Beteiligte

-------------------- -------------- --- - Klägerin und Revisionsbeklagte -

------- --------------------------------- Beklagter und Revisionskläger -

 

Tatbestand

G r ü n d e :I

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Verpflichtungsanordnung des Beklagten.

Die im Einsatz stehenden Beamten des Feuerwehrdienstes der Stadt Braunschweig haben gegen diese als ihre Dienstherrin Anspruch auf freie Heilfürsorge nach § 230 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 224 Abs. 3 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. September 1978 (Nds GBVl. S. 677). "In Erfüllung" dieses Anspruchs trägt die Stadt Braunschweig bei denjenigen Feuerwehrbeamten, die freiwillige Mitglieder der klagenden Betriebskrankenkasse sind, zwei Drittel des monatlichen Beitrags.

Unter Hinweis auf einen Runderlaß des Niedersächsischen Sozialministers (Nds SM) vom 5. Juni 1980 teilte das beklagte Versicherungsamt der Klägerin durch Schreiben vom 30. September 1980 mit, gemäß § 313 Abs. 5 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz - KVKG -) vom 27. Juni 1977 (BGBl. I S. 1069) führe der dienstrechtliche Anspruch auf Heilfürsorge unmittelbar zum Ruhen der Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Unter Hinweis auf § 89 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs, Viertes Buch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung vom 23. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3845; SGB 4) werde deshalb gebeten, keine Leistungen an freiwillig Versicherte mit dienstrechtlichem Anspruch auf freie Heilfürsorge zu gewähren und für diesen Personenkreis einen ermäßigten Beitragssatz gemäß 1 313 Abs. 5 Satz 4 RVO festzusetzen. Wegen dieses Schreibens erhob die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Braunschweig Klage. Der Beklagte verpflichtete daraufhin durch Bescheid vom 13. November 1980 die Klägerin entsprechend der Belehrung im Schreiben vom 30. September 1980.

Das SG hat durch Urteil vom 18. Mai 1983 "festgestellt, daß die Verpflichtung vom 13. November 1980 aufzuheben ist", und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Der Beklagte sei nicht berechtigt, die Klägerin anzuweisen, § 313 Abs. 5 RVO auch auf diejenigen freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung anzuwenden, deren Anspruch auf Heilfürsorge durch Zahlung eines Beitragszuschusses mit der Maßgabe erfüllt werde, daß Erstattungen aus der originären Heilfürsorge nur dann erfolgen könnten, wenn ein Anspruch auf Heilfürsorge über die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus bestehe. Durch § 313 Abs. 5 RVO solle vermieden werden, daß der freiwillig Versicherte wegen derselben Erkrankung Ansprüche sowohl auf Heilfürsorge gegen seinen Dienstherrn als auch gegen die gesetzliche Krankenversicherung geltend mache. Er erhalte jedoch dann keine doppelte Leistung, wenn der Dienstherr dem Anspruch auf Heilfürsorge durch Leistung eines Beitragszuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung genüge. Wäre auch für diesen Fall der vom Beklagten ausgesprochenen Verpflichtung zu folgen, so könne der freiwillig Versicherte weder gegen seinen Dienstherrn einen Anspruch auf Heilfürsorge geltend machen noch Leistungen aus der Krankenversicherung erhalten. Eine solche Regelung habe durch die Neufassung des § 313 Abs. 5 RVO nicht eingeführt werden sollen.

Mit der vom SG zugelassenen und unter Beifügung der Zustimmungserklärung der Klägerin eingelegten Sprungrevision rügt der Beklagte eine fehlerhafte Anwendung des § 313 Abs. 5 RVO. Aus den Ausführungen des SG sei zu folgern, daß mit der Gewährung eines Beitragszuschusses des Dienstherrn zur freiwilligen Krankenversicherung eine vollständige und damit eine Heilfürsorge i.S. des § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO nicht gewährt werde. Das SG habe damit auf die tatsächliche Gewährung von Heilfürsorge abgestellt. Demgegenüber reiche es nach dem Gesetz für ein Ruhen der Leistungen allein aus, daß der freiwillig Versicherte nach dienstrechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf Heilfürsorge habe ohne Rücksicht darauf, ob dieser Anspruch tatsächlich oder voll erfüllt werde. Die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung stehe damit nicht subsidiär hinter der Heilfürsorge. Zwar finde die Meinung des SG, mit § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO hätten lediglich Doppelansprüche ausgeschlossen, nicht aber die Bereitstellung der Heilfürsorge durch eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung unter angemessener Beteiligung des Dienstherrn an der Beitragsleistung beseitigt werden sollen, in der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ihre Bestätigung. Diese Absicht des Gesetzgebers sei aber im Wortlaut der Vorschrift-5-nicht zum Ausdruck gekommen. Dieser in erster Linie maßgebende Wortlaut sei unzweideutig und dürfe nicht im Wege der Auslegung einen anderen oder sogar entgegengesetzten Sinn erhalten.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom18. Mai 1983 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor, es sei nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung zu prüfen und damit auch nicht Gegenstand des Verfahrens, ob der freiwillig versicherte Beamte, der sich für den Beitragszuschuß anstelle der originären Heilfürsorge entscheide, gegenüber seinem Dienstherrn keinen Anspruch auf solche Leistungen habe, welche Gegenstand der Krankenversicherung seien. Vielmehr hätten sich die Krankenkassen den tatsächlichen Verhältnissen in der Durchführung der Krankenversicherung anzupassen. Danach stelle sich der an § 313 Abs. 5 RVO zu messende Sachverhalt so dar, daß die betreffenden Beamten keinen Anspruch auf Heilfürsorge geltend machen könnten.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die durch Zulassung statthafte und mit Zustimmung der Klägerin formgerecht eingelegte Sprungrevision des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

Das angefochtene Urteil erweist sich mit der Maßgabe, daß für die "Feststellung" einer Aufhebbarkeit der Verpflichtung vom 13. November 1980 kein Raum, sondern die Aufhebung als solche auszusprechen ist, im Ergebnis als zutreffend.

Die Verpflichtungsanordnung des Beklagten vom 13. November 1980 ist rechtswidrig. Die Ansprüche der im Feuerwehrdienst der Stadt Braunschweig stehenden und bei der Klägerin freiwillig versicherten Feuerwehrbeamten auf Leistungen der Klägerin ruhen nicht. Die Klägerin hat folglich auch die Beiträge dieser Versicherten nicht zu ermäßigen.

Nach § 313 Abs. 5 RVO i.d.F. des KVKG ruht der Anspruch auf Leistungen freiwillig Versicherter, solange sie nach dienstrechtlichen Vorschriften Anspruch auf Heilfürsorge haben oder als Entwicklungshelfer Entwicklungsdienst leisten (Satz 1). Hat der berechtigte Angehörige, für die ihm Familienhilfe zusteht, so ist diese zu gewähren (Satz 2). Sterbegeld wird ebenfalls gewährt (Satz 3). Die Satzung der Krankenkasse hat den Beitrag entsprechend zu ermäßigen (Satz 4).

Die bei der Klägerin freiwillig versicherten Feuerwehrbeamten der Stadt Braunschweig haben nicht i.S. des § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO "nach dienstrechtlichen Vorschriften Anspruch auf Heilfürsorge". Was unter "Heilfürsorge" in diesem Sinne zu verstehen ist, ergibt sich aus der Vorschrift selbst nicht. Der Begriff wird jedoch in anderen Bestimmungen verwendet und näher definiert. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. August 1975 (BGBl. I S. 2273; = SG), geändert durch § 98 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG) vom 24. August 1976 (BGBl. I S. 2485), hat der Soldat Anspruch u.a. auf Heilfürsorge nach Maßgabe besonderer Gesetze. Dazu bestimmt § 69 Abs. 2 Satz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. November 1980 (BGBl. I S. 2081), daß den Soldaten unentgeltlich truppenärztliche Versorgung gewährt. wird. Diese umfaßt nach Ziffer 2 Abs. 1 der vom Bundesminister der Verteidigung (BMVtdg) erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift VwV) zu § 69 Absatz 2 des BBesG i.d.F. vom 4. August 1981 (VMBl. S. 266) neben der vorbeugenden Gesundheitsfürsorge u.a. ärztliche, fachärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich stationärer und ambulanter Behandlung in den Sanitätsbereichen der Truppenteile, in zahnärztlichen Behandlungseinrichtungen, Bundeswehrkrankenhäusern, zivilen Krankenanstalten und Gewährung von Arznei- und Verbandsmittein sowie anderen Heilmitteln und Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln mit Ausnahme orthopädischen Schuhzeugs, soweit es als Dienstkleidung geliefert wird. Ähnlich wie nach § 69 Abs. 2 BBesG den Soldaten wird nach § 70 Abs. 2 BBesG den Polizeivollzugsbeamten im Bundesgrenzschutz, mit Ausnahme der Beamten des Grenzschutzeinzel-dienstes, unentgeltliche grenzschutzärztliche Versorgung gewährt. Deren Umfang ist nach Ziffer 2 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (VwV) des Bundesministers des Inneren zu § 36 Absatz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG - Heilfürsorgebestimmungen für den Bundesgrenzschutz - vom 29. November 1972 (GBMl. S. 687) i.d.F. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung … vom 27. April 1976 (GMBl. S. 202) im wesentlichen derselbe wie nach Ziffer 2 Abs. 1 der VwV des BMVtdg vom 4. August 1981. Aus diesen Vorschriften läßt sich herleiten, daß unter Heilfürsorge generell die unentgeltliche Gewährung aller zur Gesunderhaltung, Verhütung und frühzeitigen Erkennung von gesundheitlichen Schäden sowie zur Behandlung einer Erkrankung spezifisch erforderlichen medizinischen und medizinisch-technischen Leistungen zu verstehen ist (so speziell zur truppenärztlichen Versorgung des Soldaten BVerwGE 65, 87, 90f = Buchholz 238.4 § 30 SG Nr. 5 S. 4; zur Ausgestaltung des Anspruchs auf Heilfürsorge als Sachleistungsanspruch auch BVerfGE 62, 354, 356, 368).

Ein "Anspruch" auf Heilfürsorge in diesem Sinne steht von Gesetzes wegen auch den im Feuerwehrdienst der Stadt Braunschweig stehenden Beamten zu. Nach § 224 Abs. 3 NBG wird den Polizeivollzugsbeamten freie Heilfürsorge gewährt. Diese Vorschrift gilt gemäß § 230 Abs. 1 Satz 1 NBG für die Beamten des Feuerwehrdienstes, die im Brandbekämpfungs- und Hilfsleistungsdienst (Einsatzdienst) stehen, entsprechend. Auch ihnen wird somit freie Keilfürsorge gewährt. Diese Rechtsfolgerung aus niedersächsischem Landesrecht herzuleiten ist der Senat befugt. Zwar enthält das Urteil des SG hierzu keine Ausführungen und keinen Hinweis auf die maßgebenden landesrechtlichen Vorschriften. Gleichwohl darf der Senat sie heranziehen und anwenden. Dabei kann auf sich beruhen, ob § 224 Abs. 3 und § 230 Abs. 1 Satz 1 NBG in bewußter und gewollter Übereinstimmung mit gleichen oder ähnlichen Rechtsvorschriften anderer Bundesländer erlassen worden sind und schon deswegen revisibles Recht darstellen (vgl. BSGE 53, 175, 176f = SozR 3870 § 3 Nr. 15 S. 39; BSGE 55, 67, 68f = SozR 2200 § 355 Nr. 3 S. 8). Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, ist es dem Bundessozialgericht (BSG) jedenfalls nicht verwehrt, den Inhalt nicht revisibler Vorschriften (erstmalig) festzustellen, wenn es sich um Vorfragen revisibler Vorschriften handelt und entsprechende Feststellungen der Vorinstanz fehlen (vgl. BSG SozR 3850 § 54 Nr. 1 S. 5; BSGE 53, 242, 245f = SozR 2200 § 1248 Nr. 36 S. 87; BSG SozR a.a.O. Nr. 41 S. 102). Das SG hat im angefochtenen Urteil zum maßgebenden Landesrecht keinerlei Feststellungen getroffen.

Allein der Umstand, daß den Feuerwehrbeamten der Stadt Braunschweig von Gesetzes wegen (§ 230 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 224 Abs. 3 NBG) freie Heilfürsorge zu gewähren ist, begründet entgegen der Ansicht des Beklagten noch keinen "Anspruch" auf Heilfürsorge i.S. des § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO. Zwar steht allein der Wortlaut letzterer Vorschrift einer solchen Auslegung nicht entgegen. Unter einem "Anspruch" ist nach der grundsätzlich auch für das öffentliche Recht maßgebenden Legaldefinition des § 194 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) das Recht zu verstehen, von-10--10-einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (vgl. Urteil des erkennenden Senats in BSGE 55, 131, 134 = SozR 6555 Art 26 Nr 1 S. 4 m.w.N.). Von daher könnte schon und allein das gesetzlich eingeräumte Recht auf Gewährung freier Heilfürsorge ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Weise der aus diesem Recht erwachsende Anspruch des einzelnen Beamten erfüllt wird, einen "Anspruch" auf Heilfürsorge i.S. des § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO darstellen. Eine derartige Auslegung würde jedoch den Sinn und Zweck der Vorschrift verkennen. Diese erfordern vielmehr eine Auslegung der Norm dahingehend, daß unter einem Anspruch auf Heilfürsorge" sowohl dessen rechtliche Begründung durch eine dienstrechtliche Vorschrift als auch - bei Vorliegen der hierfür normierten Voraussetzungen - seine tatsächliche Erfüllung durch Erbringung von Sachleistungen oder zumindest die Gewährung gleichwertiger Geldleistungen durch den Dienstherrn zu verstehen ist.

Sinn und Zweck des § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO liegen schon nach seinem Wortlaut klar zutage. Die Vorschrift in ihrem für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erheblichen Umfange geht ersichtlich davon aus, daß dann, wenn der freiwillig Versicherte wegen einer Erkrankung einen Anspruch gegen seinen Dienstherrn auf Heilfürsorge in Form von Sachleistungen zur Behandlung der Erkrankung hat, das Krankheitsrisiko in vollem Umfange abgedeckt ist und deswegen die Gewährung von Sachleistungen seitens des Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung einmal - wegen der Undurchführbarkeit der Abwicklung eines "doppelten" Sachleistungsanspruchs für ein und dieselbe Erkrankung - nicht möglich und zum anderen und vor allem nicht erforderlich ist, sondern zu einer unnötigen "Übersicherung" des freiwillig Versicherten führen würde. Dieser nach dem Wortlaut ermittelte Sinn und Zweck der Vorschrift wird durch ihre Entstehungsgeschichte und die ihr zugrundeliegenden gesetzgeberischen Motive bestätigt. Die Bestimmung ist als damaliger Abs. 6 durch § 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften der Reichsversicherungsordnung und des Angestelltenversicherungsgesetzes an Vorschriften des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes und des Soldatenversorgungsgesetzes vom 27. Juli 1957 (BGBl. I S. 1105) in § 313 RVO eingefügt worden. Ihre Sätze 2 bis 4 haben die auch heute noch geltende Fassung gehabt. § 313 Abs. 6 Satz 1 RVO i.d.F. des Gesetzes vom 27. Juli 1957 hat dagegen wie folgt gelautet: "Der Anspruch auf Leistungen freiwillig Versicherter ruht, solange sie Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit sind". Die Vorschrift, hat auf einem von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf (BT-Drucks. II/3397) beruht und ist damit begründet worden, daß die Leistungen für die freiwillig Versicherten ruhten, solange sie Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit seien, weil ihre Versorgung durch das Dienstverhältnis geregelt sei (Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik vom 3. Juli 1957, zu BT-Drucks II/3706, S. 1; vgl. auch Bericht über die 222. Sitzung des Deutschen Bundestages am 3. Juli 1957, BAnz. Nr. 125 vom 4. Juli 1957, S. 5). Durch § 21 Nr. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes (EhfG) vom 18. Juni 1969 (BGBl. I S. 549) sind dem § 313 Abs. 6 Satz 1 RVO die Worte "oder als Entwicklungshelfer Entwicklungsdienst leisten" angefügt worden. Nach Umnumerierung der Vorschrift in Abs. 5 des § 313 RVO (durch § 21 Nr. 22 Buchst d des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974, BGBl. I S. 1881; RehaAnglG) hat dessen Satz 1 durch das KVKG seine gegenwärtig geltende Fassung erhalten. Sie beruht auf einem Vorschlag der Bundesregierung in dem von ihr eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz - KVKG) (BT-Drucks. 8/166, S. 7). Zur Begründung des im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht umstrittenen Änderungsvorschlages hat die Bundesregierung ausgeführt, durch die Neufassung des § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO werde die Beitragsermäßigung, die nach geltendem Recht für freiwillig versicherte Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit und Entwicklungshelfer bestehe, auf alle freiwillig Versicherten erstreckt, die nach dienstrechtlichen Vorschriften Anspruch auf Heilfürsorge hätten. Damit werde der begünstigte Personenkreis u.a. auf Beamte der Polizei, des Bundesgrenzschutzes und der Feuerwehr erweitert.

Die dem § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO somit maßgebend zugrundeliegende Erwägung, daß die Gewährung von Sachleistungen seitens des Trä7ers der gesetzlichen Krankenversicherung an freiwillig Versicherte, deren Versorgung im Krankheitsfalle bereits durch einen Anspruch auf Heilfürsorge nach dienstrechtlichen Vorschriften gesichert ist, weder möglich noch erforderlich ist, kann lediglich dann durchgreifen, wenn im Krankheitsfalle der Anspruch auf Heilfürsorge tatsächlich durch Erbringung der erforderlichen und notwendigen Sachleistungen erfüllt wird oder zumindest gleichwertige Geldleistungen seitens des Dienstherrn gewährt werden. Wird der Heilfürsorgeanspruch hingegen nicht erfüllt oder an seiner Stelle lediglich eine nicht an den im Krankheitsfalle entstehenden Kosten konkret orientierte Geldleistung des heilfürsorgepflichtigen Dienstherrn gewährt, so kann § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO nach seinem Sinn und Zweck nicht herangezogen und nicht davon gesprochen werden, daß der freiwillig Versicherte einen "Anspruch" auf Heilfürsorge i.S. dieser Vorschrift hat. Würde nämlich auch in einem solchen Falle allein auf die rechtliche Existenz eines dienstrechtlichen Anspruchs auf Heilfürsorge ohne Rücksicht darauf abgestellt, daß dem Heilfürsorgeberechtigten im Krankheitsfalle seitens seines Dienstherrn die erforderlichen und notwendigen Sachleistungen oder ihnen gleichwertige Geldleistungen de facto nicht gewährt werden, so wäre der freiwillig Versicherte gegen das Risiko der Krankheit nicht oder nur unzureichend geschützt. Einerseits würde sein Sachleistungsanspruch gegen den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO ruhen; andererseits würde ihm auch sein Dienstherr die erforderlichen und notwendigen Sachleistungen oder ihnen gleichwertige Geldleistungen nicht erbringen. Dieses Ergebnis ist mit Sinn und Zweck des § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO nicht vereinbar.

Daran ändert im vorliegenden Fall nichts, daß den Feuerwehrbeamten der Stadt Braunschweig seitens ihrer Dienstherrin anstelle einer Heilfürsorge im Krankheitsfalle ein Zuschuß zu ihren Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung gewährt wird. Mit der Zuschußgewährung wird der dienstrechtliche Anspruch des freiwillig versicherten Beamten auf Heilfürsorge als solcher nicht erfüllt. Das ergibt sich schon allein daraus, daß letzterer Anspruch auf die vollständige Gewährung der im Krankheitsfalle. erforderlichen und notwendigen Sachleistungen gerichtet ist, der Beitragszuschuß hingegen eine "krankheitsunabhängige" Geldleistung des Dienstherrn mit dem Zweck einer Verringerung der Beitragsbelastung des freiwillig versicherten Beamten darstellt.

Der Beitragszuschuß ist auch keine der dienstrechtlichen Heilfürsorge annähernd gleichwertige Leistung. Dabei kann dahinstehen, ob die Gewährung eines Beitragszuschusses anstelle der vom Gesetz zwingend und ohne Alternative vorgeschriebenen Heilfürsorge (§ 230 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 224 Abs. 3 NBG) überhaupt zulässig ist. Der Senat kann - wie nach seinem von der Klägerin vorgelegten Runderlaß vom 5. Juni 1980 ersichtlich auch der Nds SM - erhebliche rechtliche Bedenken hiergegen nicht verhehlen (vgl. zur Unzulässigkeit von Arbeitgeberzuschüssen nach § 405 RVO an statusrechtlich den Beamten im wesentlichen gleich-14sienende Dienstordnungs-Angestellte - DO-Angestellte- BSG SozR 2200 § 405 Nr. 7; speziell zur Zulässigkeit der Gewährung von Beitragszuschüssen an freiwillig versicherte DO-Angestellte der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und ihrer Verbände, ach Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern - 2. BesVNG - vom 23. Mai 1975 - BGBl. I S. 1173 - Urteile des 8. Senats des BSG in BSGE 55, 67 = SozR 2200 § 355 Nr. 3 und in USK 83111 sowie Urteile des erkennenden Senats vom 4. Dezember 1985 - 1 RR 3/85 - und vom 27. Februar 1986 - 1 RR 9/84, 1 RR 10/84 -). Diesen Bedenken ist hier jedoch nicht nachzugeben. Die Zulässigkeit der Gewährung von Beitragszuschüssen an die freiwillig versicherten Feuerwehrbeamten der Stadt Braunschweig ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und deswegen bei den weiteren Erörterungen zu unterstellen. Dann aber ist der Beitragszuschuß jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht nicht eine der Heilfürsorge annähernd gleichwertige Leistung. Zwar begünstigt die Gewährung eines Beitragszuschusses des Dienstherrn den Heilfürsorgeberechtigten im Verhältnis zu anderen freiwillig Versicherten dann und solange, wenn und wie eine Krankheit nicht eingetreten ist. Im Krankheitsfalle hingegen führt sie zu einer erheblichen Benachteiligung des Heilfürsorgeberechtigten. Ihm wären dann nämlich - die Anwendbarkeit des § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO auch für den Fall unterstellt, daß ein rechtlich bestehender Anspruch auf Heilfürsorge nicht als solcher, d.h. durch Gewährung von Sachleistungen erfüllt wird - derartige Leistungen weder seitens seines Dienstherrn noch durch den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren mit der Folge, daß er die Krankheitskosten alleine zu tragen hätte. Dies könnte angesichts der ungünstigen Kostenentwicklung im Gesundheitswesen bereits bei einer einzigen Erkrankung zu einer erheblichen finanziellen Belastung des Versicherten führen, welche auch durch die Gewährung von Beitragszuschüssen seitens des Dienstherrn nicht zu kompensieren wäre.

Dem läßt sich nicht entgegenhalten, daß dann, wenn allein wegen einer dienstrechtlich normierten Heilfürsorgeberechtigung Sachleistungsansprüche des Berechtigten gegen den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO ruhen, aber auch Heilfürsorge seitens des Dienstherrn tatsächlich nicht gewährt wird, der Versicherte wenigstens Beihilfeansprüche gegen seinen Dienstherrn erheben kann und die Leistungen der Beihilfe zusammen mit dem Beitragszuschuß eine der Heilfürsorge annähernd gleichwertige Leistung darstellen. Rein rechtlich erscheint es - ohne daß dies aus noch zu erörternden Gründen der abschließenden Entscheidung bedarf - nicht ausgeschlossen, daß unter den eingangs dieses Absatzes genannten Voraussetzungen jedenfalls in der Zeit bis zum 30. September 1985 Beihilfeansprüche bestanden haben. Nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 NBG, zu dessen Feststellung und Anwendung der Senat mangels entsprechender Ausführungen im Urteil des SG wiederum befugt ist, erhält der Beamte Beihilfe nach den für die Beamten des Bundes geltenden Allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen. Das gilt auch für die Beamten der Gemeinden, der Landkreise und der der Aufsicht des Landes Niedersachsen unterstehenden anderen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (§ 1 NBG; dazu Runderlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 4. Dezember 1984, Nds MBl. S. 959). Nach Nr. 3 Abs. 4 Satz 5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV -) in der bis zum 30. September 1985 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1979 (GMBl. S. 67; = BhV 1979) sind nicht beihilfefähig Aufwendungen von Beamten in Fällen, in denen ihnen aufgrund der §§ 69, 70 BBesG Heilfürsorge zusteht (vgl. hierzu BVerwGE 65, 87, 89f. = Buchholz 238.4 § 30 SG Nr. 5 S. 2f.; BVerwGE 65, 184, 186f = Buchholz a.a.O. Nr. 6 S. 10). Hieraus ist hergeleitet worden, daß auf Polizeivollzugsbeamte der Länder, da ihnen freie Heilfürsorge nach § 70 BBesG nicht zustehe, Nr. 3 Abs. 4 Satz 5 BhV 1979 keine Anwendung finde und auch eine entsprechende Anwendung im Wege der Rechtsanalogie wegen der unterschiedlichen Heilfürsorgebestimmungen und ärztlichen Versorgung nicht in Betracht komme (so Köhnen/Schröder/Kusemann/Amelungk, Beihilfevorschriften, Stand Juli 1985, S. A 82/10 unter Hinweis auf das nicht veröffentlichte Urteil des OVG Lüneburg vom 26. April 1966 - II OVG A 89/63 -). Danach können jedenfalls bis zum 30. September 1985 trotz rechtlich bestehender Heilfürsorgeberechtigung die Polizeivollzugsbeamten des Landes Niedersachsen und damit (§ 230 Abs. 1 Satz 1 NBG) auch die im Einsatzdienst stehenden Feuerwehrbeamten der Stadt Braunschweig. beihilfeberechtigt gewesen sein. Ob dies auch noch für die Zeit ab 1. Oktober 1985 gilt, ist zweifelhaft. Denn nach § 5 Abs. 4 Nr. 5 der seither geltenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV -) i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. April 1985 (GMBI. S. 290; = BhV 1985) sind nicht beihilfefähig Aufwendungen für Beamte, denen aufgrund von § 70 BBesG "oder entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften" Heilfürsorge zusteht.

Der Senat braucht dies nicht abschließend zu entscheiden. Selbst wenn für den Fall, daß der dienstrechtlich normierte Anspruch auf Heilfürsorge tatsächlich nicht erfüllt wird, gleichwohl aber Sachleistungsansprüche aus der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 313 Abs. 5-Satz 1 RVO ruhen, unterstellt wird, daß der freiwillig versicherte Beamte dann beihilfeberechtigt ist, können die Leistungen der Beihilfe zusammen mit dem Beitragszuschuß nicht als eine der Heilfürsorge annähernd gleichwertige Leistung angesehen werden. Hinsichtlich der Frage der Gleichwertigkeit kann allein auf die Situation nach Eintritt eines Krankheitsfalles abgestellt werden, weil lediglich in einem solchen Falle sowohl Heilfürsorge zu gewähren ist als auch Leistungen der Beihilfe zu erbringen sind. Es mag im Einzelfall sein, daß die Leistungen der Beihilfe zusammen mit dem Wert des Beitragszuschusses die. dem Beamten erwachsenden Kosten der Krankheit voll abdecken und er dadurch im wirtschaftlichen Endergebnis so gestellt wird, als habe der Dienstherr im Wege der Heilfürsorge die gesamten Krankheitskosten übernommen. Generell läßt sich dies jedoch nicht feststellen. Bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise ist vielmehr zu berücksichtigen, daß lediglich der Anspruch auf Heilfürsorge das Risiko der Krankheit umfassend abdeckt, indem der Heilfürsorgeberechtigte von seinem Dienstherrn die Gewährung der erforderlichen und notwendigen Sachleistungen verlangen kann und dadurch von vornherein von einer Belastung mit eigenen Kosten verschont bIeibt. Eine derart umfassende Abdeckung des Krankheitsrisikos ist hingegen nicht gewährleistet, wenn dem Heilfürsorgeberechtigten Beitragszuschüsse und dazu im Krankheitsfalle Leistungen der Beihilfe gewährt werden. Letztere decken bestimmungsgemäß nur einen bestimmten Teil der dem Beihilfeberechtigten entstandenen Krankheitskosten ab. Daß der restliche Teil dieser Kosten stets durch den Wert des Beitragszuschusses kompensiert wird, läßt sich nicht allgemein sagen und ist zumindest im Falle einer langwierigen oder aus sonstigen Gründen besonders kostenintensiven Krankenbehandlung mit Sicherheit zu verneinen. Von dem in erster Linie maßgebenden Gesichtspunkt der Risikoabsicherung her können deswegen der Anspruch auf Leistungen der Beihilfe im Krankheitsfalle zusammen mit dem Anspruch auf Gewährung eines Beitragszuschusses nicht als dem dienstrechtlichen Anspruch auf Heilfürsorge gleichwertig erachtet werden.

Der Senat gelangt nach alledem zu dem Ergebnis, daß die Feuer. 7wehrbeamten der Stadt Braunschweig dadurch, daß ihre Dienstherrin ihnen einen Zuschuß zu ihren Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung gewährt, nicht i.S. des § 313 Abs. 5 Satz 1 RVO einen Anspruch auf Heilfürsorge nach dienstrechtlichen Vorschriften haben. Damit können auch die Rechtsfolgen des Ruhens des Anspruchs auf Leistungen der klagenden Krankenkasse (§ 313 Abs. 5 Satz 1 RVO) und der entsprechenden Ermäßigung des Beitrages (§ 313 Abs. 5 Satz 4 RVO) nicht eintreten. Dem widerspricht die angefochtene Aufsichtsanordnung des Beklagten vom 13. November 1980. Sie ist, wie das SG im Ergebnis zutreffend erkannt hat, aufzuheben.

Es kann nicht übersehen werden, daß auch dieses Ergebnis nicht zu befriedigen vermag. Aufgrund der vorliegenden Entscheidung des Senats stehen den Feuerwehrbeamten der Stadt Braunschweig uneingeschränkt Sachleistungsansprüche aus ihrer freiwilligen Krankenversicherung zu. Dazu wird ihnen seitens ihrer Dienstherrin ein Zuschuß zu ihrem Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung geleistet bzw. - angesichts der Höhe des Zuschusses von zwei Dritteln des Beitrages - dieser von der Dienstherrin im wesentlichen übernommen. Darin liegt eine vom Gesetzgeber der RVO nicht gewollte Risikobelastung der gesetzlichen Krankenversicherung, die bei Heilfürsorgeansprüchen gegen den Dienstherrn gerade nicht für die Sachleistungen des Versicherten selbst aufkommen soll. Zugleich liegt darin - aus der Sicht der gesetzlichen Krankenversicherung - eine sachlich kaum zu rechtfertigende Besserstellung gegenüber anderen freiwillig versicherten Beamten, welche einen entsprechenden Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung ausschließlich durch Beiträge aus eigenen Mitteln erhalten können. Indes kann dem im vorliegenden Rechtsstreit nicht Rechnung getragen werden. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, ist dessen Gegenstand nicht die Zulässigkeit der Gewährung von Beitragszuschüssen an die freiwillig versicherten Feuerwehrbeamten der Stadt Braunschweig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 SGG.Bundessozialgericht1/8 RR 25/83

Im Namen des VolkesUrteil

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518079

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