Entscheidungsstichwort (Thema)
Drittschuldnererklärung. Kosten. Bearbeitungskosten. Kostenerstattungspflicht des Pfändungsgläubigers. Vollstreckungskosten. Auslagen. Analogie
Leitsatz (amtlich)
Der Drittschuldner, der auf das Verlangen der Vollstreckungsbehörde die in § 316 Abs. 1 AO vorgesehene Erklärung zu der von der Vollstreckungsbehörde gepfändeten Geldforderung des Schuldners abgegeben hat, hat keinen Anspruch gegen die pfändende Behörde auf Erstattung der im Zusammenhang mit der Abgabe der Erklärung angefallenen Kosten.
Normenkette
AO 1977 § 107 S. 1, §§ 316, 337 Abs. 1; BGB § 261 Abs. 3, § 268 Abs. 2, §§ 381, 670, 811 Abs. 2; ZPO § 840 Abs. 1; VwVG §§ 5, 19 Abs. 1
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Entscheidung vom 05.07.1991; Aktenzeichen 10 S 1558/91) |
VG Stuttgart (Entscheidung vom 27.03.1991; Aktenzeichen 16 K 3220/90) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 5. Juli 1991 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Mit Bescheid des Fernmeldeamtes S. vom 1. Juni 1990 pfändete die Beklagte wegen rückständiger Fernmeldegebühren, Mahngebühren, Kosten und Zinsen in Höhe von 438,02 DM die der säumigen Fernsprechteilnehmerin gegen die Klägerin zustehenden gegenwärtigen und künftigen Ansprüche, Rechte und Forderungen auf Zahlung des Guthabens aus einem Kontokorrent sowie auf Gutschrift der künftigen Eingänge. Zugleich forderte die Beklagte die Klägerin als Drittschuldnerin auf, binnen zwei Wochen zu erklären, ob und inwieweit die gepfändete Forderung der Vollstreckungsschuldnerin als begründet anerkannt und Zahlung geleistet werde, ob und welche Ansprüche andere Personen auf die Forderung erhöben und ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei. Die Klägerin gab die Drittschuldnererklärung am 13. Juni 1990 ab; gleichzeitig forderte sie die Beklagte zur Zahlung der ihr für die Drittschuldnererklärung entstandenen Unkosten in Höhe von 30 DM auf.
Nach Ablehnung der Kostenerstattung durch die Beklagte hat die Klägerin beim Amtsgericht Zahlungsklage erhoben, die das Amtsgericht mit Urteil vom 17. Oktober 1990 wegen Unzulässigkeit des Zivilrechtsweges an das Verwaltungsgericht verwiesen hat. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. März 1991 abgewiesen, weil weder in der Abgabenordnung noch in prozessualen Vorschriften oder im Bürgerlichen Gesetzbuch eine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch zu finden sei.
Mit Urteil vom 5. Juli 1991 hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Der Klägerin stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu, weil es hierfür weder in der Abgabenordnung noch – falls dies überhaupt analog anwendbar sei – im materiellen Recht eine Rechtsgrundlage gebe.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung verweist sie auf die bereits in den Vorinstanzen angeführten Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, denen sie den allgemeinen Grundsatz entnimmt, daß derjenige, der von unbeteiligten Dritten eine Handlung verlangen könne, kostenerstattungspflichtig sei. Die Freistellung unbeteiligter Dritter von finanziellen Belastungen entspreche zudem den allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen. Die entsprechende Heranziehung des Auftragsrechts sei deshalb gerechtfertigt, weil der Vollstreckungsgläubiger mit der ihm freistehenden Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung dem Drittschuldner eine Weisung erteile, die der Weisung im Auftragsrecht zumindest vergleichbar sei. Der Drittschuldner werde bei Abgabe der Drittschuldnererklärung überwiegend in fremdem Interesse tätig.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
Der Vertreter des öffentlichen Interesses und der Oberbundesanwalt halten die Revision mangels Rechtsgrundlage für unbegründet.
Entscheidungsgründe
II.
Mit dem erklärten Einverständnis der Beteiligten kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 141 Satz 1, 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zu Recht zurückgewiesen, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten gegen die Beklagte hat.
Die streitentscheidende Frage, ob ein Erstattungsanspruch des Drittschuldners gegen den Pfändungsgläubiger besteht und – wenn ja – welche Aufwendungen er erfaßt, ist sowohl zu § 316 AO als auch zu der insoweit gleichlautenden Vorschrift des § 840 Abs. 1 ZPO umstritten.
Eine Erstattungspflicht des Drittschuldners gegenüber dem Pfändungsgläubiger lehnen mangels Rechtsgrundlage ab:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Oktober 1984 – 4 AZR 535/82 – (NJW 1985, 1181); LG München I, Urteil vom 15. Mai 1963 – 15 S 57/63 – (NJW 1963, 1509); Tipke/Kruse, AO, 14. Aufl., § 316 Rn. 7; Koch/Scholtz, AO, 4. Aufl., 1993, § 316 Rn. 3; Zöller/Stöber, ZPO, 18. Aufl., § 840 Rn. 11; Schuschke, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, Bd. I, Zwangsvollstreckung, Kommentar zum 8. Buch der ZPO, 1992, § 840 Rn. 5; Stöber, Forderungspfändung, 10. Aufl., 1993, Rn. 647; Palandt-Heinrichs, BGB, 52. Aufl., 1993, 261 Rn. 35; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 7. Aufl., 1992, § 89 IV 4 und § 90 I 4b; Gaul, Das Arbeitsrecht im Betrieb, 8. Aufl., 1986, Bd. I, G IV 12; Rieke, NJW 1959, 2241; Andresen, NJW 1960, 231 ≪232≫; Cebulka, AnwBl. 1979, 409; Schäcker, BB 1959, 492; Klos/Siebert, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1992, 201 ff.; Petersen, BB 1986, 188; Brehm JZ 1985, 632; Stein in Festschrift für A. Wach, 1913, S. 449 (459).
Demgegenüber bejahen Erstattungsansprüche – allerdings zum größten Teil nur hinsichtlich der Auslagen für Porto und Schreibmaterial, nicht jedoch für (mittelbare) Bearbeitungskosten:
Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl., 1987, § 55 I 3b gg, S. 654; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 51. Aufl., 1993, § 840 Rn. 13 f. (nicht Bearbeitungskosten); Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 316 Rn. 27 (nicht Bearbeitungskosten); Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 20. Aufl., § 840 Rn. 35 („jedenfalls Porto und Auslagen”); MünchKomm ZPO-Smid, § 840 Rn. 8; Thomas-Putzo, ZPO, 18. Aufl., § 840 Rn. 15; Wieczorek-Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 840 Anm. C I; Gutzmann BB 1976, 700 (unklar bezüglich Bearbeitungskosten); Traulsen, DVBl. 1974, 458 (461); Reetz, Die Rechtsstellung des Arbeitgebers als Drittschuldner in der Zwangsvollstreckung, Schritten zum deutschen und europäischen Zivil-, Handels- und Prozeßrecht, Bd. 109, S. 94 f., 96 (nicht Bearbeitungskosten); Mümmler, JurBüro 1986, 333 (334); Olschewski, MDR 1974, 714; Eckert, MDR 1986, 799 (801 f.); Diekhoff BB 1960, 989 (990).
Der Bundesgerichtshof hat die Frage offengelassen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1984 – IX ZR 89/84 – ≪JZ 1985, 629≫).
Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an und verneint mangels tragfähiger Rechtsgrundlage den geltend gemachten Erstattungsanspruch.
1.a) § 316 Abs. 1 AO, der über § 9 Abs. 2 des Fernmeldeanlagengesetzes i.V.m. § 5 Abs. 1 VwVG Anwendung findet, gewährt der Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung entstandener Unkosten. § 316 Abs. 1 AO regelt nur die Erklärungspflicht des Drittschuldners, schweigt hingegen – wie auch die entsprechende Vorschrift des § 840 Abs. 1 ZPO – zu der Frage der Kostentragung.
b) Mit zutreffenden Erwägungen hat der Verwaltungsgerichtshof auch §§ 337 Abs. 1, 344 Abs. 1 Nr. 8 AO, die über § 19 Abs. 1 Satz 1 VwVG anwendbar sind, wegen deren Beschränkung auf das Verhältnis zwischen Vollstreckungsgläubiger und Vollstreckungsschuldner als Grundlage des Erstattungsanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte abgelehnt.
c) Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 19 Abs. 1 Satz 2 VwVG in Verbindung mit § 107 AO. Danach werden „Auskunftspflichtige …, die die Finanzbehörde zu Beweiszwecken herangezogen hat, … auf Antrag in entsprechender Anwendung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entschädigt”. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Entschädigungsanspruch aufgrund dieser Vorschrift deshalb verneint, weil die Klägerin nicht „zu Beweiszwecken” herangezogen worden ist, sondern aufgrund einer gesetzlich normierten Verpflichtung im Rahmen der Vollstreckung eines titulierten Anspruchs (Szymczak in Koch/Scholtz, a.a.O., § 107 Rn. 6; Klos/Siebert, a.a.O., S. 203).
d) Auch die analoge Anwendung dieser Vorschrift (– ohne Begründung bejaht von Schwarz, Kommentar zur AO, § 316 Rn. 10 –) kommt nicht in Betracht, weil der Drittschuldner bei der Abgabe der Drittschuldnererklärung mit einem Zeugen nicht vergleichbar ist (Klos/Siebert, a.a.O.; Szymczak in Koch/Scholtz, a.a.O.); denn die Pflicht des mit dem Schuldner vertraglich verbundenen Drittschuldners besteht allein darin, den Gläubiger „in groben Zügen” (BGH, Urteil vom 17. April 1984 – IX ZR 153/83 – ≪NJW 1984 1901≫ über die Durchsetzbarkeit der gepfändeten Forderung zu informieren. Durch die vertragliche Verbindung mit dem Schuldner ist nach den vollstreckungsrechtlichen Regelungen der ZPO und der Abgabenordnung der Drittschuldner kraft Gesetzes – anders als ein Zeuge – in das den Schuldner betreffende Vollstreckungsverfahren in einem gewissen Umfang eingebunden. Dementsprechend ist es zwar gerechtfertigt, den Erstattungsanspruch des § 107 AO in Verbindung mit § 11 ZSEG – etwa bei Heranziehung einer Bank zu Auskünften im Besteuerungsverfahren – über die Barauslagen hinaus auf bei der Vorbereitung einer Auskunft angefallene Personalunkosten zu erstrecken (BFH, Urteil vom 23. Dezember 1980 – VII R 91/79 – BFHE 132, 385 ≪389≫ oder bei einem kombinierten Auskunfts- und Vorlageersuchen dem ersuchten, zu Beweiszwecken herangezogenen Dritten aus § 107 AO auch einen Anspruch auf Erstattung der durch die Vorlage von Urkunden und deren Zusammenstellung entstandenen Unkosten zuzugestehen (BFH, Urteil vom 24. März 1987 – VII R 113/84 – BFHE 149, 143 ≪145 f. ≫). Die Grundentscheidung über die Entschädigungspflicht und den entschädigungsberechtigten Personenkreis ist jedoch in § 107 AO selbst abschließend festgelegt und an die dort genannten Voraussetzungen gebunden; lediglich die Höhe des Entschädigungsanspruchs richtet sich nach den sinngemäß geltenden Vorschriften des ZSEG (Rechtsfolgeverweisung, BFH, Urteil vom 23. Dezember 1980, a.a.O., S. 388). Eine Ausdehnung des § 107 AO auf andere Personen als zu Beweiszwecken herangezogene Auskunftspflichtige ist nicht möglich (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 107 Rn. 2 und 3). Die Analogiebildung scheitert daran, daß nichts für eine unbewußt lückenhafte Regelung des Gesetzgebers der Abgabenordnung spricht. Rechtsfortbildung im Wege der Analogie setzt aber eine Gesetzeslücke voraus, d.h. eine planwidrige Unvollständigkeit der ausgeformten Rechtssätze (vgl. Larenz, Methodenlehre des Rechts, 5. Aufl., 1983, S. 370, 373). Hieran fehlt es. Bereits der Gesetzgeber der ZPO dürfte durch die Normierung der Auskunftspflicht ohne Kostentragungsregelung in § 840 Abs. 1 ZPO sowie der ausdrücklichen Regelung des Schadensersatzanspruchs des Gläubigers in § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht haben, daß unter bestimmten Voraussetzungen nur die Aufwendungen des Vollstreckungsgläubigers ersatzfähig sind, die mit der Auskunftserteilung des Drittschuldners verbundenen Aufwendungen hingegen von diesem getragen werden sollen. Dafür spricht, daß in den Materialien zur ZPO (vgl. Hahn, Die gesamten Materialien zur ZPO I, S. 459) die Erklärungspflicht des Drittschuldners aus der „allgemeinen Zeugnispflicht” abgeleitet worden ist; noch 1913 konstatiert Stein (in Festschrift für A. Wach, 1913, S. 449 ≪459≫, ohne irgendeinen Zweifel anzumelden, daß der Drittschuldner – „die bedauernswerteste Person in unserem ganzen Rechtsleben” (S. 458) – „nach deutschem Rechte (anders österr. Ex. -O. § 301 Abs. 6) die Kosten der Auskunft selbst tragen muß”. Im übrigen scheidet die Annahme einer planwidrigen Lücke in den Regelungen der §§ 316 Abs. 1, 107 AO deshalb aus, weil dem Gesetzgeber der Abgabenordnung 1977 der damals in der Literatur heftig geführte Streit um die Kostentragungspflicht bei Drittschuldnererklärungen kaum unbekannt gewesen sein dürfte (vgl. zu diesem Aspekt im Zusammenhang mit Analogieschlüssen: BGH, Beschluß vom 8. September 1981 – I BGs 138/81 – WM 1982, 74 ≪75≫. Daß in § 316 AO eine Kostentragungsregelung fehlt, läßt deshalb angesichts der Schadensersatzregelung in § 316 Abs. 2 Satz 2 AO – die der Sache nach einen Kostenerstattungsanspruch (und zwar des Gläubigers bezüglich seiner Aufwendungen) betrifft (Schneider MDR 1981, 353 ≪361≫) – nicht den Schluß auf eine planwidrige Lücke zu, sondern bringt zum Ausdruck, daß der Gesetzgeber für den in §§ 309, 316 Abs. 1 AO geregelten Sachverhalt einen Erstattungsanspruch des Drittschuldners für entbehrlich gehalten hat (vgl. Klos/Siebert, a.a.O., S. 204; Stöber, a.a.O., Rn. 647; vgl. auch BFH, Urteil vom 23. Dezember 1980, a.a.O., S. 390, wo ebenfalls die Zeugenstellung für die Kostenerstattung besonders hervorgehoben wird). Wie der Hinweis in den Materialien zur ZPO (Hahn, a.a.O.) auf die allgemeine Zeugnispflicht verdeutlicht, ist der Gesetzgeber offenbar davon ausgegangen, daß der Drittschuldner die in §§ 316 Abs. 1 AO, 840 Abs. 1 ZPO verlangten Informationen in der Regel leicht und ohne größeren Aufwand weitergeben kann; überdies liegt die Auskunftserteilung nach der gesetzlichen Konstruktion der Vollstreckungsvorschriften auch im eigenen Interesse des Drittschuldners, weil er dadurch seine Verstrickung in Prozesse vermeiden kann. Angesichts der zumeist unwesentlichen Kosten im Rahmen auch eigener Interessenwahrnehmung erschien eine Erstattungsregelung offenbar entbehrlich, zumal die Drittschuldnererklärung inhaltlich nicht wesentlich über das hinausgeht, was Adressaten von Zahlungsaufforderungen den Absendern üblicherweise ohnehin (und auf eigene Kosten) mitteilen. An der Kostentragungspflicht ändert sich auch durch den Umstand nichts, daß bei bestimmten Drittschuldnern wegen der großen Zahl von Pfändungsverfügungen die Kosten in ihrer Summierung ins Gewicht fallen können. Denn wenn eine Kostenerstattung im Einzelfall mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht kommt, muß dies auch für das Zusammentreffen mehrerer je für sich genommen kleiner Kostenbeträge gelten (Brehm, a.a.O., S. 632).
Diese Beurteilung deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1 Abs. 1 ZSEG. Bei dieser Vorschrift, die wie § 107 AO auf die Heranziehung „zu Beweiszwecken” abstellt, hat der BGH (Beschluß vom 8. September 1981, a.a.O.) die Erweiterung der Entschädigungsregelungen des ZSEG im Wege der Analogie auf die nicht Beweiszwecken dienende Heranziehung von Auskunftspersonen ebenfalls abgelehnt. Der Bundesgerichtshof hebt zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung u.a. hervor, daß das ZSEG im Zusammenhang mit anderen Gesetzen die Intention erkennen lasse, den Kreis der Berechtigten genau zu bezeichnen und zu begrenzen und Erweiterungen nur durch den Gesetzgeber, nicht aber im Wege analoger Anwendung zuzulassen (a.a.O., S. 75). Dabei verweist der Bundesgerichtshof auf die in § 107 AG vorgenommene Erweiterung des Berechtigtenkreises auf Auskunftspflichtige, durch die „jede von der Finanzbehörde zu Beweiszwecken herangezogene Person oder Institution” erfaßt werde, und schließt daraus, daß der Gesetzgeber die Einbeziehung von Personen und Institutionen, „die in anderer Form denn als Zeugen oder Sachverständige herangezogen werden, ohne deren ausdrückliche Erwähnung nicht gewährleistet gesehen” habe. Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für § 107 AO und dessen analoge Anwendung auf Personen, die nicht zu Beweiszwecken herangezogen worden sind. Soweit Abhilfe geboten erscheint, muß sie der Gesetzgeber schaffen (BGH, a.a.O., S. 75).
2. Der Rückgriff auf Normen des materiellen Rechts im Wege der Analogie scheidet ebenfalls aus. Zu den dargelegten, gegen eine ausfüllungsbedürftige und ausfüllungsfähige planwidrige Gesetzeslücke sprechenden Gründen treten weitere systematische Bedenken hinzu. Zu Recht hat das Berufungsgericht (vgl. BU S. 5 unten) darauf hingewiesen, daß die analoge Anwendung materiellrechtlicher Kostenerstattungsvorschriften auf die durch Vorschriften des öffentlichen Rechts begründete, zwangsweise durchsetzbare (vgl. § 316 Abs. 2 Satz 3 AO) Verpflichtung des Drittschuldners zur Auskunftserteilung dem „allgemeinen Prinzip” widerspreche, daß der Pflichtige die ihm zulässigerweise auferlegten Handlungen – wenn keine ausdrückliche Erstattungsregelung bestehe – auf eigene Kosten vorzunehmen habe. Außerdem ist die Auskunftserteilung nach §§ 316 Abs. 1 AO, 840 Abs. 1 ZPO eine vollstreckungsrechtliche („prozessuale”) Pflicht; dementsprechend ist grundsätzlich auch die etwaige Kostenerstattung – wie auch die dem gleichen Zweck dienende Schadensersatzverpflichtung in § 316 Abs. 2 Satz 2 AO und § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO – im Verfahrens- bzw. Vollstreckungsrecht zu regeln und zu suchen (Stöber, a.a.O., Rn. 647). Die Frage der grundsätzlichen (Un-) Zulässigkeit des analogen Rückgriffs auf Vorschriften des BGB kann aber letztlich offenbleiben. Denn die Begründung des Erstattungsanspruchs aus Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches macht nicht nur „Schwierigkeiten” (so MünchKomm ZPO-Smid, § 840 Rn. 8), vielmehr trägt keine der in Betracht kommenden Bestimmungen den Analogieschluß zugunsten der Klägerin. Die von der Klägerin angeführten §§ 261 Abs. 3, 811 Abs. 2 und 381 in Verbindung mit §§ 268 Abs. 2, 1142 Abs. 2, 1150 und 1224 sowie § 670 BGB regeln mit der Auskunftserteilung nach § 316 Abs. 1 AO, § 840 Abs. 1 ZPO nicht vergleichbare Sonderfälle und kommen deshalb als Grundlage für eine Analogie nicht in Betracht (BAG, Urteil vom 31. Oktober 1984, a.a.O.).
a) § 261 Abs. 3 BGB bürdet die Kosten der Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung demjenigen auf, der die Abgabe der Versicherung verlangt. Die Vorschrift knüpft an § 260 Abs. 1 BGB an, der einem Auskunftsverpflichteten über den „Bestand eines Inbegriffs von Gegenständen” die Vorlage eines Bestandsverzeichnisses auferlegt (Abs. 1) und bei Besorgnis mangelnder Sorgfalt bei Erstellung dieses Verzeichnisses auf Verlangen des Auskunftsberechtigten zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet (Abs. 2). § 261 Abs. 3 BGB gibt damit gerade nicht einen Erstattungsanspruch für die Kosten der Auskunftserteilung bzw. der Erstellung des Verzeichnisses, sondern nur für die (zusätzlichen) Kosten der eidesstattlichen Versicherung als solcher; die Kosten der Auskunft sind nach dieser Vorschrift nicht erstattungsfähig (BAG, a.a.O.; LG München I, Urteil vom 15. Mai 1963, a.a.O.; Soergel-Wolf, BGB 12. Aufl., 1990, § 261 Rn. 8 ≪anders hingegen Rn. 9≫; Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 261 Rn. 35; Stein-Jonas-Münzberg, a.a.O., § 840 Rn. 35 Fn. 127; MünchKomm ZPO-Smid, § 840 Rn. 8; Petersen, a.a.O.; Eckert, a.a.O., S. 801; Klos/Siebert, a.a.O., S. 202; Brehm, a.a.O.; Cebulka, a.a.O.; Reetz, a.a.O., S. 93; Stöber, a.a.O., Rn. 647; a.A.: Baumbach/Lauterbach/Hartmann, a.a.O.; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O.; Rosenberg/Gaul/Schilken, a.a.O.; Gutzmann, a.a.O.; Olschewski, a.a.O., S. 715 f.; Mimmler, a.a.O.).
b) § 811 Abs. 2 BGB rechtfertigt ebenfalls keinen Analogieschluß zugunsten der Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Drittschuldnererklärung. Danach hat derjenige, der nach §§ 809, 810 BGB die Vorlegung von Sachen oder Urkunden verlangen kann, die „Gefahr und die Kosten” der von ihm verlangten Vorlegung zu tragen. Es geht somit um mehr als eine bloße, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf eine Wissenserklärung gerichtete und nur in groben Zügen erforderliche Auskunft; die Vorlegung von Sachen ggf. an einem anderen Ort als dem Aufbewahrungsort (vgl. § 811 Abs. 1 Satz 2 BGB) – verursacht typischerweise einen größeren Aufwand. § 811 Abs. 2 BGB regelt deshalb einen nicht analogiefähigen Sonderfall. Bloße Auskünfte im Vorfeld sind auch nach dieser Vorschrift nicht erstattungsfähig. Auch die Bereithaltung zur Besichtigung (§ 809 BGB a.E.: „Gestattung der Besichtigung”) löst nur der auf das Verlangen des Berechtigten zurückzuführende besondere Vorlegungsaufwand die Kostentragungspflicht aus (BAG, a.a.O., S. 1182; LG München I, a.a.O.; Eckert, a.a.O., S. 801; Klos/Siebert, a.a.O., S. 202; Petersen, a.a.O., S. 189; MünchKomm ZPO-Smid, a.a.O., Rn. 8 Fn. 40; Stöber, a.a.O., Rn. 647; Reetz, a.a.O., S. 93; Brehm, a.a.O., S. 632).
c) Das gleiche gilt für § 381 BGB in Verbindung mit §§ 268 Abs. 2, 1142 Abs. 2, 1150, 1224 BGB. § 381 BGB erlegt die Kosten der Hinterlegung dem Gläubiger auf; die übrigen Vorschriften nehmen in ihrem jeweiligen Regelungskreis auf die Hinterlegung Bezug. Zu Recht hat das Berufungsgericht (BU S. 8) die der Kostentragungspflicht des Gläubigers bei der Hinterlegung zugrundeliegende „einleuchtende Erwägung” hervorgehoben, daß der Grund für die Hinterlegung sowie die durch sie verursachten Kosten in einem Leistungshindernis aus der Sphäre des Gläubigers liegt. Auch hier geht der erstattungsfähige Vorgang im übrigen über eine bloße Auskunft hinaus und ist deshalb mit der Drittschuldnererklärung nicht vergleichbar (BAG, a.a.O.; LG München I, a.a.O., Eckert, a.a.O., S. 801; Klos/Siebert, a.a.O., S. 202; Petersen, a.a.O., S. 189; Brehm, a.a.O., S. 632; Stöber, a.a.O., Rn. 647).
d) Ein Erstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 670 BGB. Bei der durch Verwaltungsakt – Pfändungsverfügung gemäß § 309 AO – begründeten Aufforderung der Beklagten an die Klägerin als Drittschuldnerin handelt es sich weder um einen Auftrag noch um ein auftragsähnliches Rechtsgeschäft (BAG, a.a.O.; LG München I, a.a.O.; LAG Düsseldorf, BB 1953, 947; Stöber, a.a.O.; Rieke, a.a.O., S. 2241; Klos/Siebert a.a.O., S. 203; a.A.: MünchKomm ZPO-Smid, a.a.O.; Eckert, a.a.O.; Diekhoff, a.a.O.; Reetz, a.a.O., S. 95 f.).
Zum einen besorgt der Drittschuldner mit der Auskunftserteilung kein ihm übertragenes Geschäft des Auftraggebers (BAG, a.a.O., S. 1182), das dieser auch hätte selbst besorgen können (MünchKomm BGB-Seiler, § 662 Rn. 22). Denn die mit der Auskunft bezweckte Wissensvermittlung hätte der Auftraggeber durch eigene Bemühungen nicht erlangen können. Aber selbst wenn für die Begründung eines auftragsähnlichen Verhältnisses für ausreichend zu halten sein sollte, daß das Geschäft zum Rechtskreis des Auftraggebers gehört und eigentlich der „Sorge des Auftraggebers obliegt” (so Eckert, a.a.O., S. 802), wäre die entsprechende Erstreckung des Auftragsrechts auf Auskünfte und Erklärungen gemäß § 316 Abs. 1 AO, § 840 Abs. 1 ZPO nicht gerechtfertigt. Denn die mit der Auskunft vollendete Tätigkeit des Drittschuldners obliegt nicht der Sorge des Gläubigers und wird nicht für den Gläubiger, sondern in Erfüllung einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung des Drittschuldners ausgeführt, die im allgemeinen Interesse des Funktionierens der Forderungsvollstreckung begründet worden ist (Schuschke, a.a.O.; Klos/Siebert, a.a.O., S. 203). Der Umstand, daß die Auskunftserteilung auch – vielleicht sogar in erster Linie – im Interesse der Durchsetzung der Rechte des Pfändungsgläubigers liegt (MünchKomm ZPO-Smid, reicht zur Begründung eines auftragsähnlichen Verhältnisses nicht aus, zumal die dieses kennzeichnende Weisungsbefugnis sich in der mittelbaren Aufforderung an den Drittschuldner zur Abgabe der Erklärung erschöpft. Diese Aufforderung ist im Rahmen der ZPO eine rein prozessuale Willenserklärung (Rieke, a.a.O.), im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung der Inhalt eines Verwaltungsakts. Im übrigen hat das Berufungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, daß der Drittschuldner ein keineswegs geringes eigenes Interesse an der Abgabe der Erklärung hat. Läge in der Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung bereits der „Auftrag” im Sinne des § 670 BGB, so würde in allen Fällen der Auskunftsverpflichtung eine Kostenerstattung analog § 670 BGB in Betracht kommen, obwohl das BGB insoweit durchaus differenziert und auch im öffentlichen Recht nicht jeder Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung automatisch ein Kostenerstattungsanspruch korrespondiert. Aus dieser Überlegung folgt zugleich, daß es keinen allgemeinen Rechtsgedanken des Inhalts gibt, die Pflichterfüllung im Interesse eines anderen begründe ohne weiteres einen Anspruch auf Erstattung der Kosten.
e) Den genannten Vorschriften läßt sich auch – entgegen Olschewski (MDR 1974, 714 ≪716≫ – nicht im Wege der Rechtsanalogie die Folgerung entnehmen, der Auskunftsverpflichtete habe einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Auskunftsberechtigten. Zutreffend hat der Oberbundesanwalt darauf hingewiesen, daß die im BGB geregelten Erstattungsansprüche bei Auskünften jeweils besonderen Sachverhalten Rechnung tragen, nicht jedoch einen allgemeinen, das BGB insgesamt durchziehenden Rechtsgedanken widerspiegeln. Denn das BGB kennt weder eine allgemeine Auskunftspflicht noch bei Auskunftsverpflichtungen einen generellen Kostenerstattungsanspruch (Petersen, a.a.O.). So sind u.a. die in §§ 402, 412 f., 444, 666, 675, 681, 687 Abs. 2, 1379, 1799 Abs. 29, 1839, 2003 Abs. 2, 2027, 2028, 2057, 2127 und 2314 geregelten Auskünfte nur im letztgenannten Fall sowie bei § 1379 Abs. 1 Satz 3 mit einer Kostentragungsregelung verbunden; in §§ 2028 Abs. 3, 2057 Satz 2 BGB wird auf § 261 Ab. 3 Bezug genommen. Angesichts dieser Lage kann aus den geregelten Fällen eher der Gegenschluß gezogen werden, daß die Kosten der bloßen Auskunft nicht erstattungsfähig sind; eine Rechtsanalogie in dem von der Klägerin gewünschten Sinne läßt sich daraus nicht begründen. Die ausdrücklichen Kostenerstattungsregelungen des BGB im Zusammenhang mit Auskünften und ähnlichen Vorgängen belegen nämlich durchweg, daß lediglich die mit besonderen Kosten verbundenen, über die bloße Auskunft hinausgehenden Maßnahmen (Anlegung eines Inventars oder Verzeichnisses, eidesstattliche Versicherung, Hinterlegung, Vorlegung von Sachen) die Kostentragungspflicht auslösen.
Fundstellen