Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankengymnastin. Physiotherapeutin. Rentenversicherung. Versicherungsfreiheit. Versicherungspflicht. ärztliche Verordnung. Diagnose. Heilkundiger. selbständig. freie Mitarbeiter. Arbeitnehmer. Heilmittel. Heilpraktiker
Leitsatz (amtlich)
Selbständig tätige Krankengymnasten (Physiotherapeuten), die keinen Arbeitnehmer beschäftigen, sind jedenfalls dann nach § 2 Nr 2 SGB VI versicherungspflichtig, wenn sie ihre Patienten überwiegend aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln (Anschluß an BSGE 21, 171 = SozR Nr 2 zu § 166 RVO).
Normenkette
SGB VI § 2; AVG § 2 Abs. 1; RVO § 166 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. Januar 1996 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung.
Der 1960 geborene Kläger ist von Beruf Krankengymnast (Physiotherapeut). Als er im März 1993 eine Tätigkeit als freier Mitarbeiter in einer Praxis für Krankengymnastik aufnahm, stellte die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit Bescheid vom 20. April 1993 seine Versicherungspflicht als Selbständiger nach § 2 Nr 2 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) fest und traf eine Regelung über die Höhe der Beiträge. Im Dezember 1993 widerrief der Kläger die von ihm erteilte Ermächtigung zum Einzug der Beiträge und verlangte Rückzahlung der bis dahin eingezogenen Beiträge. § 2 Nr 2 SGB VI erfasse nur die in der Kranken-, Wochen-, Säuglingsund Kinderpflege tätigen Personen; er sei aber als Krankengymnast nicht in der Krankenpflege tätig. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit, seine Eingabe sei als Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. April 1993 verspätet. Nach einem weiteren Schriftwechsel bestätigte die Beklagte mit Bescheid vom 9. März 1994 ihren Bescheid vom 20. April 1993. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch mit der Begründung, die Beklagte verkenne den Beruf des Krankengymnasten. Dieser übe keine Krankenpflege, sondern dem Arzt vergleichbar Krankenbehandlung aus. Gegen den gesondert erteilten Bescheid vom 2. März 1993 über die ab Dezember 1993 zu zahlenden Beiträge legte der Kläger ebenfalls Widerspruch ein. Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 9. März 1994 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 1994 zurück.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht (SG) Klage erhoben und zur Begründung angeführt: Er betreibe seit Mai 1994 eine eigene krankengymnastische Praxis und habe eine Kassenzulassung. Mehr als die Hälfte seiner Patienten suchten ihn auf ärztliche Verordnung auf. Im Betrieb seien sechs freie Mitarbeiter tätig, im November 1994 sei auch eine versicherungspflichtige Angestellte beschäftigt gewesen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7. März 1995 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung mit Urteil vom 11. Januar 1996 zurückgewiesen. Wie bereits nach § 2 Abs 1 Nr 6 des bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) unterliege auch nach § 2 Nr 2 SGB VI ein selbständiger Krankengymnast, der nicht regelmäßig einen versicherungspflichtigen Angestellten beschäftige, der Versicherungspflicht. Denn die Krankenpflege iS dieser Vorschrift umfasse auch die Maßnahmen der Behandlungspflege, die auf ärztliche Verordnung durch fachlich dazu befähigte Personen ausgeführt würden. Zu diesem Personenkreis gehöre der Kläger, der seine Aufgaben als Krankengymnast überwiegend auf ärztliche Verordnung ausführe. Die Beschäftigung einer Angestellten für einen Monat führe nicht zu einem anderen Ergebnis, weil es auf die regelmäßige Betriebsgestaltung ankomme, die durch eine gelegentliche Ausnahme unberührt bleibe. Das Gesetz sehe im Hinblick auf die Höhe des Arbeitseinkommens auch kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht vor.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 2 Nr 2 SGB VI. Krankengymnasten übten als Heilmittelerbringer ihre Tätigkeit zwar aufgrund ärztlicher Verordnung aus, sie seien im übrigen aber im Rahmen von § 1 Abs 2 des Heilpraktikergesetzes (HeilprG) heilkundlich tätig. Darin liege keine Ausübung von Krankenpflege. Auch spreche seine wirtschaftliche Lage gegen ein Schutzbedürfnis. Seine sechs freien Mitarbeiter erwirtschafteten einen Monatsumsatz von 30.000 DM, wovon zwischen 35 % und 40 % an ihn abzuführen seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG vom 11. Januar 1996 und das Urteil des SG vom 7. März 1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 20. April 1993 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, daß der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist. Denn der Kläger unterliegt der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung.
Nach § 2 Nr 2 SGB VI sind versicherungspflichtig selbständig tätige Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Unter den Personenkreis der in der Krankenpflege tätigen Pflegepersonen fallen selbständig tätige Krankengymnasten (Physiotherapeuten) jedenfalls dann, wenn sie – wie für den Kläger vom LSG festgestellt – ihre Patienten überwiegend aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln. Dies galt bereits vor Inkrafttreten des SGB VI nach § 2 Abs 1 Nr 6 des bis zum 31. Dezember 1991 geltenden AVG, wonach die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätigen Personen versicherungspflichtig waren, wenn sie in ihrem Betrieb keinen Angestellten beschäftigten. In der Krankenversicherung war bis zum Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in § 166 Abs 1 Nr 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) die Versicherungspflicht – dort bis zu einer Jahreseinkommensgrenze – ebenso geregelt. Zu der letztgenannten Vorschrift ist ausdrücklich entschieden worden, daß auch selbständige Masseure, wenn sie aufgrund der einschlägigen Vorschriften zur selbständigen Ausübung ihres Berufes berechtigt waren, jedenfalls dann versicherungspflichtig waren, wenn sie auch tatsächlich und nicht nur nebenher Massagen aufgrund ärztlicher Verordnungen verabfolgten (vgl BSGE 21, 171, 175 = SozR Nr 2 zu § 166 RVO). Es ist seinerzeit schon ausgeführt worden, daß kein Grund bestehe, den Personenkreis der in der Krankenpflege tätigen Masseure, medizinischen Bademeister und Krankengymnasten, deren Berufe in dem Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten vom 21. Dezember 1958 (BGBl I 1985) geregelt waren, grundsätzlich anders zu behandeln als die übrigen in der Krankenpflege tätigen Personen, deren Berufsausübung gesetzlich geregelt war und die, wie die Krankenpfleger und die Krankenschwestern, schon nach wortgetreuer Auslegung des § 166 Abs 1 Nr 5 RVO darunter fielen. Entscheidungserheblich war seinerzeit allerdings lediglich, ob eine selbständig tätige Masseurin versicherungspflichtig war. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in der Folgezeit die schon in der genannten Entscheidung vertretene Auffassung bestätigt, daß alle in dem genannten Gesetz über die Berufsausübung des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten genannten Berufe zu den Krankenpflegeberufen iS des § 2 Abs 1 Nr 6 AVG gehörten. So hat es in seiner Entscheidung, in der es die Versicherungsfreiheit der selbständig tätigen Heilpraktiker festgestellt hat, eine klare Abgrenzung getroffen zwischen denen, die – wie die Heilpraktiker – die Heilkunde ausüben, und denen, die bei der Krankenbehandlung auf Verordnung des Heilkundigen tätig werden – wie Krankenschwestern, Masseure und Krankengymnasten (BSG SozR 2400 § 2 Nr 4). Diese Unterscheidung hält auch der erkennende Senat für überzeugend. Danach stellt die nach § 1 Abs 1 HeilprG vom 17. Februar 1939 (RGBl I 251) von einer behördlichen Erlaubnis abhängige Ausübung der Heilkunde durch den Heilpraktiker jede berufs- und gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen dar, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird (§ 1 Abs 2 HeilprG). Somit stellt der Heilpraktiker die Diagnose und bestimmt die Art und den Umfang der medizinisch erforderlichen Behandlung des kranken Menschen. Dies unterscheidet ihn von den in der Krankenpflege tätigen Personen, die weder eine Diagnose stellen, noch Art und Umfang der Behandlung bestimmen, sondern auf Verordnung des Heilkundigen (Arzt oder Heilpraktiker) tätig werden und dabei von dessen Weisungen abhängig sind. In seiner Entscheidung über die Versicherungsfreiheit von selbständigen Ärzten ist das BSG ebenfalls von der Versicherungspflicht der Krankengymnasten ausgegangen (BSG SozR 2400 § 2 Nr 5), desgleichen auch in späteren Entscheidungen, in denen die Frage entscheidungserheblich war, ob selbständig tätige Krankengymnastinnen nach § 2 Abs 1 Nr 6 AVG versicherungspflichtig waren (BSGE 54, 219 = SozR 2400 § 2 Nr 22 und BSGE 56, 266 = SozR 2200 § 1418 Nr 8). Wenn das BSG in den zuletzt genannten Entscheidungen keine besondere Begründung dafür gegeben hat, daß selbständig tätige Krankengymnastinnen nach § 2 Abs 1 Nr 6 AVG versicherungspflichtig waren, so ist dieses darauf zurückzuführen, daß hieran nach der Entscheidung BSGE 21, 171 = SozR Nr 2 zu § 166 RVO weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur Zweifel aufgetreten waren.
An dieser Rechtslage hat sich mit dem Inkrafttreten des SGB VI am 1. Januar 1992 nichts geändert. § 2 Nr 2 SGB VI enthält gegenüber § 2 Abs 1 Nr 6 AVG nur insofern Änderungen, als nunmehr “Pflegepersonen”, die ua in der Krankenpflege tätig sind, versicherungspflichtig sind und als ferner die Versicherungspflicht schon bei Beschäftigung eines Arbeitnehmers und nicht nur bei Beschäftigung eines Angestellten entfällt. Es ist nicht erkennbar, daß mit der Einfügung des Begriffs “Pflegepersonen” eine Änderung der von der Vorschrift erfaßten Berufsgruppen beabsichtigt gewesen ist. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, daß der Begriff der Pflegepersonen in Nr 2 entsprechend der bisherigen Rechtsprechung davon ausgeht, “daß es sich um grundsätzlich weisungsabhängige (und insoweit arbeitnehmerähnliche) Tätigkeiten in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege handeln muß” (vgl BT-Drucks 11/4124 S 149 zu § 2). Da die nach § 2 Nr 2 SGB VI versicherungspflichtig selbständig Tätigen gerade nicht als Arbeitnehmer beschäftigt sind, kann sich die in der Begründung genannte Weisungsabhängigkeit nur darauf beziehen, daß die Pflegepersonen grundsätzlich auf ärztliche Verordnung tätig werden. Die Weisungsabhängigkeit bei der Verrichtung der Tätigkeiten im einzelnen ist dabei in den verschiedenen pflegerischen Berufen nicht grundsätzlich unterschiedlich. Auch die Kranken-, Säuglings- oder Kinderschwester, die in der Hauspflege tätig ist, verrichtet ihre Arbeit zwar aufgrund ärztlicher Verordnung, ist aber bei der Durchführung von ärztlichen Weisungen je nach Lage des Gepflegten oder Betreuten uU weitgehend frei. In der Rechtsprechung ist bereits zur Auslegung des § 166 Abs 1 Nr 5 RVO darauf hingewiesen worden, daß die soziale Schutzbedürftigkeit für die selbständig tätigen Krankenpflegepersonen bei Krankenschwestern oder Krankenpflegern, Masseuren oder Krankengymnasten in gleicher Weise bestehe (vgl BSGE 21, 171, 175 = SozR Nr 2 Zu § 166 RVO). Es ist nicht zu erkennen, daß dieses heute nicht mehr gelten soll.
An dieser Rechtslage hat sich durch das Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie vom 26. Mai 1994 (BGBl I 1084, Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG) nichts geändert. Dieses Gesetz löst das Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten ab, das mit Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. Juni 1994) außer Kraft getreten ist (§ 19 MPhG). Es ersetzt die Berufsbezeichnung der Krankengymnastin oder des Krankengymnasten durch die Berufsbezeichnung der Physiotherapeutin oder des Physiotherapeuten. Die Ausbildung zum Physiotherapeuten soll entsprechend der Aufgabenstellung des Berufs insbesondere dazu befähigen, durch Anwendung geeigneter Verfahren der Physiotherapie in Prävention, kurativer Medizin, Rehabilitation und im Kurwesen Hilfen zur Entwicklung, zum Erhalt oder zur Wiederherstellung aller Funktionen im somatischen und psychischen Bereich zu geben und bei nicht rückbildungsfähigen Körperbehinderungen Ersatzfunktionen zu schulen (vgl § 8 MPhG). Die gesetzliche Neuregelung ändert nichts an dem Umstand, daß Krankengymnasten (jetzt: Physiotherapeuten), die Patienten aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln, als Pflegepersonen iS des § 2 Nr 2 SGB VI gelten. Insbesondere kann dem in § 8 MPhG festgelegten Ausbildungsziel nicht entnommen werden, daß Krankengymnasten (Physiotherapeuten), wenn sie nach ärztlicher Verordnung tätig werden, wie Heilkundige Diagnosen stellen, die Art und den Umfang der Behandlung bestimmen und von Weisungen des Arztes frei sind. Ob Krankengymnasten oder Physiotherapeuten, die selbständig tätig sind und überwiegend unabhängig von ärztlichen Verordnungen Teilnehmer an Kursen (etwa im Rahmen einer Rückenschule) unterrichten, nach § 2 Nr 2 SGB VI oder als Lehrer nach § 2 Nr 1 SGB VI versicherungspflichtig sind, ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich.
Schließlich verlangt die Revision zu Unrecht eine Gleichbehandlung des Klägers mit selbständigen Logopäden, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung als Heilmittelerbringer iS des § 124 Abs 1 SGB V nach Verordnung des Arztes (§ 73 Abs 2 Nr 7 SGB V) tätig sind, nach der Verwaltungspraxis der Beklagten jedoch auch ohne Arbeitnehmer nicht als nach § 2 Nr 2 SGB VI versicherungspflichtig angesehen werden. Keinesfalls kann von einer bestehenden oder nicht bestehenden Versicherungspflicht der Logopäden auf das Bestehen oder Nichtbestehen der Versicherungspflicht der Krankengymnasten (Physiotherapeuten) geschlossen werden, weil es sich beim Logopäden um einen vom Krankengymnasten (Physiotherapeuten) sich erheblich unterscheidenden Beruf handelt, der auf einer anderen Rechtsgrundlage beruht (Gesetz über den Beruf des Logopäden vom 7. Mai 1980 ≪BGBl I 529≫ zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. März 1994 ≪BGBl I 446≫, sowie Ausbildungs- und Prüfungsanordnung für Logopäden ≪LogAPrO≫ vom 1. Oktober 1980 ≪BGBl I 1892≫, zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. Dezember 1994 ≪BGBl I 3770≫). Den Prüfungsvorschriften für Logopäden ist zB zu entnehmen, daß der Logopäde am Patienten die Anamnese und den Befund zu erheben und einen Behandlungsplan mit den dazugehörigen Erörterungen und Begründungen unter Einbeziehung der sozialen, psychischen, beruflichen und familiären Situation aufzustellen hat (§ 7 Abs 1 Nr 1 LogAPrO). Derartiges gehört nicht zur Aufgabenstellung der Krankengymnasten (Physiotherapeuten). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß die Leistungen der Krankengymnasten (Physiotherapeuten) wie die der Logopäden Heilmittel iS des § 32 Abs 1 SGB V iVm § 124 Abs 1 SGB V sind, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nur aufgrund vertragsärztlicher Verordnung verabreicht werden. Denn die Regelungen über die Zulassung von Heilmittelerbringern (§ 124 Abs 2 bis 6 SGB V) enthalten jedenfalls keine Bestimmungen darüber, daß Heilmittel nur von Heilkundigen erbracht werden dürfen. Die Abhängigkeit der Heilmittelgewährung von der ärztlichen Verordnung (§ 73 Abs 2 Nr 3 SGB V) läßt eher darauf schließen, daß Heilmittel überwiegend im Rahmen der Krankenpflege erbracht werden. Demgemäß kann auch nicht – wie die Revision meint – von der rentenversicherungsrechtlichen Behandlung anderer Leistungserbringer wie Ergotherapeuten auf das Nichtbestehen einer Versicherungspflicht beim Kläger geschlossen werden.
Die Versicherungspflicht des in der Krankenpflege als Pflegeperson selbständig tätigen Klägers entfällt nicht, auch nicht für einen Monat, weil er im November 1994 eine versicherungspflichtige Angestellte beschäftigt hat. Wie das BSG zur Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 6 AVG entschieden hat, läßt die nicht regelmäßige (vorübergehende, gelegentliche) Beschäftigung von Angestellten die Versicherungspflicht des Selbständigen unberührt; denn in deren Versicherungsverhältnis müsse eine gewisse Kontinuität gewährleistet sein, vor allem aber werde die wirtschaftliche Lage der Selbständigen durch eine nur gelegentliche und für den Betrieb belanglose Beschäftigung von Hilfskräften nicht wesentlich beeinflußt (BSGE 54, 219, 221 = SozR 2400 § 2 Nr 22 S 34). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat auch für § 2 Nr 2 SGB VI an.
Ohne Einfluß auf die Versicherungspflicht des Klägers ist die Tätigkeit von sechs freien Mitarbeitern in seinem Betrieb. Anders als gegenüber Arbeitnehmern hat der Kläger ihnen gegenüber weder arbeitsvertragliche noch sozialversicherungsrechtliche Pflichten. Sie können schon aus diesem Grunde bei der Anwendung des § 2 Nr 2 SGB VI Arbeitnehmern nicht gleichgestellt werden.
Die Versicherungspflicht des Klägers wird auch nicht durch hohe Umsätze berührt, die er in seinem Betrieb erzielt. Der Gesetzgeber hat in § 2 Nr 2 SGB VI die Schutzbedürftigkeit der dort genannten Selbständigen in einer generalisierenden, typisierenden und verwaltungsmäßig leicht feststellbaren Weise davon abhängig gemacht, daß in Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit kein Arbeitnehmer beschäftigt wird. Diese Voraussetzung ist sachgerecht; denn im Regelfall zeigt sich die Schutzbedürftigkeit des Selbständigen daran, daß er nicht die Mittel zur Dauerbeschäftigung eines Arbeitnehmers aufbringen kann. Die auf dieser generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise beruhende Regelung gilt auch dann, wenn im Einzelfall ein Schutzbedürfnis nicht besteht, die Beschäftigung eines Arbeitnehmers also nicht wegen fehlender wirtschaftlicher Mittel unterbleibt.
Ist der angefochtene Bescheid somit rechtmäßig, besteht für die Beklagte keine Verpflichtung, ihren die Versicherungspflicht des Klägers feststellenden Bescheid vom 20. April 1993 zurückzunehmen.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen