Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsfreiheit während Bezug von Erziehungsgeld
Beteiligte
…, Klägerin und Revisionsbeklagte |
Landwirtschaftliche Krankenkasse Oldenburg-Bremen,Oldenburg, Im Dreieck 12, Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Streitig sind Krankenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 2. Juli 1989.
Die 1966 geborene, ledige Klägerin ist seit dem 22. Mai 1988 freiwilliges Mitglied in der Krankenversicherung der Landwirte. Sie war zunächst bis zum 31. Oktober 1988 bei der Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaftlichen Krankenkasse, seit dem 1. November 1988 ist sie bei der beklagten Landwirtschaftlichen Krankenkasse Oldenburg-Bremen (LKK). Am 3. Juli 1988 gebar sie eine Tochter, wegen deren Erziehung sie Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vom 3. Juli 1988 bis zum 2. Juli 1989 erhielt. Daraufhin stellte die damals zuständige Schleswig-Holsteinische LKK durch Bescheid vom 21. September 1988 fest, die Klägerin sei wegen des Bezuges von Erziehungsgeld beitragsfrei. Die für die Zeit ab 3. Juli 1988 gezahlten Beiträge wurden erstattet. Dementsprechend erhob auch die Beklagte ab November 1988 keine Mitgliedsbeiträge von der Klägerin.
Mit dem streitigen Bescheid vom 9. Mai 1989 verfügte die Beklagte, die Klägerin habe ab 1. Januar 1989 bis zum 30. April 1989 Beiträge in Höhe von monatlich 116,-- DM zu entrichten. Über die ab 1. Mai 1989 zu zahlenden Beiträge werde ein weiterer Beitragsbescheid erteilt. Zur Begründung führte sie aus, nach dem Gesundheitsreformgesetz (GRG) erstrecke sich ab 1. Januar 1989 die Beitragsfreiheit lediglich auf die Höhe des Erziehungsgeldes. Von weiteren Einnahmen zum Lebensunterhalt - bei der Klägerin: 1.050,-- DM monatlich - seien ab Januar 1989 wieder Beiträge der Beitragsklasse 1 zu zahlen. Mit ihrem Widerspruch trat die Klägerin dieser Rechtsauffassung entgegen und trug vor, sie habe keine beitragspflichtigen Einnahmen, sondern erhalte nur Unterhalt. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch "wegen Nachberechnung der Beiträge vom 1. Januar 1989 bis zum 30. April 1989" zurück, weil seit dem 1. Januar 1989 nach § 46 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) iVm § 224 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) lediglich der Zahlbetrag des Erziehungsgeldes beitragsfrei sei.
Das Sozialgericht Bremen (SG) hat die Klage, die auf die Aufhebung der streitigen Verwaltungsentscheidungen und die Feststellung gerichtet war, daß die Klägerin im Zeitraum vom 1. Januar 1989 bis zum 2. Juli 1989 beitragsfrei gewesen sei, abgewiesen (Urteil vom 11. Juli 1990). Das Landessozialgericht Bremen (LSG) hat, nachdem die Beklagte erklärt hatte, die Beitragsberechnung sei ausschließlich nach der Mindestbemessungsgrundlage iS von § 46 KVLG 1989 iVm § 240 Abs 4 SGB V erfolgt, das Urteil des SG und die streitigen Verwaltungsentscheidungen aufgehoben und festgestellt, daß die Klägerin während der Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 2. Juli 1989 beitragsfrei in der Krankenversicherung gewesen ist (Urteil vom 7. März 1991). Das Berufungsgericht ist folgender Auffassung: § 240 Abs 4 SGB V sei nicht anzuwenden, weil die Klägerin während der streitbefangenen Zeit keine beitragspflichtigen Einnahmen gehabt habe; das Erziehungsgeld sei nach § 224 SGB V beitragsfrei. Familiäre Unterhaltsleistungen seien keine beitragspflichtigen Einnahmen (Hinweis auf den Beschluß des Großen Senats des Bundessozialgerichts [BSG] vom 24. Juni 1985 in: BSGE 58, 183, zur damaligen Vorschrift des § 180 Abs 4 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung [RVO]; BT-Drucks 8/338 zu Art 1 § 1 Nr 5, S 60). Daran habe sich durch § 240 SGB V nichts geändert. Diese Vorschrift könne im Falle völlig fehlender Einnahmen nicht herangezogen werden. Dies sei bereits für § 180 Abs 4 RVO im Blick auf den damaligen Mindestgrundlohn ausgeschlossen gewesen (Hinweis auf BSG aa0; Schneider ZfS 1978, 249, 259; Töns SozVers 1990, 124 f). Dies gelte auch für § 240 Abs 4 SGB V. Selbst wenn § 240 Abs 4 SGB V grundsätzlich auch für den Fall von "Null-Einnahmen" heranzuziehen wäre, stünde § 224 Satz 1 SGB V als Spezialvorschrift entgegen, die - wie die Vorläufervorschrift des § 383 RVO - Beitragsfreiheit für Empfänger von Erziehungsgeld gewähre. Etwas anderes gelte nach § 224 Satz 2 SGB V nur dann, wenn neben dieser Leistung andere beitragspflichtige Einnahmen erzielt würden. Fehlten diese, verbleibe es insgesamt bei der Beitragsfreiheit (Hinweis auf BR-Drucks 200/88; BT-Drucks 11/2237, jeweils zu § 233; Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 21. November 1988, abgedruckt bei Sabel, SGB V, § 224 Anm 1).
Zur Begründung der - vom LSG zugelassenen - Revision trägt die Beklagte vor, für freiwillige Mitglieder ohne andere Einnahmen als das Erziehungsgeld schreibe § 240 Abs 4 SGB V Beiträge nach einem fiktiven Mindesteinkommen zwingend vor. Nach § 224 Satz 2 SGB V sei nur noch das Erziehungsgeld selbst beitragsfrei gestellt. Einer Anhörung der Klägerin habe es nicht bedurft, weil ein Anwendungsfall von § 24 Abs 2 Nr 4 SGB X vorliege.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 7. März 1991 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 11. Juli 1990 zurückzuweisen. |
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg nur, soweit das Berufungsgericht auf den Feststellungsantrag der Klägerin erkannt hat, diese sei während der Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 2. Juli 1989 beitragsfrei in der Krankenversicherung gewesen. Denn das LSG hätte insoweit die Berufung der Klägerin gegen das ihre Klage abweisende Urteil des SG zurückweisen müssen, weil ihre Feststellungsklage unzulässig war.
Nach § 55 Abs 1 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG; die weiteren Regelungen dieser Norm kommen hier nicht in Betracht) kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nur dann begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Es kann offenbleiben, ob das Begehren der Klägerin überhaupt auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet war. Denn sie konnte ihr Interesse, während des Erziehungsgeldbezuges weiterhin keine Beiträge an die Beklagte entrichten zu müssen, schon durch die von ihr zugleich erhobene Anfechtungsklage gegen den streitigen Bescheid vom 9. Mai 1989 effektiv durchsetzen. Dies liegt für den in diesem Bescheid geregelten Beitragszeitraum vom 1. Januar 1989 bis zum 30. April 1989 auf der Hand.
Für die im Feststellungsantrag darüber hinaus genannte Zeit vom 1. Mai 1989 bis zum 2. Juli 1989 begehrt die Klägerin vorbeugenden Rechtsschutz, weil sie belastende Verwaltungsentscheidungen noch nicht ergangen sind und der sie begünstigende Beitragsbefreiungsbescheid vom 21. September 1988, der eine Regelung für den gesamten Zeitraum des Erziehungsgeldbezuges getroffen hat, insoweit nicht aufgehoben worden ist; die Beklagte hatte für die Zeit ab 1. Mai 1989 lediglich weitere Bescheide angekündigt. Dem wollte die Klägerin mit ihrem Feststellungsantrag vorbeugend entgegentreten. Eine derartige Feststellungsklage ist aber nur in Ausnahmefällen zulässig, wenn der Kläger zumutbarerweise nicht auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann, wenn Rechtsnachteile drohen, die durch eine spätere Anfechtungsklage nicht ausgeräumt werden können oder wenn sonst ein nicht wiedergutzumachender Schaden droht (stellvertretend: Meyer-Ladewig, SGG, 3. neubearbeitete Aufl, München 1987, § 55 RdNrn 8, 19 mwN). Im Falle der Klägerin liegen keine Anhaltspunkte für eine derartige Ausnahmesituation vor. Es war ihr vielmehr zuzumuten, das Ergebnis ihrer Anfechtungsklage abzuwarten und ggf. weitere Beitragsbescheide für die Zeit ab 1. Mai 1989 anzufechten.
Die Revision der Beklagten ist jedoch im übrigen, dh soweit sie sich gegen die Aufhebung der streitigen Verwaltungsentscheidungen durch das Berufungsgericht wendet, zurückzuweisen, weil das LSG jedenfalls im Ergebnis richtig entschieden hat. Die Beklagte war nämlich nicht ermächtigt, den Beitragsbefreiungsbescheid der Schleswig-Holsteinischen LKK vom 21. September 1988, der nach nach dem Zuständigkeitswechsel (§ 46 Abs 2 KVLG 1972) für sie bindend (§ 77 SGG) geworden war und den sie zuvor auch beachtet hatte, rückwirkend für einen Zeitraum (Januar bis April 1989) vor Bekanntgabe des streitigen Bescheides vom 9. Mai 1989 aufzuheben. Schon deswegen durfte sie ihn nicht durch eine der Klägerin ungünstigere Beitragsregelung ersetzen.
Weder das KVLG 1989 noch die von ihm in Bezug genommenen Vorschriften des SGB V noch andere Gesetze enthalten spezielle Ermächtigungen für die Landwirtschaftlichen Krankenkassen, höhere Beitragsschulden ihrer Mitglieder, die infolge der am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen beitragsrechtlichen Änderungen möglicherweise entstanden sind, rückwirkend, dh für Zeiten vor Bekanntgabe der Beitragserhöhungsbescheide, festzusetzen. Es liegt auch kein sog "Selbstvollzug des Gesetzes" vor, der das durch Verwaltungsakt bindend festgestellte Beitragsverhältnis unmittelbar kraft Gesetzes umgestaltet hätte (vgl dazu BSGE 58, 72 = SozR 3870 § 58 Nr 1; SozR 1300 § 48 Nr 57). Selbst wenn dies - was hier dahingestellt bleiben kann - im grundrechtlich geschützten Bereich (hier: Art 2 Abs 1 des Grundgesetzes [GG]) trotz der verfassungsrechtlichen Gewaltenteilung (Art 20 Abs 2 und 3 GG) und der Garantie des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) überhaupt zulässig wäre, ergibt sich aus dem GRG hierfür kein Anhalt. Deshalb kommt als Ermächtigungsgrundlage für die streitigen Verwaltungsentscheidungen nur § 48 Abs 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) in Betracht, dessen Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt sind.
Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Diese Vorschrift ist auch auf sog Nichtleistungsbescheide, insbesondere auf Verwaltungsakte über wiederkehrende Beitragszahlungen (vgl § 28h Abs 2 SGB IV) anzuwenden (BT-Drucks 8/2034 zu § 46 des Regierungsentwurfs; VDR-Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, Sozialgesetzbuch, 10. Buch - Verwaltungsverfahren - Stand: Januar 1988, § 48 RdNr 5; Schneider-Danwitz, SGB-SozVers-GesKomm, SGB X, Stand: Juli 1986, § 48 RdNr 19; Wiesner in Schroeder-Printzen/Engelmann/Schmalz/Wiesner/von Wulffen, § 48 RdNr 2; Schnapp, GK-SGB X 1, § 48 RdNr 20; jeweils mwN). Der Befreiungsbescheid vom 21. September 1988 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Denn er befreite die Klägerin für die Dauer des Bezuges von Erziehungsgeld, dh bis zum 2. Juli 1989, von der Pflicht, Mitgliedschaftsbeiträge zur beklagten Krankenkasse zu entrichten, hatte also, wie es den Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auszeichnet, rechtliche Wirkung über den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe hinaus (stellvertretend: Schnapp, aaO, § 48 RdNrn 17, 18, 20; Wiesner, aaO § 48 RdNr 2; jeweils mwN). Der streitige Bescheid vom 9. Mai 1989 hat sich jedoch keine Rechtswirkung für die Zukunft, dh für Zeiten nach seiner Bekanntgabe (st.Rspr, stellv. BSGE 61, 189 = SozR 1300 § 48 Nr 31; SozR 1300 § 48 Nr 57; Schnapp, aaO, RdNr 35; Schneider-Danwitz, aa0, RdNr 32), beigelegt, sondern den Befreiungsbescheid vom 21. September 1988 ausschließlich rückwärtsgewandt für die Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 30. April 1989 aufgehoben und ersetzt. Hierfür lagen jedoch die Voraussetzungen von § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X nicht vor:
Nach dieser Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr 1), dieser einer Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr 2), soweit nach Antragstellung oder Erlaß des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr 3), oder soweit der Betroffene wußte oder grob fahrlässig nicht wußte, daß der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder weggefallen ist (Nr 4).
Auch diese Vorschrift setzt zwar die Erfüllung der in Satz 1 aa0 genannten Tatbestandsmerkmale voraus. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Ansicht der Beklagten, seit dem 1. Januar 1989 müßten freiwillige Mitglieder - anders als Pflichtmitglieder - als Erziehungsgeldbezieher ohne weitere Einnahmen Mindestbeiträge entrichten, wirklich zutrifft. Auch wenn man dies (was allein als wesentliche Änderung iS von Satz 1 aaO in Betracht kommt) zugunsten der Beklagten unterstellt, war diese nicht ermächtigt, den bindenden Beitragsbefreiungsbescheid rückwirkend aufzuheben.
Es liegt auf der Hand, daß die vermeintliche Rechtsänderung nicht zugunsten der Klägerin erfolgt ist (Satz 2 Nr 1 aa0) und daß diese keine Mitteilungspflicht verletzt hat (Satz 2 Nr 2 aa0), ebenso, daß es nicht auf ihr Wissen oder schuldhaftes Nichtwissen (iS von Satz 2 Nr 4 aa0) über den Wegfall eines sich aus dem Befreiungsbescheid ergebenden "Anspruchs" ankommen kann. Denn dieser Bescheid hat verbindlich festgestellt, daß die Beklagte während des Erziehungsgeldbezuges keinen Beitragsanspruch gegen die Klägerin hat, aber keine Entscheidung über einen "Anspruch" (§ 194 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]) der Klägerin auf ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der Beklagten getroffen. Schon deswegen geht es bei der rückwirkenden (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 21. September 1988 auch nicht um den Wegfall oder die Minderung eines "Anspruchs" wegen erzielten Einkommens oder Vermögens (Satz 2 Nr 3 aa0).
Satz 2 Nrn 3 oder 4 aaO dürfen nicht zu Lasten vom Beitragspflichtigen analog angewandt werden. Sieht man von der - hier nicht einschlägigen - Änderung zugunsten des Betroffenen bzw einer Mitteilungspflichtverletzung ab, die auch im Beitragsrecht eine rückwirkende Aufhebung von bindenden Beitragsbescheiden ermöglichen, dienen die abschließend geregelten Ermächtigungen des Satzes 2 Nrn 3 und 4 aa0 ausschließlich dazu, bestandskräftige Verwaltungsakte über Ansprüche auf Leistungen eines Verwaltungsträgers rückwirkend aufheben zu können (vgl BT-Drucks 8/2034, Begründung zu § 46; Schneider-Danwitz, aa0, § 48 RdNrn 44 ff; Schnapp, aaO § 48 RdNrn 44 bis 48 mwN). § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X ist Ausdruck einer gesetzlichen Abwägung zwischen den rechtsstaatlichen Prinzipien der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns und der Rechtssicherheit, die für den Bürger insbesondere Vertrauensschutz bedeutet. Hier haben die gesetzgebenden Körperschaften die Fallgruppen umfassend und abschließend geregelt, bei denen die Verwaltung die Bindungswirkung eines begünstigenden Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung wegen nachträglich eingetretener wesentlicher Änderung der Verhältnisse rückwirkend durchbrechen darf. Bereits aus diesem Grund kommt eine entsprechende Anwendung der Eingriffsermächtigungen des Satzes 2 Nrn 3 und 4 aa0 nicht in Betracht. Deswegen braucht nicht dargestellt zu werden, daß dem auch der abgabenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz mit seinem im Parlamentsvorbehalt wurzelnden prinzipiellen Analogieverbot entgegensteht (stellv. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 1, 2. Auflage 1984, S 807 f mwN) und daß außerdem keine Analogiebasis (planwidrige Gesetzeslücke; logische, tatsächliche und axiologische Vergleichbarkeit) für die Einbeziehung von Beitragserhöhungen aufgrund angeblicher Gesetzesänderungen besteht. Als somit ermächtigungsloser Eingriff in die durch den Beitragsbefreiungsbescheid vom 21. September 1988 für die Klägerin mit Dauerwirkung bis zum 2. Juli 1989 festgestellte Rechtsposition kann der streitige Bescheid keinen Bestand haben.
Aus diesem Grunde braucht der Senat nicht zu erörtern, ob der streitige Bescheid gemäß § 42 Satz 2 SGB X auch deswegen aufzuheben ist, weil die nach § 24 SGB X vor seinem Erlaß erforderliche Anhörung unterblieben und vor Klagerhebung nicht ordnungsgemäß iS von § 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X nachgeholt worden ist (dazu Urteil des erkennenden Senats vom 26. September 1991- 4 RK 4/91); ebensowenig war zu entscheiden, ob die von der Beklagten angenommene Rechtsänderung eingetreten ist, wogegen das LSG gewichtige Argumente vorgetragen hat.
Nach alledem mußte die Revision der Beklagten überwiegend ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen