Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiwillige Krankenversicherung. Verdoppelung. Mindestbeitrag. Verfassungsmäßigkeit. Nichtigkeit. Beitragsbescheid. Erlaß. nach Gesetzesbeschluß. vor Verkündigung. gesetzlicher Richter. Vorsitzender. Vertreter. Rechtsbehelfsbelehrung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, ob der Beitragsbescheid einer Krankenkasse nichtig ist, insbesondere weil er nach dem Zustandekommen, aber vor der Verkündung des Gesetzes erlassen worden ist, das die Beitragserhöhung rechtfertigt.
2. Zur Verfassungsmäßigkeit der Verdoppelung der Mindestbeiträge durch das Gesundheits-Reformgesetz (§ 240 Abs 4 SGB 5), wenn in einer Familie fünf freiwillige Versicherte davon betroffen werden (Anschluß an BSG vom 7.11.1991 – 12 RK 37/90 = BSGE 70, 13 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6; BSG vom 7.11.1991 – 12 RK 18/91 = SozR 3-2500 § 240 Nr 7).
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
SGB V § 240 Abs. 4 F: 1988-12-20; SGB X § 40 Abs. 1, 2 Nr. 1; GG Art. 82 F: 1949-05-23; SGB X § 36; GVG § 21f Abs. 2 Sätze 1-2
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 24.07.1991; Aktenzeichen L 11 Kr 35/90) |
SG Köln (Urteil vom 11.06.1990; Aktenzeichen S 19 Kr 230/89) |
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin zu 1) wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Juli 1991 geändert und das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11. Juni 1990 aufgehoben, soweit die Klage der Klägerin zu 1) gegen die Bescheide vom 20. April 1989 und vom 18. Mai 1989 in der Gestalt des ihr erteilten Widerspruchsbescheides vom 26. September 1989 abgewiesen worden ist. Diese Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides werden in vollem Umfang aufgehoben. Im übrigen wird die Revision der Klägerin zu 1) zurückgewiesen.
2. Die Revisionen der Kläger zu 2) bis 5) werden zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat der Klägerin zu 1) sowie den Klägern zu 2) bis 5) die Kosten der Vorverfahren und des Verfahrens zur Feststellung der aufschiebenden Wirkung vor dem Bundessozialgericht zu erstatten. Die Beklagte hat der Klägerin zu 1) ferner die Hälfte, den Klägern zu 2) bis 5) jeweils ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten der durch ihre Klageschriften vom 3. Oktober 1989 eingeleiteten Rechtsstreitigkeiten zu erstatten. Im übrigen sind der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 2) bis 5) außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Krankenversicherungsbeiträgen.
Die Klägerin zu 1) war bis Ende 1979 krankenversicherungspflichtig beschäftigt und Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Nach Ende der Beschäftigung versicherte sie sich freiwillig weiter. Ihr Ehemann ist als Richter am Landgericht nicht gesetzlich krankenversichert. Die 1983, 1984, 1986 und 1988 geborenen Söhne des Ehepaares, die Kläger zu 2) bis 5), wurden jeweils von Geburt an freiwillige Mitglieder der Beklagten. Im Jahre 1988 waren die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) in die niedrigste Versicherungsklasse 401 eingestuft. Der Monatsbeitrag belief sich auf 64 DM pro Mitglied.
Mit getrennten Schreiben „im Dezember 1988”, welche die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) nach ihrem Vorbringen am 21. bzw 22. Dezember 1988 erhalten haben, stufte die Beklagte alle fünf Mitglieder vom 1. Januar 1989 an in die Versicherungsklasse 421 zu einem Monatsbeitrag von je 128 DM um. Das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) sei verabschiedet worden. Es trete am 1. Januar 1989 in Kraft und bringe für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung weitreichende Änderungen. Die „mindestbeitragspflichtigen Einnahmen” betrügen aufgrund des § 18 des Sozialgesetzbuchs – Viertes Buch (SGB IV) und des § 249 Abs 4 des Sozialgesetzbuchs – Fünftes Buch (SGB V) monatlich 1.050 DM und führten mit Wirkung vom 1. Januar 1989 zu der genannten Umstufung. Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) erhoben jeweils noch im Dezember 1988 Widerspruch.
Mit Bescheid vom 20. April 1989 stufte die Beklagte die Klägerin zu 1) vom 1. Mai 1989 an vorläufig in die Versicherungsklasse 471 ein. Bei ihr seien die Bezüge des Ehemannes zu berücksichtigen. Davon sei zunächst für jedes Kind ein Betrag in Höhe von einem Sechstel der monatlichen Bezugsgröße, aufgerundet auf volle 10 DM, abzuziehen, dh für 1989 monatlich 530 DM pro Kind. Der verbleibende Betrag sei der Klägerin zu 1) zur Hälfte zuzurechnen, höchstens jedoch bis zur Hälfte der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (für 1989 = 4.575 DM: 2 = 2.287,50 DM). Von dieser Grenze (2.287,50 DM) ging die Beklagte bis zu einem Nachweis über die Bezüge aus und machte vorläufig den Monatsbeitrag von 273 DM geltend. Die Klägerin zu 1) erhob Widerspruch.
Nachdem die Klägerin zu 1) die monatlichen Bezüge ihres Ehemannes mit 6.762,15 DM angegeben hatte, stufte die Beklagte sie mit Bescheid vom 18. Mai 1989 ab Mai 1989 endgültig in die Versicherungsklasse 471 zu einem Monatsbeitrag von 273 DM ein, weil die anzurechnenden Einnahmen (sowohl nach einer zunächst vorgenommenen unzutreffenden als auch nach der richtigen Berechnung: 6.782,15 DM./. 4 × 530 DM = 4.662,15 DM: 2 = 2.331,08 DM) die Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze von 2.287,50 DM überstieg und daher dieser Betrag maßgebend sei. Die Klägerin zu 1) erhob Widerspruch.
Unter dem 26. September 1989 erließ die Beklagte gegen die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) je einen Widerspruchsbescheid. Darin wies sie alle Widersprüche zurück.
Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) haben mit getrennten Klageschriften vom 3. Oktober 1989 Anfechtungsklagen beim Sozialgericht (SG) erhoben. Mit Klageschriften vom 25. Januar 1990 haben sie Klagen mit dem Feststellungsantrag erhoben, daß sie nicht verpflichtet seien, der Zahlungsaufforderung der Beklagten aus deren Schreiben vom 1. Dezember 1989 nachzukommen. Schließlich haben sie mit Klageschriften vom 23. Mai 1990 Klagen mit dem Antrag erhoben festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, im Falle eines ihr günstigen Ausgangs des Rechtsstreits Stundungszinsen für den dann nachzuentrichtenden Betrag ab dem 12. Juni 1990 zu verlangen. Das SG hat alle Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 11. Juni 1990 (S 19 Kr 230/89) hat das SG die Klagen abgewiesen und ist von folgenden Anträgen ausgegangen: 1. Vom Antrag der Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) bis 5), die Bescheide von Dezember 1988 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 26. September 1989 aufzuheben. 2. Vom Antrag der Klägerin zu 1), zusätzlich die Bescheide vom 20. April 1989 und vom 18. Mai 1989 in der Fassung des genannten Widerspruchsbescheides aufzuheben. 3. Vom Antrag der Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) bis 5) festzustellen, daß sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens nicht verpflichtet sind, der Zahlungsaufforderung der Beklagten aus deren Schreiben vom 1. Dezember 1989 nachzukommen, und festzustellen, daß die Klägerin zu 1) berechtigt ist, bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens den Beitrag zu zahlen, den sie zuletzt bis zum Zugang des Bescheides „im Dezember 1988” zahlte, wobei eine etwaige Nachforderung der Beklagten je nach Ausgang des Verfahrens unberührt bleibt. – In einem weiteren Urteil vom 20. August 1990 hat das SG auch die Klagen abgewiesen, die mit dem Feststellungsantrag erhoben worden waren, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, im Falle eines ihr günstigen Ausgangs des Rechtsstreits zum Aktenzeichen S 19 Kr 230/89 Stundungszinsen für den dann nachzuentrichtenden Betrag ab dem 12. Juni 1990 zu verlangen.
Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) haben beide Urteile mit Berufungen angefochten. In der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 1991 vor dem Landessozialgericht (LSG) haben die Kläger beantragt, die Urteile des SG vom 11. Juni 1990 und 20. August 1990 abzuändern und die an die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) ergangenen Bescheide von Dezember 1988 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26. September 1989 sowie die an die Klägerin zu 1) ergangenen Bescheide vom 20. April 1989 und vom 18. Mai 1989, wiederum in der Gestalt des ihr erteilten Widerspruchsbescheides vom 26. September 1989, aufzuheben, hilfsweise die Nichtigkeit aller Ausgangsbescheide festzustellen. Das LSG hat mit Urteil vom selben Tage auf die Berufung der Klägerin zu 1) das Urteil des SG vom 11. Juni 1990 abgeändert, die Bescheide der Beklagten vom 20. April und 18. Mai 1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. September 1989 insoweit abgeändert, als die Beklagte die Klägerin zu 1) auch für den Monat Mai 1989 in die Versicherungsklasse 471 eingestuft hat. Im übrigen hat das LSG die Berufungen der Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) bis 5) gegen die Urteile des SG vom 11. Juni 1990 und 20. August 1990 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klagen abgewiesen werden. – Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Die Berufungen hätten weitgehend keinen Erfolg. Die Bescheide von Dezember 1988 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide seien weder nichtig noch rechtswidrig. Auch die an die Klägerin zu 1) gerichteten Bescheide vom 20. April 1989 und vom 18. Mai 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides seien nicht zu beanstanden bis auf den erhöhten Beitrag für Mai 1989, den die Beklagte nicht rückwirkend für diesen Monat habe fordern dürfen. Soweit die Kläger die Feststellung der Nichtigkeit der Bescheide beantragten, seien die Klagen neben den Anfechtungsklagen unzulässig.
Der erkennende Senat hat mit Beschluß vom 29. September 1992 die Revisionen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG) zugelassen. Die Revisionen sind von der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 2) bis 5) gemeinschaftlich eingelegt worden. Sie rügen eine Verletzung des § 202 SGG iVm § 551 der Zivilprozeßordnung (ZPO). Der Senat des LSG sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Über die Ablehnung des Richters am LSG K … sei fehlerhaft unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter entschieden worden. Wegen Verhinderung des Senatsvorsitzenden habe der Richter am LSG K … als dienstältester Richter den Vorsitz geführt; die entsprechende Regelung im Geschäftsverteilungsplan des LSG verstoße gegen § 21f Abs 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG). Anstelle des ehrenamtlichen Richter T … aus dem Kreis der Arbeitgeber habe ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der Krankenkassen mitwirken müssen. Der ehrenamtliche Richter O … sei wegen seiner Mitwirkung an einer früheren Entscheidung ausgeschlossen gewesen. Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) rügen weitere Verfahrensmängel, insbesondere eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes ≪GG≫) sowie eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 Abs 1 SGG) durch Übergehen von Beweisanträgen. In der Sache seien die Bescheide und die Widerspruchsbescheide nach § 40 des Sozialgesetzbuchs – Verwaltungsverfahren (SGB X) nichtig. Die Bescheide von Dezember 1988 hätten im Zeitpunkt ihres Zugangs keinen Verfasser und keine Rechtsgrundlage gehabt. Die erlassende Behörde sei nicht erkennbar. Die Bescheide seien auch wegen Sittenwidrigkeit nichtig, weil die Beklagte Täuschungsversuche unternommen habe und sie Rechtsbehelfsbelehrungen systematisch unterlasse. Ferner habe § 240 Abs 4 SGB V zunächst der Umsetzung durch die Satzung bedurft und die entsprechende Satzung sich unzulässigerweise Rückwirkung zum 1. Januar 1989 beigelegt. Die Bescheide vom 18. April und 20. Mai 1989 verletzten den Vertrauensschutz, weil die Beklagte ein in einem Vorprozeß abgegebenes Anerkenntnis nicht beachtet habe. Schließlich würden Art 3 und Art 6 GG verletzt, weil die Familie der Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) bis 5) gegenüber einer Familie mit beitragsfreier Familienversicherung höher mit Krankenversicherungsbeiträgen belastet werde. Im einzelnen wird zum Vorbringen der Revisionen auf die im Revisionsverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) beantragen,
das Urteil des SG Köln (S 19 Kr 230/89) vom 11. Juni 1989 und das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß alle hier fraglichen Bescheide aus „im Dezember 1988” in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 26. September 1989 und die Bescheide vom 20. April/18. Mai 1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. September 1989 insoweit aufgehoben werden, als die Klägerin zu 1) vom 1. Juni 1989 an in die Versicherungsklasse 471 eingestuft worden ist,
beziehungsweise die Nichtigkeit der vorgenannten Bescheide aus „im Dezember 1988” und vom 20. April/18. Mai 1989 und, soweit erforderlich, auch der Widerspruchsbescheide vom 26. September 1989 festzustellen, sonst unter deren Aufhebung die Nichtigkeit der vorgenannten Ausgangsbescheide festzustellen,
hilfsweise die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Sie vermag keine Nichtigkeitsgründe zu erkennen und sieht alle Bescheide als rechtmäßig an. Die Beiträge seien zutreffend berechnet. Für die Kinder seien angemessene Freibeträge angesetzt.
Mit Beschluß vom 11. Mai 1993 hat der Senat, bezogen auf die Klageschriften vom 3. Oktober 1989, die aufschiebende Wirkung der Klagen, Berufungen und Revisionen festgestellt. In der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 1993 haben die Beteiligten den Rechtsstreit, bezogen auf die Klageschriften vom 25. Januar 1990 und vom 23. Mai 1990, übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) haben insoweit beantragt, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Die Beklagte ist diesem Antrag entgegengetreten.
Der Senat hat auf Anforderung vom Präsidenten des LSG mit dessen Schreiben vom 2. August 1993 Präsidiumsbeschlüsse erhalten, welche die Besetzung des Senats des LSG betreffen, ferner von der Beklagten mit Schreiben vom 29. November 1993 Richtlinien und Versicherungsbedingungen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revisionen der Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) bis 5) sind unbegründet, soweit sie sich gegen die Bescheide von Dezember 1988 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26. September 1989 richten. Insofern hat das LSG zutreffend entschieden, daß die Bescheide nicht nichtig und in der Gestalt der Widerspruchsbescheide auch nicht rechtswidrig sind. Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) haben daher vom 1. Januar 1989 an den nach § 240 Abs 4 SGB V berechneten Mindestbeitrag zu zahlen. Jedoch hat die Revision der Klägerin zu 1) Erfolg, soweit sie sich gegen die Bescheide vom 20. April 1989 und vom 18. Mai 1989, beide in der Gestalt des an sie gerichteten Widerspruchsbescheides vom 26. September 1989, wendet. Diese Bescheide sind zwar ebenfalls nicht nichtig, jedoch rechtswidrig. Sie begründen keine Anhebung des Beitrags der Klägerin zu 1) über den neuen Mindestbeitrag hinaus.
1. Gemäß § 170 Abs 1, 2 SGG konnte der Senat in der Sache entscheiden. Rügen von unbedingten (absoluten) Revisionsgründen (§ 202 SGG iVm § 551 ZPO), die bei Erfolg zur Zurückverweisung geführt hätten (BSGE 63, 43, 45 = SozR 2200 § 368a Nr 21; BSG SozR 3-1750 § 551 Nr 5), greifen nicht durch.
Der Revisionsgrund des § 202 SGG iVm § 551 Nr 3 ZPO (Mitwirkung eines mit Erfolg wegen Befangenheit abgelehnten Richters) lag nicht vor, soweit Richter am LSG K … an dem angefochtenen Urteil mitgewirkt hat. Das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch ist vom LSG für unbegründet erklärt worden. Der entsprechende Beschluß war nach § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar. Er unterliegt nach § 202 SGG iVm § 548 ZPO nicht der Beurteilung durch das Revisionsgericht. Es kann offenbleiben, ob nach einer schwer verfahrensfehlerhaften oder willkürlichen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch das Gericht beim Urteil in der Hauptsache nicht vorschriftsmäßig besetzt ist und dann der Revisionsgrund des § 202 SGG iVm § 551 Nr 1 ZPO vorliegt. Denn derartige Mängel der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zeigen die Revisionen nicht auf. Die ehrenamtlichen Richter hatten bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch mitzuwirken. Diese Entscheidung ist nach Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung in der Hauptsache und laut Sitzungsniederschrift nach Aufruf der Sache und Eröffnung der mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden ergangen (vgl § 112 Abs 1 SGG). Von diesem Zeitpunkt an waren die ehrenamtlichen Richter auch an Nebenentscheidungen wie der über ein Ablehnungsgesuch zu beteiligen. Denn sie mußten bei allen in der Sitzung erforderlich werdenden Beschlüssen mit den Berufsrichtern gemeinsam tätig werden, auch wenn sie bei gleichartigen Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mitwirkten (vgl BSGE – GS – 1, 1, 4 = SozR Nr 1 zu § 153 SGG). Den in der Sitzung erforderlich werdenden Beschlüssen stehen Beschlüsse gleich, die vor der Sitzung hätten getroffen werden können, bis zum Beginn der Sitzung aber noch nicht ergangen waren. Soweit die Revisionen vorbringen, über das Ablehnungsgesuch sei nicht mündlich verhandelt und die Entscheidung darüber sei auf eine überraschende Begründung gestützt worden, rügen sie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Sie haben jedoch nicht dargelegt, was sie zusätzlich vorgetragen hätten. Das Schreiben des Richters am LSG K …, das zu der Ablehnung geführt hatte, und die dienstliche Äußerung dieses Richters waren als Akteninhalt dem LSG bekannt, als es über das Ablehnungsgesuch entschied. Inhaltlich war diese Entscheidung frei von Willkür.
Der Revisionsgrund des § 202 SGG iVm § 551 Nr 1 ZPO liegt nicht deshalb vor, weil bei der Entscheidung des LSG in der Hauptsache Richter am LSG K … als dienstältester Richter den Vorsitz geführt hat. Dieses entsprach bei Verhinderung des Vorsitzenden Richters dem Geschäftsverteilungsplan des LSG für das Jahr 1991 in der zur Zeit der mündlichen Verhandlung geltenden Fassung. Nach § 21f Abs 2 GVG führt bei Verhinderung des Vorsitzenden den Vorsitz das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Spruchkörpers (Satz 1). Im Falle der Verhinderung auch dieses Vertreters führt das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensälteste Mitglied des Spruchkörpers den Vorsitz (Satz 2). Ob Satz 1 eine Regelung verlangt, die den stellvertretenden Vorsitzenden ausdrücklich (namentlich) ausweist oder ob auch eine Regelung anhand der Maßstäbe des Satzes 2 (nach dem Dienst-, hilfsweise Lebensalter) genügt, ist nicht abschließend geklärt. Der zweite Weg, den das Präsidium des LSG beschritten hat, ist zumindest vertretbar. Er beruht auf objektiven Kriterien und schließt eine sachfremde, von Fall zu Fall ausgeübte Einflußnahme auf die Besetzung des Spruchkörpers ebenso aus, wie wenn der Vertreter namentlich bestimmt ist. Unter diesen Umständen bedeutete die dem Geschäftsverteilungsplan entsprechende Besetzung mit Richter am LSG K … als Vorsitzendem weder einen Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) noch war sie willkürlich. Damit lag insoweit auch eine unvorschriftsmäßige Besetzung iS des § 551 Nr 1 ZPO nicht vor.
Sie war ferner nicht gegeben, weil der ehrenamtliche Richter T … aus dem Kreis der Arbeitgeber mitgewirkt hat. Dieses entsprach vielmehr der Regelung in § 12 Abs 2 Satz 1 SGG, der nach § 33 Satz 2 SGG für die Besetzung der Senate des LSG entsprechend gilt. Es handelt sich um eine Angelegenheit der Sozialversicherung. Die Ansicht der Revisionen, es habe als ehrenamtlicher Richter ein Vertreter der Krankenkassen mitwirken müssen, ist unzutreffend. Dieses ist nach § 12 Abs 3 Satz 1 SGG iVm § 33 Satz 2 SGG nur in Angelegenheiten des Kassenarztrechts vorgesehen.
Die Mitwirkung des ehrenamtlichen Richters O … verstieß nicht gegen § 202 SGG iVm § 551 Nr 2 ZPO. Er war nicht deswegen kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen, weil er vorher beim LSG an einer Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mitgewirkt hatte. Der Ausschlußgrund des § 41 Nr 6 ZPO iVm § 60 Abs 1 Satz 1 SGG greift nur bei Mitwirkung im früheren, nicht jedoch im selben Rechtszug ein (BSG SozR Nr 1 zu § 41 ZPO). Das weitere Vorbringen der Revisionen, ein ehrenamtlicher Richter sei von der Mitwirkung ausgeschlossen, wenn er außerhalb oder jedenfalls nicht in der mündlichen Verhandlung Kenntnis vom Akteninhalt erhalten habe, findet im SGG keine Stütze. Ehrenamtliche Richter haben im sozialgerichtlichen Verfahren auch außerhalb der mündlichen Verhandlung ein Recht auf Akteneinsicht (vgl Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 5. Aufl 1993, § 19 RdNr 3), und bei Einverständnis der Beteiligten kann unter ihrer Mitwirkung sogar durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 124 Abs 2 SGG).
Soweit die Revisionen weitere Verfahrensmängel geltend machen, die keine Revisionsgründe iS des § 202 SGG iVm § 551 ZPO darstellen, und die Rügen etwa begründet sind, stehen sie einer abschließenden Entscheidung in der Sache nicht entgegen (vgl § 170 Abs 1 Satz 2 SGG). Soweit derartige Rügen vom Senat nicht für durchgreifend erachtet wurden, bedurfte das vorliegende Urteil keiner Begründung. Denn die Revisionen sind nicht wegen einer Verfahrensrüge zugelassen worden (§ 170 Abs 3 SGG).
2. Die Schreiben der Beklagten an die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) von Dezember 1988 sind Verwaltungsakte.
Das LSG hat die Schreiben als Verwaltungsakte iS des § 31 SGB X aufgefaßt. Dieses ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Schreiben sind, wie die Beteiligten nicht in Zweifel gezogen haben, von der Beklagten mit ihrem Wissen und Wollen bekanntgegeben worden, wovon die Beklagte auch in den Widerspruchsbescheiden ausgegangen ist. Sie waren von der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 2) bis 5) auch als Verwaltungsakte aufzufassen. Damit handelte es sich nicht lediglich um Entwürfe von Verwaltungsakten. Die Bescheide sind nach dem Vermerk in ihrer Fußleiste „durch die Elektronische Datenverarbeitung erstellt” worden. Bei solchen Verwaltungsakten können nach § 33 Abs 4 Satz 1 SGB X abweichend von § 33 Abs 3 SGB X Unterschrift und Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seiner Beauftragten fehlen. Gleichwohl besteht bei willentlicher Versendung der Schreiben von Dezember 1988 kein Zweifel daran, daß sie die Eigenschaft von Verwaltungsakten haben.
3. Die Bescheide von Dezember 1988 sind nicht nichtig.
Nichtigkeit nach § 40 Abs 1 SGB X liegt nicht vor. Wie das LSG im Ergebnis zutreffend entschieden hat, leiden sie nicht an einem besonders schwerwiegenden, bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundigen Fehler. Nichtigkeit in diesem Sinne liegt nur vor, wenn ein Verwaltungsakt in einem so schwerwiegenden Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und den ihr zugrundeliegenden Wertvorstellungen steht, daß es unerträglich wäre, wenn er die beabsichtigten Rechtswirkungen zeitigen würde. Dieses ist nicht schon der Fall, wenn dem Verwaltungsakt die Rechtsgrundlage fehlt, sondern erst dann, wenn weitere schwerwiegende und offensichtliche Nichtigkeitsgründe hinzutreten „absolute Gesetzlosigkeit”).
Die Bescheide sind nicht deswegen nichtig, weil sie nach dem vor dem LSG unter Beweis gestellten Vorbringen der Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) bis 5) keinen Bescheidverfasser, sondern nur einen Bescheidentwurfverfasser haben sollen. Ein solcher Mangel wäre bei automatisch erstellten Verwaltungsakten nicht offenkundig, weil er sich erst nach Beweiserhebung über das interne Zustandekommen der Bescheide bei der Beklagten ergeben würde. Das LSG hat daher seine Pflicht zur Amtsermittlung nach § 103 SGG nicht verletzt, als es den Beweisanträgen nicht nachgegangen ist. Aus der von den Revisionen angeführten Rechtsprechung (BFH BStBl II 1981, 554; BVerwGE 45, 189), in der die dortigen Bescheide als rechtmäßig angesehen worden sind, vermag der Senat für die hier vorliegenden Beitragsbescheide nicht zu entnehmen, daß entweder kein Verwaltungsakt vorliegt oder ein Verwaltungsakt nichtig ist, soweit in einem anschließenden Rechtsstreit kein Bescheidverfasser festgestellt wird, die maschinell hergestellten Schreiben von der Beklagten aber mit dem von den Adressaten erkennbaren Willen, einen Verwaltungsakt zu erlassen, in Verkehr gebracht worden sind. In dem vom Oberlandesgericht Frankfurt (NJW 1976, 337) entschiedenen Fall lagen zum Teil andere Verhältnisse vor.
Die Bescheide von Dezember 1988 über die Verdopplung der Mindestbeiträge vom 1. Januar 1989 an sind nicht nichtig, weil sie der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 2 bis 5) schon am 21. bzw 22. Dezember 1988 bekanntgegeben worden sind. Zu dieser Zeit war das Gesetzgebungsverfahren zum GRG vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2247) weitgehend abgeschlossen (vgl schon BSGE 70, 13, 16 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6). Der Bundestag hatte das Gesetz am 25. November 1988 beschlossen (Art 77 Abs 1 Satz 1 GG), und der Bundesrat hatte dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz am 16. Dezember 1988 zugestimmt. Damit war das Gesetz zustande gekommen (Art 78 GG). Der Bundespräsident hat es am 20. Dezember 1988 ausgefertigt (Art 82 Abs 1 Satz 2 GG). Da jedoch die Verkündung im Bundesgesetzblatt (Art 82 Abs 1 Satz 2 GG) noch ausstand, die erst am 29. Dezember 1988 (BGBl I Nr 62/1988) erfolgte, fehlte den Bescheiden über die Beitragshöhe bei ihrem Erlaß die Rechtsgrundlage.
Dennoch sind die Anforderungen an eine Nichtigkeit nicht erfüllt, weil der Mangel der Rechtsgrundlage hier nicht besonders schwer wiegt. Die beklagte Ersatzkasse war im Jahre 1988 grundsätzlich befugt und verpflichtet, die Beiträge ihrer nicht versicherungspflichtigen (dh freiwilligen) Mitglieder in der Satzung zu regeln (BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 7 S 18) und sie durch Verwaltungsakt zu erheben. Sie hat demnach mit dem Erlaß der Bescheide nichts getan, was ihr die Rechtsordnung grundsätzlich verwehrte. Die Verkündung und das Inkrafttreten der Neuregelung standen unmittelbar bevor. Das Vorbringen der Revisionen, die Beklagte habe die Bescheide aufgrund eines Gesetzentwurfs erlassen, dessen Schicksal ungewiß gewesen sei, und der Prüfungskompetenz des Bundespräsidenten vorgegriffen, ist unzutreffend. Ferner wurden die erhöhten Beiträge in den Bescheiden erst ab Januar 1989 und damit von einem Zeitpunkt an verlangt, zu dem das Gesetz voraussichtlich verkündet sein und in Kraft treten würde, was erwartungsgemäß eintraf. Die Beklagte, die sich verpflichtet sah, die unmittelbar bevorstehende Neuregelung alsbald umzusetzen, wollte mit dem vorzeitigen Erlaß der Bescheide ihren Versicherten auch Gelegenheit geben, die Mitgliedschaft noch vor Inkrafttreten der Beitragserhöhung zu kündigen, dh bei ihr auszutreten. Darauf hat sie in den Bescheiden hingewiesen.
Das Vorbringen der Revisionen zu einem Täuschungsverhalten der Beklagten zeigt keine zusätzlichen Umstände auf, die zur Nichtigkeit der Bescheide führen. Die Beklagte hat zwar in den Bescheiden nicht offengelegt, daß das GRG noch nicht verkündet war, andererseits aber eine bereits erfolgte Verkündung nicht ausdrücklich behauptet. Sie hat lediglich erwähnt, das GRG sei verabschiedet. Das traf zu. Eine auch den Tag enthaltende Datierung der Bescheide „im Dezember 1988” war gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Angabe des „§ 249 SGB V” als Rechtsgrundlage beruhte lediglich darauf, daß die Beklagte noch die Paragraphenfolge des Gesetzentwurfs verwendet hat, § 249 SGB V des Entwurfs jedoch nach der geänderten Paragraphenfolge des Gesetzesbeschlusses inhaltlich unverändert zu § 240 SGB V geworden war.
Der Inhalt der Bescheide begründet nicht ihre Sittenwidrigkeit als Nichtigkeitsgrund nach § 40 Abs 2 Nr 5 SGB X. Sie verletzen nicht das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Ihr sachlich-rechtlicher Inhalt (Beitragserhöhung) ist frei von derartigen Bedenken. Die von den Revisionen vorgetragenen Umstände zum angeblichen Täuschungsverhalten der Beklagten sind nicht geeignet, Sittenwidrigkeit zu begründen oder nahezulegen, zumal nach § 40 Abs 3 SGB X deutlich schwerere Mängel in Verwaltungsakten, als sie hier der Beklagten vorgeworfen werden, nicht zur Nichtigkeit führen. Das LSG brauchte sich nicht gedrängt zu fühlen, die von der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 2) bis 5) angebotenen Beweise zu erheben, um „weitere nichtigkeitsrelevante Umstände” aufzuspüren, weil interne Vorgänge und Motive der Beklagten hier nicht geeignet sind, zur Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit oder nach § 40 Abs 1 SGB X zu führen. Dazu trägt auch das Fehlen von Rechtsbehelfsbelehrungen in den Bescheiden nicht bei, selbst wenn die Beklagte sie bei Änderungsbescheiden allgemein unterlassen sollte. Allerdings gilt die Vorschrift des § 36 SGB X über die Rechtsbehelfsbelehrung auch für Umstufungsbescheide der vorliegenden Art, so daß die Beklagte das Gesetz verletzte, als sie ihnen keine Belehrungen beifügte. Deren Fehlen berührt andererseits den sachlichen Inhalt der Verwaltungsakte nicht. Abgesehen von Maßnahmen der Aufsicht (§ 89 SGB IV) sieht das Gesetz als einzige Folge unterlassener Rechtsbehelfsbelehrungen vor, daß für die Erhebung des Widerspruchs statt der Monatsfrist eine Jahresfrist läuft (§ 66 Abs 2 Satz 1 SGG). Dabei wird zwischen versehentlichem und absichtlichem Unterlassen nicht unterschieden.
Das Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung wie auch der Erlaß der Bescheide vor Verkündung und Inkrafttreten des GRG haben den Rechtsschutz der Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) bis 5) nicht beeinträchtigt. Ihnen war das Recht, Widerspruch einzulegen, bekannt. Sie haben es umgehend nach Erhalt der Bescheide noch im Dezember 1988 ausgeübt. Der Senat hat entschieden, daß ihnen die Vorverfahrenskosten zu erstatten sind.
Das LSG hat die Bescheide nicht als nichtig behandelt, weil sie die erlassende Behörde nicht hätten erkennen lassen (Nichtigkeitsgrund des § 40 Abs 2 Nr 1 SGB X); es hat dieses nicht näher begründet. Dieses ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Verwaltungsakt braucht die erlassende Behörde nicht ausdrücklich zu bezeichnen; er muß sie lediglich erkennen lassen. Die Bescheide trugen in der Kopfleiste die Bezeichnung der beklagten Krankenkasse, des Versicherungsträgers, und enthielten ferner die Anschrift der Bezirksgeschäftsstelle. Ob allein die Angabe des Versicherungsträgers ausreicht, weil er eine Behörde iS des § 1 Abs 2, § 40 Abs 2 Nr 1 SGB X ist, kann offenbleiben; die Organe eines Versicherungsträgers (Vertreterversammlung, Vorstand und Geschäftsführer) sind selbst keine Behörden, sondern haben nach § 31 Abs 3 SGB IV lediglich die Eigenschaft von Behörden. Selbst wenn jedoch § 40 Abs 2 Nr 1 SGB X die Erkennbarkeit auch des handelnden Organs verlangen sollte, ergibt sich für einen verständigen Empfänger, daß Beitragsbescheide der vorliegenden Art vom Geschäftsführer (seinem Vertreter oder Beauftragten) kommen. Denn der Erlaß solcher Bescheide, die bei länger bestehenden Versicherungsverhältnissen immer wieder ergehen, gehört nach Maßgabe des § 31 Abs 2 und des § 36 Abs 1 SGB IV zu den laufenden Verwaltungsgeschäften und damit zum Zuständigkeitsbereich des Geschäftsführers, nicht hingegen zum Aufgabenbereich der Vertreterversammlung oder des Vorstandes (vgl §§ 33, 35 SGB IV). Unter diesen Umständen konnte das LSG davon ausgehen, daß für die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) die erlassende Behörde erkennbar war, zumal sie wußten, wo sie ihre Widersprüche anbringen mußten und diese bei der Beklagten auch an die Widerspruchsstelle gelangt sind. Daß für sie die erlassende Behörde nicht erkennbar war, haben die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) beim LSG nicht geltend gemacht; ihrem Vorbringen zum Bescheidverfasser brauchte das LSG dieses nicht zu entnehmen. Die Vermutung, die Bescheide könnten auch von der Vertreterversammlung oder dem Vorstand der Beklagten stammen, ist von der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 2) bis 5) erstmals im Revisionsverfahren geäußert worden.
4. Ob die von den Revisionen vorgebrachten, nicht durchgreifenden Nichtigkeitsgründe die Bescheide von Dezember 1988 zusätzlich zur damals noch fehlenden Rechtsgrundlage rechtswidrig machten, kann offenbleiben. Jedenfalls sind die Bescheide in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26. September 1989 rechtmäßig, soweit darin die Beitragserhöhung vom 1. Januar 1989 an bestätigt wurde. Für Verfahrens- und Formfehler gelten dabei die §§ 41 und 42 SGB X.
Die von der Widerspruchsstelle beschlossenen Widerspruchsbescheide selbst sind ebensowenig nichtig wie die Ausgangsbescheide von Dezember 1988. Soweit die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) dieses im Berufungsverfahren geltend gemacht haben, brauchte das LSG dem nicht nachzugehen, weil die vorgebrachten Tatsachen eine solche Annahme nicht stützten. Soweit die Revisionen die Nichtigkeit der Widerspruchsbescheide mit zusätzlichem weiteren Tatsachenvortrag begründen, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen im Revisionsverfahren, das unbeachtlich ist.
Als die Widerspruchsbescheide vom 26. September 1989 ergingen, war das GRG und damit auch § 240 Abs 4 SGB V am 29. Dezember 1988 verkündet worden und am 1. Januar 1989 in Kraft getreten, so daß von diesem Zeitpunkt an für die Bescheide von Dezember 1988 in § 240 Abs 4 SGB V eine Rechtsgrundlage bestand. Insofern bedurfte es keiner Satzungsregelung zu den beitragspflichtigen Mindesteinnahmen. Hierfür war vielmehr § 240 Abs 4 SGB V selbst die Rechtsgrundlage. Dieses hat der Senat bereits entschieden (BSGE 70, 13, 16 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6). Daran wird festgehalten. Das Inkrafttreten der Vorschrift stellte eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse dar, die nach § 48 Abs 1 SGB X eine Aufhebung früherer Beitragsfestsetzungen durch die Bescheide von Dezember 1988 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide rechtfertigte.
Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) beanstanden zu Unrecht als verfassungswidrig, daß ihre Familie mit höheren Beiträgen belastet wird als die Familie eines gesetzlich Krankenversicherten, dessen Ehefrau und Kinder beitragsfrei familienversichert sind. Allerdings wurden der Beitragsbemessung bei der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 2) bis 5) im Jahre 1989 zusammen mit insgesamt 5.250 DM (5 × 1.050 DM aufgrund des § 240 Abs 4 SGB V) höhere Einnahmen zugrunde gelegt als bei einem Versicherten mit beitragsfrei versicherter Familie, bei dem Einnahmen nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze des § 223 Abs 3 SGB V und damit im Jahre 1989 bis zu monatlich 4.575 DM angesetzt wurden. Dieses führte bei der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 2) bis 5) im Jahre 1989 zu Monatsbeiträgen von zusammen 640 DM (5 × 128 DM), während der andere Versicherte für die gesamte Familie bei gleichem Beitragssatz monatlich höchstens etwa 560 DM zu tragen hatte. Dieser Unterschied beruht darauf, daß der zum Vergleich herangezogene Familienvater gesetzlich krankenversichert ist und diese Mitgliedschaft die beitragsfreie Familienversicherung für Ehefrau und Kinder einschließt (§ 10, § 3 Satz 3 SGB V). Demgegenüber ist in der Familie der Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) bis 5) der alleinverdienende Ehemann und Vater nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung. Er kann seiner Familie daher eine beitragsfreie Familienversicherung nicht vermitteln. Dazu ist auch die Klägerin zu 1) aufgrund ihrer eigenen Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht imstande, weil die Familienversicherung für ihren Ehemann an § 10 Abs 1 Nr 5 SGB V, die für ihre Kinder an § 10 Abs 3 SGB V scheitert. Soweit damit Angehörige nicht beitragsfrei in die Familienversicherung einbezogen und selbst (beitragspflichtiges) Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung geworden sind, müssen sie jeweils den vorgeschriebenen Beitrag entrichten. Eine Regelung, nach der mehrere selbst, dh nicht als Angehörige Versicherte einer Familie zusammen maximal einen einzigen Höchstbeitrag zu tragen hätten, besteht nicht und ist auch nicht geboten.
Die Verdopplung der Mindestbeiträge vom 1. Januar 1989 an verletzt die freiwillig Versicherten nicht in einem Grundrecht. Das hat der Senat bereits entschieden (BSGE 70, 13 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6; SozR 3 aaO Nr 7). Diese Urteile betrafen den freiwillig versicherten schwerbehinderten Sohn eines nicht gesetzlich krankenversicherten Beamten bzw die beiden freiwillig versicherten Kinder eines ebenfalls nicht gesetzlich krankenversicherten selbständig erwerbstätigen Rechtsanwalts. Der Senat konnte sich aus den in diesen Urteilen genannten Gründen auch im vorliegenden Verfahren nicht von der Verfassungswidrigkeit der Beitragserhöhung nach § 240 Abs 4 SGB V überzeugen. Sie betraf hier allerdings fünf freiwillig Versicherte einer Familie und führte zu einem Anstieg des monatlichen Beitrags von 64 DM auf 128 DM pro Mitglied und damit insgesamt von 320 DM auf 640 DM für diese Familienmitglieder. Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) waren, wenn ihnen die Beitragsbelastung zu hoch war, zum Austritt berechtigt, worauf die Beklagte in ihren Bescheiden von Dezember 1988 hingewiesen hat (Kündigungsrecht). Der Ehemann und Vater konnte für sie Beihilfe in Anspruch nehmen, im übrigen eine Restkostenversicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen abschließen und dadurch die Beitragsbelastung verringern. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) diesen Weg sämtlich oder in der Mehrzahl nicht hätten beschreiten können. Die Kläger zu 2) bis 5) sind nach ihrem Vortrag auch zum Ablauf des Jahres 1989 aus der Versicherung ausgeschieden; nur die Klägerin zu 1) ist Mitglied der Beklagten geblieben.
5. Die an die Klägerin zu 1) gerichteten weiteren Bescheide vom 20. April 1989 und vom 18. Mai 1989 sind ebenfalls nicht nichtig. Mit ihnen wurde der Beitrag der Klägerin zu 1) weiter auf monatlich 273 DM erhöht. Dabei wurden, wie aus dem Tatbestand dieses Urteils ersichtlich, die Ehegatteneinnahmen herangezogen, um Freibeträge für die Kinder vermindert und das so verbleibende Einkommen höchstens bis zur Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze der Klägerin zu 1) zugerechnet. Dieses Verfahren hat die Beklagte sinngemäß auf § 15 Abs 6 Buchst d ihrer neuen Satzung gestützt. Diese ist am 8. April 1989 von der Vertreterversammlung verabschiedet, am 8. Mai 1989 vom Bundesversicherungsamt genehmigt und am 23. Mai 1989 im Bundesanzeiger bekanntgemacht worden (BAnz Nr 94/1989 vom 23. Mai 1989 S 2537 ff). Sie ist mit Wirkung zum 1. Januar 1989 in Kraft getreten und hat sich damit Rückwirkung beigemessen. Die Klägerin zu 1) hält die Bescheide für nichtig, weil bei ihrem Erlaß eine die genannte Berechnung rechtfertigende Satzungsregelung noch nicht genehmigt, jedenfalls noch nicht bekanntgemacht gewesen sei und daher eine Rechtsgrundlage für den höheren Beitrag noch nicht bestanden habe. Letzteres trifft indes nicht zu, so daß die aus diesem Grunde geltend gemachte Nichtigkeit entfällt. Da sich bei der beklagten Ersatzkasse das Beitragsrecht der freiwilligen Mitglieder nach der Satzung richtete, hatte die Beklagte bis 1988 die Beiträge in ihren Versicherungsbedingungen (VB) geregelt, die Bestandteil ihrer damaligen Satzung waren. Abschnitt D der VB (Beiträge und Einstufung der Nichtversicherungspflichtigen) enthielt unter Nr 6 für die Beitragsberechnung einkommensloser freiwillig Versicherter wie der Klägerin zu 1) eine Regelung, die inhaltlich der in § 15 Abs 6 Buchst d der neuen Satzung des Jahres 1989 entsprach. Die Regelung der früheren VB galt insofern fort, obwohl die 12. AufbauVO als Rechtsgrundlage für eine Satzungsregelung mit Wirkung vom 1. Januar 1989 aufgehoben wurde (Art 79 Abs 1, Abs 6 Nr 7 GRG). Denn untergesetzliches Recht tritt mit dem Entfallen der gesetzlichen Grundlage nicht ohne weiteres außer Kraft (BSG SozR 3-2200 § 180 Nr 3). Das gilt hier jedenfalls deswegen, weil das neue Recht in § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V nunmehr bei allen Krankenkassen die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der Satzung übertrug und die frühere Regelung über die Heranziehung des Ehegatteneinkommens auch inhaltlich mit § 240 SGB V vereinbar war. Die neue Satzungsregelung stellt sich damit hinsichtlich der Anrechnung des Ehegatten-Einkommens für die Zeit vom 1. Januar 1989 an lediglich als Übernahme und Fortführung des bisherigen Rechtszustandes dar, was insofern Bedenken gegen ein rückwirkendes Inkrafttreten der neuen Satzung ausschließt. Hinsichtlich der übrigen behaupteten Nichtigkeitsgründe gelten die Ausführungen unter 3. entsprechend.
6. Die an die Klägerin zu 1) gerichteten Bescheide vom 20. April 1989 und vom 18. Mai 1989 in der Gestalt des ihr erteilten Widerspruchsbescheides vom 26. September 1989 sind jedoch rechtswidrig. Die Beklagte hat nicht beachtet, daß sie kurz zuvor den Bescheid von Dezember 1988 erlassen hatte. Diesen Bescheid durfte sie jedoch nicht übergehen, zumal er nicht nichtig war.
Die Beklagte hatte die Klägerin zu 1) mit dem Bescheid von Dezember 1988 in eine neue Versicherungsklasse umgestuft. Der Bescheid enthielt keinen Vorbehalt des Inhalts, daß zunächst nur die höheren Mindestbeiträge festgesetzt würden und eine Einstufung unter Berücksichtigung des Ehegatteneinkommens erst später erfolgen werde; er ist auch nicht in diesem Sinne aufzufassen. Offenbleiben kann, ob der Bescheid von Dezember 1988 wegen der Nichtberücksichtigung des Ehegatteneinkommens rechtmäßig oder rechtswidrig war. Durfte die Beklagte wegen früherer Vorgänge, insbesondere wegen eines im Jahre 1982 abgeschlossenen Vorprozesses oder etwaiger in der Folgezeit bis Dezember 1988 erlassener, vom LSG nicht festgestellter Bescheide das Ehegatteneinkommen schon bei der Umstufung im Dezember 1988 nicht mehr berücksichtigen, so war der Bescheid von Dezember 1988 in dieser Hinsicht rechtmäßig und seine Rücknahme durch die weiteren Bescheide vom 20. April 1989 und 18. Mai 1989 ausgeschlossen; die späteren Bescheide wären dann schon aus diesem Grunde rechtswidrig. Rechtswidrig zugunsten der Klägerin zu 1) war der Bescheid von Dezember 1988 hinsichtlich der Nichtberücksichtigung des Ehegatteneinkommens nur, wenn dessen Anrechnung rechtlich noch zulässig war. Auch in diesem Falle war der Bescheid jedoch für die Beklagte bindend. Ihr war das Ehegatteneinkommen seit langem bekannt. Wenn es bei ihr in Vergessenheit geraten war, weil sie über das Versicherungsverhältnis der Klägerin zu 1) anscheinend keine fortlaufenden Akten geführt hat, sie aber dennoch den Bescheid von Dezember 1988 erlassen hat, so geht das zu ihren Lasten. Der Bescheid von Dezember 1988 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (BSGE 70, 13, 16 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6). Er konnte – bei Rechtmäßigkeit und Rechtswidrigkeit – nur entweder wegen einer nachträglichen wesentlichen Änderung der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse nach § 48 SGB X aufgehoben oder – bei Rechtswidrigkeit – nach § 45 SGB X zurückgenommen werden.
Die Beklagte hat die Erhöhung des Beitrags über den neuen Mindestbeitrag hinaus mit den Bescheiden vom 20. April 1989 und vom 18. Mai 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 1989 darauf gestützt, daß nach Abschluß des Vorprozesses im Jahre 1982 wegen der Berücksichtigung von Ehegatteneinkommen in den VB ab 1. Januar 1983 eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 SGB X eingetreten sei. Dieses rechtfertigte die Erhöhung des Beitrags nach Erlaß des Bescheides von Dezember 1988 jedoch nicht mehr, weil eine solche Änderung nicht nach dem Erlaß, sondern schon vorher eingetreten war.
Die Beklagte konnte nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt höhere als die neuen Mindestbeiträge nur festsetzen, indem sie gleichzeitig den Bescheid von Dezember 1988 nach § 45 SGB X zurücknahm. Dieses erforderte jedoch die Ausübung von Ermessen, insbesondere weil die Beklagte schon lange zu niedrige Beiträge erhoben hatte und die Anhebung der Mindestbeiträge bei der Familie der Klägerin zu 1) zu einer erheblichen Mehrbelastung mit Beiträgen geführt hatte. Ermessenserwägungen sind den Bescheiden vom 20. April 1989 und vom 18. Mai 1989 sowie dem Widerspruchsbescheid nicht zu entnehmen. Dieses führt zu ihrer Aufhebung.
Ob und in welchem Umfang die Beklagte den Bescheid von Dezember 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 1989 später noch aufheben oder zurücknehmen konnte oder kann, ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung. Daß Folgebescheide ergangen sind, ergibt sich aus dem Urteil des LSG nicht.
7. In der Hauptsache waren hiernach auf die Revision der Klägerin zu 1) die Bescheide vom 20. April 1989 und vom 18. Mai 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 1989 wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben. Die entgegenstehenden Urteile der Vorinstanzen waren zu ändern bzw aufzuheben. Im übrigen, dh soweit die Feststellung der Nichtigkeit von Bescheiden begehrt wird und sich die Revision der Klägerin zu 1) gegen den Bescheid von Dezember 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 1989 richtet, war die Revision der Klägerin zu 1) zurückzuweisen. Entsprechend waren die Revisionen der Kläger zu 2) bis 5) in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat die Kostenerstattung durch die Beklagte in dem angeordneten Umfang für angemessen gehalten. Für eine Anwendung des § 192 SGG hat er keinen Anlaß gesehen.
Fundstellen