OFD Frankfurt, Verfügung v. 24.5.2005, EZ - 1230 A - 1 - St II 3.05
Nach der früheren Rechtsprechung des BFH (vgl. u.a. Urteil vom 14.4.1999, BStBl 1999 II S. 594) galt ein Kind nur dann als zum Haushalt eines Steuerpflichtigen gehörig, wenn das Kind bei einheitlicher Wirtschaftsführung unter dessen Leitung die Wohnung des Steuerpflichtigen teilte, oder sich mit dessen Einwilligung vorübergehend außerhalb der Wohnung aufhielt. In seiner neuen Rechtsprechung (vgl. BFH vom 14.11.2001, BStBl 2002 II S. 244) ist der BFH jedoch von dem Gesichtspunkt der einheitlichen Wirtschaftsführung unter Leitung des Steuerpflichtigen abgerückt und hat sich der sozialrechtlichen Definition des Begriffs Haushaltszugehörigkeit angeschlossen. Diese geht davon aus, dass Haushaltszugehörigkeit aus dem Zusammenwirken örtlicher Gegebenheiten sowie materieller und immaterieller Faktoren entstehe. So verlange Haushaltszugehörigkeit eine Familienwohnung, die vom Steuerpflichtigen und der Person, die zu seinem Haushalt gehört, genutzt werde. Haushaltszugehörigkeit erfordert ferner, dass der Steuerpflichtige Verantwortung für das materielle Wohl der Haushaltsangehörigen trägt und dass zwischen den Personen familiäre Bindungen bestehen und unterhalten werden, was sich auch in der Fürsorge für den Haushaltsangehörigen niederschlage.
Danach gehört ein Kind dann zum Haushalt eines Elternteils, wenn es dort wohnt und betreut wird, sodass es sich in der Obhut des Elternteils befindet. Formale Gesichtspunkte, z.B. die Sorgerechtsregelung oder die Eintragung in ein Melderegister, können bei der Beurteilung, in welchem Haushalt das Kind aufgenommen ist, allenfalls unterstützend herangezogen werden. Ein Obhutsverhältnis besteht allerdings dann nicht, wenn sich das Kind nur für einen von vornherein begrenzten, kurzfristigen Zeitraum bei einem Elternteil befindet, etwa zu Besuchszwecken oder in den Ferien (vgl. BFH vom 20.6.2001, BStBl 2001 II S. 713).
Mit Urteil vom 22.9.2004 (BFH/NV 2005 S. 415) hat der Bundesfinanzhof in einem Fall nicht dauernd getrennt lebender Elternteile die Haushaltszugehörigkeit eines Kindes als Voraussetzung für die Kinderzulage bejaht, wenn der Aufenthalt des Kindes im Haushalt die Dauer üblicher Besuche in den Ferien oder im Urlaub überschreitet. Eine den Besuchscharakter überschreitende Dauer sei regelmäßig anzunehmen, wenn der Aufenthalt im Haushalt des Anspruchsberechtigten sechs Wochen übersteige. Dies könne auch bei entsprechend häufigen tageweisen Aufenthalten des Kindes der Fall sein.
Diese Sechswochenregelung ist für die Entscheidung, ob ein Kind gleichzeitig zu beiden Haushalten getrennt lebender Elternteile gehört, nicht heranzuziehen. Eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Haushalten beider Elternteile kann ausnahmsweise dann anzunehmen sein, wenn das Kind grundsätzlich jederzeit sowohl beim Vater als auch bei der Mutter wohnen kann und es tatsächlich zeitweise beim Vater und zeitweise bei der Mutter lebt. Es muss nach den tatsächlichen Umständen voll in beide Haushalte eingegliedert sein. Diese Rechtsauffassung hat der Bundesfinanzhof nochmals mit nicht veröffentlichtem Beschluss vom 10.12.2004, III B 162/03 bestätigt.
Beispiel:
Das Sorgerecht für die Kinder üben die (geschiedenen) Eltern gemeinsam aus. Die Kinder halten sich etwa zu 2/3 bei der Mutter und zu 1/3 beim Vater auf. Die Kinder sind mit Erstwohnsitz bei der Mutter und mit Zweitwohnsitz beim Vater gemeldet. Die Wohnung des Vaters enthält auch ein Kinderschlaf- und Kinderspielzimmer. Die Kinder können sich somit ohne Weiteres auch längerfristig bei ihm aufhalten.
Im Streitfall kann im Hinblick auf den erheblichen zeitlichen Umfang, in dem sich die Kinder beim Vater aufhalten, auch bei ihm eine Haushaltszugehörigkeit der Kinder angenommen werden, vgl. auch Urteil des FG Münster vom 15.3.2002, 11 K 7343/00 EZ, EFG 2002 S. 895.
Liegt eine doppelte Haushaltszugehörigkeit des Kindes vor, so sind bei der weiteren Prüfung folgende Fallgruppen zu unterscheiden:
1. Nur ein Elternteil erhält die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG bzw. einen Fördergrundbetrag nach dem EigZuIG:
Baukindergeld bzw. Kinderzulage sind – soweit die Voraussetzungen vorliegen – für diesen Elternteil in voller Höhe zu gewähren.
2. Beide Elternteile erhalten die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG gleichzeitig für jeweils eigene Objekte (Alleineigentum oder Miteigentum):
Das Baukindergeld ist jedem Elternteil in vollem Umfang zu gewähren. Nach § 34f Abs. 4 Satz 2 EStG ist die doppelte Gewährung dieser Steuerermäßigung nur in Bezug auf dasselbe Objekt, nicht aber hinsichtlich desselben Kindes ausgeschlossen. Nach R 213 Abs. 4 Satz 3 EStR kann im Fall der besonderen Veranlagung nach § 26c EStG jeder Ehegatte die Steuerermäßigung nach § 34f EStG in Anspruch nehmen, wenn die Voraussetzungen dafür in seiner Person erfüllt sind. Bei der besonderen Veranlagung nach § 26c EStG werden Ehegatten so behandelt, als ob sie diese Ehe nicht geschlossen hätten. Folglich ist R 213 Abs. 4 Satz 3 EStR auf nicht verheira...