Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
3.1 Verdacht auf Konsum illegaler Drogen
Wegen der vielfältigen Wirkungen unterschiedlicher illegaler Suchtmittel ist es besonders schwierig, Drogenkonsum an Beschäftigten mit hinlänglicher Sicherheit zu erkennen. Alle Wirkungen von Drogenkonsum können auch auf anderem Wege zustande kommen, z. B. durch psychische Erkrankungen, Hirn- oder Nervenstörungen oder die Nebenwirkungen von Medikamenten. Dazu kommt, dass Wirkungen und Nachwirkungen beim Konsumenten sehr unterschiedlich ausfallen können. Das gilt besonders, wenn unterschiedliche Suchtmittel nebeneinander konsumiert werden.
3.2 Körperliche und psychische Anzeichen
Als mögliche Anzeichen von Drogenmissbrauch gelten:
- Gleichgewichts- und Bewusstseinsstörungen;
- mangelnde Konzentration;
- nachlassende Reaktionsfähigkeit;
- Ermüdung;
- gestörte Wahrnehmungsfähigkeit, z. B. Hörverschlechterungen oder gestörte Sehfunktion (geweitete oder stark verengte Pupillen, Lichtempfindlichkeit, gerötete Augen);
- Stichverletzungen, Entzündungen an den Armen;
- körperlicher Verfall;
- Verhaltensauffälligkeiten wie Distanzlosigkeit, plötzlich ausgeprägte Redseligkeit, auffällige Unausgeglichenheit, Selbstüberschätzung, erhöhte Risikobereitschaft, Angstzustände, plötzliche finanzielle Schwierigkeiten.
Gelegenheitskonsum am Wochenende
Gelegenheitskonsumenten nehmen typischerweise am Wochenende Drogen. Wer 2 Tage z. B. mit Ecstasy gefeiert hat, fällt danach oft in eine tiefe Erschöpfungsphase und wird deshalb am Arbeitsplatz auffällig oder erscheint gar nicht.
3.3 Vorgehen betrieblicher Verantwortlicher
Interventionen bei Drogenverdacht unterscheiden sich nicht vom Vorgehen bei Alkoholproblemen. Festgestellte Auffälligkeiten sollten auf jedem Fall dem Betroffenen zurückgemeldet werden, weil das dazu beitragen kann, bei ihm Problembewusstsein und Änderungswillen zu erzeugen, ohne die kein Ausstieg aus der Sucht möglich ist.
Weil die Ausgangslagen unterschiedlich sind, sind verschiedene Gesprächsmodelle hilfreich:
3.3.1 Fürsorgegespräche
Fürsorgegespräche haben keinerlei arbeitsrechtlichen Charakter und können auch von Kollegen geführt werden, wenn ihnen "etwas auffällt". Es wird die Vermutung ausgesprochen, dass der Betroffene Probleme hat, Anteilnahme vermittelt und Hilfsmöglichkeiten aufgezeigt (Beratungsstellen, betriebliche Suchtkrankenhelfer, Betriebsarzt). Aufzeichnungen erfolgen nicht.
3.3.2 Klärungsgespräche
Klärungsgespräche führt ein Vorgesetzter in Fällen, in denen es zu deutlichen Pflichtverletzungen gekommen ist, der Hintergrund aber unklar ist (auf Wunsch des Betroffenen mit Betriebsrat). Es wird nach Problemen gefragt, Hilfe aufgezeigt und eine Verhaltensänderung angemahnt. Es wird eine Gesprächsnotiz gefertigt, die aber niemand außer den Teilnehmenden bekommt.
3.3.3 Stufengespräche
Stufengespräche sind Teil eines arbeitsrechtlichen Prozesses, der (sinnvollerweise für alle psychoaktiven Substanzen, auch Alkohol) in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben werden sollte, die in letzter Konsequenz auch die Kündigung umfasst. Es werden offensichtlich suchtbedingte Pflichtverletzungen angesprochen, ein bestimmtes Verhalten gefordert und Sanktionen, abgestimmt mit Hilfsangeboten und Beobachtungszeiträumen festgelegt (z. B. Kontaktaufnahme mit Suchtberatung innerhalb von 4 Wochen, sonst nächste Prozessstufe). Stufengespräche werden in der Personalakte dokumentiert und i. d. R. durch mehrere Verantwortliche und Betriebsrat geführt.
Informationen zu Stufenmodellen gibt es u. a. bei Suchtberatungsstellen, Unfallversicherungsträgern und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Gespräche mit Abhängigen trainieren
Abhängige haben suchtbedingt besondere Verhaltens- und Gesprächsmuster, die es schwierig machen, strukturiert und zielorientiert Gespräche zu führen. Wer umfassende Personalverantwortung hat, sollte relevante Gesprächssituationen unter Expertenanleitung trainieren (z. B. über Suchtberatungsstellen oder Unfallversicherungsträger).
Risikoreiches Verhalten ist ein Persönlichkeitsrecht
Beim Umgang mit Suchtproblemen im Betrieb sollte klar sein: Risikoreiches Verhalten ist vom Recht auf persönliche Freiheit gedeckt. Der Betrieb kann verlangen, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung erbracht wird und kann gefährdeten Menschen Hilfe anbieten. Wenn aber kein arbeitsrechtlich relevantes Fehlverhalten festzustellen ist, bleibt die Sucht Privatsache.
3.4 Drogentests
Tests zum Nachweis auf Drogenkonsum sind über Blut, Speichel, Urin oder Haare bzw. Nägel möglich, wobei erstere für den Nachweis eines kurz zurückliegenden Konsums geeignet sind, während Haare eine "Langzeitaussage" ermöglichen. Allerdings kommen solche Nachweise nur infrage, wenn der Betroffene zustimmt.
In besonders sensiblen Bereichen (z. B. Personenbeförderung, Sicherheitsdienste, gefährliche Anlagen) kann der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einem Drogentest reklamieren und entsprechende betriebliche oder vertragliche Vereinbarungen treffen. Liegen keine besonderen Sicherheitsanforderungen vor, ist es unter Arbeitsrechtsexperten umstritten, ob solche Tests zulässig sind. Die Ablehnung eines Bewerbers nach verweigertem Drogentest könnte als unrechtmäßige Unterstellung gewertet werden.
3.5 Drogenfunde, Verdacht auf Drogenhandel
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