Entscheidungsstichwort (Thema)
ziviles Gefolge. NATO-Streitkräfte. US-Streitkräfte. Angehöriger. gewöhnlicher Aufenthalt. Kindergeld. Status. Statuswechsel
Leitsatz (amtlich)
Auch bei Fortbestand des Dienstverhältnisses zu den NATO-Streitkräften kann der Status eines Mitglieds des zivilen Gefolges verloren gehen, wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland begründet wird. Art 7 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut steht dem nicht entgegen (Abgrenzung BSGE 52, 210, 233ff = SozR 6180 Art 13 Nr 3).
Normenkette
NATOTrStat Art. I Abs. 1 Buchst. c; NATOTrStatZAbk Art. 7, 13; BKGG § 1 Abs. 1 Nr. 1; SGB I § 30 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 02.03.1994; Aktenzeichen L 1 Kg 1922/92) |
SG Mannheim (Urteil vom 23.10.1991; Aktenzeichen S 13 Kg 2158/90) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 2. März 1994 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Kindergeld für die Zeit von Januar 1990 bis Juni 1992.
Der Kläger, deutscher Staatsangehöriger, ist seit 1985 mit einer US-amerikanischen Staatsangehörigen verheiratet. Diese hatte er 1980 in den USA kennengelernt. Sie zog 1981 in die Bundesrepublik Deutschland, war seit etwa Ende 1981 hier bei der University of Maryland sowie verschiedenen Stellen der US-Streitkräfte beschäftigt und wird von diesen als Mitglied des zivilen Gefolges angesehen. Kindergeld oder ähnliche Leistungen erhält sie von US-amerikanischen Stellen nicht. Sie lebt mit ihrem Ehemann (dem Kläger) und dem gemeinsamen Sohn Miles Yannik (geb. 1987) außerhalb des den US-Streitkräften vorbehaltenen Bereiches integriert in die deutsche Gesellschaft; der Sohn besucht nach einem deutschen Kindergarten nunmehr eine deutsche Schule. Der Kläger und seine Ehefrau wollen auf Dauer in Deutschland bleiben – selbst dann, wenn für die Ehefrau eine weitere Beschäftigung bei den US-Streitkräften nicht mehr möglich sein sollte. Ein bereits 1987 gestellter Kindergeldantrag des Klägers war auch vor dem Sozialgericht erfolglos geblieben; dieses hatte den Kläger im Urteil vom 21. Februar 1989 allerdings darauf hingewiesen, daß etwas anderes dann gelten werde, wenn er künstlersozialversicherungspflichtig werde.
Der Kläger ist in der nunmehr streitigen Zeit nach seinen Angaben hauptberuflich als selbständiger Künstler tätig. Mit Bescheid vom 16. März 1990 stellte die Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen – Künstlersozialkasse – im Rahmen der Künstlersozialversicherung mit Wirkung ab 25. Januar 1990 die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung und mit Wirkung ab dem 1. April 1990 in der gesetzlichen Krankenversicherung fest.
Den vom Kläger daraufhin im April 1990 gestellten erneuten Kindergeldantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Juli 1990 und Widerspruchsbescheid vom 21. August 1990 ab. Sie führte zur Begründung aus, dem Anspruch stehe Art I Abs 1 des NATO-Truppenstatutes (NATOTrStat) iVm Art 13 des Zusatzabkommens zum NATOTrStat (NATOTrStatZAbk) entgegen; der Kläger übe keine der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit unterliegende Beschäftigung als Arbeitnehmer aus und beziehe keine Leistungen bei Arbeitslosigkeit.
Die Klage gegen die genannten Bescheide hatte keinen Erfolg (Urteil des SG vom 23. Oktober 1991); auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 2. März 1994 die Beklagte zur Kindergeldgewährung im streitigen Zeitraum verurteilt. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die Ehefrau des Klägers könne nicht (mehr) dem zivilen Gefolge der US-Streitkräfte zugeordnet werden. Denn sie habe jedenfalls im streitigen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt. Sie habe sich 1990 bereits rund 9 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten und gemeinsam mit dem Kläger ihre Lebensplanung auf einen dauerhaften Verbleib in Deutschland ausgerichtet. Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik stehe auch Art 7 NATOTrStatZAbk nicht entgegen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung von Art I Abs 1 Buchst b NATOTrStat sowie von Art 7 und Art 13 Abs 1 NATOTrStatZAbk und § 30 Abs 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Die Ehefrau des Klägers sei auch während der streitigen Zeit dem “zivilen Gefolge” einer NATO-Truppe zuzurechnen; der Kläger sei demgemäß “Angehöriger” eines solchen Mitglieds. Sein “an sich” bestehender Kindergeldanspruch sei im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Nr 1 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) nach Art 13 Abs 1 NATOTrStatZAbk iVm § 30 Abs 2 SGB I ausgeschlossen. Unbeachtlich sei, ob nach der allgemeinen Bestimmung des § 30 SGB I ein gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland bestehe. Nach Art 7 NATOTrStatZAbk könnten Personen, die als Bedienstete der Streitkräfte den Status eines Mitglieds des zivilen Gefolges begründet haben, bei Fortdauer dieses Dienstverhältnisses im rechtlichen Sinne keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet begründen (Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 22. August 1990, SozR 3-6180 Art 13 Nr 1); selbst bei langjährigem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland komme ein Statuswechsel nicht in Betracht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 2. März 1994 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 1991 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 2. März 1994 zurückzuweisen.
Hätte Art 13 Abs 1 des NATOTrStatZAbk den ihm von der Beklagten beigemessenen Inhalt, so wäre er mit Art 6, ggf auch Art 3 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten war zurückzuweisen. Der Kläger hat für den streitigen Zeitraum Anspruch auf Kindergeld für seinen Sohn.
Sein Anspruch folgt aus § 1 Abs 1 Nr 1 BKGG (in der damals geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 30. Januar 1990, BGBl I 149). Er lebt in der Bundesrepublik Deutschland und hat hier durchgehend einen Wohnsitz bzw seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Der Anwendung der Vorschriften des BKGG stehen entgegen der von der Revision vertretenen Meinung zwischenstaatliche Kollisionsnormen (§ 30 Abs 2 SGB I) nicht entgegen. Insbesondere ist der Kläger nicht Angehöriger eines Mitglieds des zivilen Gefolges der US-amerikanischen Streitkräfte iS des Art I Abs 1 Buchst c des NATO-Truppenstatuts vom 19. Juni 1951 ≪NATOTrStat≫ (BGBl II 1961, 1190). Denn seine Ehefrau gehörte jedenfalls im streitigen Zeitraum dem zivilen Gefolge der US-Streitkräfte nicht (mehr) an. Der Kläger fiel daher auch nicht unter die Ausschlußbestimmung des Art 13 Abs 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut vom 3. August 1959 ≪NATOTrStatZAbk≫ (BGBl II 1961, 1218; NATOTrStat und ZAbk sind für die Bundesrepublik Deutschland am 1. Juli 1963 in Kraft getreten: BGBl II 1963, 745). Nach dieser Vorschrift werden ua die im Bundesgebiet geltenden Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge (zu denen die Vorschriften des BKGG gehören) auf Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und auf deren Angehörige nicht angewendet, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist.
Zum ”zivilen Gefolge“ gehört nach der Begriffsbestimmung in Art I Abs 1 Buchst b NATOTrStat das die Truppe einer Vertragspartei begleitende Zivilpersonal, das bei den Streitkräften dieser Vertragspartei beschäftigt ist, dann nicht, soweit – was hier allein von Bedeutung ist – es sich um Personen handelt, die im Stationierungsland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (s hierzu bereits das Urteil des Senats vom 22. August 1990, SozR 3-6180 Art 13 Nr 1). Unerheblich ist dabei, ob die Ehefrau des Klägers von den US-Streitkräften selbst – oder in ihrem US-amerikanischen Reisepaß – als Mitglied des zivilen Gefolges bezeichnet wird. Denn hieran sind die deutschen Gerichte nicht gebunden. Dies gilt jedenfalls insoweit, als der “gewöhnliche Aufenthalt” im Streit steht und nicht Maßnahmen, durch die ein beamten- oder arbeitsrechtliches Rechtsverhältnis zum Entsendestaat oder ihren Streitkräften begründet wird (BSG vom 26. November 1985, SozR 6180 Art 73 Nr 1 S 6 ff mwN; s auch das Urteil des Senats vom 22. August 1990, SozR 3-6180 Art 13 Nr 1 S 3 f mwN). Entscheidungserheblich ist deshalb nur, ob die Ehefrau des Klägers in der streitigen Zeit ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte. Das ist der Fall. Dabei kann offenbleiben, ob die Ehefrau des Klägers jemals dem zivilen Gefolge im obigen Sinne angehört hat. Denn diesen Status hat sie jedenfalls durch (spätere) Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Bundesgebiet verloren.
Zur Konkretisierung des Begriffs des “gewöhnlichen Aufenthaltes” iS von Art I Abs 1 Buchst b NATOTrStat hat das Bundessozialgericht (BSG) in Ermangelung einer Definition in dieser vertraglichen Regelung die in § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I getroffene Regelung herangezogen (vgl BSG vom 8. Oktober 1981, SozR 6180 Art 13 Nr 3 S 24; s auch das Urteil des Senats vom 22. August 1990, SozR 3-6180 Art 13 Nr 1 S 3). Nach dieser Bestimmung hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Die hierfür in tatsächlicher Hinsicht maßgebenden Voraussetzungen lagen jedenfalls für den streitbefangenen Zeitraum bei der Ehefrau des Klägers nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG vor. Diese hat die Beklagte mit ihrer Revision nicht angegriffen; sie sind daher für den Senat bindend (§ 163 SGG).
Offen bleiben kann im vorliegenden Fall, ob der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland durch Zivilpersonal von ausländischen NATO-Streitkräften begründet werden kann, das – anders als die Ehefrau des Klägers – nicht über zusätzliche Bindungen zu Deutschland verfügt und sich vorwiegend auf dem Gelände der Stationierungsstreitkräfte aufhält. Denn das LSG hat gerade nicht nur an den bloßen Aufenthalt im Bundesgebiet als Zivilbedienstete der US-Streitkräfte angeknüpft, sondern an die Integration der Ehefrau des Klägers in die deutsche Gesellschaft und die Absicht, selbst bei einem Abzug dieser Streitkräfte in Deutschland zu bleiben. Damit entspricht die Ehefrau des Klägers auch nicht mehr dem typischen Bild eines Mitgliedes des die Truppe begleitenden zivilen Gefolges, das die Vertragspartner des NATOTrStat vor Augen gehabt haben.
Der ausländerrechtliche Status der Ehefrau des Klägers im streitigen Zeitraum stand der Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht entgegen (zur “Prognose”-Rechtsprechung des Senats s zuletzt Urteil vom 12. Dezember 1995 – 10 RKg 7/95 mwN). Zwar entfällt mit dem Verlust des Status als Mitglied des zivilen Gefolges die Befreiung von den ausländerrechtlichen Bestimmungen des Aufnahmestaats nach Art III Abs 1 NATOTrStat. Dennoch muß die Ehefrau des Klägers nicht befürchten, Deutschland verlassen zu müssen. Dies kann unmittelbar und eindeutig allein aufgrund ausländerrechtlicher Vorschriften beurteilt werden. Die Ehefrau des Klägers hat einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (§ 23 Ausländergesetz ≪AuslG≫ 1990); dieser Erteilung steht auch nicht der Grundsatz entgegen, daß eine Zuzugsentscheidung vor der Einreise eingeholt werden soll (s § 8 AuslG). Denn Staatsangehörige der USA können. eine erforderliche Aufenthaltsgenehmigung auch nach Einreise einholen (§ 9 Abs 1 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des AuslG).
Die Ehefrau des Klägers konnte einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auch trotz Fortbestehens ihres Dienstverhältnisses zu den US-Streitkräften begründen. Entgegen der Meinung der Revision ergibt sich aus Art 7 NATOTrStatZAbk nichts Gegenteiliges.
Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
“Bei der Anwendung zwischenstaatlicher Abkommen oder anderer im Bundesgebiet geltender Bestimmungen über Aufenthalt und Niederlassung, soweit sie sich auf Rückschaffungen, Ausweisungen, die Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen oder die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit beziehen, bleiben Zeiten unberücksichtigt, die eine Person als Mitglied einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder als Angehöriger im Bundesgebiet zugebracht hat.”
Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß der Ehefrau des Klägers – unter der Voraussetzung, daß sie zunächst Mitglied des zivilen Gefolges der US-Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland war – kein Statuswechsel durch Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet möglich war, solange ihre Beschäftigung bei den US-Streitkräften andauerte. An der in seinem Urteil vom 22. August 1990 (SozR 3-6180 Art 13 Nr 1 S 3; s bereits das Senatsurteil vom 18. Juli 1989, SozR 6180 Art 13 Nr 6 S 35 f) – außerhalb der tragenden Gründe – geäußerten entgegenstehenden Ansicht hält der Senat nicht fest. Er schließt sich vielmehr insoweit den Ausführungen des 4. Senats des BSG in seinem Urteil vom 25. Februar 1992 (BSGE 70, 138, 147 f = SozR 3-6180 Art 13 Nr 2 – zum gewöhnlichen Aufenthalt des Angehörigen eines Mitglieds des zivilen Gefolges – im Anschluß an BSG, 11. Senat vom 7. September 1977, SozR 2200 § 1233 Nr 7 – zum gewöhnlichen Aufenthalt eines Mitgliedes des zivilen Gefolges –) an: Auch als Mitglied des zivilen Gefolges (oder als Angehöriger) kann man einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet begründen. Mit diesem Vorgang geht jedoch denknotwendigerweise die Eigenschaft als Mitglied des zivilen Gefolges (wenn auch nicht diejenige als Angehöriger) verloren (Art I Abs 1 Buchst b NATOTrStat, s hierzu die obigen Ausführungen – dies läßt der 11. Senat aaO unberücksichtigt, ohne daß dies freilich damals entscheidungserheblich gewesen wäre).
Es ist nicht ersichtlich, weshalb Art 7 NATOTrStatZAbk dieses Ergebnis verhindern könnte. Diese Regelung ist ausschließlich als ausländer- und niederlassungsrechtliche Vorschrift zu sehen (s hierzu Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, Ordnungs-Nr 462, Art 7, RdNr 1, Stand: 1992). Ebenso wie die Regelungen, die ihr unmittelbar vorausgehen und folgen (Art 6 NATOTrStatZAbk zum Meldewesen, Art 8 zum Ausländerpolizeirecht), steht sie in systematischem Zusammenhang mit Art III Abs 1 NATOTrStat. Diese Vorschrift befreit zum einen (in Satz 1 und Satz 2, 1. Halbsatz) Truppenmitglieder von wesentlichen ausländerrechtlichen Bestimmungen des Aufnahmestaates (hinsichtlich Pässen und Sichtvermerken, Ein- und Ausreisekontrollen, Meldewesen); zum anderen aber (Satz 2, 2. Halbsatz) regelt sie, daß Truppenmitglieder keinerlei Recht (dh Anspruch) auf ständigen Aufenthalt oder Wohnsitz im Aufnahmestaat erwerben. Diese allgemeine Vorschrift des NATOTrStat wird für die NATO-Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland, abgestimmt auf deren Rechtssystem, durch Art 7 NATOTrStatZAbk konkretisiert: Bei der Anwendung des Aufenthalts- und Niederlassungsrechts der Bundesrepublik (auch soweit es auf zwischenstaatlichen Abkommen beruht) bleiben Zeiten, die als Mitglied einer Truppe, des zivilen Gefolges oder als Angehöriger hier zugebracht wurden, unberücksichtigt. Nur für diese beiden Rechtsgebiete, zudem noch eingeschränkt (“soweit sie sich auf Rückschaffungen, Ausweisungen, die Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen oder die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit beziehen”), trifft Art 7 NATOTrStatZAbk eine Regelung. Der Begründung eines “gewöhnlichen Aufenthalts” im Sinne des Art I Abs 1 Buchst c NATOTrStat steht er nicht entgegen.
Weder das NATOTrStat noch das ZAbk enthalten hinsichtlich des Rechts der Sozialen Sicherheit eine Vorschrift, die der Fiktion des Art 2 Abs 3 Buchst a Satz 1 des früheren Abkommens über die steuerliche Behandlung der Streitkräfte und ihrer Mitglieder – Steuerabkommen – vom 26. Mai 1952 (BGBl II 1954, 335) entspräche: “Für die Begründung einer Steuerpflicht nach dem deutschen Steuerrecht gilt … die Tatsache, daß eine Person sich als Mitglied der Streitkräfte (nach damaligem Sprachgebrauch: einschließlich des zivilen Gefolges und der Angehörigen; s BFH vom 16. September 1970, BFHE 100, 102, 104) im Bundesgebiet aufhält, nicht als Begründung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes im Bundesgebiet.” Eine derartige Auffassung der Vertragsparteien ist auch nicht der Denkschrift zum NATOTrStat und zu den Zusatzvereinbarungen (BT-Drucks III/2146, Anlage IV, S 223 ff, dort S 226 zu Art I NATOTrStat; Art 7 ZAbk ist nicht erläutert, s S 231 aaO) zu entnehmen. Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß der Bundesfinanzhof (BFH) auch unter Geltung der zitierten Vorschrift des Steuerabkommens für Fälle wie den vorliegenden die Möglichkeit eines gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet ab Eheschließung mit einer im Bundesgebiet ansässigen Person bejaht hat (BFH vom 16. September 1970, BFHE 100, 102, 105).
Für die Entscheidung des Senats unerheblich ist, ob die Ehefrau des Klägers (noch) etwaige Vorteile auch steuerrechtlicher Art in Anspruch nimmt, die auf ihrer (früheren) Mitgliedschaft beim zivilen Gefolge beruhen (s BSG vom 22. August 1990, SozR 3-6180 Art 13 Nr 1 S 4).
An einer Entscheidung im vorstehenden Sinne ist der Senat schließlich nicht durch zwei Entscheidungen des 7. Senats des BSG (vom 8. Oktober 1981, BSGE 52, 210, 225 f = SozR 6180 Art 13 Nr 3 und vom 29. Oktober 1986 – 7 RAr 58/85, im Volltext nicht veröffentlicht) gehindert.
In diesen Urteilen hatte der 7. Senat der Bestimmung des Art 7 NATOTrStatZAbk entnommen, daß ein Mitglied der Truppe oder des zivilen Gefolges in der Bundesrepublik keinen rechtserheblichen Aufenthalt – hier gewöhnlichen Aufenthalt, bezogen auf die Anwendung deutschen Versicherungs- bzw Beitragsrechts aufgrund einer beruflichen Tätigkeit, oder Aufenthalt bzw Wohnort iS des Art 71 EWGV 1408/71 (betreffend Leistungen an Arbeitslose) – begründen kann (s hierzu bereits das Urteil des Senats vom 25. Juli 1995, SozR 3-6180 Art 13 Nr 5, S 33). Hiervon weicht der Senat jedoch nicht iS des § 41 Abs 2 SGG ab. Denn es geht im vorliegenden Fall nicht um die Anwendung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthaltes in den genannten Zusammenhängen.
Auf der geschilderten Grundlage kann unerörtert bleiben, ob und, wenn ja, ab welchem Zeitpunkt dem Kläger – in Fortführung der Rechtsprechung des Senats zu Art 13 NATOTrStatZAbk (s zuletzt Urteile vom 15. Dezember 1992 und vom 25. Juli 1995, SozR 3-6180 Art 13 Nrn 3 und 5) – auch bei fortdauernder Zugehörigkeit seiner Ehefrau zum zivilen Gefolge Kindergeld kraft seiner Einbeziehung in die Künstlersozialversicherung zugestanden hätte.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 956128 |
SozSi 1997, 319 |