Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Träger der knappschaftlichen Krankenversicherung dem Kläger nach § 20 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG), § 185b der Reichsversicherungsordnung (RVO) die Kosten für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe während des Krankenhausaufenthaltes seiner Ehefrau zu erstatten hat.
Der Kläger ist Pflichtmitglied der knappschaftlichen Krankenversicherung. Seine Ehefrau befand sich in der Zeit vom 23. Juni 1974 bis zum 1. Juli 1974 auf Kosten der Beklagten zur Entbindung stationär im St. Josef-Krankenhaus in Linnich. Während dieser Zeit wurde der Haushalt, dem außer dem Kläger noch eine 8 1/2 und eine 6 1/2 Jahre alte Tochter angehörten, von einer Nachbarin versorgt. Der Kläger, der in der Zeit vom 25. Juni 1974 bis zum 5. Juli 1974 Tarifurlaub hatte, beantragte bei der Beklagten die Erstattung der für die Haushaltshilfe aufgewendeten Kosten von insgesamt 360,-- DM. Die Beklagte erstattete für den 24. Juni 1974 einen Betrag von 40,-- DM und lehnte mit Bescheid vom 23. August 1974 die Erstattung weiterer Kosten ab, weil der Kläger während des Tarifurlaubs den Haushalt selbst habe weiterführen können. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Landessozialgericht (LSG) hat am 25. März 1976 auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts (SG) geändert und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 23. August 1974 verurteilt, dem Kläger über den gewährten Betrag von 40,-- DM hinaus weitere 120,-- DM zu zahlen. Die weitergehende Klage hat das LSG abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe eine Ersatzkraft nicht stellen können und habe dem Kläger daher die Kosten für die selbst beschaffte Ersatzkraft in angemessener Höhe erstattet. Dem Kläger sei zuzumuten gewesen, an den arbeitsfreien Tagen und insbesondere während des Tarifurlaubs nach besten Kräften im Haushalt mitzuhelfen. Der Zweck des Erholungsurlaubs werde dadurch nicht in unzumutbarem Maße eingeschränkt. Unter Berücksichtigung der Größe des Haushalts, der notwendigen Krankenhausbesuche, der seelischen Belastung des Klägers, insbesondere durch den lebensbedrohlichen Zustand des neugeborenen Kindes sowie der unaufschiebbaren, Männern nicht leicht von der Hand gehenden Arbeiten, sei die Beschäftigung einer Haushaltshilfe für werktäglich vier Stunden ausreichend und angemessen gewesen. Während dieser Zeit habe der Kläger seine Frau besuchen, in Aachen den Zustand des neugeborenen Kindes erfragen und hiervon wiederum seiner Frau berichten können. Der verbleibende Teil der Hausarbeit, der dann im wesentlichen in der Zubereitung des Frühstücks und des Abendbrotes sowie in der weiteren Beaufsichtigung der Kinder bestanden hätte, habe dem Kläger zugemutet werden können. Ob der Kläger tatsächlich im Haushalt mitgeholfen habe und ob er überhaupt geeignet sei, derartige Arbeiten auszuführen, sei unerheblich. Die Notwendigkeit, eine Ersatzkraft auch an Sonn- und Feiertagen tätig werden zu lassen, sei nicht einzusehen, da an solchen Tagen Putzarbeiten, Einkäufe und dergleichen im wesentlichen entfielen. Die Angemessenheit des Stundensatzes für die Haushaltshilfe von 5,-- DM sei außer Streit und auch unbedenklich. In die Zeit vom 25. Juni 1974 bis zum 1. Juli 1974 entfielen sechs Werktage mit jeweils 4 x 5,-- DM, so daß insgesamt noch 120,-- DM zu erstatten seien.
Die Beklagte hat dieses Urteil mit der - vom LSG zugelassenen - Revision angefochten. Sie ist der Ansicht, der Kläger habe während des Krankenhausaufenthalts seiner Ehefrau den Haushalt in vollem Umfang selbst weiterführen können. Bei entsprechender Zeiteinteilung habe der Kläger seine Ehefrau im Krankenhaus besuchen, die notwendigen Hausarbeiten verrichten und die Kinder beaufsichtigen können, zumal die Haushaltsführung während des lange vorher bekannten Krankenhausaufenthalts der Ehefrau zur Entbindung entsprechend habe vorbereitet und vereinfacht werden können.
Die Beklagte beantragt,das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für richtig und ist der Ansicht, die Revision der Beklagten sei unbegründet.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Das LSG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger für die Zeit des Krankenhausaufenthalts seiner Ehefrau über die bereits gezahlten 40,-- DM hinaus weitere 120,--DM zu zahlen.
Nach § 20 RKG in Verbindung mit § 185b Abs. 2 Satz 2 RVO setzt die Erstattung der für eine Haushaltshilfe aufgewendeten Kosten voraus, daß der Versicherungsträger die Ersatzkraft, die er nach § 185b Abs. 1 RVO zu stellen hat, entweder nicht stellen kann, oder Grund dafür besteht, von der Gestellung einer Ersatzkraft abzusehen. Das LSG hat unangegriffen und für den Senat nach § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindend festgestellt, die Beklagte habe eine Ersatzkraft als Haushaltshilfe nicht stellen können. Der Kläger hatte jedoch trotzdem keinen Anspruch auf eine Haushaltshilfe nach § 185b Abs. 1 Satz 1 RVO. Er war unter Berücksichtigung der Gesamtumstände durchaus in der Lage , während seines Tarifurlaubs und der übrigen arbeitsfreien Tage den Haushalt selbst weiterzuführen. Der erkennende Senat hat zwar am 28. Januar 1977 entschieden (5 RKn 32/76), daß die bloße Möglichkeit des berufstätigen Versicherten, bezahlten oder unbezahlten Urlaub zu nehmen, den Anspruch nach § 185b RVO nicht ausschließt. Die Mitglieder des Haushalts sollen die berufliche Rolle beibehalten können, die sie vor der Aufnahme des erkrankten Ehegatten ins Krankenhaus innehatten. Ist der Versicherte oder ein sonstiges Haushaltsmitglied aber tatsächlich nicht durch Arbeit, Berufsausbildung oder sonstige wichtige Gründe verhindert, so muß erwartet werden, daß er den Haushalt weiterführt. Das gilt auch, wenn ihm z.B. der gewährte Tarifurlaub oder sonstige arbeitsfreie Tage (z.B. Samstage, Sonn- oder Feiertage) die Weiterführung des Haushalts ermöglichen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß bei Abwesenheit der Ehefrau der Ehemann an arbeitsfreien Tagen in der Lage ist, den Haushalt weiterzuführen, wenn nicht besondere Umstände vorliegen. Die vom LSG berücksichtigten Tatsachen (Größe des Haushalts, Vorhandensein von zwei Kindern, Notwendigkeit von Krankenhausbesuchen, seelische Belastung des Klägers durch den Gesundheitszustand des neugeborenen Kindes) berechtigen allein nicht zu der Annahme, der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, den Haushalt weiterzuführen. Ebenso wie die Ehefrau muß grundsätzlich auch der Ehemann in der Lage sein, in einem solchen Notfall den Haushalt zu führen. Da die Ehefrau - wenn nicht besondere Umstände vorliegen - bei Vorhandensein zweier Kinder auch dann mit der Führung des Haushalts allein fertig werden muß, wenn sich ein Familienmitglied zur stationären Behandlung im Krankenhaus befindet, muß auch der Ehemann mit dieser Rolle fertig werden können, wenn er keine sonstigen vorrangigen Verpflichtungen hat und gesundheitlich dazu in der Lage ist. Der Umstand, daß bestimmte Arbeiten im Haushalt Männern vielfach nicht leicht von der Hand gehen, rechtfertigt nicht die Annahme, der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, den Haushalt weiterzuführen. Abgesehen davon, daß bei einem Krankenhausaufenthalt der Ehefrau zur Entbindung im Regelfall schon gewisse Vorbereitungen möglich sind, können verschiedene Arbeiten bis zur Genesung der Ehefrau zurückgestellt werden. Es mag sein, daß der Ehemann solche für ihn oft ungewohnte Arbeiten notfalls mit etwas größerem Zeitaufwand erledigen muß als seine Ehefrau. Das ist ihm jedoch - unter Umständen unter Verzicht auf Freizeit - zuzumuten. Die Größe des Haushalts, die Anzahl der Kinder, die seelische Belastung des Klägers durch den Gesundheitszustand des neugeborenen Kindes und die Notwendigkeit von Krankenhausbesuchen sind keine Umstände, die wesentlich vom Normalfall abweichen und die Unfähigkeit des Klägers begründen können, den Haushalt weiterzuführen, zumal die Erkundigungen nach dem Gesundheitszustand des neugeborenen Kindes kaum zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen konnten. Ebenso wie die Ehefrau im umgekehrten Fall die erforderliche Zeit zum Besuch eines im Krankenhaus befindlichen Familienmitglieds aufbringt, muß dies auch dem Ehemann möglich sein. Andere von der Norm abweichende Umstände hat das LSG nicht festgestellt; sie sind von dem Beteiligten auch nicht geltend gemacht worden. Der Kläger hat also über den von der Beklagten bereits gezahlten Betrag hinaus keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 185b RVO.
Der Senat hat auf die danach begründete Revision der Beklagten das angefochtene Urteil aufgehoben und die unbegründete Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen