6.1 Grundsatzüberlegungen

Jedes Unternehmen kann sich überlegen, ob sich die Anwendung der DIN 33430 im eigenen Betrieb lohnt, denn die Norm ist keine gesetzliche Vorschrift. Dies ist ein ähnlicher Entscheidungsprozess wie z. B. bei der Einführung der DIN EN ISO 9000 ff. Die ISO 9000-Normenfamilie hat allerdings in vielen Fällen einen deutlich höheren Einfluss auf die Marktposition des Unternehmens.

Einige Vorteile: Wendet man die Norm bei der Eignungsbeurteilung an, erfolgt die Informationsgewinnung systematisch und sie ist nachvollziehbar. Der Prozess wird damit durchschaubarer und kann somit besser optimiert werden. Die folgenden Personalentscheidungen können auf einer besseren Informationsgrundlage getroffen werden.

Die Anwendung der Norm kann das Image des Unternehmens verbessern und das Personalmarketing erleichtern. Die Anwendung vermittelt an Bewerber die Botschaft "Das ist ein modernes Unternehmen, wo Personalauswahl professionell betrieben und Personalentwicklung ernst genommen wird. Ich bekomme als Bewerber gute Chancen, meine Kompetenzen zu zeigen." Gerade für die gewünschten, starken Bewerber ist dies ein zusätzlicher Anreiz.

Die Anwendung der Norm kann den Unternehmenswert steigern. Bei der Bewertung von Unternehmen hat der Wert der Mitarbeiter, das HR-Management und insbesondere das Konzept der Personalentwicklung in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Die kann z. B. bei Fusionen, Akquisitionen, aber auch bei der Kreditvergabe relevant werden.

Die Diskussion der Einführung der Norm sollten immer mit einer Überprüfung der bisher praktizierten Auswahlsysteme starten. In vielen Unternehmen wird das, was die Norm beschreibt, ja bereits praktiziert, man hat es bloß noch nicht abgeglichen und ist sich dessen nicht bewusst. Vielleicht müsste nur an der einen oder anderen Stelle etwas nachgebessert werden. Dazu muss man natürlich die Norm kennen. Oft lohnt sich erst mal ein Gespräch mit einem Fachmann.

Die Norm kann auch als Grundlage bei der Formulierung eigener "Personeller Auswahlrichtlinien" dienen. Es kann sein, dass dabei herauskommt, dass die Norm-Kriterien bereits eingehalten werden. Dann kann der Betrieb von sich behaupten, dass er normgerecht auswählt. Er gibt also eine Konformitätserklärung ab. Diese Behauptung muss aber einer Überprüfung standhalten. Auf der sicheren Seite ist der Betrieb immer dann, wenn er sich die Normkonformität durch ein neutrales externes Prüfinstitut zertifizieren lässt.

6.2 Personelle Voraussetzungen

Wer ist bisher verantwortlich für die Rekrutierungsverfahren? Welche persönlichen Qualifikationen hat dieser Mensch? Die Norm stellt dazu Forderungen.[1] Der Verantwortliche sollte seine Qualifizierung durch einen Abschluss oder ein Zertifikat nachweisen können. Das notwendige Wissen kann auch außerhalb von Studiengängen durch Weiterbildung erworben werden. Beispielsweise werden an der Ruhr-Universität Bochum Seminare angeboten, die mit dem Zertifikat "Qualifizierter Eignungsdiagnostiker" abschließen. Vorteil: Es ist zunächst ein gewisser Aufwand da, aber dann kann der Betrieb davon ausgehen, dass das Know-how für alle weiteren Verfahren im Betrieb vorhanden ist. Dieser Mensch sollte jetzt in der Lage sein, normgerechte Eignungsbeurteilungsprozesse zu gestalten. Er wäre dann i. S. der Norm der "Verantwortliche Auftragnehmer", der – von wem im Betrieb auch immer – einen Auftrag erhält. Er ist dann auch verantwortlich für die weitere Schulung "des an der Untersuchung beteiligten Personals".

Scheint dieser Weg zu aufwändig, so kann ein externer Berater die gleiche Funktion übernehmen. Dessen persönliche Qualifikation sollte aber auch von neutraler sachkundiger Stelle überprüft worden sein.

 

Unsere Empfehlung

Vereinbaren Sie im Beratervertrag, dass bei der Eignungsbeurteilung gemäß der DIN 33430 vorgegangen wird. Das bietet Ihrem Unternehmen sehr viel mehr Sicherheiten.

[1] Kapitel 6 der Norm.

6.3 Einführung in einem Unternehmen

Will man sich bei der Eignungsbeurteilung an die Norm halten, ergeben sich 6 klar aufeinander folgende Schritte. Diese Abfolge stellt für erfahrene Praktiker nichts Neues dar, es ist eher "state of the art".

  1. Arbeitsanalyse, Aufgabenbeschreibung, Tätigkeiten
  2. Anforderungsanalyse
  3. Planung des Prozesses zur Eignungsbeurteilung und Auswahl
  4. Durchführung
  5. Auswertung und Beurteilung
  6. Auswertung und Beurteilung
  7. Verbleib und Weitergabe der Ergebnisse und Unterlagen

Ablaufdiagramm Normgerechte Eignungsbeurteilung nach DIN 33430

Arbeitsanalyse

Zunächst ist zu klären: Für welche Position und welche Aufgaben wird jemand gesucht? Welche Ziele soll der Positionsinhaber erreichen? Welche Rolle hat er und welche Erwartungen muss er erfüllen? Was muss er liefern? Was muss er dafür tun? Es gibt keinen nur "guten" neuen Mitarbeiter, sondern immer nur einen mehr oder wenig geeigneten für bestimmte Aufgaben.[1] Eine Tätigkeitsbeschreibung – in welcher Form auch immer – ist der erste Schritt. Bei Berufsberatungen kann das auch eine Berufsanalyse bedeuten. Klar dürfte sein, dass Aufträge wie "suchen Sie einen Vertriebsleiter" oder "wir brauchen 54 Auszubildende" ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge