Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg, Regensburger Straße 104, Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Der Rechtsstreit betrifft einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 24. April bis 23. Mai 1992.
Der 1936 geborene Kläger war nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) bis November 1989 als Arbeiter (Rangierer) bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete einvernehmlich gegen Zahlung einer Abfindung. Die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) zahlte dem Kläger ab 8. Februar 1990 Arbeitslosengeld (Alg) bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 23. April 1992. Für die Zeit vom 13. April bis 23. Mai 1992 legte der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Ab 24. Mai 1992 war er nach einer Veränderungsmitteilung vom 19. Mai 1992 wieder arbeitsfähig.
Den Antrag auf Bewilligung von Alhi vom 7. April 1992 lehnte die BA mit Bescheid vom 29. April 1992 ab, weil der Kläger wegen Arbeitsunfähigkeit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Auf den erneuten Antrag vom 22. Mai 1992 bewilligte die BA Alhi ab 25. Mai 1992. Für die Zeit vom 13. April bis 23. Mai 1992 lehnte die BA mit Bescheid vom 2. November 1992 den Antrag auf Alhi erneut wegen fehlender Verfügbarkeit des Klägers ab. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 1993 zurück. Vom 13. bis 23. April 1992 habe der Kläger im Wege der Leistungsfortzahlung Alg bezogen. Vom 24. April bis 23. Mai 1992 habe ihm Alhi nicht zugestanden, weil er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe.
Aus den Leistungsakten der BA, auf die das LSG im angefochtenen Urteil Bezug genommen hat, ergibt sich, daß der Kläger nach einer Bescheinigung der Bundesbahn-Betriebskrankenkasse vom 26. August 1992 Krankengeld nicht erhalten hat, "weil die Arbeitsunfähigkeit dieselbe Ursache hatte, die am 18. August 1989 zum Leistungsablauf führte". Er bezog Rente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit von der Bundesknappschaft mit einem Zahlbetrag von 86, 95 DM in den Monaten April/Mai 1992. Jetzt bezieht er Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Gesamtleistung) von dem gleichen Versicherungsträger ab 1. Dezember 1992 nach einem am 30. November 1992 eingetretenen Versicherungsfall. Außerdem erhielt der Kläger von der Bergbau-Berufsgenossenschaft Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH.
Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 13. Mai 1993).
Die vom SG zugelassene Berufung der BA hat das LSG zurückgewiesen. Das LSG hat ausgeführt, eine Klagebefugnis des Klägers sei trotz des bindenden Bescheids vom 29. April 1992 gegeben, weil der Bescheid vom 2. November 1992 den Klageweg in vollem Umfang wieder eröffnet habe. Dem Kläger stehe nach Erschöpfen des Anspruchs auf Alg am 23. April 1992 für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis 23. Mai 1992 Leistungsfortzahlung für sechs Wochen und damit Alhi vom 24. April bis 23. Mai 1992 zu. Wegen der Arbeitsunfähigkeit sei der Kläger zwar für die Arbeitsvermittlung nicht verfügbar gewesen, dies werde jedoch durch die nach § 105b Arbeitsförderungsgesetz (AFG) begründete Leistungsfortzahlung ausgeglichen. Diese Regelung gelte nach der gesetzlichen Verweisung auch für die Alhi, zumal Besonderheiten dieser Leistungsart dem nicht entgegenständen. Vielmehr fordere der Zweck der Vorschrift, die der Verwaltungsvereinfachung diene und bei Arbeitsunfähigkeit bis zu sechs Wochen den Wechsel des Sozialleistungsträgers vermeiden solle, die Fortzahlung von Alhi. Da der Anspruch auf Alg und Alhi nach § 134 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz AFG als einheitlicher Anspruch gelte, sei § 105b AFG so zu lesen, daß der Arbeitslose Leistungen bei Arbeitslosigkeit (Alg und Alhi) bis zur Dauer von längstens sechs Wochen nicht verliere (Urteil vom 21. September 1994).
Die Beklagte hat die vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung des § 105b AFG und führt aus, die Vorschrift diene allein dazu, Arbeitslosen bei kurzfristigen Erkrankungen die Unzuträglichkeiten des Wechsels des Leistungsträgers zu ersparen. Bei Eintritt von Arbeitsunfähigkeit während des Bezugs von Alg erhalte der Arbeitslose nach Erschöpfen des Anspruchs Krankengeld in gleicher Höhe. Dieser Schutzzweck werde verletzt, wenn der Leistungsempfänger statt des Krankengeldes im Wege der Fortzahlung die geringere Alhi erhalte und dabei noch Anrechnungen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen seien. Die vom Gesetzgeber geforderte Äquivalenz liege nur vor, wenn der Leistungsempfänger während des Bezuges derjenigen Leistungsart erkranke, um deren Fortzahlung es gehe. Das sei hier nicht der Fall. Selbst wenn ein Anspruch auf Krankengeld nicht bestehe, sei nicht anders zu entscheiden, denn nach der Rechtsprechung des BSG sei es nicht Sinn des § 105b AFG, die Krankenkassen von Leistungen zu entlasten. Eine entsprechende Rechtsansicht habe das BSG bereits in dem daraufhin anderweitig erledigten Rechtsstreit - 11 RAr 73/92 - zu erkennen gegeben.
Die Beklagte beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. September 1994 und des Sozialgerichts Konstanz vom 13. Mai 1993 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er verweist darauf, daß Alg und Alhi als einheitlicher Anspruch anzusehen seien. Die Rechtsansicht der BA verkehre den Zweck des § 105b AFG in sein Gegenteil. Der Leistungsberechtigte werde gezwungen, bei Erschöpfen des Anspruchs auf Alg die Krankenkasse auf Krankengeld in Anspruch zu nehmen mit der Folge, daß er bei kurzfristigen Erkrankungen alsbald wieder Leistungsbezieher der BA werde. Gerade einen solchen Wechsel habe das Gesetz verhindern wollen. Die geringere Höhe der Alhi habe der Gesetzgeber, der in der Begründung des Gesetzentwurfs nicht auf eine Leistungsäquivalenz Bezug genommen habe, bei dem geringfügigen Fortzahlungszeitraum von sechs Wochen in Kauf genommen. Im übrigen stehe es dem Leistungsbezieher frei, durch entsprechende Antragstellung Krankengeld anstelle der Alhi zu beziehen. Immerhin ruhe nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch Krankenversicherung (SGB V) während des Bezugs von Arbeitslosengeld der Anspruch auf Krankengeld. Bestehe ein Anspruch auf Krankengeld nicht, sei von der Einheitlichkeit des Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit auszugehen. Andernfalls werde der Leistungsberechtigte auf die Sozialhilfe verwiesen, was Sinn und Zweck des § 105b AFG widerspreche.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die Entscheidung des LSG verletzt § 105b AFG. Für eine abschließende Entscheidung des Senats reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.
1. Trotz der Bindungswirkung des Bescheids vom 29. April 1992, den der Kläger nicht angefochten hat, ist die Klage zulässig. Unabhängig davon, ob nach Inkrafttreten des § 44 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) noch Raum für die Vorstellung eines den Rechtsweg eröffnenden "Zweitbescheides" ist (BSGE 18, 22, 29f. = SozR Nr. 35 zu § 77 SGG; BSGE 65, 261, 262 = SozR 7833 § 1 Nr. 7; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Auflage 1993, Anhang nach § 54 RdNr 9 m.w.N.), enthält der Bescheid vom 2. November 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Januar 1993 jedenfalls die Ablehnung der Rücknahme eines (angeblich) rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes i.S. des § 44 Abs. 1 SGB X (vgl. Steinwedel, KassKomm, § 44 SGB X RdNrn 13f.), durch die der Kläger formell beschwert ist. Diese Entscheidung der BA unterliegt der sozialgerichtlichen Überprüfung.
2. Auch wenn der Kläger die Fortzahlung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit am 24. April 1992 noch nicht sechs Wochen in Anspruch genommen hatte, sind hier die Voraussetzungen für eine weitere Leistungsfortzahlung (von Alhi) bei Arbeitsunfähigkeit nach § 105b Abs. 1 AFG nicht gegeben. Auszugehen ist dabei von einem Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 13. April 1992. Zu diesem Zeitpunkt bezog der Kläger noch Alg, denn nach den Feststellungen des LSG erschöpfte er jenen Anspruch am 23. April 1992.
2.1 Nach § 105b Abs. 1 Satz 1 AFG verliert der Arbeitslose nicht den Anspruch auf Alg für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er während des Bezuges von Alg infolge Krankheit - die übrigen Voraussetzungen sind hier nicht von Interesse - arbeitsunfähig wird. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift im Falle des Bezuges von Alhi hat das BSG bereits bejaht (BSG SozR 4100 § 59d Nr. 3; BSG SozR 4100 § 105b Nr. 7). Aus der Begründung des Gesetzes (§ 105b AFG i.d.F. des Art II § 2 Nr. 8 SGB X vom 18. August 1980 ≪BGBl. I 1469≫) ergibt sich, daß der Gesetzgeber die Leistungsfortzahlung auch im Falle der Alhi einführen wollte (BT-Drucks 8/4022 S. 90). Dem entspricht auch die Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung während des Bezuges von Alhi. Nach § 157 Abs. 2 AFG ist der allgemeine Beitragssatz maßgebend, der nach § 241 Abs. 1 Satz 3 SGB V für Mitglieder gilt, die bei Arbeitsunfähigkeit für mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung der die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben. Ein Anspruch auf Krankengeld schließt insoweit die Bedürftigkeit des arbeitslosen Versicherten (§§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 137 Abs. 1, 138 Abs. 2 Satz 1 AFG) und damit den Anspruch auf Alhi für die Dauer von sechs Wochen nicht aus. Der zu beurteilende Fall ist dadurch gekennzeichnet, daß die Arbeitsunfähigkeit nicht während des Bezuges von Alhi, sondern von Alg eingetreten ist und der Bezug von Alg wegen Erschöpfen jenes Anspruchs vor Ablauf von sechs Wochen nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit beendet war. Für diesen Fall bejaht das LSG die Fortzahlung der Alhi bis zum Ablauf von sechs Wochen mit "einer Kombination der beiden Halbsätze" von § 134 Abs. 4 Satz 1 AFG. Das gesetzliche Erfordernis des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit während des Leistungsbezugs soll durch die Fiktion der Einheitlichkeit des Anspruchs gemäß § 134 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz AFG erfüllt sein (ebenso: Gagel/Ebsen, AFG, § 134 RdNr 195 - Stand: Mai 1993). Diese Ansicht unterliegt jedoch durchgreifenden Bedenken, weil sie zu einer nach Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang und Zweck der Vorschrift nicht gerechtfertigten Schlechterstellung der Versicherten im Regelfall führt. Im übrigen betrifft die Fiktion des § 134 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz AFG die Einheitlichkeit des Anspruchs auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, während die Anordnung der Fortzahlung nach § 105b Abs. 1 AFG an den Bezug einer solchen Leistung anknüpft. Die gesetzliche Fiktion zwingt daher nicht zur Annahme eines einheitlichen Bezugs von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit (Alg bzw. Alhi) im Rahmen von § 105b AFG.
2.2 Die Leistungsfortzahlung bezweckt - wie das BSG mehrfach mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien ausgeführt hat - weder eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des erkrankten Arbeitslosen noch eine Entlastung der für die Zahlung des Krankengeldes zuständigen Krankenkasse. Vielmehr soll Leistungsberechtigten wie Leistungsverpflichteten bei kurzfristigen Erkrankungen die "Unzuträglichkeit" erspart bleiben, daß anstelle der BA eine Krankenkasse Krankengeld in der gleichen Höhe wie die bisher gewährte Leistung wegen Arbeitslosigkeit zu zahlen hat (Begründung des Regierungsentwurfs: BT-Drucks 8/4022 S. 89 f; zB: BSG SozR 4100 § 105b Nrn 3 und 7). Nach der ursprünglichen Rechtslage konnte die hier zu beurteilende Situation nur eintreten, wenn die Arbeitsunfähigkeit am Tag nach Erschöpfen des Anspruchs auf Alg eintrat. Die Dauer des Anspruchs auf Alg minderte sich nach § 110 Abs. 2 AFG a.F. nicht um die Tage der Fortzahlung dieser Leistung nach § 105b AFG (Gagel/Ebsen a.a.O.). Diese Regelung hat der Gesetzgeber durch Art 1 Nr. 21 Buchst b des Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 2343) aufgehoben. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs sollte die Fortzahlung des Arbeitslosengeldes im Krankheitsfall die Dauer des Anspruchs nicht mehr verlängern, weil dies im Hinblick auf die Erweiterung der Anspruchsdauer - zuletzt durch § 106 AFG i.d.F. des Gesetzes zur Verlängerung des Versicherungsschutzes bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit vom 27. Juni 1987 (BGBl. I 1542) - nicht mehr gerechtfertigt schien (BT-Drucks 11/2990 S. 22). Eine Minderung des Versicherungsschutzes im Krankheitsfalle - etwa im Interesse eines Spareffekts - war also mit der Änderung nicht beabsichtigt. Mit dieser Folge wäre aber eine Fortzahlung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit über die Erschöpfung des Anspruchs von Alg hinaus verbunden. Dies folgt aus der Bemessungsvorschrift des § 158 Abs. 1 Satz 1 AFG. Danach ist als Krankengeld der Betrag des Alg, der Alhi oder des Unterhaltsgeldes zu gewähren, den der Versicherte zuletzt bezogen hat. Besteht ein Anspruch auf Krankengeld, so ist dieses in Höhe des Alg zu zahlen, wenn einer Arbeitsunfähigkeit im Anschluß an das Erschöpfen des Anspruchs auf Alg Rechnung getragen wird. Im Falle einer Fortzahlung der Alhi bis zur Grenze von sechs Wochen des einheitlichen Leistungsbezugs bei Arbeitslosigkeit hätte der Versicherte nicht nur zunächst die geringere Alhi erhalten, sondern im Anschluß daran gegebenenfalls nur einen Anspruch auf Krankengeld in Höhe der Alhi (vgl. auch BSGE 73, 121, 124 = SozR 3-2500 § 48 Nr. 6). Die Alhi ist gegenüber dem Alg nicht nur wegen der verminderten Lohnersatzquote geringer. Häufig ist auch das für die Bemessung maßgebende Arbeitsentgelt niedriger (§ 136 Abs. 2b Satz 1 AFG) und/oder Einkommen auf den Leistungssatz anzurechnen (§ 137 Abs. 1, § 138 AFG). Eine solche Minderung des Krankenversicherungsschutzes wird durch den gekennzeichneten Zweck der begrenzten Fortzahlung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit im Krankheitsfall gerade nicht gedeckt.
2.3 Eine gegenteilige Position läßt sich auch nicht für den Fall begründen, daß der Arbeitslose einen Anspruch auf Krankengeld nach § 48 Abs. 1 SGB V bereits erschöpft hat, so daß sich dem Bezug von Alg eine Krankengeldzahlung nicht anschließt. Die Grenzen des Versicherungsschutzes bei Krankheit sind insoweit hinzunehmen. Nach dem Zweck des § 105b Abs. 1 AFG soll die Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall nicht zu einer Erweiterung des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung oder Krankenversicherung führen, sondern bei vorübergehenden Erkrankungen lediglich Unzuträglichkeiten bei Wechsel des zuständigen Leistungsträgers vermeiden. Die Grenzen des Krankenversicherungsschutzes würden im übrigen nach der auf sechs Wochen begrenzten Fortzahlung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit ohnehin wirksam werden.
Die gegenteilige Ansicht des LSG verletzt danach § 105b Abs. 1 AFG, weil sie nicht gewährleistet, daß der Kläger - bei Vorliegen der Voraussetzungen im übrigen - eine Leistung in der Höhe erhält wie sie ihm bei Eintritt der Krankheit zustand.
3. Für eine abschließende Entscheidung des Senats über einen Anspruch des Klägers auf Alhi während des geltend gemachten Zeitraums vom 24. April bis 23. Mai 1992 nach § 134 Abs. 1 Satz 1 Nrn 1 bis 4 AFG - unabhängig von den Voraussetzungen der Leistungsfortzahlung - reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.
3.1 Zwar ist aufgrund der Feststellungen des LSG unbedenklich davon auszugehen, daß der Kläger im genannten Zeitraum arbeitslos war, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt hat (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG). Zu Zweifeln an der Bereitschaft des Klägers, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 AFG i.V.m. § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG) bietet der Sachverhalt keinen Anhalt. Da der Kläger nach den Feststellungen des LSG bis zum Erschöpfen des Anspruchs am 23. April 1992 Alg bezogen hat, ist auch davon auszugehen, daß er die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Alg im streitigen Zeitraum nicht erfüllt (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG) und er innerhalb der Vorfrist Alg bezogen hat, ohne daß der Anspruch nach § 119 Abs. 3 AFG erloschen war (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst a AFG).
3.2 Zweifelhaft ist, ob der Kläger während des genannten Zeitraums der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hat (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG), d.h. ob er eine zumutbare, nach § 168 AFG die Beitragspflicht begründende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben konnte (§ 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG). Zu dieser Frage hat das LSG sich nicht ausdrücklich geäußert. Vielmehr ist es nach seinen Ausführungen zu § 105b Abs. 1 AFG ersichtlich von einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers ausgegangen, ohne die Merkmale dieses Begriffs klarzustellen und die entsprechenden Tatsachen festzustellen. Nach der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ist es von der mangelnden Verfügbarkeit des Klägers ausgegangen. Krankheitsbedingt stand der Kläger jedoch der Arbeitsvermittlung nur dann nicht zur Verfügung, wenn er für keine ihm nach § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG zumutbare Beschäftigung in Betracht kam. Schloß die Krankheit nur bestimmte Verrichtungen aus, die möglicherweise seine letzte Beschäftigung kennzeichnen, kann er aber einer sonstigen zumutbaren Beschäftigung nachgehen, die er auch ausüben darf, so steht er der Arbeitsvermittlung objektiv zur Verfügung (BSG SozR 4100 § 59d Nr. 3; Gagel in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1 Krankenversicherungsrecht, 1994, § 10 RdNrn 18f.).
3.3 Auch zur Bedürftigkeit des Klägers (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG) hat das LSG Feststellungen nicht getroffen.
4. Da das Urteil des LSG auf einer Rechtsverletzung beruht und die tatsächlichen Feststellungen für eine abschließende Entscheidung des BSG nicht ausreichen, ist das Urteil mit den ihm zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, die auch die Kosten des Revisionsverfahrens umfaßt, an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Für das erneute Verfahren wird darauf hingewiesen, daß die Rechtsprechung zur Krankenversicherung jedenfalls für die Zeit nach Inkrafttreten des Gesundheitsreformgesetzes am 1. Januar 1989 für die Bestimmung einer während der Arbeitslosigkeit eintretenden Arbeitsunfähigkeit nicht mehr von dem zuletzt ausgeübten Beruf, sondern von den Tätigkeiten, für die sich der Versicherte der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat, ausgeht (BSGE 73, 121, 123 = SozR 3-2500 § 48 Nr. 6 m.w.N.).
Außerdem sollte das LSG beachten, daß sich bei der Klärung der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers die Leistungspflicht der Krankenkasse und nicht der beklagten BA ergeben kann. In diesem Falle ist die Krankenkasse nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen und ggf zu verurteilen (§ 75 Abs. 5 SGG). Ob dem Kläger Krankengeld ab 24. April 1992 nicht zustand, erscheint im Hinblick auf seinen durch den Bezug von Alg begründeten Krankenversicherungsschutz (§ 155 Abs. 1 AFG) zweifelhaft. Diese Frage wäre nach dem hier wohl anzuwendenden § 48 Abs. 2 SGB V zu beurteilen (BSGE 70, 31, 34ff. = SozR 3-2500 § 48 Nr. 1).
Fundstellen