Beteiligte

… Kläger und Revisionsbeklagter

Bau-Berufsgenossenschaft Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 60, An der Festeburg 27 - 29, Beklagte und Revisionsklägerin

 

Tatbestand

G r ü n d e :

I.

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Erhöhung seiner Verletztenrente wegen Arbeitslosigkeit.

Der im Jahre 1933 geborene Kläger war als Maurer beschäftigt. Er erlitt am 2. Juni 1982 einen Arbeitsunfall (Verkehrsunfall), bei dem er sich eine Unterschenkelfraktur mit anschließender Amputation des rechten Beins im Unterschenkel zuzog. Seit Wegfall der Arbeitsunfähigkeit (2. Juni 1983) bezieht er von der Beklagten Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v.H. (Bescheid vom 7. Juli 1933).

Die Beklagte lehnte die Erhöhung der Verletztenrente nach § 587 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ab (Bescheid vom 8. Dezember 1983 und Widerspruchsbescheid vom 1. März 1984). Zur Begründung führte sie aus, zwar beruhe die seit Juni 1983 bestehende Arbeitslosigkeit des Klägers auf seinem Arbeitsunfall; nach einer Auskunft des Arbeitsamtes Kassel bestehe jedoch nicht die Aussicht, daß der Kläger in absehbarer Zeit wieder erwerbstätig sein werde.

Das Sozialgericht (SG) Kassel hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 21. Januar 1986). Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 22. Juli 1937 auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte zur Erhöhung der Teilrente für die Zeit vom 2. Juni 1983 bis 1. Juni 1935 und Verzinsung ab 1. Juni 1985 mit 4 v.H. verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die ab 1. Januar 1982 geltende Neufassung des § 587 RVO setze nicht mehr als Anspruchsvoraussetzung die Aussicht voraus, daß der Verletzte in absehbarer Zeit trotz seiner Unfallfolgen wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen werde. Die frühere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei überholt, da nunmehr die Gewährung der erhöhten Verletztenrente auf zwei Jahre be-

grenzt sei. Für diesen Zeitraum bleibe die Verantwortlichkeit der Unfallversicherung für sämtliche Unfallfolgen aufrechterhalten.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von Bundesrecht (§ 162 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), insbesondere die fehlerhafte Auslegung und Anwendung des § 587 RVO. Sie vertritt die Auffassung, daß die von der Rechtsprechung des BSG zu § 587 RVO a.F. entwickelten Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere die Absehbarkeit der (unfallbedingten) Einkommenslosigkeit, auch nach der Neufassung der Vorschrift nicht weggefallen sei. Der Zweck des § 587 RVO erfordere es auch weiterhin, diesen Anspruch nur den Verletzten zuzubilligen, die vorübergehend ohne Arbeitsverdienst seien und bei denen in absehbarer Zeit mit einer Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß zu rechnen sei. Gerade die gesetzliche Neuregelung, die die Gewährung des Aufstockungsbetrages "längstens für zwei Jahre" zulasse, erfordere eine prognostische Sicht im Zeitpunkt des Rentenbeginns. Diese Sicht sei nicht von den regionalen Verhältnissen des Arbeitsmarktes, sondern weitgehend von den gesundheitlichen Voraussetzungen des Verletzten abhängig. Darüber hinaus sei die Auffassung des LSG auch unvereinbar mit § 582 RVO und widerspreche dem das Unfallversicherungsrecht beherrschenden Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung.

Die Beklagte beantragt,das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. Juli 1987 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 21. Januar 1986 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. Juli 1937 zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte zur Erhöhung der Teilrente für den geltend gemachten Zeitraum verurteilt.

Die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung einer erhöhten Verletztenrente ergibt sich aus § 587 Abs. 1 Satz 1 RVO i.d.F. des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I 1497). Nach dieser Vorschrift hat, wenn der Verletzte infolge des Arbeitsunfalls ohne Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen ist und die Rente und das Arbeitslosengeld oder die Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe zusammen nicht den sich aus § 568 Abs. 2 RVO ergebenden Betrag des Übergangsgeldes erreicht, der Träger der Unfallversicherung die Rente längstens für zwei Jahre nach ihrem Beginn um den Unterschiedsbetrag zu erhöhen. Diese Voraussetzungen für den Anspruch auf Aufstockung der Verletztenrente hat das LSG zutreffend bejaht.

In dem streitigen Zeitraum vom ersten Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit (2. Juni 1983) bis zum 1. Juni 1985 bezog der Kläger nach den insoweit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Teilrente nach einer MdE um 40 vH. Der Kläger war in dieser Zeit auch infolge des Arbeitsunfalls ohne Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen. Der Arbeitsunfall war dafür die wesentliche Ursache i.S. der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätsnorm (vgl. BSG SozR 2200 § 587 Nr. 2). Der Kläger konnte wegen der bei seinem Arbeitsunfall erlittenen Beinverletzung mit nachfolgender Amputation im Unterschenkel seinen Beruf als Maurer nicht mehr ausüben. Auch war der Kläger nicht endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden, sondern in dieser Zeit arbeitswillig und stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung (s. § 103 Arbeitsförderungsgesetz). Zu Unrecht meint die Beklagte unter Hinweis auf § 537 in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung (§ 587 a.F.) und die hierzu ergangene Rechtsprechung des BSG (s. insbesondere die grundlegende Entscheidung des Senats in BSGE 30, 64 ff.; ferner u.a. BSG SozR 2200 § 587 Nr. 2; Urteile des Senats vom 11. Februar 1981 - 2 RU 101/78 und 2 RU 57/79 -), daß der Anspruch nach § 587 RVO auf den Aufstockungsbeitrag nur dann begründet sei, wenn auch die Aussicht bestehe, daß der Verletzte in absehbarer Zeit trotz seiner Unfallfolgen wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen werde. Dieser Auffassung hat sich das LSG mit überzeugender Begründung nicht angeschlossen.

Nach § 587 Abs. 1 RVO a.F. hatte der Träger der Unfallversicherung die Teilrente auf die Vollrente zu erhöhen, solange der Versicherte infolge des Arbeitsunfalls ohne Arbeitseinkommen war. Dabei war der Leistungsanspruch nach dieser Vorschrift aber nicht bereits begründet, wenn der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und dem Verlust des Arbeitseinkommens des Verletzten vorlag. Dies hätte nach dem Wortlaut des § 587 Abs. 1 RVO a.F. dazu führen können, daß die Verletztenrente ohne zeitliche Begrenzung auf die Vollrente zu erhöhen gewesen wäre. Die Rechtsprechung beschränkte deshalb die Anwendung dieser Vorschrift auf die Fälle, in denen der Verletzte für eine vorübergehende Zeit unfallbedingt ohne Arbeitseinkommen war (BSGE 30, 64 ff.; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl., S. 578 k). Die Gründe für diese Auslegung des § 587 RVO a.F. sind in der angeführten Rechtsprechung des BSG, auf die auch insoweit verwiesen wird, im einzelnen dargelegt. Die Erhöhung der Teilrente war demnach in erster Linie davon abhängig, daß der Verletzte unfallbedingt ohne Arbeitseinkommen und noch nicht endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war. § 587 RVO a.F. bestimmte jedoch nicht, welcher Zeitraum als nur vorübergehende Zeit anzusehen war. Diesen Zeitraum hatte die Rechtsprechung abzugrenzen. Danach war der Anspruch auf die Leistung nach § 587 Abs. 1 RVO a.F. dann nur für eine vorübergehende Zeit gegeben, wenn nach den Umständen des Einzelfalls für den Verletzten die Aussicht bestand, daß er in absehbarer Zeit trotz seiner Unfallfolgen wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen wird (s. BSGE 30, 64, 70; BSG SozR 2200 § 537 Nr. 2; Brackmann a.a.O. S. 573 k und Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., § 537 Anm. 2, jeweils m.w.N. aus Rechtsprechung und Schrifttum). Eine starre absolute zeitliche Begrenzung vermochte die Rechtsprechung im Wege der ihr obliegenden Rechtsauslegung nicht festzulegen. Die nach den Umständen des Einzelfalles zu treffende Abgrenzung der "absehbaren Zeit" war, was die Rechtsprechung nicht verkannte, schwierig und barg für alle Beteiligten Unsicherheiten (s. Specht BG 1980, 852, 354).

Die Neufassung des ab 1. Januar 1932 geltenden § 587 RVO enthält in ihrem sachlichen Regelungsgehalt im wesentlichen zwei Änderungen.

Einmal wird der Aufstockungsbetrag dahin begrenzt, daß die Gesamtzahlung den sich aus § 568 Abs. 2 RVO ergebenden Betrag des Übergangsgeldes nicht übersteigen darf; diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

Zum anderen hat der Träger der Unfallversicherung die Rente längstens für zwei Jahre nach ihrem Beginn um diesen Unterschiedsbetrag zu erhöhen. Mit dieser Gesetzesänderung hat der Gesetzgeber die bisher fehlende zeitliche Begrenzung festgelegt. Dadurch sind allerdings die zuvor erwähnten Voraussetzungen für die Rentenerhöhung, daß der an sich arbeitswillige Verletzte unfallbedingt ohne Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen ist und noch nicht endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sein darf, bestehen geblieben. Die weitere, den Erhöhungsanspruch sowohl dem Grunde als auch der Dauer betreffende Voraussetzung mit der Unsicherheit ihrer Feststellbarkeit, ob der Verletzte in absehbarer Zeit trotz seiner Unfallfolgen wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen werde, ist jedoch durch die Begrenzung der Erhöhung der Verletztenrente auf längstens zwei Jahre ersetzt worden. Mit dieser Neufassung hat der Gesetzgeber die in der Regel schwierige Prüfung der Voraussetzung "in absehbarer Zeit" mit den sich in der praktischen Anwendung ergebenden Unsicherheiten ("der Zeitraum kann unter Umständen Jahre andauern", s. Brackmann a.a.O. S. 578 l) beseitigt (a.A. Lauterbach/Watermann a.a.O. § 587 Anm. 2; Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 4. Aufl., § 587 RdNr. 2; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Kennzahl 480 S. 12 - die sich jedoch mit den Auswirkungen der Neufassung des § 537 RVO nicht auseinandersetzen).

Entgegen der Auffassung der Revision lassen auch die Gesetzesmaterialien zur Neufassung des § 587 RVO erkennen, daß der Gesetzgeber mit der Begrenzung des Erhöhungsanspruchs auf zwei Jahre an der durch die Rechtsprechung entwickelten einschränkenden Anspruchsvoraussetzung, es müsse die Aussicht bestehen, daß der Verletzte in absehbarer Zeit wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen werde, nicht festhalten wollte. In der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 9/846 S. 53) heißt es, daß der Grundgedanke des § 587 RVO, nämlich die Verantwortlichkeit des Unfallversicherungsträgers für den Verletzten, noch eine Zeitlang beibehalten und die bestehende Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Dauer der Rentenaufstockung durch eine "klare Zeitbestimmung (längstens zwei Jahre)" beseitigt werden sollte. Aus dieser Formulierung wird deutlich, daß der Gesetzgeber die Gewährung der erhöhten Verletztenrente nicht mehr von der Unsicherheit der Feststellung der voraussichtlichen Erwerbstätigkeit in absehbarer Zeit abhängig machen, sondern sie dafür allgemein auf zwei Jahre begrenzen wollte. Für diesen Zeitraum - längstens - sollte die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Unfallversicherungsträgers auch für die wirtschaftlichen Folgen des Arbeitsunfalls des Verletzten aufrechterhalten werden. Nicht zu folgen ist schon aus diesen Gründen der Auffassung der Revision, der Zweck der Neufassung des § 587 RVO bestehe nicht darin, die Träger der Unfallversicherung mit weiteren Leistungen zu belasten, die ihnen bisher nicht aufgebürdet worden seien. Dem Grunde nach war der Anspruch auf Erhöhung der Verletztenrente auf die Vollrente auch nach der bisherigen Fassung des § 537 RVO gegeben. Er war durch die Rechtsprechung zu § 587 RVO a.F. einerseits begrenzt, andererseits nicht auf eine Dauer von zwei Jahren beschränkt (s. Brackmann a.a.O. S. 578 l). Deshalb kann die jetzt vorgesehene zeitliche Begrenzung des Leistungsanspruchs auf längstens zwei Jahre trotz der Voraussetzung einer voraussichtlichen Erwerbstätigkeit in absehbare- Zeit durchaus auch zu einer Entlastung der Unfallversicherung, jedenfalls aber - unter Wahrung von Sinn und Zweck des § 587 RVO - zu einer wesentlichen Vereinfachung der Verwaltungsarbeit führen.

Auch im Hinblick auf die Ruhensvorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1278 RVO, § 55 des Angestelltenversicherungsgesetzes) bietet § 537 RVO weiterhin eine ausreichende Grundlage für eine sinnvolle Auslegung dieser Vorschrift; denn der Anspruch auf den Aufstockungsbetragbesteht nur, wenn der Verletzte noch nicht endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist.

Mit Recht weist die Revision zwar darauf hin, daß ebenso wie die in § 581 RVO normierte Verletztenrente auch die Erhöhung der Teilrente nach § 587 RVO einen Schadensausgleich bezweckt, dessen Berechnung im Ergebnis dem das Wesen der gesetzlichen Unfallversicherung beherrschenden Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung unterliegt. Wie der Senat in der erwähnten Entscheidung (BSGE 30, 641, 68) jedoch ausgeführt hat, könnte bei unbegrenzter Dauer der Leistung nach § 587 RVO a.F. ein Verletzter u.U. auch dann in den dauernden Genuß einer Vollrente gelangen, wenn der unfallbedingte Körperschaden und demgemäß auch die MdE verhältnismäßig gering sind, während ein nur nach § 581 entschädigter Verletzter auch bei schwerem Körperschaden die Vollrente nur selten zu erreichen vermag. Eine solche ausdehnende Auslegung liefe auf eine mit dem Wesen der gesetzlichen Unfallversicherung unvereinbare Aushöhlung des Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung hinaus. Die Gefahr, daß bei unbegrenzter Dauer der Rente nach § 87 RVO ein Verletzter unter Umständen in den dauernden Genuß der Vollrente (Aufstockungsbetrag) kommt, obwohl seine MdE verhältnismäßig gering ist (s. BSGE a.a.O. S. 69), besteht aber nach der Neufassung nicht mehr. Durch die Einführung einer zeitlichen Begrenzung auf längstens zwei Jahre wird vielmehr gerade dem Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung wieder stärker Rechnung getragen und die unterschiedliche Behandlung der in §§ 581 und 587 RVO normierten Verletztenrenten noch stärker gerechtfertigt (BSGE a.a.O. S. 68).

Diese Auffassung ist auch nicht unvereinbar mit der Regelung in § 582 RVO. Nach dieser Vorschrift erhöht sich die Unfallrente eines Schwerverletzten (§ 583 Abs. 1 RVO), der infolge des Arbeitsunfalls einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen kann und keine Rente aus den Rentenversicherungen der Arbeiter oder der Angestellten oder der knappschaftlichen Rentenversicherung erhält, um 10 v.H. Im Gegensatz zu § 587 RVO, der mit seiner Neufassung eine Erhöhung der Rente nur noch für eine Übergangszeit von zwei Jahren vorsieht, regelt § 532 RVO eine Erhöhung der Rente ohne zeitliche Einschränkung. Indem der Anspruch auf die Leistung nach § 587 Abs. 1 RVO nur für eine vorübergehende Zeit gegeben ist, bestehen beide Vorschriften sinnvoll nebeneinander (s. BSGE a.a.O. S. 70). Dies gilt wegen der nunmehr festgelegten Begrenzung auf zwei Jahre selbst dann, wenn die voraussichtliche Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit, noch nicht absehbar war.

Wie das LSG ferner zutreffend ausgeführt hat, ist diese Auslegung des § 587 RVO auch aus Gründen der Gleichbehandlung geboten. Nach der von der Revision vertretenen Ansicht, daß es für die Erhöhung der Verletztenrente nach § 587 RVO insoweit weiterhin darauf ankommt, daß der Verletzte voraussichtlich in absehbarer Zeit einer Erwerbstätigkeit nachgehen werde, erhält ein Verletzter, der in einer Region mit einer schlechten Arbeitsmarktlage lebt, wegen Aussichtslosigkeit einer Vermittlung keine erhöhte Rente (s. BSG Urteil vom 11. Februar 1981 - 2 RU 57/79 -). Wegen dieser schlechten Lage des Arbeitsmarktes wird er außerdem im Zweifelsfalle auch kaum einen neuen Arbeitsplatz finden. Ein Verletzter mit denselben Unfallfolgen, der in einer Region mit einer besseren Arbeitsmarktlage lebt, hätte dagegen gute Aussichten auf eine Arbeitsvermittlung; ihm stünde daher der Anspruch auf die erhöhte Rente zu. Außerdem würde er mit größerer Wahrscheinlichkeit einen neuen Arbeitsplatz finden. Der Verletzte aus der Region mit der schlechten Arbeitsmarktlage wäre also bei der von der Revision angestrebten Auslegung doppelt benachteiligt. Dies mußte, um eine - bei andauerndem Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - zeitlich unbefristete Erhöhung der Verletztenrente auf die Vollrente im Rahmen des § 587 RVO zu vermeiden, nach der alten Fassung dieser Vorschrift hingenommen werden. Nach der zeitlichen Begrenzung durch die Neufassung ist dies nicht mehr vertretbar. Zwar soll das Risiko des Arbeitsmarktes nicht generell auf den Unfallversicherungsträger abgewälzt werden; entsprechend dem Grundgedanken des § 587 RVO, daß die Unfallversicherung für den Versicherten, der zumindest wesentlich auch durch die Folgen des Arbeitsunfalls ohne Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen ist, noch eine Zeitlang verantwortlich bleibt (s. BT-Drucks. 9/846 S. 53), gilt dies nicht für die nunmehr vorgesehene Zeit von zwei Jahren. Der Wegfall des Tatbestandsmerkmals, in absehbarer Zeit einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, vermeidet in der Praxis unterschiedliche und für den Verletzten häufig nicht gerechtfertigte Ergebnisse. Er führt zu einer einfacheren und einheitlichen Rechtsanwendung.

Der - im übrigen vom Beklagten nicht bestrittene - Anspruch des Klägers auf Verzinsung folgt aus § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil -.

Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 247

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