Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufskrankheit. Atemwegserkrankung. Vermeidung jeder Gefährdung. Schutzmaßnahme des Arbeitgebers
Orientierungssatz
1. Der Unfallversicherungsträger ist regelmäßig nur in den Fällen zur Entschädigung einer Atemwegserkrankung nach der Anl 1 Nr 4301 BKVO verpflichtet, in denen die Gefahr einer Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Berufskrankheit - jedenfalls durch Ausübung einer Tätigkeit - nicht mehr droht. Das gebietet für die Zukunft das Vermeiden jeder Gefährdung (vgl BSG 27.11.1985 2 RU 12/84 = SozR 5670 Anl 1 Nr 4302 Nr 2). Eine Gefährdung kann auch durch solche Allergene hervorgerufen werden, die nicht für die Entstehung der Krankheit ursächlich waren.
2. Dem Entschädigungsanspruch nach Anl 1 Nr 4301 BKVO steht nicht entgegen, daß die Aufgabe aller schädlichen Tätigkeiten durch Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers eingetreten ist, nämlich durch die Verlegung des Allergens in ein anderes Gebäude.
Normenkette
BKVO Anl 1 Nr 4301
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 28.11.1984; Aktenzeichen L 4 U 22/84) |
SG Lübeck (Entscheidung vom 09.02.1984; Aktenzeichen S 3 U 38/82) |
Tatbestand
Die Beklagte hat durch Bescheid vom 9. Februar 1982 den Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen einer Berufskrankheit nach Nr 4301 (Durch allergisierende Stoffe verursachte Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) idF vom 8. Dezember 1976 (BGBl I 3329) abgelehnt. Zwar bestehe beim Kläger nach den Ergebnissen der Untersuchungen (Gutachten des Prof. Dr. L. vom 22. Oktober 1981) eine Überempfindlichkeit gegen Pankreatinstaub, so daß mit Wahrscheinlichkeit die gelegentlich auftretende Atemnot als allergisch, obstruktive Reaktion anzusehen sei. Da es jedoch zu keiner wesentlich bleibenden Einschränkung der Lungenfunktion gekommen sei, liege eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht vor. Außerdem bestehe für den Kläger kein Zwang zur Aufgabe seiner Tätigkeit als Lagerarbeiter, weil weitere Einwirkungen pankreatinhaltiger Stäube durch zwischenzeitlich vorgenommene technische Schutzmaßnahmen hätten ausgeschlossen werden können. Auch bestehe zusätzlich die Möglichkeit, bei speziellen Abfüllarbeiten eine Atemschutzmaske zu tragen.
Das Sozialgericht (SG) Lübeck hat nach Einholung von ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten sowie Vernehmung eines Zeugen den Bescheid vom 9. Februar 1982 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen einer Berufskrankheit im Sinne der Nr 4301/4302 BKVO vom 1. Oktober 1983 an nach einer MdE von 30 vH zu gewähren (Urteil vom 9. Februar 1984). Die Berufung der Beklagten hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 28. November 1984). Zur Begründung hat es ausgeführt: Mit Recht stelle die Beklagte nicht mehr in Abrede, daß bei dem gemäß § 539 Abs 1 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Kläger in medizinischer Hinsicht die in den §§ 548, 551, 580 ff RVO iVm § 1 der Anlage 1 Nr 4301 BKVO bezeichneten Voraussetzungen einer Rentengewährung vorliegen, nämlich eine berufsbedingte, durch allergisierende Stoffe (Pankreatin) verursachte obstruktive Atemwegserkrankung, welche seine Erwerbsfähigkeit auf dem maßgeblichen allgemeinen Arbeitsmarkt um 30 vH mindere. Die medizinisch zu beurteilenden Tatbestände ergäben sich aus den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. F. im Gutachten vom 4. August 1983. Entgegen der Ansicht der Beklagten seien beim Kläger auch die übrigen Merkmale der Berufskrankheit Nr 4301 BKVO erfüllt, nämlich das Erfordernis, daß die Atemwegserkrankung den Kläger "zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen habe, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich sein können". Der Kläger sei in der Zeit ab 1. Oktober 1983 objektiv gezwungen gewesen, die schädigende Berufstätigkeit aufzugeben und er habe die Tätigkeit auch aufgegeben. Wie das Gutachten des Prof. Dr. F. in Verbindung mit den am Arbeitsplatz durchgeführten Staubmessungen ergebe, und wie unstreitig sei, sei der Kläger (trotz vorliegender Allergie ua auch gegen Pepsin) ausschließlich durch die am Arbeitsplatz allein feststellbare Belastung mit Pankreatin-Staub beim Abwiegen, Abfüllen und Verpackung von Pankreas-Präparaten im Rahmen seiner Tätigkeit als Lagerarbeiter geschädigt worden. Dagegen seien seitens aller anderen - sehr zahlreichen - Stoffen, mit denen der Kläger als Lagerarbeiter umzugehen gehabt hatte und habe, keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Gefährdungen ausgegangen. Die Schädigung durch Pankreatin-Staub sei nach dem Gutachten des Prof. Dr. F. bereits vor dem 1. Oktober 1983 so stark gewesen, daß die Erwerbsfähigkeit des Klägers um 30 vH gemindert gewesen sei. Es habe für den Kläger zudem objektiv die unbedingte Notwendigkeit bestanden, jeden Kontakt mit Pankreatin-Staub zu vermeiden; andernfalls wäre neben akuten Beschwerden eine weitere Verschlimmerung der bereits bestehenden Lungenerkrankung zu erwarten gewesen. Tatsächlich habe der Kläger seit dem 1. Oktober 1983 keinen beruflichen Kontakt mit Pankreatin mehr. Nachdem seine Arbeitgeberfirma einen Neubau erstellt habe, sei die Lagerung, das Abfüllen und die Verpackung der Pankreas-Präparate in besondere Gebäude bzw Gebäudeteile verlagert worden. Diese betrete der Kläger nicht. Im übrigen habe sich an seiner Arbeit und am Lohn nichts geändert. Entscheidend sei, daß der Kläger auf seinem teilweise veränderten Arbeitsplatz nicht mehr mit den ihn schädigenden Allergenen in Berührung komme. Ohne Bedeutung sei, daß der Kläger im arbeitsrechtlichen Sinn seinen Arbeitsplatz nicht gewechselt habe und annähernd dieselben Arbeiten verrichte wie zur Zeit der Entstehung seiner Berufskrankheit.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Das LSG habe festgestellt, daß der "ausschließlich" durch die am Arbeitsplatz vorhandene Belastung mit Pankreatin-Staub geschädigt worden sei und seitens aller anderen - sehr zahlreichen - Stoffe keine gesundheitliche Beeinträchtigung ausgegangen sei. Demgegenüber heiße es im Gutachten des Prof. Dr. F. vom 4. August 1983, daß die durchgeführten Untersuchungen die krankheitsauslösende Wirkung von Pankreatin, Pepsin und Remanenzstaubgemisch bestätigt hätten und der Kläger im Monat Oktober 1983 mit dem Abfüllen verschiedener Stäube beschäftigt gewesen sei, wobei es ohne Tragen einer Maske zu einem Luftnotanfall gekommen sei. Das LSG hätte der Frage nachgehen müssen, ob als krankheitsauslösend nur die Beschäftigung mit Pankreatin-Staub anzusehen sei oder ob bei dem Kläger jetzt eine polyvalente Überempfindlichkeit gegen andere Stoffe bestehe. Insoweit habe das LSG seine ihm nach § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) obliegende Sachaufklärungspflicht verletzt. Dieser Verfahrensmangel sei auch entscheidungserheblich, weil es im vorliegenden Fall auf die Unterlassung "aller (gefährdenden) Tätigkeiten" ankomme. Zur Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit genüge es zudem nicht, daß lediglich diejenige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werde, die die Berufskrankheit herbeigeführt oder verschlimmert habe. Der Kläger komme zwar nicht mehr mit Pankreatin-Staub in Berührung, sei jedoch auf seinem Arbeitsplatz verblieben und verrichte - mit Ausnahme von Pankreatin - die gleiche Arbeit, wobei es ohne das Tragen einer Gesichtsmaske "sofort" zu einem Luftnotanfall komme. Wenn in den Gutachten die krankheitsauslösende Wirkung von Remanenzstaubgemisch - also offenbar von unvermeidlichen Staubrückständen - herausgestellt werde, dann werde dadurch bewiesen, daß eine spezifische Gefährdung am Arbeitsplatz weiterhin bestehe und die Vermeidung von Pankreatin-Staub nicht genüge. Ein Entschädigungsanspruch stehe dem Kläger schon deshalb nicht zu. Die Beurteilung sei nicht anders, wenn die Berufskrankheit und eine etwaige weitere Gefährdung allein durch Pankreatin-Staub verursacht werde. Denn eine Berufskrankheit liege nicht vor, wenn ihr durch geeignete Schutzmaßnahmen begegnet werden könne. Im vorliegenden Fall habe der Arbeitgeber des Klägers durch umfangreiche Baumaßnahmen eine gesundheitliche Gefährdung des Klägers ausgeschlossen; der Kläger habe seine berufliche Beschäftigung nicht aufzugeben brauchen oder Lohneinbußen hinnehmen müssen.
Die Beklagte beantragt, die Urteile des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 28. November 1984 und des SG Lübeck vom 9. Februar 1984 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor, daß das LSG sich zu einer weiteren Sachaufklärung nicht habe gedrängt fühlen müssen. Das LSG habe aufgrund der Ausführungen der Beklagten in der Berufungsschrift vom 17. April 1984 davon ausgehen können, daß die Beklagte beim Kläger das medizinische Bild einer Erkrankung im Sinne der Nr 4301 der Anlage 1 zur BKVO als vorliegend annehme. Daß der Kläger bei seiner jetzigen Tätigkeit nach wie vor an "Luftnotanfällen" leide, die ein Zeichen für die noch immer andauernde Gefährdung auf seinem Arbeitsplatz sein sollen, habe das LSG nicht festgestellt. Die Beklagte habe dies im Berufungsverfahren auch nicht vorgetragen. Insoweit handele es sich um neues tatsächliches Vorbringen. Im übrigen habe der Kläger keine Tätigkeit mehr verrichtet, bei der er mit Pankreatin in Berührung komme. Ein Berufs- oder Arbeitsplatzwechsel sei nicht erforderlich.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Satz 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung setzt nach den §§ 580, 581 RVO voraus, daß der Verletzte infolge eines Arbeitsunfalls in der Regel mindestens um 20 vH in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Als Arbeitsunfall gilt nach § 551 Abs 1 RVO auch eine Berufskrankheit. Berufskrankheiten sind Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (Satz 2). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht worden sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (Satz 3).
In der Anlage 1 zur BKVO hat die Bundesregierung in der Nr 4301 als Berufskrankheit bezeichnet: Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des LSG hat sich der Kläger durch seine nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO versicherte Tätigkeit als Lagerarbeiter und dem dadurch bedingten Umgang mit Pankreatin eine Atemwegserkrankung zugezogen, die ihn ab 1. Oktober 1983 um 30 vH in seiner Erwerbsfähigkeit mindert. Diese Erkrankung als eine Krankheit im Sinne der Nr 4301 der Anlage 1 der BKVO zu bezeichnen, würde nicht entgegenstehen, falls die Erkrankung entgegen der Feststellung des LSG nicht ausschließlich durch Belastungen des Klägers am Arbeitsplatz durch Pankreatin hervorgerufen worden wäre, sondern, wie die Beklagte unter Bezug auf das Gutachten des Prof. Dr. F. vom 4. August 1983 in der Revisionsbegründung vorträgt, auch auf den krankheitsauslösenden Umgang mit Pepsin und Remanenzstaubgemisch beruht. Insoweit erachtet der Senat die Rüge der Beklagten, daß LSG habe seine ihm nach § 103 SGG obliegende Sachaufklärungspflicht verletzt, weil es nicht ermittelt habe, ob neben Pankreatin auch noch andere Stoffe als krankheitserzeugend in Betracht kommen, nicht als durchgreifend. Daß nach dem Revisionsvorbringen darüber hinaus Prof. Dr. Lehnert in einer gutachtlichen Stellungnahme vom 22. Dezember 1983 die Atemwegserkrankung des Klägers als eine eindeutige unspezifische Hyperreagibilität bezeichnet haben soll, vermag eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht nicht zu begründen. Denn die erwähnte gutachtliche Stellungnahme ist in den Verwaltungs- und Gerichtsakten nicht enthalten.
Indes sieht der Senat in dem Revisionsvorbringen der Beklagten bezüglich der neben Pankreatin in Betracht kommenden weiteren Allergenen und den Ausführungen darüber, daß der Kläger zwar nicht mehr Pankreatin-Staub, aber noch anderen seine Atemwegserkrankung unterhaltenden Stoffen, nämlich Pepsin und Remanenzstaubgemisch, an seinem Arbeitsplatz ausgesetzt ist, eine Rüge der Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG, wonach das Gericht bei seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zu berücksichtigen hat.
Das LSG hat festgestellt, daß der Kläger - trotz vorliegender Allergie ua gegen Pepsin - ausschließlich durch Pankreatin-Staub geschädigt worden ist. Dabei stützt es sich auf das Gutachten des Prof. Dr. F.. Dort ist aber nach den Befunden über die durchgeführten Hauttests (S 16) erwähnt, daß bei dem Kläger eine Allergie nicht nur gegen Pankreatin, sondern ua auch gegen Remanenzpankreatin, Pepsin und Hausstaub bestehe. In der Beurteilung des Gutachtens (S 23) heißt es, daß die in den Vorgutachten beschriebenen und die jetzt durchgeführten Untersuchungen die krankheitsauslösende Wirkung des Pankreatin, Pepsin und Remanenzstaubgemisch bestätigten. Bei Berücksichtigung der vorerwähnten Ausführungen des Prof. Dr. F. hätte das LSG nicht die Feststellung treffen können, daß die Atemwegserkrankung des Klägers ausschließlich auf Einwirkungen durch Pankreatin-Staub beruht, es sei denn, daß andere Beweismittel die Auffassung des LSG rechtfertigten und das LSG sich mit ihnen auseinandergesetzt hat. Dafür ist jedoch den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nichts zu entnehmen.
Auf der Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG beruht auch das angefochtene Urteil. Sofern nämlich die Atemwegserkrankung des Klägers außer durch Pankreatin-Staub wesentlich auch durch Pepsin und Remanenzstaubgemisch verursacht worden ist, kann von einem Unterlassen aller Tätigkeiten, die für die Entstehung der Atemwegserkrankung ursächlich waren, nur gesprochen werden, wenn der Kläger den Umgang mit allen Allergenen unterläßt, die bei seiner Tätigkeit als Lagerarbeiter auf ihn einwirken. Nach den Ausführungen des LSG ist dies aber nicht der Fall. Der Kläger hat lediglich keinen beruflichen Kontakt mehr mit Pankreatin. Aber auch wenn Pepsin und Remanenzstaubgemisch keine wesentliche Ursache für die Entstehung der Atemwegserkrankung des Klägers waren, wäre zu prüfen, ob diese beiden Allergene für eine Verschlimmerung oder das Wiederaufleben seiner Atemwegserkrankung in Betracht kommen können. Der Senat hat bereits wiederholt entschieden, daß der Unfallversicherungsträger regelmäßig nur in den Fällen zur Entschädigung verpflichtet ist, in denen die Gefahr einer Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Berufskrankheit - jedenfalls durch Ausübung einer Tätigkeit - nicht mehr droht. Das gebietet für die Zukunft das Vermeiden jeder Gefährdung (BSG Urteile vom 20. Oktober 1983 - 2 RU 70/82 - und vom 27. November 1985 - 2 RU 12/84 -). Eine Gefährdung kann auch durch solche Allergene hervorgerufen werden, die nicht für die Entstehung der Krankheit ursächlich waren.
Nach den Feststellungen des LSG hat sich der Arbeitsplatz des Klägers als Lagerarbeiter nur insofern geändert, als der Kläger mit Pankreatin-Staub jetzt nicht mehr in Berührung kommt. Über die Berührung mit anderen Allergenen während seiner Tätigkeit ab 1. Oktober 1983 ist den Akten nichts zu entnehmen. Aus dem Gutachten des Prof. Dr. F. vom 4. August 1983, das auf einer Untersuchung des Klägers im April 1983 beruht, geht aber hervor, daß jedenfalls damals noch Luftnotanfälle aufgetreten waren, wenn der Kläger beim Abfüllen verschiedener Stäube keine Gesichtsmaske trug. Zu dieser Zeit bestand am Arbeitsplatz des Klägers eine Absaugvorrichtung.
Wenn für die Zeit ab 1. Oktober 1983 eine Gefährdung des Klägers bei seiner Tätigkeit als Lagerarbeiter außer durch Pankreatin-Staub durch andere Allergene ausgeschlossen ist (und auch keine unspezifische Hyperreagibilität besteht), wären in rechtlicher Hinsicht die Voraussetzungen gegeben, daß er alle Tätigkeiten aufgegeben hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Atemwegserkrankung ursächlich waren oder sein können. Dem Entschädigungsanspruch steht dann - wie das LSG insofern zutreffend ausgeführt hat - nicht entgegen, daß die Aufgabe aller schädlichen Tätigkeiten durch Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers eingetreten ist, nämlich durch die Verlegung des Pankreatins in ein anderes Gebäude. Es trifft zwar zu, wie die Beklagte ausführt, daß eine Berufskrankheit, die die Aufgabe der beruflichen Beschäftigung zur Voraussetzung hat, nach der Rechtsprechung des Senats (SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 12) nicht vorliegt, wenn ihr durch geeignete Schutzmaßnahmen begegnet werden kann (vgl auch Schulte-Holthausen BG 1939, 285, 287; Mehrtens SozV 1978, 151, 152; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 2. Aufl, S 629). Jedoch betrifft das nur diejenigen Fälle, bei denen zur Zeit des Wirksamwerdens von Schutzmaßnahmen (persönlicher und technischer Art bzw Verwendung ungefährlicher Stoffe) die Berufskrankheit noch keine die Erwerbsfähigkeit des Versicherten mindernde Folgen hat. Dem Versicherten, der an einer beruflich bedingten Atemwegserkrankung leidet, die seine Erwerbsfähigkeit um 30 vH mindert, kann eine Entschädigung nicht versagt werden, wenn er zwar seine Tätigkeit - hier als Lagerarbeiter - fortsetzt, aber unter Bedingungen die eine weitere Schädigung ausschließen.
Da das Revisionsgericht die fehlende Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht selbst nachholen kann, mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das LSG zurückverwiesen werden.
Fundstellen