung im Geltungsbereich des AFG aufzunehmen oder fortzusetzen. Diese Voraussetzung sei bei dem Kläger, da er seinen Beamtenstatus wegen der Versorgungsbezüge nicht aufgeben wolle, nicht gegeben. Aus der besonders geregelten und geschützten Stellung des Beamten resultiere der mangelnde Bezug zum Arbeitsmarkt (Bescheid vom 27. November 1989, Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 1991).

Das Sozialgericht (SG) wies mit Urteil vom 5. August 1992 die Klage ab. Die Berufung hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem Urteil vom 13. Juli 1993 ausgeführt, das SG habe zu Recht die Zweckmäßigkeit der begehrten Förderung verneint. Als Ruhestandsbeamter sei der Kläger zwar nicht grundsätzlich von einer Förderung ausgeschlossen; bei Beamten fehle jedoch in der Regel der Bezug zum Arbeitsmarkt. Er könne nur dann angenommen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß der Beamte nach Abschluß der Förderungsmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden werde. Hiervon könne jedoch bei dem Kläger nicht ausgegangen werden. Er könne sich auch nicht darauf berufen, daß er aus dem aktiven Beamtenverhältnis ausgeschieden sei. Denn auch als Ruhestandsbeamter sei er weiterhin Beamter und durch seinen Beamtenstatus abgesichert. Der Dienstherr sei aufgrund des Alimentationsprinzips verpflichtet, für den Beamten und seine Familie auch in der Ruhestandszeit zu sorgen und ihm die gesetzlich geregelten Versorgungsbezüge zu gewähren. Aus der vom Kläger geltend gemachten unzureichenden Höhe der Versorgungsbezüge könne im Hinblick auf die unterschiedlichen sozialen Sicherungssysteme kein Anspruch auf Förderung hergeleitet werden. Der Kläger müsse sich darauf verweisen lassen, daß er von der Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe, in den allgemeinen Verwaltungsdienst überzuwechseln. In solchen Fällen könne es nicht Aufgabe der Arbeitslosenversicherung sein, zur Schließung von Versorgungslükken einzutreten.

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 2, 36, 56, 57 und 58 AFG sowie der Art 3 und 12 Grundgesetz (GG). Er habe als Behinderter einen Anspruch auf berufliche Eingliederung. Sein Status als Ruhestandsbeamter könne dem nicht entgegengehalten werden. Insbesondere stehe er dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, da seine Wiederverwendung als Beamter ausgeschlossen sei. Eine Förderung entspreche daher den Zielsetzungen des § 2 AFG. Durch die vom LSG vollzogene Auslegung werde er in seinen Grundrechten auf freie Berufswahl und Gleichbehandlung verletzt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 13. Juli 1993 und des Sozialgerichts Braunschweig vom 5. August 1992 sowie des Bescheids der Beklagten vom 27. November 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 1991 die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG im Ergebnis für zutreffend. Sie weist darauf hin, daß es im Falle des Klägers nicht nur am gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der Zweckmäßigkeit iS von § 36 AFG fehle, sondern auch die in § 56 Abs 1 AFG vorausgesetzte “Erforderlichkeit” von Leistungen zur Reha nicht gegeben sei. Denn die zur beruflichen Eingliederung erforderlichen Hilfen seien umfassend vom Dienstherrn im Rahmen seiner Fürsorgepflicht bereitzustellen. Der Verzicht des Klägers auf die angebotene “Reha-Möglichkeit” einer Tätigkeit im allgemeinen Verwaltungsdienst könne nicht dazu führen, daß dadurch Leistungsansprüche gegenüber der Solidargemeinschaft der Beitragszahler begründet würden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Ob dem Kläger ein Anspruch auf Förderung einer beruflichen Bildungsmaßnahme nach den §§ 56 ff AFG zusteht, läßt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG noch nicht abschließend beurteilen.

1. Im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler, die den Senat an einer Entscheidung in der Sache hindern, liegen nicht vor. Das Begehren des Klägers, ihm Leistungen zur beruflichen Reha zu gewähren, kann zwar nicht im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 SGG) verfolgt werden. Denn eine solche Leistungsklage wäre als unzulässig anzusehen, da die im einzelnen gewollten Förderungsleistungen nicht konkretisiert sind und nicht einmal absehbar ist, ob und ggf wann der Kläger an einer förderungsfähigen Maßnahme teilnehmen wird (vgl BSG Urteil vom 12. Dezember 1984 – 7 RAr 74/83 – SGb 1986, 111, 113 f; insoweit in SozR 4100 § 56 Nr 18 nicht veröffentlicht). Als zulässige Klage kommt hier nur eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG in Betracht. Als solche ist das Begehren des Klägers auch aufzufassen (§§ 165, 153 iVm § 123 SGG). Denn die Beteiligten streiten nicht über einzelne Förderungsleistungen, sondern es geht im Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren erst um die Grundfrage, ob allein schon der Status des Klägers als Ruhestandsbeamter mit Versorgungsbezügen die Gewährung jeglicher Förderungsleistungen durch die Beklagte ausschließt. Streitig ist mit anderen Worten zunächst, ob der Kläger von der Beklagten überhaupt dem Grunde nach im Rahmen von Reha-Leistungen die Förderung einer beruflichen Bildungsmaßnahme beanspruchen kann. Bei dieser Sachlage ist die Klage, soweit sie allgemein auf Förderung gerichtet ist, nicht als Leistungsklage aufzufassen, sondern als eine Feststellungsklage (vgl BSG SozR 4460 § 5 Nr 3 mwN).

Gegen die Zulässigkeit einer solchen Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, die auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist, bestehen hier keine Bedenken. Zwar ist eine Klage, die lediglich der Klärung einzelner Tatbestandselemente eines Anspruchs oder bloßer, damit zusammenhängender Rechtsfragen dienen soll, grundsätzlich ausgeschlossen. Vorliegend geht es jedoch in erster Linie um die Frage, ob zwischen dem Kläger und der Beklagten überhaupt Ansprüche auf berufliche Förderung in Betracht kommen, oder ob der Kläger – wie die Beklagte meint- allein aufgrund seines derzeitigen rechtlichen Status nicht zu dem zu fördernden Personenkreis gehört. Das Begehren des Klägers ist danach vor allem auf die Feststellung gerichtet, ob zwischen den Beteiligten ein den Förderungsanspruch begründendes Rechtsverhältnis besteht. Darin ist entweder das Begehren auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses iS von § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zu sehen, oder aber die begehrte Feststellung kommt jedenfalls der Feststellung eines Rechtsverhältnisses so nahe, daß eine Feststellungsklage in zumindest entsprechender Anwendung der genannten Vorschrift als zulässig anzusehen ist (vgl BSG SozR 4460 § 5 Nr 3).

Das nach § 55 Abs 1 SGG erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers ist ebenfalls zu bejahen. Denn zum einen ist es für ihn – bevor er konkrete Anstrengungen in dieser Richtung unternimmt – wichtig zu wissen, ob etwaige Reha-Maßnahmen überhaupt von der Beklagten zu fördern sind. Zum andern ist davon auszugehen, daß die Feststellungsklage zu einer prozeß- und verwaltungsökonomischen baldigen Erledigung des mit dem Förderungsantrag in Gang gesetzten Verfahrens führt. Das Rechtsschutzbedürfnis würde allerdings fehlen, wenn bereits feststünde, daß auch bei allgemeiner Förderungsfähigkeit der Kläger keine Einzelleistungen erhalten könnte; ein derartiger Fall ist aber hier nicht gegeben.

Berufungsausschlußgründe gemäß §§ 144 bis 149 SGG in der hier nach Art 14 Abs 1 des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 (BGBl I 50) noch anwendbaren, bis 28. Februar 1993 geltenden Fassung haben nicht vorgelegen. Insbesondere der Berufungsausschlußgrund nach § 144 Abs 1 SGG aF könnte in bezug auf die Feststellungsklage nur eingreifen, wenn sich aus der Grundberechtigung des Klägers ausschließlich nichtberufungsfähige Einzelansprüche ergeben könnten. Auch dies ist hier nicht der Fall.

2.a) Rechtsgrundlage für das Klagebegehren ist § 56 Abs 1 AFG in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992 (BGBl I 2044). Diese – im übrigen weitgehend unveränderte – Gesetzesfassung ist hier maßgeblich, obwohl der Kläger bereits vor dem 1. Januar 1993 seinen Antrag auf Reha bei der Beklagten gestellt hat. Denn nach der Übergangsvorschrift des § 242m Abs 1 AFG ist die bis zum 31. Dezember 1992 gültige Gesetzesfassung nur auf Fälle weiterhin anzuwenden, in denen die Maßnahme vor dem 1. Januar 1993 begonnen hat, der Antragsteller vor dem 1. Januar 1993 in die Maßnahme eingetreten ist und Leistungen beantragt hat oder Leistungen vor dem 1. Januar 1993 bewilligt worden sind. Diese Voraussetzungen sind bei dem Kläger nicht gegeben.

§ 56 AFG geht in seiner hier anzuwendenden Fassung auf das Rehabilitationsangleichungsgesetz (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) zurück. Nach § 56 Abs 1 Satz 1 AFG gewährt die Bundesanstalt für Arbeit (BA) als berufsfördernde Leistungen zur Reha die Hilfen, die wegen Art und Schwere der Behinderung erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit der körperlich, geistig oder seelisch Behinderten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und die Behinderten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern. Die Vorschrift formuliert also einen umfassenden Anspruch des Behinderten auf die für seine berufliche Eingliederung erforderlichen Hilfen, was – wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist (BT-Drucks 7/1237 S 77 zu § 34 Nr 4 = § 56 AFG) – auch der Absicht des Gesetzgebers entspricht.

b) Der Kläger ist Behinderter iS des § 56 AFG, weil er nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG ( § 163 SGG) seinen Beruf als Polizist (Polizeivollzugsbeamter) wegen der Einschränkung der Bewegungsfähigkeit der Finger der rechten Hand endgültig aufgeben mußte. Der Begriff des Behinderten ist weder im AFG noch im RehaAnglG definiert. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind als Behinderte iS des AFG Personen anzusehen, die infolge einer vom Normalen abweichenden körperlichen, geistigen oder seelischen Verfassung in ihrer beruflichen Sicherheit bedroht sind, weil sie beispielsweise deswegen eine bisherige berufliche Stellung aufgeben müssen oder in der beruflichen (Wieder-)Eingliederung hierdurch benachteiligt sind, so daß sie insoweit besonderer Hilfe bedürfen (BSG SozR 4100 § 56 Nrn 1 und 4). Damit inhaltlich weitgehend übereinstimmend definiert die aufgrund der Ermächtigung in § 58 Abs 2 AFG erlassene Anordnung des Verwaltungsrats der BA über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (RehaAnO) vom 31. Juli 1975 idF der 18. Änderungsanordnung vom 16. März 1994 (ANBA 1994, 480) Behinderte als körperlich, geistig oder seelisch behinderte Personen, deren Aussichten, beruflich eingegliedert zu werden oder zu bleiben, wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert sind, und die deshalb besonderer Hilfen zur beruflichen Eingliederung bedürfen (§ 2 Abs 1).

c) Die Zuständigkeit der BA ergibt sich aus § 57 AFG, denn ein anderer Reha-Träger ist für die Gewährung von berufsfördernden Leistungen zur Reha nicht zuständig. Nach § 57 Satz 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des 1. Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 2353) darf die BA berufsfördernde und ergänzende Leistungen nur gewähren, sofern nicht ein anderer Reha-Träger iS des RehaAnglG zuständig ist. Die Zuständigkeit eines anderen Reha-Trägers scheidet hier – wie das LSG bereits zutreffend ausgeführt hat – aus.

3.a) Hinsichtlich des Leistungsrahmens für die berufsfördernden und ergänzenden Leistungen zur Reha verweist § 58 Abs 1 AFG, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 1992, auf die Vorschriften des 2. bis 5. Unterabschnitts mit Ausnahme bestimmter Vorschriften. Es gelten also für die berufsfördernden Leistungen zur Reha, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, die allgemeinen Vorschriften über die Förderung der beruflichen Bildung. Insoweit ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß die Gewährung von Reha-Leistungen zur beruflichen Fortbildung und Umschulung ebenso wie die Gewährung von Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung an die Erfüllung der in § 36 AFG genannten Leistungsvoraussetzungen geknüpft ist.

Nach § 36 Nr 1 und Nr 3 Satz 1 AFG in der hier maßgebenden, am 1. Januar 1976 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des AFG und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) werden Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung ua nur gewährt, wenn der Antragsteller beabsichtigt, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung im Geltungsbereich des Gesetzes aufzunehmen oder fortzusetzen (Nr 1), und die Teilnahme an der Maßnahme im Hinblick auf die Ziele des § 2 AFG und unter Berücksichtigung von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts zweckmäßig ist (Nr 3 Satz 1).

b) Entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Rechtsauffassung ist die Zweckmäßigkeit der begehrten Förderung iS des § 36 Nr 3 AFG nicht deshalb zu verneinen, weil der Kläger Ruhestandsbeamter ist und auch nicht bereit ist, diesen Status aufzugeben.

Das BSG hat zwar in der vom LSG zitierten Entscheidung vom 17. Dezember 1974 (BSGE 38, 278 = SozR 4100 § 42 Nr 3) entschieden, daß ein Beamter nur dann Anspruch auf Förderung einer beruflichen Bildung nach dem AFG habe, wenn konkrete Anhaltspunkte den Schluß rechtfertigten, daß er seine Rechtsstellung als Beamter aufgeben werde, oder daß er befürchten müsse, diese zu verlieren. Aus dieser Entscheidung kann jedoch nicht – wie das LSG meint – gefolgert werden, daß auch bei dem Kläger mangels Bereitschaft, seine Rechtsstellung als Ruhestandsbeamter aufzugeben, die Zweckmäßigkeit einer Förderung zu verneinen sei. Denn diese Entscheidung und die dort entwickelten Grundsätze beziehen sich auf den Fall eines aktiven Beamten, der im Rahmen seines Beamtenverhältnisses an einem Lehrgang teilgenommen hatte. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, daß die Entscheidung zu § 36 AFG in der bis zum 31. Dezember 1975 geltenden Fassung ergangen ist.

§ 36 AFG aF sah vor, daß Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung nur gewährt werden dürfen, wenn der Antragsteller geeignet ist und die Förderung unter Berücksichtigung der Lage und der Entwicklung des Arbeitsmarkts sowie der beruflichen Neigung des Antragstellers zweckmäßig erscheint. Zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der “Zweckmäßigkeit” iS von § 36 AFG aF hat das BSG in der Entscheidung vom 17. Dezember 1974 und weiteren Urteilen ausgeführt, daß es an dieser Förderungsvoraussetzung – unabhängig von den Besonderheiten der angestrebten Bildungsmaßnahme – schon dann fehlen könne, wenn der Antragsteller nach seiner Situation im Erwerbsleben zu einer Personengruppe gehöre, deren berufliche (Weiter-)Bildung keine Beziehung zum Arbeitsmarkt habe (Urteil vom 17. Dezember 1974 – 7 RAr 69/73 – nicht veröffentlicht, jedoch m Bespr Hoppe, AuB 1975, 350; BSGE 40, 234, 241 f = SozR 4100 § 47 Nr 14; BSGE 41, 171, 173 = SozR 4100 § 36 Nr 12). Dieser Bezug zum Arbeitsmarkt ist dabei nicht generell für den Fall verneint worden, daß der Antragsteller Beamter war. Vielmehr hat das BSG nur ausgesprochen, die besonders geregelte und geschützte Stellung eines Beamten rechtfertige es, “den Beamten in der Regel nicht zu den Personen zu zählen, deren Fortbildung normalerweise dazu dient, sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten und vor Arbeitslosigkeit zu schützen”. Berufliche Bildungsbemühungen eines Beamten könnten jedoch dann zweckmäßig iS von § 36 AFG (aF) sein, wenn er nach dem Abschluß der Bildungsmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden und eine beitragspflichtige Beschäftigung aufnehmen wolle bzw wenn er für die Zukunft die Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung als Arbeitnehmer anstrebe, oder die begründete Gefahr bestehe, daß er seine Stellung als Beamter verliere und sich wieder auf dem Arbeitsmarkt anbieten müsse (BSGE 38, 278, 280 f; Urteil vom 17. Dezember 1974 – 7 RAr 69/73 –; BSGE 40, 234, 242; BSGE 41, 171, 173).

c) Die Absicht der Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung stellt seit der Neufassung des § 36 AFG durch das HStruktG-AFG eine in § 36 Nr 1 AFG selbständig geregelte Förderungsvoraussetzung dar, welche neben der Zweckmäßigkeit nach § 36 Nr 3 AFG erfüllt sein muß. Damit ist klargestellt, daß solche Antragsteller von der Förderung ausgeschlossen sind, die “nach Abschluß der Maßnahme” als Selbständige oder Beamte tätig sein wollen (vgl BT-Drucks 7/4127 S 48, Begr zu § 36 Nr 1; ebenso BSG SozR 4460 § 7 Nr 6 und BSGE 61, 106, 107 f = SozR 4100 § 36 Nr 25).

Soweit also das BSG in seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 36 AFG (aF) die Förderungsfähigkeit von Beamten von einer bevorstehenden bzw absehbaren Beendigung des Beamtenverhältnisses abhängig gemacht hat, erklären sich die Ausführungen vor dem Hintergrund der damaligen Gesetzeslage und sind insoweit überholt (vgl auch Richter in Gagel, AFG, § 36 Anm 20). Jedenfalls lassen sich diese Ausführungen, die sich auf aktive Beamten beziehen, nicht – wie vom LSG angenommen – in vollem Umfang auf Ruhestandsbeamte übertragen.

4.a) Wenn ein Beamter hiernach nur dann Anspruch auf Förderung seiner beruflichen Bildung nach dem AFG hat, wenn davon auszugehen ist, daß er seine “Rechtsstellung” als Beamter aufgeben wird (so BSGE 38, 178, 180), so kann daraus nicht gefolgert werden, daß der Kläger nicht zum Kreis der förderungsfähigen Personen gehört, weil er als Ruhestandsbeamter seine rechtliche Stellung als Beamter noch nicht verloren hat. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, daß nach den allgemein geltenden beamtenrechtlichen Vorschriften, die auch für den Kläger als Polizeivollzugsbeamten im Bundesgrenzschutz gelten (§§ 1, 2 BPolBG), das “eigentliche” (aktive) Beamtenverhältnis durch Eintritt in den Ruhestand endet ( § 35 Bundesbeamtengesetz ≪BBG≫; vgl § 21 Abs 2 Beamtenrechtsrahmengesetz ≪BRRG≫). Nach der Terminologie der beamtenrechtlichen Vorschriften ist der Eintritt in den Ruhestand eine der Formen der “Beendigung des Beamtenverhältnisses”, wodurch die wesentlichen, sich auf die Amtsführung bzw Dienstausübung beziehenden Pflichten des Beamten entfallen (vgl §§ 52 ff BBG, §§ 35 ff BRRG). Nur einige wenige Pflichten, wie etwa die Verschwiegenheitspflicht, bestehen auch noch “nach Beendigung des Beamtenverhältnisses” (§§ 61 Abs 1 BBG, 39 Abs 1 BRRG). Daraus folgt insbesondere, daß der Kläger seit seinem Eintritt in den Ruhestand von jeglicher Dienstleistung freigestellt ist und nicht mehr dem “Direktionsrecht” seines Dienstherrn unterliegt.

Anders als ein aktiver Beamter ist der Kläger als Ruhestandsbeamter grundsätzlich nicht durch Dienstpflichten gehindert, eine beitragspflichtige abhängige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen (vgl § 69a BBG). Solange ein Ruhestandsbeamter keine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausübt, aber Arbeit sucht, ist er iS des § 101 AFG arbeitslos (vgl BSG SozR 2200 § 1248 Nr 28 mwN). Da das ihm vor Erreichen einer Altersgrenze zugebilligte Ruhegehalt einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht iS des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG ähnlich ist (vgl BSG SozR 4100 § 118 Nr 13), könnte der Kläger nach Zurücklegung der Anwartschaftszeit neben den Versorgungsbezügen Arbeitslosengeld beziehen. Anders als bei einem aktiven Beamten, der aus dem Beamtenverhältnis nicht ausscheiden will, kann eine berufliche Bildungsmaßnahme bei einem Ruhestandsbeamten – jedenfalls bei einem jüngeren Ruhestandsbeamten – mithin durchaus dazu dienen, “sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten und sich vor Arbeitslosigkeit zu schützen” (BSGE 38, 278, 280).

b) Auch die Tatsache, daß der Kläger als Ruhestandsbeamter eine besonders geschützte Stellung hat, insbesondere der Dienstherr ihm aufgrund des Alimentationsprinzips zur Gewährung der gesetzlich geregelten Versorgungsbezüge verpflichtet ist, rechtfertigt es nicht, ihn einem aktiven Beamten gleichzustellen und bei ihm von vornherein die Zweckmäßigkeit einer Förderung zu verneinen. Denn der Bezug von Versorgungsbezügen muß kein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bedeuten, ebensowenig wie beispielsweise der Bezug einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (Steinmeyer in Gagel, AFG, § 101 Anm 22). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betroffene – wie hier der Kläger – nicht im Renten- bzw Pensionsalter ist. Insoweit kann es auch nicht – wie die BA und die Vorinstanzen vertreten haben – darauf ankommen, ob der Kläger bereit ist, auf seine Rechtsstellung als Ruhestandsbeamter oder jedenfalls auf seine Versorgungsbezüge zu verzichten, zumal nach § 3 Abs 3 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) auf die gesetzlich zustehende Versorgung weder ganz noch teilweise verzichtet werden kann. Die Vorschrift schließt nicht nur einen Verzicht auf die Versorgungsbezüge, sondern auch auf die Rechtsstellung als Versorgungsempfänger als solcher aus. Lediglich im Rahmen eines Disziplinarverfahrens kann der Ruhestandsbeamte auf seine Rechte (also auch auf seine Versorgungsbezüge) verzichten (§ 64 Abs 1 Nr 5 Bundesdisziplinarordnung und entsprechendes Landesrecht – vgl dazu im einzelnen Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Komm zum BeamtVG, § 3 Anm 3).

Für die Verknüpfung der Förderungsfähigkeit einer Maßnahme mit dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis besteht bei einem Ruhestandsbeamten gar keine Veranlassung. Aus der Rechtsprechung des BSG zum aktiven Beamten kann ein solches Erfordernis nicht gefolgert werden. Vielmehr ist in der Entscheidung vom 17. Dezember 1974 lediglich im Rahmen der Ausführungen, wonach bei einem aktiven Beamten die Förderung einer Bildungsmaßnahme grundsätzlich nicht zweckmäßig ist, dargetan worden, etwas anderes könne dann gelten, wenn der Beamte nach Abschluß der Bildungsmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden wird und eine beitragspflichtige Beschäftigung aufnehmen will. Ruhestandsbeamte brauchen indes nicht einmal aus ihrem Ruhestandsbeamtenverhältnis auszuscheiden, um ohne Verletzung von Dienstpflichten eine beitragspflichtige Beschäftigung aufzunehmen.

c) Weder die Rechtsstellung des Klägers als Ruhestandsbeamter noch der Bezug von Versorgungsbezügen schließen also von vornherein die Zweckmäßigkeit einer Förderung aus. Vielmehr beurteilt sich diese, wie der Gesetzgeber im Anschluß an die bisherige Rechtsprechung des BSG in § 36 Nr 3 AFG nF ausdrücklich festgelegt hat, an der allgemeinen arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung des AFG, insbesondere § 2 AFG. Danach ist vorrangiger Zweck gemäß § 2 Nr 1 AFG die Verhinderung oder Überwindung von Arbeitslosigkeit. Da der Kläger in seinem bisherigen Beruf nicht mehr arbeiten kann, er jedoch von seinem Alter wie auch von der Art seiner Behinderung her an sich erwerbsfähig ist, ist er gehalten, sich wieder auf dem Arbeitsmarkt anzubieten. Durch eine geeignete Förderungsmaßnahme würde zweifellos auch seine berufliche Beweglichkeit verbessert (§ 2 Nr 2 AFG). Schließlich bedarf der Kläger, nachdem er seine frühere Tätigkeit behinderungsbedingt nicht mehr ausüben kann, beruflicher (Wieder-)Eingliederung (§§ 2 Nr 4, 56 Abs 1 Satz 1 AFG), da er derzeit infolge seiner faktischen Beschäftigungslosigkeit nicht mehr beruflich eingegliedert ist. Der Umstand, daß der Kläger von seinem früheren Dienstherrn Versorgungsbezüge erhält und somit hinsichtlich seines Lebensunterhalts für sich und seine Familie zumindest in bescheidenem Maße abgesichert ist, rechtfertigt insoweit – vergleichbar dem Rentenbezug wegen Berufsunfähigkeit – keine andere Beurteilung.

5.a) Die Zweckmäßigkeit einer Förderung nach den arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen des AFG läßt sich auch nicht mit dem Argument in Frage stellen, einer beruflichen Wiedereingliederung des Klägers bedürfe es nicht, weil dafür bereits im Beamtenrecht entsprechende Möglichkeiten vorgesehen seien und es dem Kläger freigestanden habe, diese Möglichkeiten zu nutzen. Hier ist zum einen zu berücksichtigen, daß – wie bereits erwähnt – das RehaAnglG nicht für den öffentlichen Dienst gilt (§ 2 RehaAnglG) und nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften, insbesondere des Bundesbeamten- und des Beamtenversorgungsgesetzes, eine den Vorschriften der §§ 56 f AFG entsprechende Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Reha nicht vorgesehen ist (vgl Scheerbarth/Höffken, Beamtenrecht, 3. Aufl, § 30 V 1e). So bestimmt § 4 BPolBG, daß der Polizeivollzugsbeamte dienstunfähig ist, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, daß er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit). Demgemäß ist der Kläger nach Feststellung seiner Dienstunfähigkeit gemäß §§ 42 Abs 1, 44 Abs 1 Satz 1 BBG iVm § 47 Abs 2 BBG in den Ruhestand versetzt worden und erhält ein entsprechendes Ruhegehalt (§ 4 Abs 1 Nr 1 BeamtVG). Erst mit Wirkung ab 1. Januar 1992 ist durch das Gesetz vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2218) in § 26 BRRG und § 42 BBG ein neuer Abs 3 eingefügt worden, womit im Beamtenrecht der Grundsatz “Rehabilitation vor Versorgung” eingeführt werden sollte (vgl BT-Drucks 11/5372, S 33, 34 – Begr zu Art 7 Nr 3 = § 26 BRRG und Art 8 Nr 4 = § 42 BBG; vgl auch Havers/Schnupp, Beamten- und Disziplinarrecht, S 98). Nach § 42 Abs 3 BBG soll von der Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer gleichwertigen Laufbahn mit mindestens demselben Endgrundgehalt übertragen werden kann und wenn zu erwarten ist, daß er den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt. Unter den dort bestimmten Voraussetzungen ist auch die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit innerhalb der Laufbahngruppe möglich. Doch abgesehen davon, daß die dort vorgesehene Prüfung einer anderweitigen Einsetzbarkeit des Beamten an zahlreiche Bedingungen tatsächlicher und rechtlicher Art geknüpft ist, kam diese Möglichkeit für den Kläger schon deshalb nicht in Betracht, weil die gesetzliche Regelung erst nach seiner im Mai 1989 erfolgten Versetzung in den Ruhestand geschaffen worden ist.

b) Dem Kläger kann auch nicht vorgehalten werden, er habe von der speziell in § 8 BPolBG vorgesehenen Versetzungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht, da er – wie vom LSG festgestellt – keinen Antrag auf einen entsprechenden Laufbahnwechsel gestellt hat. Nach § 8 Abs 2 BPolBG kann der Polizeivollzugsbeamte auch in ein Amt einer Laufbahn außerhalb des Polizeivollzugsdienstes im öffentlichen Dienst des Bundes oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts versetzt werden, wenn er es beantragt oder ein dienstliches Bedürfnis besteht und wenn er die Befähigung für diese Laufbahn besitzt. Abgesehen davon, daß diese Regelung keinen Rechtsanspruch des Betroffenen vorsieht, sondern eine “Kann”-Regelung enthält, betrifft sie nicht den speziellen Fall eines dienstunfähigen Polizeivollzugsbeamten, sondern regelt allgemein eine Versetzungsmöglichkeit für im Dienste des Bundesgrenzschutzes beschäftigte Polizeivollzugsbeamte.

c) Schließlich ist die Regelung des § 45 BBG, der die Möglichkeit einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis bei Wiederherstellung der Dienstfähigkeit vorsieht, im Falle des Klägers nicht einschlägig. Denn dies würde ua voraussetzen, daß er wieder dienstfähig geworden wäre, wofür sich nach den Feststellungen des LSG keinerlei Anhaltspunkte ergeben.

Zusammenfassend ist also festzustellen, daß innerhalb der beamtenrechtlichen Regelungen für den dienstunfähigen Kläger kein Anspruch auf berufliche Reha vorgesehen war.

6. Der Ausschluß des Klägers von Förderungsleistungen nach den §§ 56 ff AFG läßt sich auch nicht mit dem Hinweis auf die Unterschiedlichkeit des sozialen Sicherungssystems der Arbeitslosenversicherung und des beamtenrechtlichen Sicherungssystems rechtfertigen. Diesem Argument liegt – wie insbesondere aus der vom LSG in Bezug genommenen Entscheidung des SG hervorgeht – die Erwägung zugrunde, daß der Kläger, der in seinem letzten Beruf nicht zur Versichertengemeinschaft gehörte und somit – abgesehen von seiner Zeit als Werkzeugmacher – insbesondere keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erbracht hat, nicht verlangen könne, nunmehr aus Mitteln der Gemeinschaft der Beitragszahler gefördert zu werden. Diese Argumentation ist deshalb verfehlt, weil die Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Reha nach den §§ 56 f AFG grundsätzlich nicht zur Voraussetzung hat, daß der Antragsteller in der Vergangenheit Beiträge geleistet hat. Eine – erst durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) eingeführte – Ausnahme bildet gemäß § 59 Abs 1 Satz 3 AFG lediglich der Anspruch auf Übergangsgeld als ergänzende Leistung nach § 56 Abs 2 Nr 1 AFG, der grundsätzlich auf Personen beschränkt ist, die in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Maßnahme mindestens zwei Jahre lang eine beitragspflichtige Beschäftigung (§§ 168 f AFG) ausgeübt oder Arbeitslosengeld aufgrund eines Anspruchs von bestimmter Dauer oder im Anschluß daran Arbeitslosenhilfe bezogen haben. Diese Vorschrift könnte für den Kläger zwar zur Folge haben, daß eine Bildungsmaßnahme derzeit nicht durch Übergangsgeld gefördert werden könnte. Das gilt indes nicht für Kosten der Maßnahme usw. Soweit im Bereich der Förderung der beruflichen Bildung nach § 46 Abs 1 AFG bestimmte Leistungen von einer vorherigen beitragspflichtigen Beschäftigung abhängig gemacht werden, gilt dies im Bereich der beruflichen Reha Behinderter nicht. Denn die Anwendung ua dieser Vorschrift ist durch § 58 Abs 1 Satz 1 AFG ausdrücklich ausgeschlossen.

7.a) Schließlich läßt sich die Zweckmäßigkeit einer Förderung des Klägers nach dem AFG auch nicht unter dem Gesichtspunkt fehlender Bedürftigkeit rechtfertigen. Denn die Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Reha ist grundsätzlich nicht an die Voraussetzung der Bedürftigkeit geknüpft. Die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Antragstellers kann bei der Förderung der beruflichen Bildung zwar für einzelne Leistungsarten von Bedeutung sein. So ergibt sich aus § 53 Abs 3 AFG, auf den die Verweisungsregelung des § 58 Abs 1 Satz 1 AFG Bezug nimmt, daß Leistungen nach § 53 Abs 1 und 2 AFG, beispielsweise Zuschuß zu Bewerbungskosten und Zuschuß zu Reise- und Umzugskosten, nur zu gewähren sind, wenn der Antragsteller die erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen kann.

Ebenso sieht § 59e AFG bei der Gewährung von Übergangsgeld an Behinderte unter bestimmten Voraussetzungen eine Einkommensanrechnung vor. Aus diesen Sonderregelungen ergibt sich, daß es auf die Bedürftigkeit des Behinderten nicht im Sinne einer allgemeinen Förderungsvoraussetzung ankommt, sondern nur in den gesetzlich ausdrücklich bestimmten Fällen. Etwas anderes kann auch nicht daraus entnommen werden, daß die Beklagte – worauf sie in ihrer Revisionserwiderung verweist – nach § 56 Abs 1 Satz 1 AFG nur solche Hilfen zu gewähren hat, die “erforderlich” sind. Das Merkmal der Erforderlichkeit wird allein von der Zielsetzung der Reha – Förderung der Erwerbsfähigkeit des Behinderten und möglichst dauerhafte berufliche Eingliederung – bestimmt und ist nicht in dem Sinne zu verstehen, daß alle gesetzlich vorgesehenen Förderleistungen von der Bedürftigkeit des Behinderten abhängen. Dies verdeutlicht § 56 Abs 1 Satz 1 AFG in der jetzigen, seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung, wonach die Hilfen zu gewähren sind, die “wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich” sind.

b) Dieses Ergebnis führt auch nicht im Hinblick darauf, daß der Kläger von einem früheren Dienstherrn Versorgungsbezüge erhält, zu einer unangemessenen Privilegierung. Denn § 53a Abs 1 BeamtVG idF der Bekanntmachung vom 24. Oktober 1990 (BGBl I 2298), zuletzt geändert durch Art 8 des Gesetzes vom 23. Juli 1992 (BGBl I 1370), sieht beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit außerhalb des öffentlichen Dienstes erzieltem Einkommen eine Einkommensanrechnung auf das Ruhegehalt bis zur Höhe des Betrags vor, um den das Ruhegehalt, das sich vor Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- oder Anrechnungsvorschriften ergibt, den Betrag überschreitet, der sich als Ruhegehalt ergäbe, wenn dienstunfallbedingte Erhöhungen und weitere, im einzelnen benannte gesetzliche Regelungen des BeamtVG unberücksichtigt bleiben. Private Arbeitseinkünfte werden also auf die Teile der Beamtenversorgung angerechnet, die zusätzlich zur “erdienten” Versorgung aus sozialstaatlichen Gründen gewährt werden und die die erdiente Versorgung ergänzen. Insofern ist bereits gesetzlich die Möglichkeit ausgeschlossen, daß der Kläger neben ungekürzten Versorgungsbezügen Erwerbseinkommen durch eine Tätigkeit während oder nach Abschluß der beruflichen Bildungsmaßnahme erzielen kann.

8. Aus allen genannten Gründen kann somit nicht davon ausgegangen werden, daß die vom Kläger erhobene Feststellungsklage, welche auf die Feststellung der “Förderungsfähigkeit” einer beruflichen Bildungsmaßnahme gerichtet ist, schon deshalb unbegründet ist, weil der Kläger Ruhestandsbeamter mit Versorgungsbezügen ist und nicht beabsichtigt, diesen Status aufzugeben. Für die Grundfrage der Förderbarkeit kommt es allerdings nach den §§ 36 Nr 1, 58 Abs 1 Satz 1 AFG entscheidend darauf an, ob der Kläger beabsichtigt, nach Abschluß der Maßnahme eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung aufzunehmen.

Ob diese Förderungsvoraussetzung nach § 36 Nr 1 AFG beim Kläger erfüllt ist, läßt sich auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen noch nicht abschließend entscheiden. Denn das LSG hat – von seinem Rechtsstandpunkt her zutreffend – keine näheren Feststellungen dazu getroffen, ob er die ernsthafte Absicht hat, künftig eine beitragspflichtige Beschäftigung auszuüben. Zum Nachweis der künftigen Absicht ist zwar grundsätzlich von der Erklärung des Antragstellers auszugehen (vgl § 9 Abs 2 Satz 2 RehaAnO). Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn begründete Zweifel an ihrer Richtigkeit bestehen (vgl Richter in Gagel, AFG, § 36 Anm 16, 20, 21). Solche Zweifel können insbesondere aus den persönlichen Umständen begründet sein. So können beispielsweise das Alter eines Antragstellers oder die Höhe seiner Versorgungsbezüge Anlaß zu Zweifeln geben. Im Fall des Klägers wird insbesondere auch zu prüfen sein, ob er im Hinblick auf die bereits erwähnte Anrechnungsvorschrift des § 53a BeamtVG – die im Zeitpunkt seiner Versetzung in den Ruhestand noch nicht galt – ernsthaft die Absicht hat, künftig eine beitragspflichtige Beschäftigung auszuüben.

Mangels ausreichender Feststellungen hierzu ist daher das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

Bei einer erneuten Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 911831

BSGE, 247

NJW 1995, 2245

NVwZ 1995, 1040

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