Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriegsopferversorgung – Krankenversicherung – Erstattungsanspruch – Hilfsmittel – orthopädische Schuhe – Schädigung – schädigungsunabhängige Behinderung eines Fußes
Leitsatz (amtlich)
Dem Träger der Kriegsopferversorgung steht ein Erstattungsanspruch gegen die Krankenkasse für die Ausstattung eines Beschädigten mit einem Paar orthopädischer Schuhe zu, wenn nur ein Fuß schädigungsbedingt, der andere Fuß aber wegen einer schädigungsunabhängigen Behinderung versorgt werden mußte.
Stand: 3. Dezember 2001
Normenkette
SGB V § 33 Abs. 1; BVG § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8, Abs. 3, § 18c Abs. 1 S. 2, Abs. 5 S. 2; OrthV § 5 Abs. 2 S. 1, § 9 Sätze 1-2, § 10 Abs. 1-2
Beteiligte
Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin |
Allgemeine Ortskrankenkasse Berlin |
Bundesrepublik Deutschland |
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung |
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Landessozialgerichts Berlin vom 24. November 1999 und des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juli 1997 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 749,96 DM zu erstatten.
Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger gewährt als Versorgungsträger einem Kriegsbeschädigten, der Mitglied der beklagten Krankenkasse ist, Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen der Schädigung seines rechten Fußes. Am linken Fuß des Beschädigten findet sich eine anlagebedingte Behinderung.
Im Juni 1996 wurde der Beschädigte vom Kläger aufgrund versorgungsärztlicher Verordnung mit einem Paar maßangefertigter Schnürstiefel ausgestattet. Der Kläger zahlte hierfür einen Gesamtpreis von 2.057,65 DM, wovon auf den rechten Fuß 1.140,95 DM und auf den linken Fuß 916,70 DM entfielen.
Mit Schreiben vom 9. Juli 1996 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen anteiligen Erstattungsanspruch über 749,96 DM geltend. Er setzte als erstattungsfähige Kosten für die Mitversorgung des nicht durch Kriegsfolgen in seiner Funktion beeinträchtigten linken Fußes einen Mischpreis an, und zwar für einen Stiefel bei mittlerer Plattfußbildung 631,61 DM, für die plastische Bettung 113,52 DM, für die Polstersohle 19,58 DM, für die Vorrichtung wegen der Ballenbildung und der Hammerzehen 27,20 DM sowie für die Porosohle 28,05 DM, abzüglich eines Eigenanteils des Beschädigten in Höhe von 70 DM. Die Beklagte lehnte die Kostenbeteiligung ab (Schreiben vom 29. Juli 1996).
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe der Erstattungsanspruch nach § 18c Abs 5 Satz 2 BVG zu. Er habe den orthopädischen Schuh für den linken Fuß lediglich nach Maßgabe des § 9 der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem BVG (Orthopädieverordnung ≪OrthV≫) mitgeliefert. Hiernach seien orthopädische Schuhe auch dann paarweise bereitzustellen, wenn der andere Fuß von einem anderen Sozialleistungsträger orthopädisch zu versorgen sei; die Kostenerstattungspflicht des anderen Trägers bleibe unberührt.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Juli 1997). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 24. November 1999): Die Versorgung mit einem Paar orthopädischer Schuhe sei kein teilbarer Hilfsmittelanspruch. Für den Anspruch auf ein Paar Schuhe seien die anerkannten Schädigungsfolgen eine wesentliche Mitursache im Sinne des Versorgungsrechts, so daß der Kläger gemäß § 18c Abs 5 Satz 3 BVG die Kosten der Hilfsmittelversorgung allein und endgültig zu tragen habe. Ein Erstattungsanspruch scheitere zudem daran, daß es für die Versorgung des linken Fußes mit einem orthopädischen Schuh an der erforderlichen vertragsärztlichen Verordnung fehle.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 18c Abs 5 Satz 2 BVG. Nur das Leiden am rechten Fuß des Beschädigten stehe in einem ursächlichen Zusammenhang mit der anerkannten Schädigungsfolge und sei deshalb von der Versorgungsverwaltung durch Hilfsmittelgewährung zu kompensieren. Der Umstand, daß Schuhe im allgemeinen Warenverkehr grundsätzlich nur paarweise angeboten würden, ändere hieran nichts, denn die Versorgung mit orthopädischen Schuhen erfolge nicht im Rahmen des allgemeinen Warenverkehrs, sondern setze eine individuelle Herstellung oder Zurichtung voraus. § 9 OrthV zeige, daß auch der Verordnungsgeber von einer Teilbarkeit des Anspruchs hinsichtlich der Herstellungskosten ausgehe. Einer vertragsärztlichen Verordnung bedürfe es neben der versorgungsärztlichen Verordnung nicht.
Die Beigeladene hat sich den Ausführungen des Klägers angeschlossen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Berlin vom 24. November 1999 und des SG Berlin vom 30. Juli 1997 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 749,96 DM zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach den §§ 165, 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Zu Unrecht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Kostenerstattung mindestens in Höhe der geltend gemachten 749,96 DM.
1. Das LSG hat über die Berufung zu Recht durch den Senat für Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung entschieden. Der Streit über einen Erstattungsanspruch der Versorgungsverwaltung gegen eine Krankenkasse gehört zu den Angelegenheiten der Sozialversicherung (Krankenversicherung). Ein Erstattungsanspruch ist regelmäßig dem Rechtsgebiet zuzuordnen, aus dem sich die Leistungspflicht ergibt, auf die sich der Erstattungsanspruch gründet (BSG SozR 1500 § 31 Nr 3). Der Kläger leitet hier einen Erstattungsanspruch aus der vermeintlichen Leistungspflicht der Beklagten für die Ausstattung des nicht schädigungsbedingt behinderten linken Fußes des Beschädigten mit einem gleichartigen orthopädischen Schuh ab. Diese Frage ist dem Gebiet der Krankenversicherung zuzuordnen. Dahinstehen kann, ob in entsprechender Anwendung der Rechtswegregelung für Erstattungsstreitigkeiten in § 114 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ausnahmsweise dann das Rechtsgebiet maßgebend ist, aus dem sich die Leistungspflicht des Erstattungsberechtigten ergibt, wenn dieser aufgrund einer gesetzlichen Vorleistungspflicht gehandelt hat (vgl zum Rechtsweg bei vorläufigen Leistungen nach § 28 Abs 5 SchwbG BVerwG SGb 1992, 545; BSG SozR 1500 § 141 Nr 13). Eine solche gesetzliche Vorleistungspflicht, die im Gesetz ausdrücklich angeordnet sein muß (BSGE 58, 119, 121 = SozR 1300 § 104 Nr 7), kommt hier nicht in Betracht.
Der Senat ist an seiner Entscheidung, daß es sich um eine Angelegenheit der Krankenversicherung handelt, nicht durch die Entscheidung des für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung zuständigen 9. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. März 1985 – 9a RV 49/83 – (SozR 3100 § 19 Nr 15) iS des § 41 SGG gehindert. Diese Entscheidung läßt nicht erkennen, aus welchen Gründen der 9. Senat seinerzeit den damals streitigen Ersatzanspruch aus § 19 BVG aF gegen eine Krankenkasse nicht als Angelegenheit der Krankenversicherung angesehen hat.
2. Das Urteil des LSG ist nicht deshalb fehlerhaft, weil der Beschädigte nicht zum Verfahren beigeladen worden ist. Ein Fall der notwendigen Beiladung (§ 75 Abs 2 SGG) liegt nicht vor. Der Beschädigte ist an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Da weder die dem Beschädigten gewährte Leistung als solche streitig ist, noch die Möglichkeit einer Doppelleistung besteht, sondern es vielmehr nur um eine Lastenverteilung aus leistungsrechtlichen Verpflichtungen zweier Leistungsträger geht, werden die Rechte des Beschädigten bzw Versicherten selbst durch die Entscheidung nicht berührt (BSG SozR 3-3100 § 18c Nr 2).
3. Der Kläger nimmt die Beklagte zu Recht auf anteilige Kostenerstattung in Höhe von 749,96 DM in Anspruch.
a) Dabei folgt die Kostenerstattungspflicht des anderen Sozialleistungsträgers nicht bereits aus § 9 Satz 2 OrthV. Nach dieser Vorschrift „bleibt die Verpflichtung des anderen Trägers, die Kosten zu erstatten, unberührt”, wenn die Versorgungsverwaltung den zweiten orthopädischen Schuh nach Maßgabe des § 9 Satz 1 OrthV geliefert hat. Diese untergesetzliche Bestimmung stellt lediglich klar, daß die Pflicht der Versorgungsverwaltung, den Beschädigten stets mit einem Paar orthopädischer Schuhe zu versorgen, auch wenn nur ein Fuß schädigungsbedingt behindert ist, eine auf gesetzlichen Bestimmungen beruhende grundsätzliche Leistungspflicht eines anderen Sozialleistungsträgers zur Ausstattung des Beschädigten mit dem zweiten orthopädischen Schuh nicht entfallen läßt und einen Kostenerstattungsanspruch der Versorgungsverwaltung, die aus einer gesetzlichen Erstattungsregelung folgt, gerade nicht ausschließt, sondern aufrechterhält. In § 9 Satz 2 OrthV hat der Verordnungsgeber also nicht einen eigenständigen Kostenerstattungsanspruch normiert, sondern nur einen aus gesetzlichen Vorschriften folgenden Kostenerstattungsanspruch vorausgesetzt und diesen klarstellend für „unberührt” erklärt. Dies ist mit Blick auf die Ermächtigungsgrundlage des § 24a BVG rechtlich unbedenklich, nach der die Bundesregierung durch Rechtsverordnung „Art, Umfang und besondere Voraussetzungen der Versorgung mit Hilfsmitteln einschließlich Zubehör sowie der Ersatzleistungen (§ 11 Abs 3 BVG) näher bestimmen” darf. Die Regelung eigenständiger Kostenerstattungsansprüche ist dort nicht erwähnt, ihre Normierung innerhalb der OrthV oder einer sonstigen Rechtverordnung wäre mangels Ermächtigungsgrundlage nichtig.
b) Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs ist vielmehr § 18c Abs 5 Satz 2 BVG: „Erbringt ein anderer öffentlich-rechtlicher Leistungsträger eine Sachleistung, eine Zuschuß- oder sonstige Geldleistung oder eine mit einer Zuschußleistung für den gleichen Leistungszweck verbundene Sachleistung nicht, weil bereits aufgrund dieses Gesetzes eine Sachleistung gewährt wird, ist er erstattungspflichtig, soweit er sonst Leistungen gewährt hätte”. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Dem Beschädigten ist aufgrund des BVG eine Sachleistung gewährt worden, die sonst von der Beklagten zu erfüllen gewesen wäre.
Der Kläger war verpflichtet, den Beschädigten mit einem Paar orthopädischer Schnürstiefel zu versorgen, obwohl nur der rechte Fuß des Beschädigten eine Schädigung aufweist, der linke Fuß hingegen anlagebedingt behindert ist.
Gemäß § 10 Abs 1 BVG wird Beschädigten für Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt sind, Heilbehandlung gewährt. Hierzu zählt nach § 11 Abs 1 Satz 1 Nr 8 BVG die Versorgung mit Hilfsmitteln. Das Hilfsmittel muß den persönlichen und beruflichen Bedürfnissen des Beschädigten angepaßt sein (§ 13 Abs 2 Satz 1 2. Halbsatz BVG). Zu diesen Hilfsmitteln gehört nach § 3 Nr 2 iVm § 5 OrthV auch orthopädisches Schuhwerk. Dabei sind orthopädische Schuhe stets als Paar zu liefern (§ 5 Abs 2 Satz 1 sowie § 9 Satz 1 OrthV). Folgende drei Konstellationen sind hierbei zu unterscheiden: (1) Müssen beide Füße schädigungsbedingt versorgt werden, trägt die Versorgungsverwaltung die entstehenden Kosten für das Paar orthopädischer Schuhe allein; eine Kostenbeteiligung des Beschädigten entfällt (§ 10 Abs 1 OrthV). (2) Findet sich eine Schädigung nur an einem Fuß, muß zwar auch für den gesunden Fuß ein entsprechender Schuh mitgeliefert werden. Die entstehenden Kosten hat wiederum die Versorgungsverwaltung zu tragen; der Beschädigte hat aber nach Maßgabe des § 10 Abs 1 und 2 OrthV einen Eigenanteil für die Mitversorgung des gesunden Fußes aufzubringen, es sei denn, ihm wird dieser Anteil wegen geringen Einkommens nach § 10 Abs 3 OrthV auf Antrag erlassen. (3) Für den Fall, daß der eine Fuß durch Kriegsfolgen geschädigt ist und der andere Fuß eine schädigungsunabhängige Behinderung aufweist, muß die Versorgungsverwaltung nach der ausdrücklichen Anordnung in § 9 Satz 1 OrthV ebenfalls beide Füße mit orthopädischem Schuhwerk versorgen, und zwar auch dann, wenn dieser Fuß von einem anderen Sozialleistungsträger zu versorgen wäre. Die Versorgungsverwaltung hat hierfür die Kosten zu tragen, ohne daß sich der Beschädigte daran beteiligen muß (§ 10 Abs 1 OrthV). Diese dritte Konstellation trifft für den vorliegenden Fall zu.
Die Versorgung des Beschädigten mit dem neuen Paar orthopädischer Schnürstiefel war notwendig. Die fachärztliche Verordnung (§ 13 Abs 2 Satz 1 BVG) lag vor. Zu liefern war das orthopädische Schuhwerk als Paar, obgleich nur der rechte Fuß eine Beschädigung iS des BVG aufwies (§ 9 Satz 1 OrthV). Die Verpflichtung zur Lieferung des Schuhwerks „als Paar” bedeutet aber nicht, daß das Paar Schuhe als einheitliches – rechtlich nicht trennbares – Hilfsmittel anzusehen ist. Die mit einem orthopädischen Hilfsmittel ausgleichspflichtige schädigungsbedingte Gesundheitsstörung (§§ 10 Abs 1 Satz 1, 13 Abs 1 BVG) findet sich lediglich am rechten Fuß des Beschädigten. Dieser Fuß war mit dem orthopädischen Schnürstiefel zu versorgen. Um sicherzustellen, daß der Beschädigte den üblichen Gepflogenheiten des täglichen Lebens entsprechend gleichartiges Schuhwerk erhält und er nicht gezwungen ist, sich wegen der Versorgung seines anlagebedingt behinderten linken Fußes an seine Krankenkasse, die Beklagte, zu wenden und deren Bewilligungsentscheidung abzuwarten, sieht § 9 Satz 1 OrthV – als Ausfluß der Fürsorgepflicht der Kriegsopferversorgung und entsprechend der Grundsätze der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit der Sozialverwaltung – vor, daß Ansprechpartner des Beschädigten die Versorgungsverwaltung ist, sie das Schuhwerk insgesamt, also als Paar, zu liefern hat und sie im Verhältnis zum Leistungserbringer alleiniger Kostenträger ist. Beim zu liefernden zweiten Schuh handelt es sich um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, soweit ein normaler Schuh für einen nicht behinderten Fuß zu leisten ist (Fallkonstellation 2), und um ein zweites Hilfsmittel, soweit – wie hier – ein schädigungsunabhängig behinderter Fuß mitzuversorgen ist (Fallkonstellation 3). Die bei der Mitversorgung eines gesunden Fußes vorgesehene Zuzahlungspflicht (§ 10 Abs 1 und 2 OrthV) stellt nur einen Ausgleich dafür dar, daß der Beschädigte der Notwendigkeit enthoben ist, diesen Fuß auf eigene, wegen der Einzelanfertigung im Vergleich zu Konfektionsschuhen aber deutlich höheren Kosten zu versorgen. Der Grund, den Beschädigten nicht mit Kosten zu belasten, die ebenfalls noch als – mittelbare – Schädigungsfolge angesehen werden können, fällt hingegen weg, wenn ein anderer Sozialleistungsträger wegen sonstiger gesundheitlicher Störungen für die Versorgung des zweiten Fußes einzutreten hat. Wenn für die Versorgung des anderen Fußes mit einem (gesonderten) Hilfsmittel ein anderer Sozialleistungsträger zuständig ist, entfällt auch die versorgungsrechtliche Berechtigung für die Anrechnung eines Eigenanteils des Berechtigten (§ 10 Abs 1 OrthV).
Durch die Leistung des Klägers ist die Leistungsverpflichtung der Beklagten aus § 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) entfallen. Zur Verneinung ihrer daraus folgenden Erstattungspflicht kann sich die Beklagte nicht auf das Urteil des Senats vom 8. Juni 1994 – 3/1 RK 3/93 – (SozR 3-3100 § 18c Nr 2) berufen, in dem entschieden worden ist, daß bei schädigungsbedingter Versorgung mit einem Hilfsmittel eine Kostenbeteiligung der Krankenkassen wegen der durch Nichtschädigungsleiden verursachten Mehrkosten nicht in Betracht kommt. Es ging seinerzeit um Mehrkosten wegen der Versorgung eines Beinamputierten mit einem Elektrorollstuhl, der aufgrund von Schlaganfällen zur Bedienung eines Faltrollstuhls nicht mehr in der Lage war. Eine Kostenbeteiligung der Krankenkasse schied dort aus, weil das Hilfsmittel durch die Schädigungsfolgen (Gehunfähigkeit mit Rollstuhlbedürftigkeit ohne Möglichkeit des Handantriebs als Gesamtzustand nach Beinamputation und Schlaganfällen) wesentlich verursacht und unteilbar war (§ 18c Abs 5 Satz 2 und 3 BVG). Im vorliegenden Fall ist die Hilfsmittelversorgung teilbar; es handelt sich um zwei verschiedene Hilfsmittel. Es gibt keinen einleuchtenden Grund, für die Hilfsmittelversorgung des schädigungsunabhängig behinderten linken Fußes mit klar abgrenzbaren Kosten nicht die Krankenkasse eintreten zu lassen.
c) Einer gesonderten vertragsärztlichen Verordnung des Hilfsmittels nach § 73 Abs 2 Nr 7 SGB V iVm § 33 Abs 2 SGB V bedarf es zur Geltendmachung und Durchsetzung des Erstattungsanspruchs schon deshalb nicht, weil die Notwendigkeit des Hilfsmittels im Versorgungsverfahren fachärztlich bescheinigt – und überdies von den Beteiligten nicht bestritten – worden ist.
d) Der Erstattungsanspruch ist auch der Höhe nach begründet. Er umfaßt grundsätzlich die notwendigen Kosten für die Beschaffung des zweiten Schnürstiefels. Die Frage, ob von den aufgewendeten 916,70 DM noch der vom Versicherten krankenversicherungsrechtlich zu tragende Eigenanteil für orthopädische Schuhe (vgl DOK 1987, 503 = BKK 1987, 291) abzuziehen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil der geltend gemachte Betrag von 749,96 DM noch unterhalb des sich dann ergebenden Betrags liegt. Ebenso kann wegen der Anspruchsbeschränkung die Frage offenbleiben, ob der Kläger berechtigt war, statt eines – nicht näher aufgeschlüsselten – „Mischpreises” die tatsächlich angefallenen Kosten für den zweiten Schnürstiefel zugrunde zu legen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 651908 |
FEVS 2002, 337 |
SozR 3-3100 § 18c, Nr. 4 |
br 2002, 98 |