Dipl.-Inform. Jörg Schiemann
Über 70 % der Deutschen besitzen ein Smartphone und tragen dieses meist bei sich. Mit den digitalen Tools ist es heute möglich, jederzeit und an jedem Ort zu arbeiten – im Büro, Café, Homeoffice oder Coworking Space, genauso wie morgens, mittags, abends oder nachts.
Diese manchmal als Nachteil empfundene Tatsache gilt auch für digitale BGM-Tools. Die Unabhängigkeit von Ort und Zeit macht bei der Inanspruchnahme der BGM-Tools wie z. B. Gesundheits-Apps für den Arbeitnehmer aber gerade einen der Vorteile aus.
So kann der Mitarbeiter dadurch die angebotenen Hilfestellungen und Maßnahmen dann in Anspruch nehmen, wenn es ihm passt bzw. notwendig erscheint. Eine Beschränkung auf Arbeitszeiten oder den Arbeitsplatz (auch im Sinne von Arbeitsplatzrechner) gibt es nicht.
Diese Flexibilität kommt insbesondere auch den üblicherweise schwer ins BGM einzubindenden Personengruppen zugute, z. B. Schicht- und Nachtarbeitern oder Außendienstmitarbeitern, die selten im Unternehmensgebäude mit seinen Einrichtungen sind. Sie haben typischerweise aufgrund ihrer ungewöhnlichen Arbeitszeiten Probleme, zum Betriebsarzt zu gehen oder unternehmensinterne Einrichtungen, wie Bewegungskurse/Sportgruppen/Fitness-Räume, zu nutzen.
Flexible Arbeitszeiten bedingen unterschiedliche Tagesabläufe und daraus resultierende Nachfragen nach den entsprechenden BGM-Angeboten. Durch die digitale Bereitstellung kann jeder Arbeitnehmer passend zu seinem Tagesablauf die Angebote nutzen.
Ein Beispiel aus der Zeit der Corona-Pandemie: Durch die Krise ausgelöst können Besuche der oft unternehmenseigenen Fitnessstudios durch virtuelle Fitnesskurse ersetzt werden. Die Kurse können auf dem Smartphone abgerufen werden und sind somit für den Arbeitnehmer jederzeit und an jedem Ort – auch in Quarantäne-Situationen – nutzbar. Auch Standorte ohne eigene Fitnessgelegenheiten können virtuelle Kurse anbieten.
4.1.1 Wissensvermittlung
Ein wesentlicher Aspekt der Betrieblichen Gesundheitsförderung ist die Wissensvermittlung, beispielsweise in Bezug auf Ernährung oder Bewegung. Videos sind ein beliebtes Medium, welches in diesem Kontext erfolgreich verwendet wird.
Während dies früher durch Anwesenheit im Büro mit dem Abruf von Videos auf dem Arbeitsplatzrechner erfolgte, wird durch die Bereitstellung der Videos über digitale Plattformen oder Apps auf dem Smartphone dem Arbeitnehmer die Nutzung erleichtert. Leerphasen, wie die tägliche Pendelei mit Zug oder ÖPNV, können genutzt werden und Mitarbeiter motivieren, sich entsprechende Videos anzusehen und sich Wissen anzueignen.
4.1.2 Gamification
Die Nutzung der digitalen Anwendungen, sei es zur Wissensvermittlung oder als Anreiz zur Bewegung, kann mit Gamification-Effekten spielerisch unterstützt und langfristig motiviert werden. So können Verhaltensweisen der Arbeitnehmer nachhaltig zum Positiven verändert werden. Beispielsweise gibt es Challenges, bei denen ganze Standorte als Summe der Werte der einzelnen Mitarbeiter gegeneinander antreten können, z. B. "Welcher Standort sammelt an diesem Donnerstag die meisten Schritte?"
Neben der Nachhaltigkeit der Nutzung können durch Gamification auch andere und damit mehr Arbeitnehmer erreicht werden, als das im BGM üblicherweise der Fall ist.
4.1.3 Verstärkung BGM als Multiplikator
Das BGM kann darüber hinaus sogar als Multiplikator dienen. Arbeitnehmer können durch Erzählungen über ihre (positiven) Erfahrungen mit Digital-Health-Anwendungen aus dem BGM-Bereich ihre Familie und Freunde beeinflussen. Das wird durch Digital-Health-Anwendungen einerseits vereinfacht und andererseits besser veranschaulicht. So kann schnell mal das Handy gezückt werden und positive, motivierende Apps als Beispiele für Trainings, Schulungen etc. vorgeführt werden, die die Zuhörer begeistern und ihrerseits entsprechend motivieren.
4.1.4 Umfrage, Gefährdungsanalysen
Gefährdungsanalysen für physische wie psychische Probleme könnten ebenso wie Fragebögen zu anderen Themen per App an die Arbeitnehmer ausgerollt und durchgeführt werden. Hemmschwellen bei den Mitarbeitern würden durch den einfachen Zugang über das Smartphone reduziert bzw. abgebaut und könnten neben höheren Teilnahmewerten so zu ehrlicheren Antworten führen.
Auswertungen entstehen für Gesundheitsmanager durch Nutzung digitaler Technologien, wie solcher Umfragetools, einfacher und zeitsparender, weil die Ergebnisse direkt durch die App minutengenau aufbereitet und dargestellt werden.
4.1.5 Evaluation und Feedbackschleife
Ein weiterer Vorteil bei der Nutzung von digitalen Anwendungen im BGM ist die Möglichkeit, die Feedback-Schleife für das BGM zu schließen. Anonymisierte Auswertungen über die Nutzung der App und der darin angebotenen Maßnahmen ermöglichen eine gute Einschätzung des Zustands der Arbeitnehmer im Unternehmen.
4.1.6 Individualisierung
Über Fragebögen lassen sich Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter in Erfahrung bringen. Aus den Antworten resultierende Schwerpunkte des BGM können für den einzelnen Mitarbeiter in individualisierte Maßnahmen einfließen, deren Zeitpunkt und Häufigkeit ebenfalls individuell eingestellt werden können.
Ergebnisse, wie beispielsweise Gesundheitsberichte mit individuellen Maßnahmen, können den Mi...