OFD Hannover, Verfügung v. 20.2.2002, EZ 1230 - 3 - StO 222/EZ 1230 - 4 - StH 223
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteilen vom 14.4.1999, BStBl 1999 II S. 594 und BFH/NV 2000 S. 16, entschieden, dass auch Kinder getrennt lebender Eltern, denen das Sorgerecht gemeinsam zusteht, im Regelfall dem Haushalt zuzuordnen sind, in dem sie sich überwiegend aufhalten und wo sich der Mittelpunkt ihres Lebens befindet. Lediglich in Ausnahmefällen kann auch eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Haushalten beider Elternteile bestehen. Dies setzt jedoch voraus, dass das Kind tatsächlich zeitweise beim Vater und zeitweise bei der Mutter lebt und nach den tatsächlichen Umständen des einzelnen Falles als in beide Haushalte eingegliedert anzusehen ist. Lediglich besuchsweise Aufenthalte des Kindes bei dem zum Barunterhalt verpflichteten Elternteil begründen keine auf Dauer angelegte Haushaltszugehörigkeit.
Eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Haushalten beider Elternteile kann dann anzunehmen sein, wenn das Kind grundsätzlich jederzeit sowohl beim Vater als auch bei der Mutter wohnen kann und es sich tatsächlich in etwa gleichmäßig im Laufe des Jahres abwechselnd bei beiden Elternteilen aufhält. Dabei sprechen folgende Beweisanzeichen für ein jederzeitiges Wohnen bei beiden Elternteilen:
- In beiden Wohnungen sind entsprechend ausgestattete Unterkunftsmöglichkeiten für das Kind vorhanden.
- Die regelmäßig vom Kind besuchten Einrichtungen (Schule, Vereine, Konfirmanden-/Kommunionunterricht o.Ä., Sport- und Freizeitstätten etc.) müssen von beiden Wohnungen aus ohne Schwierigkeiten für das Kind zu erreichen sein.
- Die Beaufsichtigung von Kleinkindern und jüngeren Schulkindern muss jederzeit gewährleistet sein (vgl. auch BFH-Urteil vom 14.4.1999, BFH/NV 2000 S. 16,18).
Besteht zwischen den Elternteilen eine Vereinbarung über eine umschichtige Betreuung bzw. einen wechselnden Aufenthalt des Kindes, so ist die tatsächliche Durchführung dieser Vereinbarung mit der Folge einer doppelten Haushaltszugehörigkeit ohne weitere Prüfung anzuerkennen, wenn nachgewiesen wird, dass sich die Eltern nicht nur den Betreuungsunterhalt, sondern folgerichtig auch den entsprechenden Barunterhalt für das Kind teilen.
Liegt eine doppelte Haushaltszugehörigkeit des Kindes vor, so sind bei der weiteren Prüfung folgende Fallgruppen zu unterscheiden:
1. Nur ein Elternteil erhält die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG bzw. einen Fördergrundbetrag nach dem Eigenheimzulagengesetz:
Baukindergeld bzw. Kinderzulage sind – soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen – für diesen Elternteil in voller Höhe zu gewähren.
2. Beide Elternteile erhalten die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG gleichzeitig für jeweils eigene Objekte (Alleineigentum oder Miteigentum):
Das Baukindergeld ist jedem Elternteil nur zur Hälfte zu gewähren. Eine Verdoppelung des Baukindergeldes für dasselbe Kind kommt für diese Zeiträume nicht in Betracht, weil andernfalls nicht verheiratete, geschiedene oder dauernd getrennt lebende Eltern, die beide Anspruch auf die Grundförderung nach § 10e EStG haben und für dasselbe Kind Baukindergeld beanspruchen, gegenüber zusammenlebenden Eltern möglicherweise in verfassungswidriger Weise begünstigt wären. Der Bundesfinanzhof hat zwar in seinen Urteilen vom 14.4.1999, a.a.O., hierauf ausdrücklich hingewiesen, diese Frage jedoch offen gelassen, weil sie sich im zu entscheidenden Fall nicht stellte. Trotzdem sind die grundsätzlichen Ausführungen des Bundesfinanzhofs in entsprechenden Fällen zu Grunde zu legen.
3. Beide Elternteile erhalten Fördergrundbeträge nach dem Eigenheimzulagengesetz gleichzeitig für jeweils eigene Objekte (keine Miteigentumsanteile an derselben Wohnung):
Im Unterschied zum Baukindergeld nach § 34f EStG erhält jeder der Ehegatten die volle Kinderzulage, wenn die Ehegatten jeweils Alleineigentümer eines Objektes sind (vgl. ESt-Kartei § 1 EigZulG Nr. 1 Rz. 87, Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, Rz. 508). Insoweit sind Ehegatten unverheiratet zusammenlebenden, dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern gleichgestellt. Einer Halbteilung wie unter 2. bedarf es deshalb nicht.
4. Ein Elternteil erhält für ein eigenes Objekt die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG und der andere erhält gleichzeitig für ein eigenes Objekt einen Fördergrundbetrag nach dem Eigenheimzulagengesetz (keine Miteigentumsanteile an derselben Wohnung):
Sowohl das Baukindergeld als auch die Kinderzulage sind jeweils in voller Höhe zu gewähren. Denn nach § 9 Abs. 5 Satz 5 EigZulG steht der Kinderzulage die Steuerermäßigung nach § 34f EStG gleich. Einer Halbteilung bedarf es daher auch in diesen Fällen nicht, weil Ehegatten somit unverheiratet zusammenlebenden, dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern gleichgestellt sind.
5. Beide Elternteile erhalten Fördergrundbeträge nach dem Eigenheimzulagengesetz gleichzeitig für eigene Miteigentumsanteile an derselben Wohnung:
Nach § 9 Abs. 5 Satz 3 EigZulG ist bei jedem Anspruchsberechtigten die Kinderzulage zur Hälfte an...