Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 13. Februar 1992 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. März 1991 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Nachforderung von Krankenversicherungsbeiträgen aus Versorgungsbezügen für die Zeit von Februar 1985 bis Dezember 1988.
Die 1920 geborene Klägerin ist seit dem 1. Januar 1981 als Rentnerin pflichtversichert und Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Seit Januar 1983 bezieht sie neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Versorgungsbezüge von der Beigeladenen zu 1) und eine Zusatzversorgung von der Beigeladenen zu 2). Davon erfuhr die Beklagte aufgrund von Ermittlungen, die nach einem Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 5. April 1989 eingeleitet wurden. Mit Bescheid vom 25. Juli 1989 und Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 1990 forderte die Beklagte daraufhin rückständige Beiträge auf die Versorgungsbezüge für die Zeit von Dezember 1984 bis September 1989 in Höhe von 4.971,18 DM.
Das Sozialgericht (SG) hat, nachdem der Rechtsstreit auf die Zeit von Februar 1985 bis Dezember 1988 beschränkt worden war, die Klage mit Urteil vom 27. März 1991 abgewiesen. Rechtsgrundlage für Beitragszeiten vor dem 1. Januar 1989 sei der auch noch nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) anwendbare § 393a Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung, dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Die Beiträge seien nachzufordern, weil deren Einbehalt ohne Verschulden der Beigeladenen unterblieben sei. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG und den angefochtenen Bescheid mit Urteil vom 13. Februar 1992 aufgehoben und ausgeführt: Die Versorgungsbezüge der Klägerin seien zwar grundsätzlich beitragspflichtig, und auch die in § 393a Abs. 2 Satz 6 RVO vorausgesetzte schuldlose Unterlassung der Einbehaltung durch die Zahlstelle sei gegeben, da die Beklagte die Beigeladenen über die Beitragspflicht mangels Meldung seitens der Klägerin nicht habe informieren können. Diese Vorschrift sei jedoch mit Wirkung ab 1. Januar 1989 aufgehoben worden. Ihrer Anwendung stehe der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes aus Art 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) und § 31 Sozialgesetzbuch – Allgemeine Vorschriften – (SGB I) entgegen. § 393a RVO könne für nach dem 31. Dezember 1988 erlassene Nachforderungsbescheide nicht mehr Rechtsgrundlage sein. Nach den die frühere Regelung ersetzenden Vorschriften seien Nachforderungen seitens der Krankenkasse nur möglich, wenn Versorgungsbezüge nicht mehr geleistet würden (§§ 256 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 255 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Dies treffe auf den Fall der Klägerin nicht zu, so daß allein die Zahlstelle zur Nachforderung berechtigt sei.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 393a Abs. 2 RVO sowie von §§ 256 Abs. 2 Satz 1, 255 Abs. 2 SGB V.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 13. Februar 1992 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. März 1991 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) hat auf die Begründung der Revision durch die Beklagte verwiesen. Die Beigeladene zu 2) hat sich zum Revisionsverfahren nicht geäußert.
II.
Die Revision der Beklagten ist begründet. Entgegen der Auffassung des LSG ist der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 1990 jedenfalls in dem hier nur noch allein streitigen Umfang betreffend die Zeit von Februar 1985 bis Dezember 1988 rechtmäßig. Die Klägerin schuldet der beklagten Krankenkasse für diesen Zeitraum Beiträge von den Versorgungsbezügen und hat den geschuldeten Beitrag auch an die Beklagte zu zahlen.
Die Beiträge auf die Versorgung von den beiden Beigeladenen wurden von der Klägerin für die Zeit von Februar 1985 bis Dezember 1988 geschuldet. Versicherungspflichtige Rentner wie die Klägerin hatten von Versorgungsbezügen Beiträge zu tragen. Das ergab sich bis zum 31. Dezember 1988 aus § 381 Abs. 2 Satz 1, § 385 Abs. 1 Satz 1 Halbs 1, § 180 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 8 Satz 2 RVO.
Die Klägerin ist von der Beitragsschuld nicht frei geworden, weil früher der Einbehalt der Beiträge von den Versorgungsbezügen unterblieben ist. Für eine Zeit ab Januar 1989 würde dies ohne weiteres aus § 256 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V folgen. In der Zeit vorher hatten sogenannte große Zahlstellen wie die Beigeladenen nach § 393a Abs. 2 Satz 2 RVO die Beiträge von den Versorgungsbezügen einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse zu entrichten. Waren in einem Monat keine Beiträge einbehalten worden, so durften sie nach § 393a Abs. 2 Satz 5 RVO nur bei der nächsten Zahlung von Versorgungsbezügen einbehalten werden. War die Einbehaltung weiterer Beiträge ohne Verschulden der Zahlstelle unterblieben, so oblag der Beitragseinzug gemäß § 393a Abs. 2 Satz 6 RVO der zuständigen Krankenkasse (zu dem Weg der Beitragserhebung von Versorgungsbezügen im einzelnen vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 19. März 1992 in SozR 3-2200 § 393a Nr. 2).
Die Vorschrift des § 393a Abs. 2 Satz 6 RVO greift hier ein. Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG steht fest, daß die Einbehaltung von Beiträgen auf die Versorgungsbezüge ohne Verschulden der Zahlstellen der Versorgungsbezüge unterblieben ist; durch die unterlassene Meldung seitens der Klägerin konnte die beklagte Krankenkasse die Zahlstelle nicht über die Beitragspflicht informieren, so daß die Einziehung seitens der Zahlstellen schuldlos unterblieb.
Die rückständigen Beiträge für die Zeit von Februar 1985 bis Dezember 1988 sind von der beklagten Krankenkasse beim Versicherten entgegen der Auffassung der Vorinstanz auch dann gemäß § 393a Abs. 2 Satz 6 RVO einzuziehen, wenn sie erst im Jahre 1989 erstmals geltend gemacht werden. Der erkennende Senat hat bereits mit Urteil vom 19. März 1992 (SozR 3-2200 § 393a Nr. 2) unter Hinweis auf sein Urteil vom 23. Mai 1989 (SozR 2200 § 393a Nr. 2) entschieden, daß das neue Recht auf Rückstände aus der Zeit vorher noch keine Anwendung findet. Dies gilt unabhängig davon, ob die rückständigen Beiträge noch vor 1989 oder erst nach Inkrafttreten des neuen Rechts geltend gemacht werden. Dem Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 2477) ist keine Regelung zu entnehmen, nach der rückständige Beitragsforderungen für die Vergangenheit, die wegen unterbliebenen Einbehalts durch die Zahlstelle auf die Krankenkasse übergegangen waren (§ 393a Abs. 2 Satz 5, 6 RVO), nunmehr wiederum durch die Zahlstelle einzuziehen wären. Zwar ist § 393a Abs. 2 RVO durch Art 5 Nr. 2 GRG mit Wirkung vom 1. Januar 1989 (Art 79 Abs. 1 GRG) gestrichen und der Einzug rückständiger Beiträge in § 256 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V im Sinne eines Einbehalts durch die Zahlstelle der Versorgungsbezüge neu geregelt worden. Nach den zum zeitlichen Geltungsbereich von Normen entwickelten allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist ein Rechtssatz aber nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Spätere Änderungen eines Rechtssatzes sind daher für die Beurteilung von vor seinem Inkrafttreten entstandenen Lebensverhältnissen unerheblich, es sei denn, das Gesetz erstreckt seine zeitliche Geltung auf solche Verhältnisse (vgl. BSG SozR 3-2500 § 48 Nr. 1 unter Hinweis auf Evers „Die Zeit eine Dimension des Sozialrechts?” in: Rechtsschutz im Sozialrecht, Beiträge zum ersten Jahrzehnt der Rechtsprechung des BSG, 1965, S. 63 ff., 79 ff., jeweils m.w.N.). Das GRG enthält weder in den Überleitungs- und Schlußvorschriften der Art 56 – 79 eine Vorschrift, die den zeitlichen Anwendungsbereich des § 256 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V auf rückständige Beiträge vor seinem Inkrafttreten erstreckt, noch ist dem § 256 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V selbst eine derartige unechte Rückwirkung eindeutig zu entnehmen. Sie begründet im Verhältnis zu der Vorgängervorschrift des § 393a Abs. 2 Satz 6 RVO nicht lediglich eine Funktionsnachfolge (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 25. April 1990 – 4 REg 3/89, nicht veröffentlicht) in dem Sinne, daß anstelle der bisher zuständigen Krankenkasse nunmehr ohne weiteres die Zahlstelle zuständig geworden wäre. Mit der neu geregelten Zuständigkeit hat der Gesetzgeber vielmehr zugleich eine andere materiell-rechtliche Bewertung vorgenommen, indem er das nach altem Recht erforderliche Tatbestandsmerkmal des Verschuldens der Zahlstelle im neuen Recht nicht mehr aufgenommen hat. Sind aber sämtliche die Beitragsforderung begründenden Tatsachen unter der Geltung des alten Rechts eingetreten und von diesem bereits – hier: im Sinne eines unverschuldet unterbliebenen Einbehalts – „rechtlich bewertet” worden, findet in Anwendung der dargelegten intertemporalen Auslegungsgrundsätze das alte Recht Anwendung, weil dem neuen Recht nicht eindeutig zu entnehmen ist, daß es auch die vor seinem Inkrafttreten verwirklichten Sachverhalte rückwirkend einer neuen rechtlichen Bewertung unterwerfen will (SozR 3-2500 § 48 Nr. 1).
Bleibt nach alledem § 393a Abs. 2 Satz 6 RVO gültige Rechtsgrundlage für die von der Beklagten geltend gemachte Beitragsforderung, so wird der von der Vorinstanz angesprochene Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes in keiner Weise tangiert.
Nach alledem war das angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen