Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Anwartschaftszeit. Versicherungspflichtverhältnis. versicherungsfreie Beschäftigung als sonstiger Beschäftigter einer öffentlich-rechtlichen Anstalt. Beihilfeanspruch aufgrund arbeitsrechtlicher Regelung
Leitsatz (amtlich)
Der Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung steht nicht entgegen, dass ein sonstiger Beschäftigter einer öffentlich-rechtlichen Anstalt einen Beihilfeanspruch nur aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf landesrechtliche Beihilfevorschriften hat.
Normenkette
SGB III § 27 Abs. 1 Nr. 1, § 142 Abs. 1 S. 1, § 143 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Im Streit ist ein Anspruch auf Alg ab 1.7.2012.
Der 1965 geborene Kläger arbeitete ab dem 1.1.1997 als Bankbevollmächtigter bei der Norddeutschen Landesbank - Girozentrale - H./B. (NORD/LB) auf der Grundlage eines am 10.12.1996 geschlossenen Dienstvertrages (DV). Darin war ua die Weiterzahlung des Gehalts bei einer durch Unfall oder Erkrankung verursachten Dienstunfähigkeit bis zur Feststellung der endgültigen Dienstunfähigkeit (§ 4 Abs 4 DV), die Anwendung der für die Beamten des Landes Niedersachsen jeweils geltenden Regelungen über Ruhegehalt, Hinterbliebenenversorgung und Unfallfürsorge bei endgültiger Dienstunfähigkeit (§ 7 Abs 1 Buchst b DV) bzw bei Kündigung (§ 7 Abs 1 Buchst d DV iVm § 6 Abs 3 DV) sowie Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Arbeitslosenversicherung, solange die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür bestehen (§ 4 Abs 5 DV), vereinbart. § 11 DV bestimmte zudem die Anwendung der Sozialordnung der NORD/LB in der jeweiligen Fassung. Nach § 14 Abs 2 Satz 1 dieser Sozialordnung (idF vom 15.6.2006, zuletzt geändert am 28.10.2010) behielten alle zum 31.12.2005 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit der NORD/LB stehenden Betriebsangehörigen den Beihilfeanspruch nach Teil I § 4 der zuvor geltenden Sozialordnung (Sozialordnung-Alt). Teil I § 4 der Sozialordnung-Alt sah vor, dass die NORD/LB allen im ungekündigten Dienstverhältnis befindlichen Betriebsangehörigen Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach Maßgabe der für die Beamten des Landes Niedersachsen jeweils geltenden Regelungen zahlt (Satz 1), mit der Einschränkung, dass Aufwendungen, die nach Zugang einer Kündigung der NORD/LB oder des Betriebsangehörigen gemacht werden, nicht beihilfefähig sind (Satz 2).
Der Kläger war vom 22.8.2011 bis 7.12.2011 arbeitsunfähig erkrankt. Am 17.10.2011 kündigte die NORD/LB das Arbeitsverhältnis fristlos zum 18.10.2011, hilfsweise ordentlich zum 30.6.2012. Im Ergebnis einer von dem Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage endete das Arbeitsverhältnis unter Nachzahlung von Gehalt aufgrund ordentlicher Kündigung zum 30.6.2012.
Am 8.12.2011 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg, dessen Bewilligung die Beklagte ablehnte (Bescheid vom 23.1.2012; Widerspruchsbescheid vom 29.3.2012). Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des SG vom 4.6.2015; Urteil des LSG vom 8.2.2018). Das LSG führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, der Kläger habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, denn binnen der zweijährigen Rahmenfrist habe er nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Er sei von Beginn seiner Beschäftigung an gemäß § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III als sonstiger Bediensteter der öffentlichen Hand versicherungsfrei gewesen. Diese Vorschrift knüpfe streng statusbezogen an die "aktuelle" Sicherung im Krankheitsfall an, die jedenfalls bis zum Zugang der Kündigung am 17.10.2011 bestanden habe. Ohne Bedeutung sei die rechtliche Form der Zusage der Absicherung. Der Versicherungsfreiheit stehe nicht entgegen, dass die Sozialordnung-Alt den Entfall des Beihilfeanspruchs ab Zugang der Kündigung bestimme.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III. Dieser erfordere einen Anspruch auf Beihilfe aus beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen, ein bloß arbeitsvertraglicher Bezug auf eine tarifvertragliche Regelung sei mit einer beamtenrechtlichen Regelung nicht gleichzusetzen. Er habe auch in keinem beamtenrechtlichen oder -ähnlichen Verhältnis zu seiner Arbeitgeberin gestanden. Ähnlich der Regelung der Versicherungsfreiheit im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 5 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Satz 2 SGB VI, die in § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III hineinzulesen sei, komme es für die Annahme eines beamtenähnlichen Verhältnisses darauf an, dass eine Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet werde und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert sei. Er sei demgegenüber von Beginn seiner Beschäftigung an aufgrund der Kündigungsmöglichkeit der Arbeitgeberin und dem potentiell entfallenden Beihilfeanspruch im Gegensatz zur Gruppe der Beamten oder beamtenähnlichen Personen gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit nicht abgesichert gewesen und daher genauso schutzbedürftig wie ein in § 25 Abs 1 SGB III pflichtversicherter Beschäftigter.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2018 und das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 4. Juni 2015 sowie den Bescheid vom 23. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. März 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Juli 2012 Arbeitslosengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat ohne Verletzung von Bundesrecht (vgl § 162 SGG) dessen Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Es besteht kein Anspruch des Klägers auf Alg.
Gegenstand des Revisionserfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der ablehnende Bescheid vom 23.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.3.2012. Hiergegen wendet sich der Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage, mit der er zulässigerweise Alg dem Grunde nach (nur noch) ab dem 1.7.2012 begehrt (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG, § 130 Abs 1 Satz 1 SGG).
Das LSG hat zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg nicht vorliegen, weil der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Der Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit setzt gemäß § 137 SGB III (anwendbar ist hier das SGB III in der seit dem 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 - BGBl I 2854) voraus, dass Arbeitnehmer (1.) arbeitslos sind, (2.) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 142 Abs 1 SGB III). Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg (§ 143 Abs 1 SGB III). Hier reicht die Rahmenfrist - ausgehend vom Ende des Arbeitsverhältnisses des Klägers zum 30.6.2012 - vom 1.7.2010 bis 30.6.2012. In diesem Zeitraum stand der Kläger nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis, denn während seiner Beschäftigung bei der NORD/LB bestand jedenfalls in der Zeit bis zum Zugang der Kündigung am 17.10.2011 Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung.
Nach § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III sind versicherungsfrei Personen in einer Beschäftigung ua als sonstige Beschäftigte einer öffentlich-rechtlichen Anstalt - nur diese Alternative kommt vorliegend in Betracht -, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Arbeitgeberin des Klägers, die NORD/LB, ist nach § 1 Abs 1 des Staatsvertrags zwischen den Ländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern über die Norddeutsche Landesbank - Girozentrale -, dem die jeweiligen Landesgesetzgeber zugestimmt haben, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Der Kläger zählt zur Gruppe der "sonstigen Beschäftigten" iS des § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III, weil er aufgrund seines - privatrechtlichen - DV vom 10.12.1996 und nicht auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, etwa als Beamter, Richter oder Soldat, für die NORD/LB tätig war.
Die an eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen anknüpfenden weiteren Tatbestandmerkmale der Versicherungsfreiheit sind ebenfalls erfüllt. Ein Anspruch des Klägers auf Fortzahlung der Bezüge bei Krankheit ergibt sich aus § 4 Abs 4 DV. Sein Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfall (nach Maßgabe der für die Beamten des Landes Niedersachsen jeweils geltenden Regelungen) folgt aus § 11 DV iVm § 14 Abs 2 Satz 1 Sozialordnung NORD/LB iVm Teil I § 4 Sozialordnung-Alt. Dies gilt deshalb für den Kläger, weil er - wie von § 14 Abs 2 Satz 1 Sozialordnung vorausgesetzt - am 31.12.2005 und - wie in Teil I § 4 Satz 1 Sozialordnung-Alt geregelt - auch danach bis zum Zugang der Kündigung am 18.10.2011 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stand.
Entgegen der Auffassung des Klägers reicht es für die Anwendung von § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III aus, dass sich der Anspruch auf Beihilfe aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf die für die Beamten des Landes Niedersachsen geltenden Beihilferegelungen ergibt. Soweit vertreten wird, eine solche arbeits- oder tarifvertragliche Grundlage genüge nicht (in diesem Sinne wohl Brand in Brand, SGB III, 8. Aufl 2018, § 27 RdNr 4; Fuchs in Gagel, SGB II/SGB III, § 27 SGB III RdNr 4, Stand Juni 2018; Scheidt in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 6. Aufl 2017, § 27 RdNr 8; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl 2019, § 27 RdNr 10), ist dem nicht zu folgen (so im Ergebnis Reinhard in LPK-SGB III, 2. Aufl 2015, § 27 RdNr 5; Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 27 RdNr 56, Stand Dezember 2013; Timme in Hauck/Noftz, SGB III, K § 27 RdNr 10, Stand Mai 2012). Bereits der Wortlaut des § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III steht einer solchen arbeitsvertraglichen Bezugnahme nicht entgegen, denn die Vorschrift stellt die Rechtsfolge, nicht die Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Versorgung im Krankheitsfall in den Mittelpunkt. Dabei reicht sogar alternativ zu einem Anspruch nach beamtenrechtlichen Vorschriften ein solcher nach beamtenrechtlichen "Grundsätzen" für den Eintritt der Versicherungsfreiheit aus. Es ist also nicht die Rechtsnatur des Anspruchs, sondern die adäquate und aktuelle Absicherung im Krankheitsfall entscheidend (vgl auch BSG vom 29.7.2003 - B 12 KR 15/02 R - SozR 4-4100 § 169 Nr 1 RdNr 9).
Systematisch korrespondiert dies mit der Einbeziehung der "sonstigen Beschäftigten" der öffentlichen Hand in den Anwendungsbereich der Vorschrift, denn deren Rechtsbeziehungen sind regelmäßig nicht öffentlich-rechtlich bzw beamtenrechtlich ausgestaltet, erfordern also keinen beamtenrechtlichen Status. Würde eine Versorgung im Krankheitsfall auf arbeits- oder tarifrechtlicher Grundlage der Versicherungsfreiheit entgegenstehen, liefe die Einbeziehung der "sonstigen Beschäftigten" weitgehend leer (vgl Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 27 RdNr 56, Stand Dezember 2013; Timme in Hauck/Noftz, SGB III, K § 27 RdNr 10, Stand Mai 2012). Zudem erstreckt sich nach § 27 Abs 1 Nr 2 und Nr 3 SGB III die Versicherungsfreiheit ausdrücklich auch auf weitere Personengruppen - Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften sowie Lehrerinnen oder Lehrer an privaten genehmigten Ersatzschulen -, die statusrechtlich keine Beamten sind, wenn diese nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Für den Eintritt von Versicherungsfreiheit kann für diese außerhalb des öffentliche Dienstes stehenden Personengruppen ebenfalls nicht entscheidend sein, ob die Absicherung auf öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Grundlage besteht.
Hinzu kommt, dass das Bestehen eines Anspruchs nach beihilferechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen für sich genommen schon nicht der eigentliche sachliche Grund für die Beitrags- bzw Versicherungsfreiheit im Recht der Arbeitsförderung ist. Darauf hat der 12. Senat des BSG in seiner Entscheidung zur Beitrags- bzw Versicherungspflicht von Notarassessoren hingewiesen, der sich der Senat anschließt (vgl BSG vom 11.10.2001 - B 12 KR 7/01 R - SozR 3-4100 § 169 Nr 7 S 10 f). Denn der Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge bei Krankheit deckt ersichtlich nicht den bei Arbeitslosigkeit entstehenden spezifischen Bedarf der Arbeitslosen ab. Vielmehr hat der Gesetzgeber unter Anknüpfung an die Versicherungsfreiheit im Krankenversicherungsrecht in § 6 Abs 1 Nr 2 SGB V Personengruppen von der Versicherungspflicht auch in der Arbeitslosenversicherung ausgenommen, bei denen typischerweise kein bestimmtes Sicherungsbedürfnis wie das der Arbeitslosigkeit auftritt. Auch eine Absicherung gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit hält er danach für entbehrlich. Durch Verweis auf den Anspruch auf Gehaltsfortzahlung und Beihilfe oder Heilfürsorge knüpft der Gesetzgeber also typisierend an eine rechtliche Gesamtsituation an (so BSG vom 11.10.2001 - B 12 KR 7/01 R - SozR 3-4100 § 169 Nr 7 S 10 f). Einer solchen Typisierung steht nicht entgegen, dass ein Risiko arbeitslos zu werden im Einzelfall - wie hier - durchaus bestehen kann.
Ein beachtliches Sicherungsbedürfnis liegt erst dann (wieder) vor, wenn die beamtenrechtliche Sicherung hinter der Sicherung der versicherungspflichtig Beschäftigten in der gesetzlichen Krankenversicherung mehr als unwesentlich zurückbleibt (vgl BSG vom 29.6.1993 - 12 RK 91/92 - BSGE 72, 298, 300 = SozR 3-2500 § 10 Nr 3 S 10), zB weil ein Anspruch auf Beihilfe aktuell nicht besteht (vgl BSG vom 29.7.2003 - B 12 KR 15/02 R - SozR 4-4100 § 169 Nr 1 RdNr 9; Peters in Kasseler Komm zum Sozialversicherungsrecht, § 6 SGB V RdNr 34, Stand Mai 2014; Berchtold in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 6 SGB V RdNr 10). Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor, denn die Absicherung des Klägers im Krankheitsfall entspricht jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Kündigung vollständig der Absicherung der Beamten des Landes Niedersachsen.
Dieses Ergebnis wird gestützt durch die Entstehungsgeschichte und Rechtsentwicklung der Vorschrift. Die zunächst bis zum 31.12.1988 in §§ 169 ff AFG iVm den Regelungen der RVO zur Krankenversicherung bestimmte Beitragsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung war abhängig von den Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung, die die Gewährleistung einer Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung der in den "Betrieben oder im Dienste des Reichs, eines Landes, eines sonstigen Gemeindeverbandes, einer Gemeinde oder eines Trägers der Reichsversicherung tätigen Beamten und sonstigen Beschäftigten" (§ 169 Nr 1 AFG iVm § 169 Abs 1 Satz 1 RVO) verlangte. Zu diesen "sonstigen Beschäftigten" zählten solche dem Beamtendienstverhältnis versorgungsrechtlich gleichgestellte Beschäftigungsverhältnisse (vgl BSG vom 10.9.1975 - 3/12 RK 6/74 - BSGE 40, 208, 209 = SozR 2200 § 169 Nr 1 S 2). Beschäftigte in Betrieben oder im Dienste anderer öffentlicher Verbände oder öffentlicher Körperschaften konnten demgegenüber nur nach Maßgabe eines behördlichen Gleichstellungsbeschlusses von der Versicherung freigestellt werden (vgl § 169 Nr 1 AFG iVm § 174 Nr 1 RVO; hierzu Heinze in Bley ua, SGB-SozVers-GesKomm, Band 3, § 174 RVO, S 56/10-5, Stand Juli 1986).
Mit Inkrafttreten des Gesundheits-Reformgesetzes (vom 20.12.1988, BGBl I 2477) knüpfte der Gesetzgeber ab dem 1.1.1989 die Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung für Beamte und ähnliche Personen nicht mehr an eine Anwartschaft auf Ruhegehalt oder Hinterbliebenenversorgung, sondern stellte ausschließlich auf deren Absicherung im Krankheitsfall durch Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und Beihilfe oder Heilfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen ab (vgl BT-Drucks 11/2237 S 160 ≪zu § 6≫ sowie BT-Drucks 11/2493 S 6). Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien bezweckte er damit "im Ergebnis" zwar keine Änderung zum geltenden Recht der RVO (vgl die Stellungnahme des Bundesrates zur Versicherungsfreiheit für Geistliche, BT-Drucks 11/2493 S 8 ≪zu Art 1 § 6 Abs 1 Nr 4≫). Tatsächlich wich der Gesetzgeber aber von der Voraussetzung der Gewährleistung einer Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung - an die noch die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung in § 5 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB VI anknüpft - ab (vgl BSG vom 11.10.2001 - B 12 KR 7/01 R - SozR 3-4100 § 169 Nr 7 S 11). Darüber hinaus änderte sich durch den Wegfall der Regelung zum behördlichen Gleichstellungsbeschluss auch der Begriff der "sonstigen Beschäftigten". Dieser umfasst nun nicht mehr Personen, die in einem dem Beamtendienstverhältnis versorgungsrechtlich gleichgestellten Beschäftigungsverhältnis arbeiten, sondern die ehemals vom Erfordernis des behördlichen Gleichstellungsbeschlusses betroffenen "Beschäftigten", dh auch Beschäftigte wie den Kläger.
Nachfolgend hat der Gesetzgeber mit dem Entwurf des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes die Regelungen zur Versicherungsfreiheit in § 169 AFG in § 27 Abs 1 SGB III zusammengefasst und zur Rechtsklarheit die Regelungen des § 6 Abs 1 Nr 2, 4, 5 und 7 SGB V in die Vorschrift übernommen sowie den Anwendungsbereich um eine "Anstalt, Stiftung oder eines Verbandes öffentlich-rechtlicher Körperschaften" ergänzt (BT-Drucks 13/4941 S 158 ≪zu Art 1 § 27≫; 13/8994 S 7 ≪4b≫). Mit Inkrafttreten des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes zum 1.1.1998 und sprachlicher Anpassung zum 1.4.2012 besteht § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III seitdem unverändert.
Anders als der Kläger meint, ergibt sich deshalb auch aus den Regelungen zur Versicherungsfreiheit der "sonstigen Beschäftigten" in der Rentenversicherung nichts Gegenteiliges für das Verständnis von § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III. Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 2 SGB VI - Gewährleistung und Erfüllung der Gewährleistung - zwar zwischenzeitlich um einen Satz 2 erweitert, der der Regelung der krankenversicherungsrechtlichen Versicherungsfreiheit entspricht (vgl § 5 Abs 1 Satz 2 Nr 1, 2 SGB VI in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008, BGBl I 2933). Ausweislich der Gesetzesbegründung "orientieren" sich diese Voraussetzungen an jenen der gesetzlichen Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung (vgl BT-Drucks 16/10488 S 17 f ≪zu Art 4, Nr 3 Buchst b≫). Allerdings ist aus dem teilweisen Anschluss des SGB VI an die Versicherungsfreiheit im SGB V nicht zu schließen, dass nunmehr in umgekehrter Richtung die Voraussetzungen des SGB III und SGB V an jene des SGB VI - also auch an die in § 5 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB VI genannte Gewährleistung und Erfüllung dieser Gewährleistung - anschließen. § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III ist deshalb nicht im Lichte der Regelung des § 5 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Satz 2 SGB VI auszulegen.
Der Versicherungsfreiheit des Klägers bis zum Zeitpunkt der Kündigung seines Dienstverhältnisses steht schließlich nicht entgegen, dass die dienstvertraglich gewährleistete Absicherung ab Zugang einer Kündigung nach Teil I § 4 Satz 2 Sozialordnung-Alt entfallen ist. Diese Regelung schlägt nicht auf die Versicherungsfreiheit ab Beginn der Beschäftigung bei der NORD/LB durch, denn die Möglichkeit des Wegfalls des Beihilfeanspruchs mit Zugang einer Kündigung verleiht dem im DV über § 11 vereinbarten Bezüge- und Beihilfesystem für den Zeitraum vor Zugang der Kündigung kein anderes Gepräge. In Auslegung des DV als Ergebnis aufeinander bezogener Willenserklärungen des Klägers und seiner Arbeitgeberin (vgl §§ 145 ff BGB) hat das LSG die dafür maßgeblichen Umstände - insbesondere unter Einbeziehung der dienstvertraglichen Regelungen in §§ 4, 7 und 11 - vollständig berücksichtigt und die gesetzlichen Auslegungsregeln, Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze beachtet (vgl §§ 133, 157 BGB; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 162 RdNr 3b mwN). Einer weitergehenden Überprüfung im Revisionsverfahren ist diese durch das LSG vorgenommene Auslegung im Hinblick auf § 162 SGG, wonach eine Revision nur auf die Verletzung von "Vorschriften" gestützt werden kann, nicht zugänglich.
Dass hier mit Zugang der Kündigung vom 18.10.2011 der Anspruch auf Beihilfe entfallen ist, führt zwar dazu, dass sich das von § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III typisierte Sicherungsbedürfnis ab diesem Zeitpunkt veränderte und Versicherungspflicht bestanden haben dürfte. Mit Blick auf die vom 1.7.2010 bis 30.6.2012 verlaufende Rahmenfrist wäre aber selbst bei einer Versicherungspflicht des Klägers nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III vom Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 30.6.2012 ein für die Erfüllung der Anwartschaftszeit erforderliches Versicherungspflichtverhältnis von mindestens zwölf Monaten nicht erreicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen