Beteiligte
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. November 1996 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. März bis 11. Juni 1994.
Der Kläger befand sich seit 1972 in Strafhaft; er arbeitete mehrere Jahre in der Gärtnerei der Justizvollzugsanstalt (JVA). Nachdem ihm als Freigänger ab 1. März 1994 die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der JVA gestattet worden war, meldete er sich am 1. März 1994 beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Weiterhin unterlag er jedoch der Arbeitspflicht in der JVA mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35,2 Wochenstunden; tatsächlich war der Kläger im streitigen Zeitraum in der Gärtnerei überwiegend weniger als 35,2 Stunden tätig (in fünf Wochen weniger als 18 Stunden wöchentlich, in weiteren drei Wochen überhaupt nicht, in acht Wochen zwischen 19,08 und 35,2 Stunden wöchentlich).
Die Beklagte lehnte die Gewährung von Alg ab (Bescheid vom 25. März 1994; Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1994). Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 22. Februar 1995; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 26. November 1996). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Alg, weil er im streitigen Zeitraum mehr als kurzzeitig beschäftigt (§§ 101, 102 Arbeitsförderungsgesetz ≪AFG≫) und nicht verfügbar gewesen sei (§ 103 AFG). Die dem Kläger in der Gärtnerei der JVA zugewiesene Arbeit erfülle trotz ihres unfreiwilligen Charakters die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses iS des § 101 AFG. Darüber hinaus habe die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35,2 Stunden jede anderweitige berufliche Tätigkeit ausgeschlossen.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 101, 103 AFG. Bei der von ihm ausgeübten Gefangenenarbeit handele es sich nicht um ein die Arbeitslosigkeit ausschließendes Beschäftigungsverhältnis iS des § 101 AFG, weil die ihm gemäß § 37 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) zugewiesene Arbeit in erster Linie dem Ziel diene, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern. Dementsprechend gälten die Gefangenen lediglich nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 168 Abs 3 Satz 2 AFG als Arbeitnehmer iS des Beitragsrechts. Er (der Kläger) habe dem Arbeitsmarkt auch objektiv zur Verfügung gestanden, weil ihm die Aufnahme eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt gestattet worden sei (§ 39 Abs 1 StVollzG). Die Tätigkeit in der Anstaltsgärtnerei habe die Aufnahme eines freien Arbeitsverhältnisses nicht ausgeschlossen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. März bis 11. Juni 1994 Alg zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe im Urteil des LSG.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zu Recht hat das LSG einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Alg für den streitigen Zeitraum verneint.
In der Revisionsinstanz von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere war die Berufung gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG statthaft, weil das vom Kläger begehrte Alg den Beschwerdewert von 1.000,00 DM übersteigt. Nach § 112 Abs 5 Nr 10 iVm Abs 7 AFG bestimmt sich die Höhe des Alg nach dem am Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Klägers maßgeblichen tariflichen oder mangels einer tariflichen Regelung nach dem ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, für die der Kläger nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung des Berufes und seiner Ausbildung in Betracht kommt. Es ist davon auszugehen, daß der Kläger, ein gelernter Energieanlagenelektroniker, zumindest ein monatliches Bruttoeinkommen erzielen kann, aus dem nach der AFG-Leistungsverordnung 1994 unter Berücksichtigung der ungünstigsten Leistungsgruppe und 89 Leistungstagen ein Gesamtleistungsbetrag von mehr als 1.000,00 DM resultiert.
Der Kläger hat jedoch schon mangels Arbeitslosigkeit iS des § 101 AFG (hier idF des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – ≪SGB IV≫ vom 23. Dezember 1976 – BGBl I 3845) iVm § 102 AFG (idF des Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988 – BGBl I 2343) keinen Anspruch auf Alg. Es kann deshalb dahinstehen, ob die sonstigen Voraussetzungen (§ 100 AFG), insbesondere die der Verfügbarkeit (§ 103 AFG), vorlagen.
Gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 AFG ist arbeitslos iS des AFG ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt. Kurzzeitig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt ist (§ 102 Abs 1 Satz 1 AFG).
Zwar war der Kläger als sog Freigänger trotz der bis zur Aufnahme einer freien Beschäftigung fortbestehenden Arbeitspflicht in der JVA (§ 41 StVollzG) Arbeitnehmer iS des § 101 AFG, weil er ein freies Beschäftigungsverhältnis angestrebt hat (vgl hierzu BSGE 67, 269, 271 = SozR 3-4100 § 103 Nr 2); jedoch war er nicht arbeitslos, weil er bei seiner Arbeit in der Gärtnerei der JVA (§§ 37, 41 StVollzG) gegen Arbeitsentgelt (§ 43 StVollzG) in einem Beschäftigungsverhältnis stand, das die Kurzzeitigkeitsgrenze des § 102 Abs 1 Satz 1 AFG nach den tatsächlichen und für den Senat mangels einer Verfahrensrüge bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) überstieg.
Wann eine Tätigkeit „Beschäftigung” ist und damit die sich daraus ergebende Beziehung zwischen natürlichen oder juristischen Personen ein Beschäftigungsverhältnis iS des § 101 AFG darstellt, ist im AFG nicht – auch nicht in dem seit 1. Januar 1998 geltenden Sozialgesetzbuch -Arbeitsförderung- (SGB III) – bestimmt. Auch § 7 SGB IV mit seiner näheren Umschreibung von Beschäftigungsverhältnissen iS von Prototypen (nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis; Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung) kann unmittelbar nicht herangezogen werden, weil das AFG nur für die Beitragspflicht auf diese Vorschrift verweist (§ 173a AFG) und § 1 Abs 2 SGB IV in der bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung die unmittelbare Anwendung des § 7 SGB IV auf die Arbeitslosenversicherung ausschließt (seit 1. Januar 1998 gilt indes § 7 SGB IV unmittelbar, wobei aber weiterhin ein Vorrang speziellerer Regelungen in den einzelnen Sozialleistungsbereichen des SGB besteht – § 1 Abs 3 SGB IV in der seit 1. Januar 1998 geltenden Fassung).
Wenn sich die Rechtsprechung im Leistungsrecht des AFG bei der Anwendung des § 101 AFG gleichwohl an § 7 SGB IV orientiert (vgl nur BSGE 73, 90, 94 mwN = SozR 3-4100 § 101 Nr 4), so lassen sich doch die Merkmale eines (beitragspflichtigen) Beschäftigungsverhältnisses nicht unbesehen auf das Leistungsrecht übertragen; vielmehr ist eine funktionsdifferente Auslegung erforderlich, die den Inhalt der konkreten Rechtsnorm sachbezogen nach ihrer Stellung und Aufgabe in der Rechtsordnung bestimmt (BSGE 73, 126, 128 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5; BSGE 73, 90, 93 mwN = SozR 3-4100 § 101 Nr 4). Je nach Sinnzusammenhang, in den die einzelne Norm gestellt ist, können und müssen also die Essentialia eines Beschäftigungsverhältnisses im Hinblick auf den jeweiligen Normzweck Modifikationen unterliegen (BSGE 73, 90, 94 = SozR 3-4100 § 101 Nr 4). Im Arbeitsförderungsrecht ist demgemäß das leistungsrechtliche Verständnis des Beschäftigungsverhältnisses in § 101 AFG nicht völlig identisch mit dem des beitragsrechtlichen (auch nicht in §§ 16 Nr 1, 118 Abs 1 Nr 1 SGB III).
Funktion des § 101 AFG (seit 1. Januar 1998 des § 118 Abs 1 Nr 1 SGB III) ist es, das durch Leistungen der Arbeitslosenversicherung gedeckte Risiko zu bestimmen, bei dessen Eintritt die Versichertengemeinschaft Schutz bieten soll (BSGE 73, 126, 129 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5; Steinmeyer in Gagel, AFG, Stand September 1997, Rz 1 zu § 101); beitragsrechtlich geht es demgegenüber zum einen wegen der erforderlichen Anwartschaftszeiterfüllung (§ 104 AFG – seit 1. Januar 1998 § 123 SGB III) darum, ob der Arbeitslose überhaupt der Solidargemeinschaft der Beitragszahler angehört (§§ 168 bis 169d AFG – seit 1. Januar 1998 §§ 24 bis 28 SGB III), und zum anderen um die Finanzierung der arbeitsförderungsrechtlichen Leistungen. Daß diese unterschiedlichen Funktionen verschiedene Beurteilungen darüber bedingen, ob ein Beschäftigungsverhältnis zu bejahen ist, zeigen insbesondere die Fälle faktischer Beschäftigungslosigkeit, bei denen trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Alg bestehen kann (vgl etwa: BSGE 73, 90 ff = SozR 3-4100 § 101 Nr 4; BSGE 73, 126 ff = SozR 3-4100 § 101 Nr 5; vgl auch: BSGE 60, 168 ff = SozR 4100 § 117 Nr 16; BSGE 64, 199 ff = SozR 4100 § 117 Nr 23; BSG SozR 4100 § 117 Nrn 18, 19, 20 und 22; SozR 3-4100 § 134 Nr 14).
Kernbestand eines Beschäftigungsverhältnisses iS des § 101 AFG und des § 7 SGB IV ist eine faktische Beziehung, die die Leistung von Arbeit unter persönlicher Abhängigkeit einer Person von einer anderen zum Inhalt hat, wobei sich diese Abhängigkeit auf der einen Seite in der tatsächlichen Verfügungsmacht (Direktionsrecht) und auf der anderen Seite in der faktischen Dienstbereitschaft auswirkt (BSGE 73, 90, 93 f mwN = SozR 3-4100 § 101 Nr 4). Diese Voraussetzungen können für die Arbeit des Klägers in der Gärtnerei der JVA mit Rücksicht auf die bestehende Arbeitspflicht (§§ 41 Abs 1, 37 Abs 2 StVollzG) nicht ernsthaft bestritten werden. Während dieser Tätigkeit war der Kläger in die betrieblichen Strukturen der JVA eingebunden und unterlag dem Weisungsrecht der Strafvollzugsbehörde bzgl Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung (§ 37 Abs 2 StVollzG).
Zwar erfüllte die vom Kläger verrichtete Arbeit nicht das für ein Beschäftigungsverhältnis in anderen Bereichen des Sozialrechts und des Beitragsrechts des AFG erforderliche Kriterium des „freien Austauschs von Lohn und Arbeit” (vgl nur: BSG, Urteil vom 8. November 1997 – 11 RAr 33/97 – mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen; BSGE 80, 250, 251 ff = SozR 3-2200 § 1248 Nr 15; BSG SozR 3-5050 § 5 Nr 1; SozR 5070 § 14 Nr 9; BSG, Urteil vom 30. Oktober 1997 – 13 RJ 37/97 –, unveröffentlicht; Gagel in Festschrift für Otto Ernst Krasney, 1997, S 147, 148 f). Jedoch ist dies für § 101 AFG ohne Bedeutung, weil die Tätigkeit des Klägers gegen Entgelt (§ 43 StVollzG) gemäß § 168 Abs 3 AFG (idF, die § 168 AFG durch das Gesetz zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992 – BGBl I 2044 – erhalten hat) einer beitragspflichtigen Beschäftigung gleichgestellt ist. Im Hinblick darauf wäre es verfehlt, dem Gesichtspunkt der Freiwilligkeit der Arbeit im Rahmen des § 101 AFG überhaupt Gewicht beizumessen, weil damit keine Gleichbehandlung, sondern eine Besserstellung von Strafgefangenen verbunden wäre. Entsprechende Überlegungen hat der Senat bereits früher bei der Beurteilung angestellt, ob die Arbeit eines Strafgefangenen in der JVA als entlohnte Beschäftigung iS einer früheren Fassung des § 134 AFG anzusehen sei (BSGE 48, 129, 132 ff = SozR 4100 § 134 Nr 13). Unter Hinweis auf die Begründung des Entwurfs eines StVollzG (BT-Drucks 7/918 S 63) hat er ausgeführt, die Arbeitsbedingungen im Vollzug sollten sich von den Arbeitsverhältnissen außerhalb der Anstalt nicht weiter als notwendig unterscheiden. Absicht und Inhalt des StVollzG sei die Gleichstellung der Tätigkeit des Gefangenen mit einer Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 48, 129, 131 und 133 = SozR 4100 § 134 Nr 13). Dies muß auch für § 101 AFG gelten (im Ergebnis ebenso Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, Stand 1. November 1997, Rz 9 zu § 118); andernfalls stünden Arbeitnehmer im Rahmen eines üblichen Beschäftigungsverhältnisses schlechter als Strafgefangene; für die Notwendigkeit einer Besserstellung der Strafgefangenen sind keinerlei Gesichtspunkte erkennbar.
Dagegen sprechen vor allem auch systematische Argumente. Normiert § 101 AFG – jedenfalls, soweit es den Anspruch auf Alg betrifft – den Versicherungsfall, bei dessen Eintritt unter weiteren Voraussetzungen der Leistungsanspruch entsteht, so setzt der Eintritt des Versicherungsfalls im Hinblick auf mindestens eine der Beschäftigungen, die für die Entstehung des Leistungsanspruchs anwartschaftsbegründend waren, eine (rechtlich wesentliche) Änderung voraus. Gerade daran fehlt es, wenn der Strafgefangene die bisherige, allein anwartschaftsbegründende Arbeit in der JVA unverändert weiterhin verrichtet. Die Bejahung eines Alg-Anspruchs hieße dann, den Eintritt eines Versicherungsfalls anzunehmen, obwohl sich in der bisherigen – anwartschaftsbegründenden – Beschäftigung nichts geändert hat bzw der Risikofall der Beschäftigungslosigkeit insoweit gerade nicht eingetreten ist. Dieses widersprüchliche Ergebnis ist nicht begründbar (angedeutet in BSGE 67, 269, 273 = SozR 3-4100 § 103 Nr 2). Die Frage, ob die Freiwilligkeit der Arbeit gegen Entgelt im Rahmen des Beitragsrechts ohnedies nur ein Problem der Beitragspflicht, nicht aber ein notwendiger Bestandteil des Beschäftigungsverhältnisses ist (so uU BSGE 27, 197, 198 = SozR Nr 54 zu § 165 RVO), kann unter diesen Umständen dahinstehen.
Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von der Entscheidung des 11. Senats vom 16. Oktober 1990 (BSGE 67, 269 ff = SozR 3-4100 § 103 Nr 2) noch von Entscheidungen anderer Senate des Bundessozialgerichts (BSG) zum Begriff des Beschäftigungsverhältnisses in anderen Sozialrechtsbereichen ab. Der 11. Senat hatte nicht darüber zu entscheiden, ob ein Beschäftigungsverhältnis iS des § 101 AFG vorlag, weil der Kläger in dem von ihm entschiedenen Rechtsstreit eine Arbeit in der JVA mangels Zuweisung nicht ausgeübt hatte. Andere Senate des BSG haben sich zur Frage der Arbeitslosigkeit eines Strafgefangenen iS des § 101 AFG bei gleichzeitiger entgeltlicher Arbeit in der JVA nicht geäußert. Daß ein Beschäftigungsverhältnis iS des § 101 AFG vorliegend zu bejahen ist, ergibt sich im übrigen – wie ausgeführt – nicht aus einer analogen Anwendung des § 101 AFG. Es kann deshalb offenbleiben, ob diese als Eingriff in subjektive Rechte des Arbeitslosen überhaupt zulässig wäre (vgl hierzu allgemein BVerfG NJW 1996, 3146; Konzak, NVwZ 1997, 872 f).
Die Arbeit des Klägers in der Gärtnerei der JVA war auch nicht kurzzeitig iS des § 102 AFG (seit 1. Januar 1998 gelten andere Grenzwerte – § 118 SGB III). Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des LSG betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers 35,2 Stunden, wobei vorausschauend eine mehr als kurzzeitige Arbeitszeit (mindestens 18 Stunden wöchentlich) zu erwarten war. Zwar kann insoweit nicht auf vertragliche Vereinbarungen iS der 2. Alt des § 102 Abs 1 Satz 1 AFG zurückgegriffen werden; gleichwohl bedarf es keiner weiteren Prüfung, ob sich die vorgesehene Arbeitszeit von 35,2 Stunden pro Woche aus den den Strafvollzug regelnden Richtlinien ergibt, auf die ggf zurückgegriffen werden müßte, wenn man den in der JVA beitragspflichtig tätigen Strafgefangenen wie einen Arbeitnehmer behandeln wollte (vgl zur vertraglich im voraus beschränkten wöchentlichen Stundenzahl nur: BSG SozR 4100 § 102 Nrn 4 und 7; BSG, Urteil vom 15. November 1995 – 7 RAr 106/94 –, DBlR Nr 4266a zu § 169a AFG). Denn auch im Rahmen der Prüfung des in § 102 Abs 1 Satz 1 1. Alt AFG geregelten Auffangtatbestands (vgl Steinmeyer in Gagel, aaO, Rz 7 zu § 102), wonach es darauf ankommt, ob die Beschäftigung der Natur der Sache nach auf weniger als 18 Stunden wöchentlich beschränkt zu sein pflegte, ist eine prognostische Beurteilung über einen längeren Zeitraum erforderlich (vgl: BSG, Urteil vom 17. März 1981 – 7 RAr 19/80 –, DBlR Nr 2676a zu § 104 AFG = USK 8159; Urteil vom 15. Juni 1988 – 7 RAr 12/87 –, USK 8886), die nach den Feststellungen des LSG eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden erwarten ließ; diese Prognose wird nicht dadurch unrichtig, daß entgegen der Erwartung tatsächlich weniger als 18 Stunden wöchentlich gearbeitet wurde, wenn nicht – wofür hier keine Anhaltspunkte sprechen – ein von der Erwartung völlig abweichender tatsächlicher Verlauf erkennbar ist (BSG, Urteil vom 17. März 1981 – 7 RAr 19/80 –, DBlR Nr 2676a zu § 104 AFG = USK 8159). Inwieweit unter diesen Umständen ohnedies § 102 Abs 1 Satz 2 AFG (Nichtberücksichtigung gelegentlicher Abweichungen von geringer Dauer) eingreifen würde (vgl zu dessen Voraussetzungen BSG SozR 4100 § 115 Nr 2), kann offenbleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 651713 |
BSGE, 118 |
DStR 1998, 1886 |
SGb 1998, 529 |
SozSi 1999, 341 |