Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsgericht. Rüge. Verletzung von Bundesrecht. Berufungsgericht. Überschreitung einer zulässigen verfassungskonformen Auslegung oder Verstoß gegen sonstiges Bundesrecht. Bundesland. kein Ausschluß von zugelassenen Pflegeeinrichtungen von der finanziellen Förderung. wettbewerbsneutrale Einrichtung und Förderung. Beratungs- und Koordinierungsstellen. Tatsachengericht. Herbeiführung. Spruchreife für abschließende Sachentscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Revision kann als Verletzung von Bundesrecht rügen, das Berufungsgericht habe bei der Anwendung von Landesrecht die Grenzen einer zulässigen Verfassungskonformen Auslegung überschritten oder gegen sonstiges Bundesrecht verstoßen.
2. Den Ländern ist es im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit und aus dem Gesichtspunkt der Bundestreue untersagt, Pflegeeinrichtungen, die von den Pflegekassen zugelassen sind, als nicht bedarfsgerecht von der finanziellen Förderung auszuschließen.
3. Zur wettbewerbsneutralen Einrichtung und Förderung von Beratungs- und Koordinierungsstellen für Pflegebedürftige.
Orientierungssatz
Grundsätzlich ist das Tatsachengericht verpflichtet, die Spruchreife für eine abschließende Sachentscheidung selbst herbeizuführen; es darf dies nicht als Aufgabe an die Behörde zurückverweisen (vgl BSG vom 5.8.1992 - 14a/6 RKa 4/90 = BSGE 71, 90 = SozR 3-2500 § 106 Nr 13).
Normenkette
SGG §§ 162, 131 Abs. 2; GG Art 12 Abs. 1; GG Art 20 Abs. 3; GG Art 28 Abs. 2; GG Art 30; GG Art 70 Abs. 1; GG Art 74 Abs. 1 Nr. 12; EG Art 87; EGVtr Art 92 Abs. 1; PflegeVG RP Art 1 § 2 Abs. 2; PflegeVG RP Art 1 § 3 Abs. 3 S. 2; PflegeVG RP Art 1 § 8 Abs. 2; PflegeVG RP Art 1 § 9; PflegeVG RP Art 1 § 10 Abs. 1; PflegeVG RP Art 1 § 12 Abs. 2 S. 2; SGB XI § 9 Sätze 1-2, §§ 69, 72 Abs. 3 S. 2; HGrG §§ 1, 6 Abs. 1; PflegeHG RP § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 3 S. 2, § 8 Abs. 2, §§ 9, 10 Abs. 1, § 12 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger betreibt in der beklagten kreisfreien Stadt einen gewerblichen ambulanten Pflegedienst, der seit 1. April 1995 von den Landesverbänden der Pflegekassen zur Versorgung von Pflegeversicherten nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zugelassen ist. Zum selben Datum beantragte der Kläger bei der Beklagten auch die Zulassung als Träger eines sog Ambulante-Hilfe-Zentrums (AHZ) nach dem rheinland-pfälzischen "Gesetz über ambulante, teilstationäre und stationäre Pflegehilfen" (LPflegeHG - GVBl 1995, 55) sowie die finanzielle Förderung nach diesem Gesetz. Das Gesetz enthält ua folgende Regelungen:
"§ 8 Sozialstationen (Ambulante-Hilfe-Zentren - AHZ -)
(1) Die Gewährleistung einer flächendeckenden Grundversorgung mit ambulanten Hilfen erfolgt durch Sozialstationen (AHZ), die die Aufgaben von Sozialstationen bisheriger Art und Mobilen Sozialen Diensten wahrnehmen. Sozialstationen (AHZ) sind Einrichtungen, die im Rahmen selbständig wirtschaftender Organisationseinheiten mit geeigneten Fachkräften bedarfsgerechte, ganzheitlich ausgerichtete Hilfeleistungen für alte, kranke, behinderte oder aus sonstigen Gründen hilfebedürftige Menschen erbringen und koordinieren. Hierbei arbeiten die Fachkräfte mit den Angehörigen und qualifizierten Helferinnen und Helfern sowie mit ehrenamtlichen Kräften zusammen.
(2) Sozialstationen (AHZ) können von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und deren Mitgliedsorganisationen, von Kirchengemeinden, von kirchlich getragenen Vereinen und Zweckverbänden, von Krankenpflegevereinen, von gemeinnützigen Stiftungen, von Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts, von privaten Anbietern und von kommunalen Gebietskörperschaften und Zweckverbänden errichtet und unterhalten werden. Soweit sich die Trägerschaft einer Sozialstation (AHZ) nicht auf die selbständig wirtschaftenden Organisationseinheiten erstreckt, können diese als selbständige Anbieter einzelner Leistungsbereiche im Rahmen von Kooperationsverträgen mit der Sozialstation (AHZ) zusammenarbeiten.
...
§ 9 Beratungs- und Koordinierungsstelle
(1) Für jede Sozialstation (AHZ) ist eine Beratungs- und Koordinierungsstelle einzurichten.
(2) Die Beratungs- und Koordinierungsstelle hat insbesondere die Aufgabe, hilfesuchende Menschen und ihre Angehörigen qualifiziert zu beraten, die im Einzelfall erforderlichen ambulanten, teilstationären oder stationären Hilfen zu vermitteln und das Hilfeangebot zu koordinieren. Sie arbeitet mit anderen ambulanten Diensten und Einrichtungen sowie mit teilstationären und stationären Pflegeeinrichtungen und sonstigen Einrichtungen eng zusammen. Sie hat über die Angebote der verschiedenen Träger, auch außerhalb der Sozialstationen (AHZ) sowie im Bereich benachbarter Sozialstationen (AHZ), zu informieren.
(3) Die Aufgaben der Beratungs- und Koordinierungsstelle werden von geeigneten Fachkräften wahrgenommen.
...
§ 12 Förderung ambulanter Hilfen
(1) Das Land fördert nach Maßgabe verfügbarer Haushaltsmittel
1. die Beratungs- und Koordinierungsstelle einer Sozialstation (AHZ) in Höhe von 80 v.H. der angemessenen Personalkosten einer geeigneten Fachkraft, soweit diese Kosten nicht von Dritten zu tragen sind, und
2. Qualifizierungsmaßnahmen für Fachkräfte einer Sozialstation (AHZ) pauschal in Höhe von 5 v.H. der angemessenen Personalkosten nach Nummer 1.
Voraussetzung ist, daß die Sozialstation (AHZ) in den Bedarfsplan nach § 3 aufgenommen ist.
(2) Das Land und die kommunalen Gebietskörperschaften fördern nach Maßgabe verfügbarer Haushaltsmittel
1. betriebsnotwendige Aufwendungen im Sinne von § 82 Abs. 2 Nr. 1 und 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch in den in der Rechtsverordnung nach Absatz 4 bestimmten Leistungsbereichen einer Sozialstation (AHZ) jeweils in Höhe von 50 v.H., insgesamt in Höhe von 100 v.H. der angemessenen Aufwendungen, soweit nicht eine Förderung nach Kostenpauschalen erfolgt und diese Kosten nicht von Dritten zu tragen sind, und
2. Leistungen einer Sozialstation (AHZ) nach § 11 Abs. 2 als Festbetragsfinanzierung jeweils in Höhe von 10000 DM, insgesamt in Höhe von mindestens 20000 DM im Jahr.
Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
..."
Im November 1995 erstellte die Beklagte einen vorläufigen Bedarfsplan für Pflegeeinrichtungen, in den auch der Kläger aufgenommen wurde. Als Träger eines AHZ - mit dem gesamten Stadtgebiet der Beklagten als Betreuungsbereich - wurde jedoch nur die Ö. S. eV (Beigeladener zu 2) vorgesehen und später auch zugelassen sowie von der Beklagten und dem beigeladenen Land (Beigeladener zu 1) nach dem LPflegeHG durch Bezuschussung von Investitionskosten und Übernahme von Personalkosten finanziell gefördert. Dem Kläger teilte die Beklagte mit, die Förderung anderer Einrichtungen als der im vorläufigen Bedarfsplan als AHZ vorgesehenen sei nach dem Gesetz ausgeschlossen, jedoch nach Abschluß eines Kooperationsvertrages mit dem Beigeladenen zu 2) denkbar (Schreiben vom 8. Dezember 1995 und Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 1998). Der Beigeladene zu 2) lehnte den Abschluß eines derartigen Vertrages mit dem Kläger indessen ab.
Auf die beim Verwaltungsgericht (VG) erhobene Klage auf Zulassung als Träger eines AHZ und finanzielle Förderung nach dem LPflegeHG ist der Rechtsstreit an das Sozialgericht (SG) verwiesen worden. Das SG hat - nach Teilanerkenntnis der Beklagten hinsichtlich einer finanziellen Förderung für die Übergangszeit vom 1. April bis 30. November 1995 - entschieden, daß der Kläger hinsichtlich der Zulassung als AHZ unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens neu zu bescheiden, in jedem Fall aber über den 30. November 1995 hinaus finanziell zu fördern sei (Urteil vom 26. Mai 1998). Das LPflegeHG müsse verfassungskonform so ausgelegt werden, daß zugelassene Pflegedienste auch ohne Anerkennung als AHZ finanziell zu fördern seien. Die Berufung der Beklagten ist vom Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen worden (Urteil vom 19. August 1999). Das LSG hat sich im wesentlichen der Auffassung des SG angeschlossen und ergänzend ausgeführt, dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, daß in jedem Betreuungsbereich nur ein AHZ zugelassen werden könne. Eine Bedarfszulassung widerspreche dem vom SGB XI vorgesehenen freien Wettbewerb der Pflegedienste und rufe erhebliche Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem EG-Vertrag hervor.
Der Kläger habe daher grundsätzlich einen Anspruch auf Zulassung als weiteres AHZ, und zwar ohne eine Ermessenausübung; bei der Neubescheidung sei lediglich noch zu prüfen, ob der Kläger in der Lage sei, sämtliche für ein AHZ vorgeschriebenen Leistungen zu erbringen. Auch die finanzielle Förderung sei gleichmäßig auf alle leistungsfähigen Pflegeeinrichtungen, die die Übertragung eines AHZ beantragt haben, zu erstrecken. Sei - nach den dafür notwendigen Feststellungen - dem Kläger ein AHZ übertragen und der Bedarfsplan der Beklagten entsprechend fortgeschrieben worden, hätten die Beklagte und der Beigeladene zu 1) nur noch über die Höhe der Investitionsbeihilfen zu entscheiden.
Dagegen richten sich die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1). Sie rügen die Verletzung formellen und materiellen Bundesrechts. Die Vorinstanzen hätten die Grenzen einer zulässigen Gesetzesauslegung überschritten. Das LSG hätte hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des LPflegeHG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und hinsichtlich der Vereinbarkeit mit europäischem Recht eine solche des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einholen müssen. Das Landesrecht verstoße indessen bei zutreffender Auslegung weder gegen das Grundgesetz (GG) noch gegen Europarecht. Das LPflegeHG gebe den Landkreisen und kreisfreien Städten auf der Grundlage ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art 28 GG eine Befugnis zur Bedarfsplanung unter Einräumung eines Planungs-, Gestaltungs- und Beurteilungsermessens. Das Gesetz gehe dabei davon aus, daß nur ein solches AHZ gefördert werden müsse, das in den Bedarfsplan aufgenommen sei, und daß für jeden Betreuungsbereich eine Vereinbarung nur mit einem AHZ zu treffen sei. Das LSG habe statt dessen ein eigenes Regelungsmodell entwickelt, was gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoße. Die Zulassung mehrerer AHZ pro Betreuungsbereich und die finanzielle Förderung nach dem "Gießkannenprinzip" widersprächen den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit.
Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. August 1999 und des Sozialgerichts Speyer vom 26. Mai 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1) zurückzuweisen.
Der Beigeladene zu 2) stellt keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind unbegründet. Die Entscheidung des LSG, daß der Kläger einen Anspruch auf Neubescheidung hinsichtlich der Zulassung seines ambulanten Pflegedienstes als AHZ nach dem rheinland-pfälzischen LPflegeHG und über sein Begehren auf finanzielle Förderung nach diesem Gesetz hat, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Bundesrecht ist nicht verletzt (§ 162 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
1. Die von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind gegeben. Über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten ist nicht mehr zu befinden (§ 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz ≪GVG≫).
a) Die von den Revisionsklägern erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Das LSG war nicht verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und die Sache gemäß § 100 Abs 1 GG dem BVerfG zur Entscheidung darüber vorzulegen, ob das Landesrecht gegen das GG oder sonstiges Bundesrecht verstößt. Denn diese Vorlagepflicht besteht nur dann, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit bzw von der Unvereinbarkeit des Landesrechts mit dem Bundesrecht überzeugt ist; es darf sogar nicht vorlegen, wenn es die Möglichkeit zu einer verfassungs- bzw bundesrechtskonformen Auslegung der entscheidungserheblichen Norm sieht (BVerfGE 22, 373, 377 ff; 70, 134, 137; 78, 20, 24). Eben dies war hier der Fall. Soweit die Revisionen geltend machen, die Vorinstanz habe die Grenzen einer zulässigen Gesetzesauslegung überschritten, bedeutet dies keine Geltendmachung eines Verfahrensverstoßes, sondern die Rüge der Verletzung materiellen Rechts, insbesondere Verfassungsrechts.
b) Auch die Rüge, das LSG hätte die Sache gemäß Art 234 Abs 3 EG-Vertrag dem EuGH zur Auslegung des europäischen Gemeinschaftsrechts vorlegen müssen, greift nicht durch. Dabei kann offenbleiben, ob die Entscheidung des LSG, das die Revision nicht zugelassen hat, ein mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts nicht mehr anfechtbares Urteil iS des Art 234 Abs 3 EG-Vertrag ist. Denn die Revisionskläger haben nicht ausgeführt, daß die Auffassung des LSG, die von der Beklagten vertretene Rechtsauslegung und Förderungspraxis laufe auf eine nach europäischem Gemeinschaftsrecht unzulässige Beihilfe hinaus, für die Entscheidung tragend und klärungsbedürftig war. Zu einer Darlegung der Entscheidungserheblichkeit hätte deshalb besondere Veranlassung bestanden, weil sich das LSG in erster Linie der Auffassung des SG angeschlossen hat, das zu seiner Entscheidung allein aufgrund der innerstaatlichen Rechtslage gelangt ist. Zur Frage der Klärungsbedürftigkeit iS der Rechtsprechung des EuGH fehlt es an jeglichen Ausführungen, so daß die Verfahrensrüge insgesamt unzulässig ist, weil sie nicht den Anforderungen an die Begründungspflicht (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) genügt.
2. Die Entscheidung des LSG verstößt auch nicht gegen materielles Bundesrecht. Da es in erster Linie um die Auslegung und Anwendung von Landesrecht geht, ist für das Revisionsgericht grundsätzlich die Rechtsauslegung durch das Landesgericht maßgebend. Es ist nur zu prüfen, ob diese Rechtsauslegung mit Bundesrecht vereinbar ist. Das ist nicht bereits dann zu verneinen, wenn das Revisionsgericht aus seiner Sicht zu einer anderen Gesetzesauslegung kommen würde. Bundesrecht ist vielmehr dann erst verletzt, wenn das Berufungsgericht den Rahmen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und damit die Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht (Art 20 Abs 3 GG) mißachtet hat oder wenn es bei der Gesetzesauslegung bundesrechtliche Normen herangezogen hat, die den ihnen beigelegten Regelungsgehalt nicht aufweisen (vgl BSG SozR 3-6935 Allg Nr 1). Bei Anlegung dieser Prüfungsmaßstäbe ist eine Verletzung von Bundesrecht zu verneinen.
a) Das Berufungsgericht hat bei der Gesetzesauslegung nicht die Grenzen seiner gerichtlichen Kompetenzen überschritten. Es hat sich insbesondere nicht über einen eindeutigen Willen des Landesgesetzgebers hinweggesetzt und sich selbst in die Rolle einer normsetzenden Instanz begeben (BVerfGE 95, 64, 95; 96, 375, 394). Es ist vielmehr seiner Rolle gerecht geworden, bei mehreren möglichen Gesetzesauslegungen derjenigen den Vorzug zu geben, bei der das Gesetz mit dem Verfassungsrecht und sonstigem höherrangigem Bundesrecht vereinbar ist.
Der Auffassung der Revisionskläger, die Vorinstanzen hätten mit der Annahme, das Landesrecht lasse mehrere Träger eines AHZ innerhalb eines Betreuungsbereichs und die Förderung eines ambulanten Leistungsträgers zu, der nicht in den Bedarfsplan als AHZ aufgenommen worden sei, schon gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und damit gegen Art 20 Abs 3 GG verstoßen, ist nicht zu folgen. Die Revisionskläger meinen insoweit, wenn § 10 Abs 1 LPflegeHG bestimme, daß der Landkreis oder die kreisfreie Stadt mit dem Träger einer Sozialstation (AHZ) unter Berücksichtigung des öffentlichen Bedarfs einen Betreuungsbereich vereinbare, sei der Wortlaut eindeutig und gestatte nicht, mit mehreren Trägern von Sozialstationen für einen Betreuungsbereich Vereinbarungen zu treffen. Die Revisionskläger verstehen in diesem Zusammenhang "ein" als Zahlwort. Dem ist schon entgegenzuhalten, daß dieses Wort grammatikalisch auch als unbestimmter Artikel verstanden werden kann. Im übrigen ist aber eine Gesetzesauslegung auch gegen den scheinbar eindeutigen Wortlaut zulässig, wenn sich aus dem Gesetzeszusammenhang oder nach sonstigen anerkannten Auslegungsmaßstäben wie etwa der Entstehungsgeschichte ein anderer Wille des Gesetzgebers erkennen läßt, die Wortfassung also als mißlungen angesehen werden muß (BVerfGE 88, 145, 166; 95, 64, 81, 93). Deshalb kann entgegen der Auffassung der Revisionskläger auch aus § 3 Abs 3 Satz 2 LPflegeHG, wonach ein Anspruch auf Aufnahme in den Bedarfsplan nicht besteht, und aus § 12 Abs 2 Satz 2 LPflegeHG, wonach Voraussetzung für eine finanzielle Förderung als AHZ die Aufnahme in den Bedarfsplan ist, nicht schon zwingend gefolgt werden, daß eine finanzielle Förderung des Klägers nicht zulässig ist, weil er nicht in den Bedarfsplan aufgenommen worden ist. Das Gesetz kann auch so verstanden werden, daß ein Rechtsanspruch auf finanzielle Förderung grundsätzlich nicht bestehen soll (vgl BVerfGE 82, 209, 228 zu einer vergleichbaren Regelung). Das Berufungsgericht, das im wesentlichen dem SG gefolgt ist, hat zu Recht hervorgehoben, daß das Landesgesetz nicht den eindeutigen Willen des Gesetzgebers erkennen läßt, entgegen der bundesgesetzlichen Regelung des SGB XI den verfassungsrechtlichen Auftrag zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit ambulanten Pflegeeinrichtungen in der Weise auszuführen, daß ein staatliches Zulassungssystem nach Maßgabe eines festzustellenden Bedarfs eingeführt und finanziell gefördert wird. Die Vorinstanzen verweisen in diesem Zusammenhang zu Recht auf § 2 LPflegeHG, wonach die Landkreise und die kreisfreien Städte verpflichtet sind, eine den örtlichen Anforderungen entsprechende und die Trägervielfalt weitestgehend berücksichtigende pflegerische Versorgungsstruktur sicherzustellen. Kommunale Gebietskörperschaften und Zweckverbände sollen ferner eigene Einrichtungen nur errichten und unterhalten, soweit diese nicht von freigemeinnützigen oder privaten Trägern errichtet und unterhalten werden. Nach § 2 Abs 2 des Gesetzes haben die Landkreise und die kreisfreien Städte die freigemeinnützigen und privaten Träger von Einrichtungen bei der Bedarfsplanung frühzeitig und umfassend zu beteiligen. Bei den Sozialstationen (AHZ) ist in § 8 Abs 2 des Gesetzes ebenfalls Trägervielfalt vorgesehen. Ferner soll es selbständigen Anbietern einzelner Leistungsbereiche ermöglicht werden, im Rahmen von Kooperationsverträgen mit einer Sozialstation (AHZ) zusammenzuarbeiten. Dies alles spricht eher dafür, daß sich der Landesgesetzgeber den Grundsätzen des SGB XI anschließen wollte, wonach die Versorgung der Versicherten mit Pflegeleistungen dadurch sichergestellt wird, daß die Pflegekassen mit den Leistungserbringern Versorgungsverträge abschließen, wobei auch die Vielfalt, die Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Leistungserbringer zu beachten ist (§ 69 SGB XI) und eine Bedarfszulassung nicht stattfindet (vgl BT-Drucks 12/5262, S 136). Diese schon aus Art 12 GG abzuleitende Folge wird freilich auch in den Vorschriften des SGB XI nicht immer konsequent zum Ausdruck gebracht. So bestimmt § 72 Abs 3 Satz 2 SGB XI, daß bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Pflegeeinrichtungen Versorgungsverträge vorrangig mit freigemeinnützigen und privaten Trägern abgeschlossen werden sollen. Unter der Prämisse eines Rechtsanspruchs auf Zulassung für alle geeigneten, dh leistungsfähigen und wirtschaftlichen Pflegeeinrichtungen läßt sich ein Anwendungsbereich für diese Vorschrift nicht erkennen (vgl Udsching, SGB XI, 2. Aufl 2000, § 72 RdNr 14).
Eine mögliche Erklärung für diese mißverständliche Regelung kann darin liegen, daß sich der Bundesgesetzgeber bei der Regelung der Beziehungen der Pflegekassen zu den Leistungserbringern an dem Leistungserbringerrecht im Rahmen des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) orientiert hat, insbesondere die Regelungen der §§ 107 ff SGB V über die Beziehungen zu Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zum Vorbild genommen hat. Hier ist insbesondere auf § 109 Abs 2 Satz 2 SGB V zu verweisen, der eine Regelung bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Krankenhäusern trifft. Auch das LPflegeHG orientiert sich ersichtlich an den Regelungen zur Krankenhausplanung und Krankenhausfinanzierung, wie sie vor allem im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) getroffen worden sind. Beide Bereiche sind insofern vergleichbar, als es um die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Einrichtungen der Daseinsvorsorge geht, die nach Art 30 GG grundsätzlich eine Aufgabe der Länder ist. § 9 SGB XI stellt dies noch einmal klarstellend für den Bereich der Pflege fest. Zwischen den beiden Gebieten der Daseinsvorsorge besteht indessen ein wesentlicher Unterschied: Während es bei der Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern eine verfassungsrechtlich zulässige Beschränkung der Zulassung gibt, weil dies erforderlich ist, um eine zur Versorgung der Versicherten nicht notwendige Leistungsausweitung und damit eine übermäßige Kostenbelastung der Krankenkassen zu vermeiden (BVerfGE 82, 209 ff), ist dies bei der Versorgung der Bevölkerung mit pflegerischen Leistungen nicht der Fall. Der Bundesgesetzgeber hat sich vielmehr hier durch einen freien Marktzugang für Pflegeeinrichtungen einen wirksamen Leistungswettbewerb versprochen, der nach den Gesetzen der Marktwirtschaft für eine wirtschaftliche Leistungserbringung sorgt. Nach dieser Grundentscheidung bleibt es zwar weiterhin eine staatliche Aufgabe des Landes, den Bedarf an Pflegeeinrichtungen zur Versorgung der Bevölkerung festzustellen und zu kontrollieren, inwieweit dieser Bedarf durch die bereits vorhandenen Einrichtungen gedeckt wird. Zu weiteren staatlichen Maßnahmen, insbesondere durch eine finanzielle Förderung, besteht aber erst dann eine Verpflichtung, wenn sich herausstellen sollte, daß unter den Regeln des Marktwettbewerbs eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Pflegeeinrichtungen, etwa in strukturschwachen Gebieten, nicht sicherzustellen ist. Daneben darf es - wiederum vergleichbar mit dem Krankenhausbereich - Ziel des Landesgesetzgebers sein, durch finanzielle Förderung der Einrichtungsträger zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen, was allerdings im LPflegeHG nicht ausdrücklich erwähnt wird.
Soweit staatliche Förderung nicht geboten, aber zulässig ist, muß sie zur Vermeidung von Wettbewerbsverfälschungen in einer Weise erfolgen, die den Marktteilnehmern gleiche Chancen beläßt und nicht dazu führt, daß einzelne Marktteilnehmer bevorzugt, andere aber in ihrer Existenz bedroht werden. Das Grundrecht der freien Berufsausübung nach Art 12 GG schützt auch vor staatlichen Eingriffen durch sachlich nicht gerechtfertigte Mittelvergabe an Konkurrenten (BVerfGE 82, 209, 223 ff; 86, 28, 37).
Die von den Revisionsklägern vertretene Gesetzesauslegung würde zu einem solchen Grundrechtsverstoß führen. Die Zulassung und finanzielle Förderung nur eines Trägers eines AHZ im Stadtgebiet der Beklagten würde zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, die privaten Anbietern auf Dauer keine Chance ließe. Dies gilt zunächst einmal für den Betrieb der Beratungs- und Koordinierungsstelle, die die Aufgabe hat, hilfesuchende Menschen und ihre Angehörigen qualifiziert zu beraten und die im Einzelfall erforderlichen Hilfen zu vermitteln. Da jede Sozialstation (AHZ) gleichzeitig auch umfassende Pflegedienste anzubieten hat, besteht die Gefahr, daß die Beratung nicht wettbewerbsneutral erfolgt, sondern in erster Linie auf die Auslastung des eigenen Dienstes ausgerichtet ist. Zum anderen werden durch die weitgehende Übernahme der betriebsnotwendigen Investitionskosten die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß der betreffende Leistungserbringer gegenüber den Pflegekassen Entgelte anbieten kann, die für die konkurrierenden Leistungserbringer nicht kostendeckend wären und zum Ausscheiden aus dem Pflegemarkt führen müßten. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen spricht nichts dafür, daß der Landesgesetzgeber derartige Folgen seiner Förderungsregelung in Kauf genommen hat. Auch die Revisionskläger haben dies nicht belegen können. Deshalb waren die Vorinstanzen nicht gehindert, eine Gesetzesauslegung vorzunehmen, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben für eine gesetzliche Regelung Rechnung trägt, ohne gegen den eindeutigen Willen des Gesetzgebers zu verstoßen.
b) Mit der Auslegung, daß § 12 Abs 2 LPflegeHG einen Anspruch des Klägers auf finanzielle Förderung nach Maßgabe dieses Gesetzes und der aufgrund seiner Ermächtigung erlassenen Rechtsverordnung begründet, haben die Vorinstanzen nicht nur die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung eingehalten; diese Auslegung hält sich auch im übrigen im Rahmen des Bundesrechts. Das gilt zunächst für die Aussage, daß Art 12 GG eine solche einfachgesetzliche Ausgestaltung erfordert, um einen Eingriff in das Recht der freien Berufsausübung zu vermeiden. Aber auch im übrigen ist ein Verstoß gegen Bundesrecht nicht erkennbar. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die §§ 1, 6 Abs 1 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) vor, wie die Revisionskläger meinen. Die Verpflichtung von Bund, Ländern und Gemeinden, mit Haushaltsmitteln sparsam umzugehen, wird nicht dadurch verletzt, daß die Beklagte als Folge der als zutreffend erkannten Gesetzesauslegung gezwungen ist, neben dem als AHZ zugelassenen Leistungserbringer auch andere Leistungserbringer zu fördern, mit denen die Pflegekassen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen haben. Denn das Recht des Haushaltsgesetzgebers, über die Bewilligung und die Höhe von Förderungsmitteln zu befinden, bleibt dadurch unberührt. Insbesondere wird er nicht verpflichtet, Pflegeeinrichtungen zu fördern, für die kein Bedarf besteht. Für den Fall, daß ein Überangebot an geeigneten und zugelassenen Pflegeeinrichtungen vorhanden ist, steht es dem Landesgesetzgeber frei, jegliche Förderung einzustellen. Entschließt er sich aber zu einer Förderung, ist diese aus verfassungsrechtlichen Gründen wettbewerbsneutral auszugestalten, etwa durch eine einkommensabhängige Förderung der Pflegebedürftigen, wie dies in anderen Bundesländern geschieht (vgl Dalichau/Grüner/Müller-Alten, Pflegeversicherung, Stand Juli 1998, § 9 SGB XI Anm II 1; Udsching, aaO, § 9 RdNr 7 mwN).
c) Aus diesem Grunde verstößt die Gesetzesauslegung auch nicht gegen das durch Art 28 Abs 2 GG gewährleistete Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Die damit verbundene Planungshoheit der Gemeinden hinsichtlich der pflegerischen Infrastruktur wird dadurch nicht verletzt. Den Kommunen bleibt es unbenommen, im Rahmen der allgemeinen Gesetze dafür Sorge zu tragen, daß die Versorgung der Pflegebedürftigen mit geeigneten Pflegeeinrichtungen sichergestellt wird. So kann sie im Grundsatz frei darüber entscheiden, wie groß die einzelnen Betreuungsbereiche ausfallen, für die eine Beratungs- und Koordinierungsstelle einzurichten ist. Sofern sie diese Stelle nicht in eigener kommunaler Regie betreiben will, hat sie allerdings dafür Sorge zu tragen, daß durch die Übertragung der Aufgabe keine einseitigen Wettbewerbsvorteile entstehen. Unberührt bleibt auch das Recht der Kommune, über die erforderlichen Haushaltsmittel zu entscheiden. Zu den allgemeinen Gesetzen zählt aber auch der bundesgesetzlich vorgesehene Zugang aller geeigneten Leistungserbringer zum Markt der Pflegeleistungen und das Verbot, einzelne Leistungserbringer durch einseitige Vergabe von Fördermitteln im Wettbewerb zu benachteiligen.
d) Durch die Gesetzesauslegung der Vorinstanzen wird auch nicht § 9 SGB XI verletzt. Nach dieser Vorschrift sind die Länder verantwortlich für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur. Damit wird den Ländern nicht durch einfaches Bundesgesetz eine Aufgabe übertragen, sondern lediglich das klargestellt, was sich aus Art 30 und 70 Abs 1 GG ergibt: Die Länder haben die originäre Gesetzgebungskompetenz für Angelegenheiten der Daseinsvorsorge auf dem Gebiet der Pflege, weil das GG insoweit dem Bund keine Gesetzgebungsbefugnisse verliehen hat. Die Bundeskompetenz bezieht sich allein auf die öffentliche Sozialversicherung gemäß Art 74 Abs 1 Nr 12 GG und ermächtigt den Bund dazu, als neuen Zweig der Sozialversicherung die soziale Pflegeversicherung einzuführen und rechtlich auszugestalten (vgl BVerfG NJW 2001, 1709). Die Kompetenz erstreckt sich auch auf die Regelung, wie die für die Versicherten vorgesehenen Leistungen zu erbringen sind. Der Gesetzgeber des SGB XI hat insoweit das traditionelle Sachleistungssystem gewählt. Danach schließen die Pflegekassen zur Versorgung der Versicherten Verträge mit den Leistungserbringern. Für ambulante Pflegeleistungen sind alle Leistungserbringer zuzulassen, die geeignet und wirtschaftlich sind; eine Bedarfsprüfung findet nicht statt.
Wenn § 9 Satz 2 SGB XI das Nähere zur Planung und zur Förderung der Pflegeeinrichtungen dem Landesgesetzgeber überläßt, so bedeutet dies nicht, daß er von den bundesgesetzlichen Vorgaben befreit ist. Vielmehr muß der Landesgesetzgeber seine Gesetzgebungskompetenz so ausüben, daß er mit den bundesgesetzlichen Regelungen nicht in Widerspruch gerät (vgl BVerfGE 98, 106 ff; 81, 310, 339). Die Förderung der Pflegeeinrichtungen muß deshalb so erfolgen, daß sie wettbewerbsneutral ist, damit der vom Bundesgesetzgeber gewünschte Leistungswettbewerb unter den Leistungserbringern nicht beeinträchtigt wird. Die Gesetzesauslegung des LSG, die dem Kläger im Grundsatz einen Anspruch auf finanzielle Förderung und Anerkennung als AHZ mit der Befugnis zur Beratung und Koordinierung nach den gleichen Maßstäben, wie sie für die Beigeladene zu 2) gelten, eingeräumt hat, wird dieser Vorgabe gerecht. Ein unbedingter Rechtsanspruch auf finanzielle Förderung ist damit nicht verbunden; das Land ist nur verpflichtet, im Rahmen der zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel für eine gleichmäßige Förderung der Pflegeeinrichtungen zu sorgen.
e) Mit dieser Gesetzesauslegung verstößt die Entscheidung des LSG auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. § 87 Abs 1 EG-Vertrag verbietet zwar staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. In der Gesetzesauslegung des LSG werden gerade nicht nur bestimmte Unternehmen durch die finanzielle Förderung begünstigt, sondern alle zugelassenen Pflegeeinrichtungen nach einheitlichen Kriterien bedacht, so daß der Wettbewerb nicht verfälscht wird. Ob Konsequenz dieser Auslegung auch sein muß, daß auch Pflegeeinrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der EG finanziell zu fördern wären, um eine Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels zu vermeiden, oder ob es im Hinblick auf das Erfordernis einer staatlichen Planung der Pflegestruktur und das Sachleistungsprinzip (vgl neuerdings EuGH vom 12. Juli 2001, C-157/99 - Smits/Peerbooms - ABl EG 2001, Nr C 275.4) zulässig ist, eine grenzüberschreitende Förderung abzulehnen, bedarf hier keiner Entscheidung.
f) Schließlich bleiben die Revisionsrügen auch insoweit ohne Erfolg, als die Verletzung von § 131 Abs 2 SGG geltend gemacht wird. Mit dem Ausspruch, daß die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen wird, hat das LSG im Ergebnis die Verurteilung der Beklagten zur Förderung des Klägers nach Maßgabe des § 12 Abs 2 LPflegeHG und zur Neubescheidung seines Antrags auf Übertragung der Trägerschaft eines AHZ durch das SG bestätigt. Das LSG ist lediglich in den Entscheidungsgründen insoweit vom SG abgewichen, als es angenommen hat, der Beklagten stehe hinsichtlich der Übertragung der Trägerschaft eines AHZ auf den Kläger kein Auswahlermessen mehr zu, sondern sie sei dazu verpflichtet, sofern der Kläger noch die Erfüllung der weiteren vom LPflegeHG verlangten Voraussetzungen nachweise. Grundsätzlich ist das Tatsachengericht verpflichtet, die Spruchreife für eine abschließende Sachentscheidung selbst herbeizuführen; es darf dies nicht als Aufgabe an die Behörde zurückverweisen (vgl BSGE 71, 90, 96 = SozR 3-2500 § 106 Nr 13; Meyer-Ladewig, SGG 6. Aufl § 131 RdNr 12b). Das LSG hat sich womöglich daran gehindert gesehen, weil der Kläger gegen das Urteil des SG keine Anschlußberufung eingelegt und damit prozessual keine Möglichkeit bestanden hat, über das Bescheidungsurteil hinausgehend die Beklagte zur Erteilung des abgelehnten Verwaltungsaktes zu verpflichten. Durch die in den Urteilsgründen ausgesprochenen Maßgaben, unter denen der abgelehnte Verwaltungsakt zu erteilen ist, ist die Beklagte aber gleichwohl beschwert, weil diese Gründe zum Inhalt der Entscheidung gehören und deshalb an der Rechtskraft teilnehmen. Der insoweit vorliegende Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius ist ein Verfahrensfehler, der aber nicht von Amts wegen zu beachten ist. Da die Revisionskläger insoweit einen Verfahrensfehler nicht geltend gemacht haben, ist der Ausspruch des LSG als verfahrensfehlerfrei zustande gekommen zu betrachten.
Durch die Entscheidung, daß die Beklagte kein Auswahlermessen mehr hat, dem Kläger den Betrieb eines AHZ zu übertragen, hat das LSG nicht das Planungsermessen der Behörde verletzt und damit gegen das Gewaltenteilungsprinzip verstoßen. Denn das LSG hat der Beklagten nach dem Gesetz grundsätzlich ein Auswahlermessen zugestanden, dieses jedoch nur im vorliegenden besonderen Fall verneint, weil es - unter der Voraussetzung, daß der Kläger die erforderlichen Nachweise noch beibringt - keine andere Möglichkeit gesehen hat, die dem Kläger durch das bisherige Verhalten der Beklagten zugefügte Rechtsverletzung wiedergutzumachen. Die dem Beigeladenen zu 2) zuerkannte Berechtigung zum Betrieb eines AHZ ist rechtlich ohne Änderung der Gesetzeslage oder sonstiger wesentlicher Verhältnisse nicht rückgängig zu machen. Der Beigeladene zu 2) kann andererseits von der Beklagten auch nicht gezwungen werden, den Kläger durch einen Kooperationsvertrag an dem Betrieb des AHZ zu beteiligen. Der Wettbewerbsvorteil, der dem Beigeladenen zu 2) dadurch entstanden ist, daß er gleichsam erste Anlaufstelle für Pflegebedürftige ist, die sich beraten lassen wollen, gleichzeitig aber auch selbst als Anbieter von ambulanten Pflegeleistungen auftritt, kann im Verhältnis zum Kläger nur dadurch ausgeglichen werden, daß die Beklagte auch den Kläger für einen derartigen Beratungs- und Koordinierungsdienst zuläßt. Ein Ermessen der Beklagten, dem Kläger auch beim Nachweis der fachlichen Voraussetzungen dennoch, etwa aus Gründen fehlenden Bedarfs, auszuschließen, besteht danach nicht mehr (sog Ermessensschrumpfung auf Null unter dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung; vgl dazu BSGE 61, 189, 192 = SozR 1300 § 48 Nr 31; BVerwGE 78, 40, 46; Meyer-Ladewig, aaO § 54 RdNr 31; Eyermann/Rennert, VwGO, 11. Aufl 2000 § 114 RdNr 32).
Soweit die Beklagte verpflichtet worden ist, den Kläger beim Betrieb seines ambulanten Pflegedienstes in gleicher Weise zu fördern wie den Beigeladenen zu 2), ist ebenfalls kein Verstoß gegen die Planungs- und Finanzhoheit der Beklagten zu erkennen. Der Urteilsausspruch läuft hier auf eine bloße Verurteilung dem Grunde nach hinaus. Wie bereits ausgeführt, ist die Beklagte bei der jetzigen Gesetzeslage aus verfassungsrechtlichen Gründen und dem Gebot bundesfreundlichen Verhaltens verpflichtet, alle zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtungen finanziell nach gleichen Kriterien zu fördern. Ein Spielraum verbleibt lediglich hinsichtlich der Größe des Finanzvolumens, das für diese Zwecke zur Verfügung gestellt wird. Diese Finanzhoheit wird durch den angegriffenen Urteilsausspruch nicht verletzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG. Dem Beigeladenen zu 2) waren keine Kosten aufzuerlegen, weil er sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 657375 |
BSGE 88, 215 |
BSGE, 215 |
FA 2002, 96 |
NZS 2002, 657 |
SozR 3-3300 § 9, Nr. 1 |
PflR 2002, 39 |
SozSi 2002, 215 |