Leitsatz (amtlich)
Ein ähnlicher Bezug öffentlich-rechtlicher Art iS des AFG § 118 Nr 4 ist auch die Übergangsversorgung, die ein wegen Erreichens der tariflichen Altersgrenze ausgeschiedener Angestellter des Justizvollzugsdienstes nach der Sonderregelung 2n zum Bundes-Angestelltentarifvertrag vor Vollendung des 65. Lebensjahres aus Mitteln seines früheren Arbeitgebers von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder erhält.
Orientierungssatz
Ruhen des Arbeitslosengeldes - Auslegung des § 118 Nr 4 AFG - Verfassungsmäßigkeit bei Anwendung auf Empfänger der Übergangsversorgung:
1. Ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art iS des § 118 Nr 4 AFG sind nicht nur öffentlich-rechtliche Leistungen; auch privatrechtliche, den in § 118 Nr 4 AFG genannten Renten ähnliche Bezüge öffentlicher Träger können das Alg zum Ruhen bringen.
2. Zur Auslegung (Sinn und Zweck) des § 118 Nr 4 AFG.
3. Die Anwendung des § 118 Nr 4 AFG auf Empfänger der Übergangsversorgung verstößt weder gegen Art 3 Abs 1 noch Art 14 Abs 1 S 2 des Grundgesetzes.
Normenkette
AFG § 118 Nr. 4 Fassung: 1969-06-25; BAT; VBLSa; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 14 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1949-05-23
Verfahrensgang
SG Detmold (Entscheidung vom 30.08.1977; Aktenzeichen S 12 Ar 7/76) |
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 07.06.1979; Aktenzeichen L 9 (16) Ar 66/77) |
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und gegen die Rückforderung gezahlten Algs.
Der 1914 geborene Kläger war bis zum 30. Juni 1975 Justizvollzugsangestellter des Landes Nordrhein-Westfalen. Sein Arbeitsverhältnis endete wegen Erreichens der Altersgrenze für Angestellte im Justizvollzugsdienst, die im Werkdienst oder im Sanitätsdienst tätig sind (vgl Nrn 1 und 7 der Sonderregelung -SR- 2 n zum Bundes-Angestelltentarifvertrag -BAT- idF des § 1 Nr 8 des 35. Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung des Bundes-Angestelltentarifvertrages vom 4. Oktober 1974 -TV-, Ministerialblatt Nordrhein-Westfalen 1974, 1986). Die Beklagte gewährte dem Kläger ab 1. Juli 1975 Alg für 312 Tage. Diese Bewilligung hob sie mit Bescheid vom 21. September 1975 auf und forderte die bis zum 30. August 1975 gezahlten 2.093,50 DM zurück, da der Kläger seit dem 1. Juli 1975 von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) eine Übergangsversorgung (von monatlich brutto 1.447,30 DM) erhalte; diese Versorgung sei dem Altersruhegeld der gesetzlichen Rentenversicherung ähnlich und bewirke nach § 118 Nr 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) das Ruhen des Alg. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 1975; Urteil des Sozialgerichts Detmold -SG- vom 30. August 1977).
Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG) durch Urteil vom 7. Juni 1979 das Urteil des SG abgeändert und den Bescheid idF des Widerspruchsbescheids aufgehoben. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Berufung sei in vollem Umfange zulässig. Die Rückforderung übersteige den in § 149 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Betrag, und die Aufhebung betreffe die Bewilligung für 312 Tage, mithin nicht nur für einen zurückliegenden Zeitraum bis zu drei Monaten. Die Berufung sei auch begründet. Die Übergangsversorgung, die der Kläger erhalte, zähle nicht zu den ähnlichen Bezügen öffentlich-rechtlicher Art iSd § 118 Abs 1 Nr 4 AFG. Zwar sei die VBL ein öffentlicher Träger, nämlich eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Auch sei einzuräumen, daß die Übergangsversorgung aus dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze resultiere und der Sicherstellung des Lebensunterhalts diene. Es handele sich jedoch nicht um Bezüge öffentlich-rechtlicher, sondern privatrechtlicher Natur. Dies folge aus der Satzung der VBL. Diese gehe davon aus, daß sich die VBL gegenüber ihren Versicherten privatrechtlich betätige. Für eine hoheitliche Regelung fehle es zudem an einer gesetzlichen Grundlage. Entsprechend sehe die Satzung keinen Verwaltungszwang zur Durchsetzung ihrer Ansprüche, insbesondere der Beitragsforderungen, vor. Gegen ein privatrechtliches Versicherungsverhältnis spreche auch nicht die Tatsache, daß die Gesamtversorgung der Angestellten im öffentlichen Dienst eng an das Beamtenrecht angelehnt sei; eine private Zusatzversorgung könne durchaus neben der öffentlich-rechtlichen Versicherungspflicht nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) und dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) bestehen. Anders als gegenüber Beamten habe die öffentliche Hand die Versorgung ihrer Angestellten freiwillig übernommen; der Rechtscharakter der Versorgung der nichtbeamteten Arbeitnehmer könne sich daher durchaus von der Beamtenversorgung unterscheiden. Die Versorgung der Angestellten im öffentlichen Dienst beruhe zudem auf tarifvertraglichen Regelungen, in denen eine Versicherungspflicht begründet worden sei; der Tarifvertrag schaffe jedoch keine öffentlich-rechtlichen Beziehungen, sondern gehöre dem Privatrecht an. Der Satzung der VBL komme die Bedeutung einer Benutzungsordnung zu, die das Benutzungsverhältnis dem bürgerlichen Recht zuordne; sie werde kraft vertraglicher Unterwerfung verbindlich. Hieraus folge, daß die aus der Versicherung entspringenden Rechte privatrechtlicher Natur seien. Demgegenüber griffen allgemeine Bedenken, wonach § 118 Abs 1 Nr 4 AFG die Gewährung von zwei den Lebensunterhalt regelmäßig sicherstellenden Leistungen mit Lohnersatzfunktion verhindern solle, nicht durch. Das Gesetz stelle auf Bezüge "öffentlich-rechtlicher Art", nicht auf Bezüge von einem öffentlichen Träger ab. Unbestritten führten Werkspensionen und Zahlungen ähnlicher Art von privater Seite nicht zum Ruhen des Alg. Gerade beim Kläger werde der Charakter der betrieblichen Altersversorgung besonders deutlich, da die Übergangsversorgung nicht aus Beitragsmitteln der VBL, sondern aus Mitteln des Arbeitgebers des Klägers zur Verfügung gestellt werde.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG durch das LSG und führt insbesondere aus: Diese Vorschrift habe eine Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln vermeiden sollen. Entscheidend sei daher die Rechtsform des Leistungsträgers (vgl Urteile des Senats vom 3. November 1976 - 7 RAr 2/76 und 7 RAr 115/75). Auch zu der früheren Vorschrift des § 7 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) habe das Bundessozialgericht (BSG) die Ansicht vertreten, daß Leistungen privatrechtlicher Natur, die ein öffentlich-rechtlicher Träger gewähre, den Kindergeldanspruch ausschließe (Urteile vom 27. September 1973 - 7 RKg 16/70, 7. August 1974 - 7 RKg 13/73 - und 16. Dezember 1976 - 12/8 RKg 1/75). Bei dem Begriff "ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art" führe zudem die alleinige Anknüpfung an die Rechtsnatur der Leistung zu unüberwindlichen Schwierigkeiten, wenn es sich um die Leistung eines ausländischen Trägers handele, nach dessen nationalem Recht nicht zwischen öffentlichem und privatem Recht unterschieden werde. Schließlich sei darauf hinzuweisen, daß die Übergangsversorgung des Klägers lediglich nach der Satzung der VBL berechnet werde, aber keine Zusatzversicherung sei; sie werde vielmehr anstelle der später in gleicher Höhe gezahlten Versorgungsrente gewährt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung
des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verweist auf das LSG-Urteil und erwidert, die Beklagte übersehe, daß der öffentlich-rechtliche Leistungsträger die Übergangsversorgung nicht in seiner Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Institution, sondern auf privatrechtlicher Grundlage zahle. Der § 7 BKGG sei mit § 118 Abs 1 Nr 4 AFG nicht zu vergleichen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
Zutreffend hat das LSG die Berufung in vollem Umfange als zulässig angesehen. Ein Grund, der nach den §§ 144 bis 149 SGG die Berufung ausschließt, liegt nicht vor. Der angefochtene Bescheid hat die Bewilligung des Alg für 312 Tage ab 1. Juli 1975 ersatzlos aufgehoben. Streitig ist somit nicht ein Anspruch auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu drei Monaten (§ 144 Abs 1 Nr 2 SGG). Nach dem Bescheid soll der Kläger keine Leistungen erhalten. Es ist nicht etwa der Beginn der Leistung aufgeschoben worden. Die Berufung betrifft daher nicht den Beginn der Leistung (§ 147 SGG). Die Rückforderung von 2.093,50 DM unterfällt, da sie den Beschwerdewert von 1.000,-- DM übersteigt, schließlich nicht dem Berufungsausschluß nach § 149 SGG.
In der Sache kann dem LSG allerdings nicht gefolgt werden. Soweit die Bewilligung von Alg aufgehoben worden ist, ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig.
Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem AFG bewilligt worden sind, werden nach § 151 Abs 1 AFG vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Hierauf beruft sich die Beklagte zu Recht.
Der Anspruch des Klägers auf Alg ruht ab 1. Juli 1975, da ihm Übergangsversorgung seit diesem Zeitpunkt zuerkannt ist.
Nach § 118 Nr 4 AFG in der hier anwendbaren ursprünglichen Fassung (jetzt § 118 Abs 1 Nr 4 AFG) ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen Altersruhegeld aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Angestellten, Knappschaftsruhegeld oder Knappschaftsausgleichsleistung aus der knappschaftlichen Rentenversicherung oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art für eine Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres zuerkannt ist. Zu den ähnlichen Bezügen öffentlich-rechtlicher Art, die den Anspruch auf Alg zum Ruhen bringen, gehört auch die Übergangsversorgung nach dem TV.
Ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art sind solche Leistungen, die die gleichen gemeinsamen und typischen Merkmale aufweisen wie die ausdrücklich in § 118 Nr 4 AFG genannten Ruhegelder und Ausgleichsleistungen der gesetzlichen Rentenversicherungen für eine Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres. Abgesehen von der öffentlich-rechtlichen Art der Bezüge kommen daher, wie der Senat schon entschieden hat, nur solche Leistungen in Betracht, die bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gewährt werden und ihrer Gesamtkonzeption nach so bemessen sind, daß sie im allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellen (BSGE 41, 177, 179 = SozR 4100 § 118 Nr 2; BSGE 43, 26, 30 f = SozR 4100 § 118 Nr 3). Diese beiden Merkmale weist auch die Übergangsversorgung des Klägers auf. Sie wird wegen des Erreichens einer bestimmten Altersgrenze gewährt; sie beginnt nämlich mit der tarifmäßigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl Nr 6 Abs 1 SR 2 n). Das Arbeitsverhältnis endet, ohne daß es einer Kündigung bedarf, in demselben Zeitpunkt, in dem ein entsprechender vergleichbarer Beamter im Justizvollzugsdienst aufgrund der Vorschriften des Landesbeamtengesetzes über die besondere Altersgrenze für Beamte im Justizvollzugsdienst in den Ruhestand tritt (vgl Nr 7 aaO), dh zum Ende des Monats, in dem der Angestellte das 60. Lebensjahr vollendet. Zu diesem Zeitpunkt treten nämlich in Nordrhein-Westfalen Beamte des Aufsichts- und Werkdienstes bei den Justizvollzugsanstalten nach § 198 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen idF des Dritten Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtengesetzes vom 11. Juli 1972 (GVBl NW S 192) in Verbindung mit § 192 des Gesetzes idF der Bekanntmachung vom 6. Mai 1970 (GVBl NW S 344) in den Ruhestand. Die Übergangsversorgung wird dem Angestellten nicht gewährt, weil er seines Alters wegen den Arbeitsplatz nicht mehr ausfüllt oder berufsunfähig ist, sondern weil er - wie der entsprechende Beamte - nicht mehr zu arbeiten braucht. Dies beweist der Umstand, daß die Übergangsversorgung enden soll, sobald der Empfänger erwerbs- oder berufsunfähig ist; denn der Anspruch auf Übergangsversorgung, der bis zum Beginn der Versorgungsrente der VBL, längstens jedoch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt wird, ruht, wenn und solange der Angestellte einen Rentenanspruch wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit nicht geltend macht (vgl Nr 6 Abs 1 Satz 2 aaO). Diese Ruhensvorschrift gilt auch, wenn der Angestellte einen Anspruch auf vorgezogenes Altersruhegeld oder Altersruhegeld wegen Erreichens der flexiblen Altersgrenze nicht geltend macht. Hierdurch bewirkt die Regelung einen möglichst frühen Rentenbezug. Die Übergangsversorgung selbst ermöglicht dem Angestellten einen auf die Vollendung des 60. Lebensjahres vorgezogenen Beginn des Lebensabends; die Versorgung soll, wie schon ihrer Bezeichnung zu entnehmen ist, den Angestellten in der Übergangszeit bis zum Eintritt der gesetzlichen Renten- bzw der Zusatzversicherung versorgen.
Die Übergangsversorgung stellt ferner ihrer Art nach, in der Zeit, für die sie gewährt wird, den Lebensunterhalt des Angestellten sicher. Maßgebend für die Ruhensregelung des § 118 Nr 4 AFG im Regelfall ist die versicherungsmäßige Versorgung, die der Gesetzgeber beim Altersruhegeld, Knappschaftsruhegeld und der Knappschaftsausgleichsleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung als gegeben ansieht. Entsprechend sind nur solche Bezüge diesen Renten ähnlich, die ihrer Gesamtkonzeption nach so bemessen sind, daß sie im allgemeinen den Unterhalt des Berechtigten decken. Ob die Leistung auch im Einzelfall den Lebensunterhalt sicherstellt, ist für die Ruhensregelung ohne Bedeutung; denn das Gesetz spricht die Rechtsfolge des Ruhens allein aufgrund des äußeren Tatbestandes der Zuerkennung der anderweitigen Versorgungsleistung aus (BSGE 41, 177, 181 und 183 f = SozR 4100 § 118 Nr 2; BSGE 43, 26, 34 = SozR 4100 § 118 Nr 3).
Die Übergangsversorgung entspricht diesen Anforderungen. Monatlicher Betrag der Übergangsversorgung ist der Betrag, der sich nach der Satzung der VBL als Gesamtversorgung ergeben würde, wenn im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Versicherungsfall eingetreten wäre (Nr 6 Abs 2 aaO). Die Gesamtversorgung, die auf der Grundlage der gesamtversorgungsfähigen Zeit und des gesamtversorgungsfähigen Entgelts berechnet wird (§ 41 Abs 1 der Satzung der VBL vom 22. Dezember 1966 - BAnz Nr 239 - idF der 11. Änderung vom 12. Februar 1975 - BAnz Nr 36 -), soll die Altersversorgung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes dem Ruhegehalt der Beamten anpassen. Sie beträgt, wenn für mindestens 60 Kalendermonate Pflichtbeiträge entrichtet sind, bis zur Vollendung einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 10 Jahren 35 vH des gesamtversorgungsfähigen Entgelts, steigt in den folgenden 15 Jahren um jährlich 2 vH und später um jährlich 1 vH bis zu höchstens 75 vH des Entgelts (§ 41 Abs 2 der Satzung). Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur Zeiten der Pflichtversicherung bei der VBL, sondern zur Hälfte auch die sonstigen Zeiten, die in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden (vgl § 42 der Satzung), während das gesamtversorgungsfähige Entgelt in der Regel nach dem Durchschnitt der Arbeitsentgelte der letzten drei Jahre bestimmt wird (vgl § 43 der Satzung). Die Gesamtversorgung ist schließlich entsprechend den Veränderungen der Bezüge der Versorgungsempfänger des Bundes zu erhöhen oder zu vermindern (§ 56 der Satzung). Die Gesamtversorgung ist in der Regel höher als die Renten, die die gesetzlichen Rentenversicherungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vorsehen. Daher stellt die der Gesamtversorgung entsprechende Übergangsversorgung im allgemeinen den Lebensunterhalt sicher.
Weil die Übergangsversorgung den Lebensunterhalt sicherstellt, ruht die Übergangsversorgung, soweit sie zusammen mit Arbeitseinkünften jeglicher Art das ihr zugrundeliegende Entgelt übersteigt (Nr 6 Abs 2 Buchst e SR 2 n). Insoweit hat der TV eine ähnliche Regelung wie bei den Altersruhegeldern nach § 1248 RVO, § 25 AVG und § 48 Abs 1 Nr 1, Abs 2 und Abs 3 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) vorgesehen, da auch diese Leistungen wegfallen, wenn bestimmte Verdienstgrenzen überschritten werden. Dies unterstreicht, daß die Übergangsversorgung für den betroffenen Personenkreis gewissermaßen das allgemeine Rentenalter vorverlegen wollte; gleichzeitig wird hieran deutlich, daß die Übergangsversorgung nicht lediglich einen Zuschuß zu anderweitigen, für die Sicherstellung des Lebensunterhaltes erforderlichen Einkünften darstellen soll. Mit der Zuverdienstmöglichkeit entfällt für die Übergangsversorgung weder das Merkmal des Lohnersatzes, noch fehlt es deswegen an einer für die Altersruhegelder typischen und damit für die Vergleichbarkeit wesentlichen Voraussetzung, dem "Ausscheiden aus dem Erwerbsleben". Zwar wurde die Regelung des § 118 Nr 4 AFG auch mit der Erwägung begründet, daß der davon betroffene Personenkreis als regelmäßig aus dem Arbeitsleben ausgeschieden betrachtet werden könne (vgl BT-Drucks V/2291 S 57, 82 zu § 108). Dieser Erwägung liegt allerdings nicht der Gedanke zugrunde, daß eine Erwerbstätigkeit in diesen Fällen nicht mehr möglich ist, sondern daß sie aufgrund der gewährten Versorgung in der Regel nicht mehr nötig oder den Umständen nach im allgemeinen nicht mehr erstrebt wird. Selbst die Möglichkeit, durch Weiterarbeit die Anwartschaft auf die gesetzliche Rentenversicherung zu verbessern, ändert an der Ähnlichkeit der Übergangsversorgung mit den in § 118 Nr 4 AFG genannten Altersruhegeldern nichts (vgl BSGE 41, 177, 183 = SozR 4100 § 118 Nr 2).
Die Übergangsversorgung ist schließlich ein Bezug "öffentlich-rechtlicher Art" iSd § 118 Nr 4 AFG. Zu diesem Tatbestandsmerkmal hat der Senat bislang ausgeführt, die Leistung müsse von einem öffentlichen Träger gewährt werden. Ob Träger der Leistung die VBL ist, die die Übergangsversorgung zahlt, oder das Land Nordrhein-Westfalen als Arbeitgeber, aus dessen Mitteln die VBL die Zahlung vornimmt (vgl Nr 6 Abs 6 SR 2 n), bedarf keiner Entscheidung; denn sowohl die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 der Satzung) als auch das Land sind öffentliche Träger, mag auch die VBL gegenüber ihren Versicherten und Beitragsschuldnern nicht auf Grund öffentlichen Rechts handeln. Ob nur solche Leistungen "Bezüge öffentlich-rechtlicher Art" sind, die aufgrund von Vorschriften des öffentlichen Rechts gewährt werden, hat der Senat noch nicht entschieden. Soweit über das Ruhen des Alg wegen des Bezugs ausländischer Leistungen zu befinden war, stellte sich diese Frage nicht, da in diesen Fällen das Ruhen des Alg wegen des ausländischen Rentenbezuges unmittelbar aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaften, dh nur in Verbindung mit § 118 AFG, folgte (BSGE 43, 26 = SozR 4100 § 118 Nr 3; Urteile vom 3. November 1976 - 7 RAr 115/75 und 2/76 -). Im übrigen hatte der Senat über die Ruhegehälter von Berufssoldaten zu entscheiden, die offensichtlich aufgrund von Vorschriften des öffentlichen Rechts gewährt werden (BSGE 41, 177; Urteil vom 11. Februar 1976 - 7 RAr 58/75 -; Urteil vom 31. August 1976 - 7 RAr 113/75 -). Der vorliegende Fall erfordert, wie das LSG zutreffend erkannt hat, eine Stellungnahme. Die Übergangsversorgung, die der Kläger aufgrund des TV über die VBL aus Mitteln seines früheren Arbeitgebers, dh des Landes Nordrhein-Westfalen, erhält, ist nämlich keine Leistung, auf die der Kläger nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften Anspruch hat. Rechtsbeziehungen zwischen der VBL und den bei ihr versicherten Personen gehören nach einhelliger Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes nicht zum öffentlichen Recht (BVerwGE 6, 200; BGHZ 48, 35; 69, 171, 175 mwN; BSGE 34, 226). Das gleiche gilt für Rechtsbeziehungen des Klägers und dem Land Nordrhein-Westfalen aus seinem früheren Arbeitsverhältnis. Nichts anderes kann für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der VBL im Hinblick auf die Übergangsversorgung gelten, die die VBL aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen zahlt. Entgegen der Ansicht des LSG sind jedoch ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art iSd § 118 Nr 4 AFG nicht nur öffentlich-rechtliche Leistungen; auch privatrechtliche, den in § 118 Nr 4 AFG genannten Renten ähnliche Bezüge öffentlicher Träger können das Alg zum Ruhen bringen.
Das Gesetz spricht nicht von ähnlichen öffentlich-rechtlichen Bezügen oder ähnlichen Bezügen aufgrund öffentlichen Rechts. Der Wortlaut "ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art" ist vielmehr nicht eindeutig und somit der Auslegung fähig und bedürftig. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Bezüge auf öffentlichem oder privatem Recht beruhen.
Der § 118 Abs 4 AFG beruht auf der Überlegung, daß der gleichzeitige Bezug von Alg und den dort genannten Renten der Sozialversicherung entbehrlich und innerhalb eines Gesamtsystems der sozialen Sicherung sogar systemwidrig erscheint, weil jede der Leistungen ihrer Art nach den Lebensunterhalt sicherstellen soll. Grundgedanke der Vorschrift ist es mithin zunächst, eine Doppelversorgung aus dem System der Sozialversicherung zu vermeiden. Die Sicherstellung des Lebensunterhalts durch Leistungen der Arbeitslosenversicherung ist aber auch dort entbehrlich, wo die öffentliche Hand außerhalb der Sozialversicherung gleichartige Leistungen mit Lohnersatzfunktion gewährt. Daher hat der Gesetzgeber "ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art" in § 118 Nr 4 AFG einbezogen; typisches Beispiel ist das Ruhegehalt eines Soldaten, der kraft Gesetzes vor Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand tritt (vgl BSGE 41, 177). Mithin geht der Zweck der Vorschrift nicht allein dahin, eine Doppelversorgung aus der Sozialversicherung zu vermeiden; vielmehr sollen allgemein zwei gleichzeitige Leistungen mit Lohnersatzfunktion aus öffentlichen Kassen verhindert werden (BSGE 41, 177, 181 und 185 = SozR 4100 § 118 Nr 2; BSGE 43, 26, 27 = SozR 4100 § 118 Nr 3). Von diesem Zweck her ist es unerheblich, ob der Rechtsgrund, aus dem heraus die Bezüge gezahlt werden, dem öffentlichen oder privaten Recht zuzuordnen ist; von Bedeutung ist vielmehr, ob die Bezüge aus öffentlichen Mitteln stammen, dh aus Mitteln gezahlt werden, die für öffentliche Aufgaben vorgesehen sind. Solche Mittel werden für die Übergangsversorgung in Anspruch genommen. Wie bei dem Ruhegehalt eines Beamten des Aufsichts- und Werkdienstes, dem die Gruppe, der der Kläger angehört, durch den TV gleichgestellt werden sollte, handelt es sich bei der Übergangsversorgung nämlich letztlich um Aufwendungen für den dem Staat vorbehaltenen Strafvollzug. Der Gesetzeszweck, zwei gleichzeitige Leistungen mit Lohnersatzfunktion aus öffentlichen Kassen zu vermeiden, verbietet es daher, im Rahmen des § 118 Nr 4 AFG die Übergangsversorgung des Klägers anders zu behandeln als das Ruhegehalt eines vergleichbaren Beamten, dem der Kläger durch die Übergangsversorgung gleichgestellt werden sollte. Auch das Ruhegehalt des mit dem Kläger vergleichbaren Beamten des Justizvollzugsdienstes unterfällt § 118 Nr 4 AFG; auch einem solchen Beamten könnte, nachdem er eine Anwartschaft auf Alg erworben hat, Alg nicht gewährt werden. Daß das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der VBL bzw dem Land Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Übergangsversorgung nicht öffentlich-rechtlich ist, steht daher der Anwendung des § 118 Nr 4 AFG nicht entgegen. Ob auch Leistungen der VBL aus eigenen Mitteln oder entsprechende Leistungen aus der Staatskasse für einen früheren Angestellten eines Wirtschaftsbetriebs der öffentlichen Hand nach § 118 Nr 4 AFG zum Ruhen des Anspruchs auf Alg führen, ist hier nicht zu entscheiden.
Ist danach die Übergangsversorgung ein dem Altersruhegeld ähnlicher Bezug öffentlich-rechtlicher Art, ruht nach § 118 Nr 4 AFG das Alg des Klägers. Diese Rechtsfolge verletzt nicht Art 3 des Grundgesetzes (GG). Regelungen, die eine Doppelversorgung von Leistungen mit gleicher Zweckbestimmung verhindern sollen, sind unter dem Gesichtspunkt des Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfGE 31, 185, 193 f). Die Nichtanwendung des § 118 Nr 4 AFG auf Empfänger der Übergangsversorgung und die damit eintretende Doppelversorgung würde eine ungerechtfertigte Bevorzugung gegenüber den sonstigen von § 118 Nr 4 AFG erfaßten Personengruppen, insbesondere gegenüber den im Ruhestand lebenden ehemaligen Justizvollzugsbeamten darstellen (vgl BVerfG, Beschluß vom 11. März 1980 - 1 BvL 20/76, 1 BvR 826/76 - NJW 1980, 1738, 1740). Eine Ungleichbehandlung liegt daher nicht vor. Ebenso ist ein Verstoß gegen Art 14 GG nicht gegeben. Auch wenn die Anwartschaft bzw der Anspruch auf Alg dem Schutz des Art 14 GG unterliegen sollte, wäre § 118 Nr 4 AFG als Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums iSd Art 14 Abs 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da die Anordnung des Ruhens von Alg bei gleichzeitigem Bezug von Leistungen der in § 118 Nr 4 AFG bezeichneten Art Doppelleistungen mit gleicher Zweckbestimmung verhindern soll (BVerfG aaO, insoweit nicht abgedruckt).
Demnach ruhte das Alg des Klägers ab 1. Juli 1975. Wenn § 118 Nr 4 AFG davon spricht, daß der Anspruch "während der Zeit" ruht, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf die im einzelnen genannte Leistung zuerkannt ist, so ist damit der Zeitpunkt gemeint, von dem an die Leistung zusteht. Dies war der 1. Juli 1975. Daß die Übergangsversorgung dem Kläger erst später bewilligt und ausgezahlt worden ist, ist ohne Bedeutung. Der angefochtene Bescheid ist daher nicht zu beanstanden, soweit er die Alg-Bewilligung aufgehoben hat.
Ob der Bescheid auch hinsichtlich der Rückforderung rechtmäßig ist, läßt sich aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Zwar ist nach § 152 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG eine Leistung insoweit zurückzuzahlen, als der Empfänger einen Anspruch auf eine der in § 118 AFG genannten Leistungen hat und, wie das hier der Fall ist, die Entscheidung aus diesem Grunde aufgehoben worden ist. Jedoch soll in diesem Falle auf die Rückforderung verzichtet werden, soweit sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers nicht vertretbar wäre (§ 152 Abs 1 Satz 2 AFG). Anders als in den sonstigen Fällen des § 152 Abs 1 AFG ist bei der Rückforderung nach § 152 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG der Beklagten eine Ermessensbefugnis eingeräumt. Soweit die Rückforderung mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers nicht vertretbar ist, muß die Beklagte ihr Ermessen ausüben, dh, eine Entscheidung über den Verzicht treffen, soll die Rückforderung nicht schon wegen Nichtausübung des Ermessens fehlerhaft sein. Ob die Rückforderung ganz oder teilweise wirtschaftlich für den Kläger im Zeitpunkt der Rückforderung vertretbar war, hat das LSG nicht geprüft; hierzu war es von seinem Rechtsstandpunkt aus auch nicht veranlaßt. Es läßt sich daher nicht entscheiden, ob die Beklagte noch eine Ermessensentscheidung, die den Bescheiden selbst nicht entnommen werden kann, hätte treffen müssen, und ob die Rückforderung deshalb etwa rechtswidrig ist.
Die Sache ist daher insoweit zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen