Anders als die Finanzverwaltung knüpft der BFH die Zumutbarkeit der Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte an die arbeitstägliche Fahrzeit und nicht an die kilometermäßige Entfernung des eigenen Hausstands von der auswärtigen ersten Tätigkeitsstätte. Unter Hinweis auf seine früheren Entscheidungen hält er eine tägliche Fahrzeit für die einfache Wegstrecke für zumutbar, solange diese unter Berücksichtigung der individuellen Verkehrsverhältnisse für den Arbeitnehmer im Bereich von einer Stunde liegt.[1]

Um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, wurde das bisherige Anwendungsschreiben um eine Fahrzeit-Obergrenze ergänzt. Das aktualisierte BMF-Schreiben folgt damit der Rechtsprechung und legt zusätzlich zur entfernungsmäßigen Vereinfachungsregelung eine fahrzeitabhängige Faustregel fest.[2] Wird die Fahrzeit von der Zweitwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte im Vergleich zur Wohnung des Lebensmittelpunkts (= eigener Hausstand) pro Wegstrecke halbiert, kann die berufliche Veranlassung der Begründung einer Zweitwohnung bzw. Zweitunterkunft unabhängig von ihrer Entfernung unterstellt werden.

 
Praxis-Beispiel

Fahrzeitabhängige Vereinfachungsregelung

Der Arbeitnehmer wohnt mit seiner Familie in A, seine erste Tätigkeitsstätte liegt in B. Wegen der weiten Entfernung von 120 km und der täglichen Fahrzeit zum Arbeitgeber von 1 Stunde 20 Minuten übernachtet der Arbeitnehmer in seiner Zweitwohnung in Z. Die Fahrzeit für die kürzeste Straßenverbindung zwischen der 65 km entfernten Zweitwohnung in Z und der ersten Tätigkeitsstätte B beträgt 40 Minuten.

Ergebnis: Die Zweitwohnung dient dem Wohnen am auswärtigen Ort der ersten Tätigkeitsstätte, weil der Arbeitnehmer sie mit dem von ihm benutzten Verkehrsmittel mit einer Fahrzeit von weniger als einer Stunde erreichen kann. Die doppelte Haushaltsführung ist auch beruflich veranlasst. Zwar beträgt die kürzeste Straßenverbindung vom doppelten Haushalt mit 65 km mehr als die Hälfte der Strecke Familienhaushalt – erste Tätigkeitsstätte. Die Fahrzeit verringert sich durch die Zweitwohnung aber um mehr als 50 %, sodass die 2. Vereinfachungsregelung eine berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung begründet.

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