Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 10.06.1987) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 10. Juni 1987 aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, der Klägerin wegen der Zahlung von Kurzarbeitergeld nebst Beiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung für die Arbeitnehmer B. und A. vom 22. bis 29. Oktober 1984 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen, und diesbezüglich der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 1986 aufgehoben worden ist.
In diesem Umfange wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist Kurzarbeitergeld (Kug) für die Zeit zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ende des Arbeitsverhältnisses der letzten beiden Arbeitnehmer der Klägerin.
Die Klägerin, ein Bauunternehmen, zeigte am 15. August 1984 der Beklagten an, daß sie wegen des schlechten Auftragsbestandes vom 1. September 1984 bis voraussichtlich 30. November 1984 die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ihrer vier (früher durchschnittlich sieben) Arbeitnehmer A. … (A), B. … (B), Jansen (J) und Kollmer (K) von 40 auf 16 Stunden mindern müsse. Auf die Anzeige erkannte die Beklagte an, daß die in den §§ 63 und 64 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) genannten Voraussetzungen für die Gewährung von Kug erfüllt seien und den vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmern ab 1. September 1984 für die Zeit des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen, längstens jedoch bis zum 30. November 1984, Kug gewährt werde (Bescheid vom 14. September 1984).
Tatsächlich kündigte die Klägerin J und K am 20. September 1984 zum 30. September 1984 und A und B am 22. Oktober 1984 zum 29. Oktober 1984, als sich endgültig abzeichnete, daß zwei Bauvorhaben erst später in Angriff genommen werden konnten. Im Frühjahr 1985 führte die Klägerin diese Bauvorhaben mit anderen Arbeitnehmern durch.
Nachdem der Beklagten die Kündigung der vier Arbeitnehmer bekannt geworden war, widerrief sie den Anerkennungsbescheid vom 14. September 1984 mit Wirkung vom 20. September 1984, hob den Bewilligungsbescheid vom 6. November 1984, mit dem sie das Kug und die Beitragszuschüsse zur Renten- und Krankenversicherung für September 1984 bewilligt hatte, mit Wirkung vom gleichen Tage auf, forderte die entstandenen Überzahlungen in Höhe von 1.245,06 DM zurück und lehnte die Gewährung von Kug für Oktober 1984 ab. Zur Begründung berief sich die Beklagte im wesentlichen darauf, daß seit dem 20. September 1984 durch die Gewährung von Kug nicht mehr zu erwarten gewesen sei, daß den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten blieben, wobei auf die überwiegende Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer in den letzten sechs Monaten vor Einführung der Kurzarbeit abzustellen sei. Die gewährten Leistungen hätten daher nicht mehr ihrem Zweck entsprechend verwendet werden können, was gemäß § 151 Abs 1 AFG zum Widerruf berechtige. Die Rückforderung stützte die Beklagte auf einen Widerrufsvorbehalt und eine von der Klägerin abgegebene Verpflichtungserklärung (Bescheid vom 10. Januar 1985, Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 1985).
Das Sozialgericht (SG) hat unter Zulassung der Berufung den Bescheid vom 10. Januar 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 1985 insoweit aufgehoben, als der Anerkennungsbescheid vom 14. September 1984 für die Zeit vor dem 30. Oktober 1984 und der Bewilligungsbescheid vom 6. November 1984 aufgehoben worden und der Kug-Antrag für Oktober 1984 abgelehnt worden ist; außerdem hat das SG die Beklagte verurteilt, Kug für Oktober 1984 nach den gesetzlichen Vorschriften zu zahlen (Urteil vom 26. Juni 1986).
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom 8. Dezember 1986 erlassen, der an die Stelle des vom SG aufgehobenen Bescheides vom 10. Januar 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 1985 treten sollte. In diesem Bescheid wiederholt die Beklagte sämtliche Verfügungen. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, auch im Rahmen eines Ermessens könne auf die Rücknahme des Kug-Anerkennungsbescheides für die Vergangenheit nicht verzichtet werden. Die Klägerin sei durch das Merkblatt für Kug darüber informiert worden, daß der Zweck darin bestehe, den Betrieben die eingearbeiteten Arbeitnehmer sowie den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze zu erhalten. Die Klägerin sei auch darauf hingewiesen worden, daß Kug zu versagen sei, sobald diese Zweckbestimmung nicht erreicht werden könne. Die Klägerin habe daher nicht mehr mit dem Fortbestand der Leistung rechnen können. Schließlich liege wegen der Höhe des zu erstattenden Betrages keine besondere Härte vor. Das öffentliche Interesse an einer einheitlichen Rechtsanwendung überwiege daher.
Das Landessozialgericht (LSG) hat unter Abänderung des Urteils des SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin wegen der Zahlung von Kug nebst Beiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung für A und B vom 22. bis 29. Oktober 1984 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen, im übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und den Bescheid vom 8. Dezember 1986 aufgehoben (Urteil vom 10. Juni 1987).
Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, der Bescheid vom 8. Dezember 1986 sei nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden. Er habe den bisherigen Bescheid ersetzt, soweit es um die Aufhebung oder den Widerruf des Anerkennungsbescheides vom 14. September 1984 und des Bewilligungsbescheides vom 6. November 1984 und die Rückforderung gehe. Dieser Bescheid vom 8. Dezember 1986 sei rechtswidrig. Die in ihm ausgesprochene Aufhebung lasse sich nicht auf § 151 Abs 1 AFG stützen, weil das Kug keine zweckgebundene Leistung sei, sondern ein Lohnersatz, den der Arbeitnehmer beliebig verwenden könne. Es sei aber auch in den Verhältnissen, die bei Erlaß der widerrufenen bzw aufgehobenen Bescheide vorgelegen hätten, keine wesentliche Änderung eingetreten, die die Beklagte nach § 48 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) zur Aufhebung berechtigt habe. Die Kündigung von J und K stelle nicht deshalb eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar, weil vom Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung an nicht mehr zu erwarten gewesen sei, daß durch Kug den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten blieben. Hierbei komme es nämlich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf das Zahlenverhältnis der gekündigten zu den ungekündigten Arbeitnehmern an, so daß die Kündigung von J und K den Leistungsanspruch von A und B nicht zum Wegfall habe bringen können. Zudem habe die Beklagte übersehen, daß auch Arbeitnehmern, denen gekündigt worden sei, Kug gewährt werden könne, solange sie keine andere Arbeit aufnehmen könnten (§ 65 Abs 1 Satz 3 AFG), wie das hier der Fall gewesen sei; die Vorschrift des § 63 Abs 1 Satz 1 AFG gelte insoweit nicht. Die Kug-Gewährung an gekündigte Arbeitnehmer stehe zwar im Ermessen der Beklagten, indessen stehe mangels Ermessensausübung nicht fest, daß die von der Beklagten aufgehobenen Bescheide nicht trotz der Kündigungen mit gleichem Inhalt ergangen wären. Die Beklagte habe sich zu § 65 Abs 1 Satz 3 AFG in keinem der Bescheide geäußert. Welche Entscheidung die Beklagte bei rechtmäßiger Ausübung des Ermessens getroffen hätte oder treffen werde, sei nicht sicher. Ob die Beklagte an einer erneuten Aufhebung durch Fristen oder durch § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X gehindert sei, könne hiernach dahingestellt bleiben. Seien die Aufhebungen rechtswidrig, entfalle auch ein Rückerstattungsanspruch der Beklagten.
Der Bescheid vom 8. Dezember 1986 habe allerdings die im Bescheid vom 10. Januar 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 1985 erfolgte Ablehnung des Leistungsantrages für Oktober 1984 nicht ersetzt, da insoweit kein Grund für eine Ersetzung bestanden habe und wegen dieses Streitgegenstandes auch nach Auffassung der Beklagten ein Ermessen nicht auszuüben gewesen sei. Es handele sich insoweit nur um eine nicht erforderliche und rechtlich bedeutungslose Bestätigung der in dem ursprünglich erteilten Bescheid vertretenen Rechtsauffassung. Insoweit sei die von der Beklagten aufrechterhaltene Berufung aus den vorher genannten Erwägungen unbegründet, soweit die Zeit vom 1. bis 21. Oktober 1984 betroffen sei. Dagegen sei die Berufung der Beklagten begründet, als das SG die Beklagte auch zur Leistung für die Zeit vom 22. bis 29. Oktober 1984 verurteilt habe. Insoweit komme nämlich wegen des Ermessensanspruchs nach § 65 Abs 1 Satz 3 AFG nur eine Verurteilung zur Bescheidung in Betracht.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung des § 63 Abs 1 Satz 1 AFG. Nach dieser Vorschrift sei die Gewährung von Kug nur bei einem vorübergehenden Arbeitsausfall zulässig. Ein solcher liege nur dann vor, wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussehbar sei, daß in absehbarer Zeit wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit gerechnet werden könne (BSG SozR 4100 § 63 Nr 2). Am 22. Oktober 1984 habe die Beendigung der Kurzarbeit im vorliegenden Falle durch die Entlassung sämtlicher Arbeitnehmer der Klägerin festgestanden. Eine Wiederaufnahme der Vollarbeit sei für alle bei Beginn der Kurzarbeit beschäftigten Arbeitnehmer nicht mehr in Betracht gekommen. Damit sei der Hauptzweck des Kug, dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer und den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze zu erhalten, nicht mehr zu erreichen gewesen. Unter diesen Umständen habe auch für eine Ermessensentscheidung nach § 65 Abs 1 Satz 3 AFG die unentbehrliche Grundlage der Erfüllung der Voraussetzungen nach § 63 Abs 1 Satz 1 AFG gefehlt. Das Urteil des Senats vom 9. September 1986 – 7 RAr 39/85 – BSGE 60, 222 = SozR 4100 § 65 Nr 3 stehe dem nicht entgegen. Anders als in dem seinerzeit entschiedenen Fall habe vorliegend seit dem 22. Oktober 1984 keine Aussicht mehr bestanden, daß die Arbeitsplätze erhalten blieben. Im übrigen habe der Senat selbst ausgeführt, daß § 65 Abs 1 Satz 3 AFG lediglich der Erwartungsregelung des § 63 Abs 1 Satz 1 AFG vorgehe, nicht aber den übrigen Voraussetzungen in § 63 Abs 1 Satz 1 AFG. Es sei mithin am 22. Oktober 1984 eine wesentliche Änderung eingetreten, die die Beklagte gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X berechtigt habe, den Anerkennungsbescheid mit Wirkung vom 22. Oktober 1984 aufzuheben, weil der gesetzliche Vertreter der Klägerin aufgrund der Erläuterungen in dem ihm übermittelten Merkblatt mühelos habe erkennen können und müssen, daß die Grundlage für die Weitergewährung von Kug und Zuschüssen zur Kranken- und Rentenversicherung für A und B entfallen gewesen sei. Die Klägerin sei durch die teilweise Aufhebung des Anerkennungsbescheides bzw durch die Nichtgewährung von Kug und der Zuschüsse zur Kranken- und Rentenversicherung ab 22. Oktober 1984 nicht in besondere wirtschaftliche Bedrängnis geraten. Es liege daher ein atypischer Sachverhalt, der die Beklagte zur Ausübung des Ermessens verpflichte, nicht vor. Im übrigen bedürfe der Bescheid über die Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Kug nicht der Aufhebung, wenn der erwartete künftige Eintritt betrieblicher Voraussetzungen ausbleibe. Es genüge, wenn in einem derartigen Falle das Kug versagt werde. Dementsprechend dürfte auch die Ablehnung der Zahlung von Kug für die Zeit vom 22. bis 29. Oktober 1984 zu Recht erfolgt sein. Dem Anerkennungsbescheid sei nämlich infolge des Wegfalls einer gleichsam betrieblichen Voraussetzung, nämlich des vorübergehenden Charakters des Arbeitsausfalls, die Rechtsgrundlage entzogen worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG und das Urteil des SG insoweit aufzuheben, als die Beklagte verurteilt wurde, der Klägerin wegen der Zahlung von Kug nebst Beiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung für die Arbeitnehmer B. … und A. … vom 22. bis 29. Oktober 1984 einen neuen Bescheid zu erteilen, und die Klage auch gegen den Bescheid vom 8. Dezember 1986 abzuweisen, soweit es um die Gewährung von Kug vom 22. bis 29. Oktober 1984 geht.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, daß die Voraussetzungen für die Bewilligung von Kug nebst Beiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung auch für die Zeit der Kündigungsfrist vorgelegen hätten. Daß während dieser Zeit Kug nicht schlechthin ausgeschlossen sei, ergebe sich aus § 65 Abs 1 Satz 3 AFG. Es handele sich insoweit um eine Kann-Vorschrift. Sei die Beklagte befugt, nach Ermessen zu handeln, sei sie zugleich verpflichtet, dieses Ermessen zu betätigen. Auf die Ausübung des Ermessens habe die Klägerin einen Anspruch. Fehle es an einer Ausübung des Ermessens, führe dies zur gerichtlichen Aufhebung der Entscheidung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten, die sich lediglich gegen die Entscheidungen des LSG bezüglich des Kug von A und B ab 22. Oktober 1984 und der von diesem Kug abhängigen Zuschüsse zu den vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträgen zur Renten- und Krankenversicherung richtet, ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Ob den Arbeitnehmern A und B, deren Ansprüche die Klägerin als Prozeßstandschafterin geltend zu machen berechtigt ist (BSGE 22, 181, 183 = SozR Nr 26 zu § 144 SGG; BSGE 38, 94, 95 f = SozR 1500 § 75 Nr 4), auch für die Zeit vom 22. bis 29. Oktober 1984 Kug zu gewähren ist, bestimmt sich nach den §§ 63 ff des AFG, das hier in der zuletzt durch das Gesetz zur Verbesserung des Wahlrechts für die Sozialversicherungswahlen vom 27. Juli 1984 (BGBl I 1029) geänderten Fassung anzuwenden ist. Auf § 65 Abs 1 Satz 1 AFG können Ansprüche der beiden Arbeitnehmer allerdings nicht gestützt werden. Nach dieser Vorschrift hat Anspruch auf Kug nämlich nur, wer ua nach Beginn des Arbeitsausfalls in einem Betrieb, in dem nach § 64 AFG Kug gewährt wird, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung (§ 168 Abs 1 AFG) ungekündigt fortsetzt oder aus zwingenden Gründen aufnimmt. Die Arbeitnehmer A und B setzten ihre beitragspflichtige Beschäftigung im Betrieb der Klägerin nach Beginn des Arbeitsausfalls zwar fort, seit dem 22. Oktober 1984 jedoch nicht mehr ungekündigt, nachdem ihnen an diesem Tage zum 29. Oktober 1984 gekündigt worden war. Seit dem Ausspruch der Kündigung können A und B daher nur noch auf der Grundlage des § 65 Abs 1 Satz 3 AFG Kug erhalten. Nach dieser Vorschrift kann Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis gekündigt ist, Kug gewährt werden, solange sie keine andere angemessene Arbeit aufnehmen können.
Anders als ungekündigte Arbeitnehmer können gekündigte Arbeitnehmer hiernach nur im Wege des Ermessens Kug erhalten. Die Arbeitsämter haben daher, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, ihr Ermessen auszuüben. Dabei können die Arbeitsämter das Kug nicht mit der Begründung ablehnen, nach dem Ausspruch der Kündigung sei hinsichtlich des gekündigten Arbeitnehmers die in § 63 Abs 1 Satz 1 AFG ausgesprochene Erwartung, daß durch die Kug-Zahlung dem Arbeitnehmer der Arbeitsplatz und dem Betrieb der eingearbeitete Arbeitnehmer erhalten bleibe, nicht mehr gerechtfertigt. Die anfänglich vorgesehene ausnahmslose Beschränkung des Kug auf ungekündigte Arbeitnehmer ist damit begründet worden, daß sich der Zweck des Kug, das Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten, bei gekündigten Arbeitnehmern nicht mehr erreichen lasse (vgl Begründung zu § 60 Abs 1 AFG-Entwurf, BT-Drucks V/2291 S 71). Wenn das Gesetz dann dennoch die Möglichkeit eröffnet hat, gekündigten Arbeitnehmern Kug zu gewähren, um zu vermeiden, gekündigte Arbeitnehmer während der Kurzarbeit uU nur auf den Kurzlohn zu verweisen (so die Begründung zum – geänderten – § 60 Abs 1 AFG-Entwurf, zu BT-Drucks V/4110 S 13), kann dies nur bedeuten, daß der Gesichtspunkt der Stabilisierung der Arbeitsverhältnisse bezüglich des Arbeitsverhältnisses des einzelnen gekündigten Arbeitnehmers bei der Ermessensentscheidung keine Rolle spielen darf; denn wenn einem Arbeitnehmer gekündigt worden ist, kann in keinem Falle mehr erwartet werden, daß durch die Gewährung von Kug an ihn ihm der Arbeitsplatz und dem Betrieb der eingearbeitete Arbeitnehmer erhalten bleiben (BSGE 60, 222, 226 = SozR 4100 § 65 Nr 3; Gagel, Komm zum AFG, Stand Januar 1990, § 65 Rz 25). Üben die Arbeitsämter ihr Ermessen nicht aus oder weist eine getroffene Ermessensentscheidung Fehler auf, verletzen die Ämter die betroffenen Arbeitnehmer in ihren Ansprüchen auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Eine Klage muß in diesen Fällen, wie das LSG richtig erkannt hat, zur Verurteilung der Beklagten führen, erneut über die Anträge zu befinden, und zwar unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Allerdings ist das Arbeitsamt nicht schon immer dann zur Ausübung des Ermessens nach § 65 Abs 1 Satz 3 AFG verpflichtet, wenn die gekündigten Arbeitnehmer keine andere angemessene Arbeit aufnehmen können, wie das nach den nicht angegriffenen Feststellungen, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat (§ 163 SGG), bei A und B in den hier streitigen acht Tagen der Fall war. § 65 Abs 1 Satz 3 AFG sieht lediglich hinsichtlich der in § 65 AFG geregelten persönlichen Anspruchsvoraussetzungen des Arbeitnehmers davon ab, ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zu verlangen. Wie ungekündigte Arbeitnehmer können daher auch gekündigte Arbeitnehmer nur dann Kug erhalten, wenn sie ua eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung in einem Betrieb ausüben, in dem nach § 64 AFG Kug gewährt wird (§ 65 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG). Wird also in einem Betrieb nicht oder nicht mehr nach § 64 AFG Kug gewährt, weil die Voraussetzungen dafür nicht gegeben oder entfallen sind, was hier in Betracht kommt, können auch gekündigte Arbeitnehmer, die infolge Arbeitsausfalls kein oder nur ein vermindertes Arbeitsentgelt beziehen, im Ermessenswege bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis kein Kug erhalten.
Der Senat setzt sich damit nicht in Widerspruch zu seinem Urteil BSGE 60, 222 = SozR 4100 § 65 Nr 3. Er hat dort nicht die Auffassung vertreten, daß gekündigten Arbeitnehmern im Wege des Ermessens unabhängig davon Kug gewährt werden darf, ob die Voraussetzungen nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG gegeben sind. Der seinerzeit zu entscheidende Fall hatte zur Beantwortung dieser Frage keine Veranlassung gegeben. Die damalige Klägerin hatte nicht alle Arbeitnehmer entlassen, sondern vier ungekündigt weiterbeschäftigt, und zwar zwei von ihnen in Kurzarbeit; für diese Arbeitnehmer hatte die Beklagte Kug gewährt. Nur für die gekündigten Arbeitnehmer hatte die Beklagte Kug abgelehnt; nur über deren Anspruch hatte der Senat zu entscheiden. Daß in dem Betrieb Kug zu gewähren war, war nicht zweifelhaft.
Mit Recht weist die Revision darauf hin, daß die Gewährung von Kug in dem Betrieb der Klägerin über den 21. Oktober 1984 hinaus nicht mehr mit § 63 Abs 1 Satz 1 AFG übereinstimmt. Nach dieser Vorschrift wird Kug Arbeitnehmern bei vorübergehendem Arbeitsausfall in Betrieben gewährt, in denen regelmäßig mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt ist, wenn zu erwarten ist, daß durch die Gewährung von Kug den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten werden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat schon entschieden, daß die – auch in diesem Falle praktizierte – Auffassung der Beklagten, die Aussicht auf Erhalt der Arbeitsplätze müsse für die Mehrzahl der in den letzten sechs Monaten vor Einführung der Kurzarbeit durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer gewährleistet sein, im Gesetz keine Stütze findet (SozR 4100 § 63 Nr 5). Es genügt, wenn die Arbeitsplätze für diejenigen Arbeitnehmer erhalten bleiben, die zu Beginn der angezeigten Kurzarbeit im Betrieb tätig sind (BSG aaO). Wann § 63 Abs 1 Satz 1 AFG zu verneinen ist, wenn ein Teil der Arbeitsplätze der Arbeitnehmer, die zu Beginn der Kurzarbeit tätig sind, erhalten bleibt, ein anderer dagegen nicht, ist hier nicht zu entscheiden. Jedenfalls wird § 63 Abs 1 Satz 1 AFG verfehlt, wenn feststeht, daß mit dem Ende der Kurzarbeit der Betrieb endgültig oder für nicht absehbare Zeit stillgelegt wird. Der Arbeitsausfall ist in einem solchen Falle nicht vorübergehend, sondern endgültig; auch ist nicht zu erwarten, daß durch die Gewährung von Kug über die Kurzarbeitszeit hinaus den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze erhalten werden noch dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer (Gagel, Komm zum AFG, Stand Januar 1990, § 63 Rz 22; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl 1988, § 63 Rz 14; LAG Düsseldorf BB 1974, 1347; Bayer LSG, Urteil vom 18. Januar 1979 – L 9/Al 185/77 –; LSG Baden-Württemberg ZIP 1985, 175).
Nun ist der Baubetrieb der Klägerin Ende Oktober 1984 nicht endgültig, sondern nur vorläufig unter Entlassung aller Arbeitnehmer geschlossen worden. In Fällen einer nur zeitlich für eine vorübergehende, nicht erhebliche Dauer geplanten Betriebspause (Betriebsunterbrechung) dürfte zwar etwas anderes gelten, wenn der Betrieb danach im wesentlichen mit der gleichen Belegschaft wieder aufgenommen wird; denn die vorübergehende Entlassung aller Arbeitnehmer braucht nicht in Widerspruch zu der Erwartung stehen, daß den Arbeitnehmern über die Zeit des Arbeitsausfalls hinaus die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten bleiben, so daß die Gewährung von Kug bis zur vorübergehenden Betriebsstillegung (Betriebspause, Betriebsunterbrechung) gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 AFG gerechtfertigt ist. Davon kann indes nur ausgegangen werden, wenn der vorübergehende Charakter der Betriebsschließung evident ist, und zwar auch in zeitlicher Hinsicht, und darüber hinaus die ernsthafte Absicht gegeben ist, die Betriebstätigkeit mit der bisherigen Arbeitnehmerschaft wieder aufzunehmen. Hierzu bedarf es sicherer Anhaltspunkte, zB der Zusicherung des Arbeitgebers zur Wiedereinstellung der Arbeitnehmer. An solchen Anhaltspunkten fehlt es hier. Weder behauptet die Klägerin etwas in dieser Richtung noch lassen die Feststellungen des LSG Umstände erkennen, die auf eine feste Absicht von Klägerin und Arbeitnehmern schließen lassen, bei Wiederaufnahme der Betriebstätigkeit im Frühjahr 1985 erneut Arbeitsverhältnisse miteinander einzugehen. Tatsächlich ist dies auch nicht geschehen.
Wird aber ein Betrieb unter Entlassung aller Arbeitnehmer vorübergehend geschlossen, ohne daß Vorkehrungen getroffen sind, mit der im wesentlichen gleichen Belegschaft wieder anfangen zu können, wie das hier der Fall ist, wird das Ziel des § 63 Abs 1 Satz 1 AFG ebenfalls verfehlt. Der Arbeitsausfall mag zwar – entgegen der Auffassung der Revision – noch vorübergehend gewesen sein, wenn mit dem Übergang zur Vollarbeit im Frühjahr 1985 gerechnet werden konnte. Die ohne Sicherung der Wiedereinstellung erfolgte Kündigung aller Arbeitnehmer hat hier indessen ebenfalls zur Folge, daß keinem der Arbeitnehmer über die Zeit des Arbeitsausfalls hinaus der Arbeitsplatz erhalten bleibt und dem Betrieb nicht einer der eingearbeiteten Arbeitnehmer. Es wird damit keines der vom Gesetz genannten Ziele mehr erreicht. Die Gewährung von Kug stellt in einem solchen Fall lediglich eine Subventionierung des Arbeitgebers dar, womit sich das Gesetz indessen nicht zufrieden gibt. Das Unternehmerrisiko soll dem Arbeitgeber nicht abgenommen werden (BSG SozR 4100 § 63 Nr 2).
Entspricht die Gewährung von Kug nicht § 63 Abs 1 Satz 1 AFG, so hat dies grundsätzlich leistungsrechtliche Folgen. Die Rechtsprechung des BSG hat, gestützt auf § 63 Abs 1 Satz 1 AFG, Ansprüche auf Kug zwar verneint, wenn der Arbeitsausfall nicht nur vorübergehend war (BSG SozR 4100 § 63 Nr 2), im übrigen bislang aber offengelassen, ob der Grundsatz, wonach Kug gewährt wird, ua wenn zu erwarten ist, daß dadurch den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten werden, lediglich die Zielvorstellungen des Gesetzgebers kennzeichnet oder materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzungen zum Inhalt hat (BSGE 60, 222, 225 f = SozR 4100 § 65 Nr 3; SozR 4100 § 63 Nr 5). Die Zweifelsfrage ist mit der im Schrifttum vorherrschenden Ansicht dahin zu beantworten, daß es sich um eine allgemeine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung handelt, die – bezogen auf den kurzarbeitenden Betrieb bzw die kurzarbeitende Betriebsabteilung – wie die betrieblichen Voraussetzungen gegeben sein muß, wenn in einem Betriebe Kug gewährt werden soll. Das ergibt sich aus § 72 Abs 1 Satz 4 AFG, wo von den Voraussetzungen für die Gewährung von Kug nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG die Rede ist. Die Gesetzesmaterialien bestätigen dies. Nach der Begründung des § 59 Abs 1 Nr 4 AFG-Entwurf bezeichnet die Vorschrift zwar den Hauptzweck des Kug. Die Begründung führt dann aber auch aus, daß das Kug zu versagen oder nicht weiter zu gewähren sei, wenn Tatsachen vorlägen, die erwarten ließen, daß dieser Zweck nicht erreicht werde (BT-Drucks V/2291 S 71). Auch der Bundestagsausschuß für Arbeit, auf dessen Vorschlag zurückgeht, daß die Erwartung nicht in § 64 Abs 1 AFG (damals noch: § 59 Abs 1), sondern in § 63 Abs 1 AFG (damals § 58 Abs 1) ausgesprochen worden ist, hat die „begründete” Erwartung, daß mit der Gewährung des Kug den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten bleiben, ausdrücklich als „allgemeine Voraussetzung des Anspruchs auf Kug” bezeichnet (vgl Begründung zu § 58 AFG-Entwurf, zu BT-Drucks V/4110 S 12). Folgerichtig wird in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, daß Kug nicht bzw nicht weitergewährt werden kann, wenn nicht mehr zu erwarten ist, daß durch Kug den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten werden (Ambs ua, Gemeinschaftskommentar zum AFG, Stand Februar 1990, § 63 Rz 8; Gagel, Komm zum AFG, Stand Januar 1990, § 63 Rzn 22 und 32; Gebhardt, Kurzarbeitergeld, Stand September 1987, § 63 Anm 3; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl 1988, § 63 Rz 14; LAG Düsseldorf BB 1974, 1347; Bayer LSG, Urteil vom 18. Januar 1979 – L 9/Al 185/77 –; LSG Baden-Württemberg ZIP 1985, 175).
Indessen kann mit Rücksicht auf den Bescheid der Beklagten vom 14. September 1984 auf den Wegfall der Voraussetzungen nach § 63 Abs 1 Satz 1 AFG nicht unmittelbar zurückgegriffen werden. Durch den genannten Bescheid hat die Beklagte anerkannt, daß die in den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG genannten Voraussetzungen für die Gewährung von Kug erfüllt sind und den vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmern ab 1. September 1984 für die Zeit des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen, längstens jedoch bis zum 30. November 1984, Kug gewährt werde. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein solcher Anerkennungsbescheid ein verselbständigter Teil einer Entscheidung, durch die Leistungen bewilligt werden (vgl BSG SozR 4100 § 78 Nr 3). Die Anerkennung gibt den Betroffenen, insbesondere dem Arbeitgeber, der das Kug zu errechnen und auszuzahlen hat, grundsätzlich die Zusicherung, daß die allgemeinen und betrieblichen Voraussetzungen (§§ 63, 64 Abs 1, 66 AFG) gegeben sind, die Beklagte also den Arbeitnehmern Kug gewähren wird, sofern die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, die in der Person der Arbeitnehmer gegeben sein müssen (BSG SozR 4100 § 64 Nr 5 und § 66 Nr 1). Als verselbständigter Teil einer Entscheidung, durch die Leistungen bewilligt werden, wird die Anerkennung wie andere Leistungsbescheide gemäß § 77 SGG bindend. Dies hat zur Folge, daß die Beklagte grundsätzlich an die in dem Anerkennungsbescheid getroffenen Regelungen gebunden ist; sie kann die Anerkennung nur ändern, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist. Die Beklagte hat dies nicht verkannt und daher zunächst durch den Bescheid vom 10. Januar 1985 und schließlich durch den während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheid vom 8. Dezember 1986 den Bescheid vom 14. September 1984 mit Wirkung vom 20. September 1984 widerrufen. Diese Regelung ist, wie das LSG zutreffend erkannt hat, gemäß §§ 96, 153 AFG Gegenstand des Verfahrens geworden und aufgrund der Anfechtungsklage der Klägerin auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Ob der „Widerruf” rechtmäßig ist, worüber aufgrund der eingeschränkten Revision lediglich für die Zeit ab 22. Oktober 1984 entschieden werden muß, läßt sich aufgrund der bisher festgestellten Tatsachen nicht entscheiden.
Zutreffend hat das LSG erkannt, daß die Aufhebung des Anerkennungsbescheids entgegen der in beiden Bescheiden gegebenen Begründung nicht auf die Vorschrift des durch Art 1 § 1 Nr 60 Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) eingeführten § 151 Abs 1 AFG zu stützen ist, wonach außer in den in §§ 47, 48 SGB X genannten Fällen ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt ganz oder teilweise widerrufen werden kann, soweit die aufgrund dieses Verwaltungsaktes gewährte Leistung nicht oder nicht mehr ihrem Zweck entsprechend verwendet wird. Denn die mit dieser Vorschrift gegenüber dem SGB X erleichterte Widerrufsmöglichkeit erfaßt nur die Bewilligung von Leistungen, die allein zur Verwendung für bestimmte Zwecke zur Verfügung gestellt werden, also zweckgebunden sind, wie etwa Darlehen und Zuschüsse für Erwerb und Miete von Winterbaugeräten (§ 77 AFG). Zu diesen Leistungen zählt aber weder das den Arbeitnehmern zu gewährende Kug noch die dem Arbeitgeber zustehenden Zuschüsse zu den von ihm zu tragenden Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung. Diese Leistungen sind den Empfängern ohne Zweckbindung zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitnehmer kann das als Lohnersatz gewährte Kug frei verwenden, wie er über Arbeitsentgelt nach Belieben bestimmen kann. Nichts anderes gilt für den Arbeitgeber; auch er ist nicht gehalten, die Zuschüsse gerade zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge während der Kurzarbeit zu verwenden (vgl Ambs ua, Gemeinschaftskommentar zum AFG, Stand Februar 1990, § 151 Rz 8; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand Januar 1990, § 151 Anm 2; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl 1988, § 151 Rz 7).
Zutreffend hat das LSG hiernach erörtert, ob der Anerkennungsbescheid gemäß § 48 SGB X aufgehoben werden konnte, weil in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist (§ 48 Abs 1 SGB X). Letzteres ist zwar aus den oben genannten Gründen zu bejahen, nachdem die Klägerin ihren letzten beiden Arbeitnehmern gekündigt hatte. Ob die Beklagte indes noch zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 8. Dezember 1986, der insoweit an die Stelle des Bescheids vom 10. Januar 1985 getreten ist, befugt war, den Anerkennungsbescheid mit Wirkung ab 22. Oktober 1984 aufzuheben, läßt sich nicht beurteilen. Mit Wirkung von einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse kann ein Verwaltungsakt nur in den in § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X geregelten Fällen aufgehoben werden. Außerdem muß die Behörde innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, die die Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen, die Aufhebung vornehmen (§ 48 Abs 4 SGB X). Ob diese Voraussetzungen gegeben waren und die Jahresfrist eingehalten worden ist, vermag der Senat nicht zu beurteilen. Das Urteil des LSG, von dessen Rechtsstandpunkt aus es hierauf nicht ankam, enthält dazu keine Feststellungen.
Ob die Beklagte die Anerkennung der Kug-Voraussetzungen ab 22. Oktober 1984 aufheben kann, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits rechtserheblich. Nach der Rechtsprechung des Senats gilt zwar die in dem Anerkennungsbescheid über die Kug-Voraussetzungen enthaltene Zusicherung bezüglich der betrieblichen Voraussetzungen, soweit es sich dabei um erst künftig eintretende Tatsachen handelt, wie zB die – vom Betrieb in der Regel steuerbare – Einhaltung der bei der Mindestquote der in einem zusammenhängenden Zeitraum von mindestens vier Wochen qualifiziert vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer des Betriebes, nur dann, wenn die erwarteten Tatsachen entsprechend der Anzeige auch eintreten (BSG SozR 4100 § 64 Nr 5 und § 66 Nr 1). Auf diese Einschränkung der Wirkung der Zusicherung kann sich die Beklagte im vorliegenden Fall indes nicht berufen. Denn hier sind nicht entgegen der Kug-Anzeige Tatsachen nicht eingetreten, deren Gestaltung in der Hand des Betriebes gelegen hat. Die in § 63 Abs 1 Satz 1 AFG vorausgesetzte Erwartung, daß durch die Gewährung von Kug den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten werden, ist keine Tatsache, sondern eine auf Tatsachen basierende Einschätzung der Auswirkung der Kug-Gewährung durch die Beklagte. Sie ist eine Prognose, wenn sie vorab geschieht, wie dies das Gesetz erwartet (§ 72 Abs 1 Satz 4 AFG). Die fachlich gebundene Prognose hat sich im vorliegenden Fall aufgrund einer neu eingetretenen Tatsache, nämlich der Kündigung der letzten beiden Arbeitnehmer, geändert. Muß sich der Arbeitgeber vorhalten lassen, daß die Zusicherung eine andere als die angezeigte Gestaltung der Kurzarbeit nicht erfaßt, muß ihm im gleichen Maße eine – erforderliche – Änderung der Beurteilung der „Erwartung” durch das Arbeitsamt nicht in allen Fällen bekannt sein. Das Anerkennungsverfahren, das den Arbeitgeber schützen soll, verlöre seinen Sinn, ließe man zu, wenn in Fällen nachträglicher Änderung der Beurteilung der „Erwartung” durch die Beklagte Arbeitnehmer und Arbeitgeber Kug-Rechte ungeachtet des Schutzes verlören, den ihnen § 48 SGB X eingeräumt hat.
Ob die Beklagte zur Ausübung des Ermessens nach § 65 Abs 1 Satz 3 AFG verpflichtet ist, hängt hiernach davon ab, ob die Beklagte ihren Anerkennungsbescheid rechtmäßig ab 22. Oktober 1984 aufgehoben hat. Hiervon ist auch abhängig, ob der Klägerin die Zuschüsse zustehen, die die Beklagte zu den Beiträgen der Arbeitgeber zur Krankenversicherung (§ 163 Abs 2 Sätze 2 bis 4 AFG und zur Rentenversicherung (§ 166 Abs 3 Sätze 2 und 3 AFG) gewährt; denn diese Zuschüsse stehen der Klägerin nur zu, soweit ihre Arbeitnehmer Kug erhalten.
Da das LSG bezüglich der weiteren Voraussetzungen des § 48 SGB X keine Feststellungen getroffen hat, muß sein Urteil, soweit es die Beklagte angefochten hat, aufgehoben und in diesem Umfange die Sache an das LSG zurückverwiesen werden, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen