Oliver Walle, Kristin Bost
Zusammenfassung
Für die Ein- und Durchführung eines BGM gibt es keinen Königsweg. In offiziellen Empfehlungen wird ein idealtypischer Aufbau empfohlen, der prozessorientiert gestaltet werden soll, sich an Zielen orientiert und nach einer Analysephase zielgerichtete Maßnahmen beinhaltet. Die Realität sieht jedoch meist anders aus. So steigt die Mehrzahl der Unternehmen über ein Angebot von verhaltenspräventiven Maßnahmen ein, ganz nach dem Motto "Wir machen einfach mal". Dabei steht insbesondere die Darstellung als sozialer Arbeitgeber im Vordergrund. Zunehmend steigt aber der Druck nach einer Nutzendarstellung und auch die demografischen Herausforderungen sowie die Entwicklung der Fehlzeiten in Deutschland drängen die Unternehmen zum Handeln. Doch wie sollte man nun vorgehen? Der Beitrag zeigt auf, wie eine strategische Richtung für ein BGM festgelegt werden kann und wie man von BGM-Zielen zu den passenden Inhalten kommt.
1 Ausrichtung und Status quo eines BGM in vielen Unternehmen
Immer mehr Unternehmen wollen die Gesundheit ihrer Mitarbeiter unterstützen und starten ein BGM oder zumindest einzelne Bausteine davon. Meist wird dabei ein problemorientierter Ansatz verfolgt, z. B. zu hohe bzw. steigende Krankenstände und BEM-Fälle, Zunahme der Langzeiterkrankungen, Herausforderungen durch Themen wie den demografischen Wandel und Präsentismus. Aber auch schlechte Arbeitsbedingungen und eine geringe Motivation der Mitarbeiter zwingen die Unternehmen zum Handeln.
Es gibt allerdings auch Unternehmen, die aus ihrer sozialen Verantwortung heraus handeln und damit einen präventiven Ansatz verfolgen. Durch vorausschauende, präventive Angebote zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter bleiben diese länger leistungs- und insbesondere arbeitsfähig bis zur Rente. Gleichzeitig werden die Arbeitszufriedenheit und das Commitment durch solche Angebote erhöht, was sich langfristig ebenfalls positiv auf die ökonomischen Kennzahlen auswirkt.
Ein weiterer, dritter Ansatz, der die Unternehmen zunehmend zum Handeln bewegt, ist der sich verändernde Stellenwert der Arbeit für die Beschäftigten. Mitarbeiter haben eine gewisse Erwartungshaltung gegenüber dem Unternehmen. Insbesondere bei Jüngeren sind dies zunehmend die Forderung nach flexiblen Arbeitszeitmodellen mit Möglichkeiten eines Homeoffice, leistungsbezogene Vergütungsmodelle sowie eine intakte Work-Life-Balance. Um in Zeiten des Fach- und Führungskräftemangels und der zunehmend stärker vertretenen Generationen Y und Z auf dem Arbeitsmarkt im "War of Talents" zu gewinnen und eigene Mitarbeiter langfristig im Unternehmen halten zu können, nimmt die Erhöhung der Arbeitsgeberattraktivität als strategische Ausrichtung eines BGM eine immer größere Rolle ein (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Handlungsansätze für ein BGM
Betrachtet man nun Unternehmen, die bereits ein BGM durchführen und dabei einen (oder mehrere) der dargestellten Ansätze verfolgen, fehlt bei der Mehrzahl eine klare Grundausrichtung, eine einheitliche Botschaft hinsichtlich der verfolgten Ziele sowie eine anschauliche Kosten-Nutzen-Berechnung zur Vorlage bei der Geschäftsführung. Doch welchen Rat kann man hier mit auf den Weg geben? Wie geht man strategisch sinnvoll vor und wie kommt man von der Grundausrichtung über konkretisierte Ziele zu den passenden Inhalten?
2 Unternehmensrisiken – Motive für ein BGM
Unternehmen verfolgen primär monetäre Ziele und müssen wettbewerbsfähig sein bzw. bleiben. Daher gilt es, mögliche Risiken, die diese gefährden könnten, zu identifizieren und zu beheben. In Bezug auf ein BGM zählen dazu der demografische Wandel sowie Unfälle und krankheitsbedingte Fehltage.
2.1 Demografischer Wandel in Deutschland und Auswirkungen auf Unternehmen
Der demografische Wandel zählt in Deutschland zu den zentralen Entwicklungen, denen sich Gesellschaft und Wirtschaft stellen müssen. Der Geburtenrückgang und die Steigerung der Lebenserwartung sind in den letzten Jahren vermehrt ins Zentrum der öffentlichen Diskussion gerückt, und werden mittel- bis langfristig zu einer erheblichen Veränderung der Altersstrukturen führen. Darüber hinaus gehen Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung davon aus, dass in Zukunft weniger Menschen in Deutschland leben werden und sich die Erwerbsbevölkerung verringert. Zusammenfassend lassen sich primär 3 Fakten in Bezug auf den demografischen Wandel in Deutschland feststellen:
- Die Bevölkerung schrumpft.
- Es erfolgt zunehmend eine Konzentration in den Städten.
- Die Bevölkerung wird älter.
Problematisch für Unternehmen ist dabei die Entwicklung der Erwerbsbevölkerung. So zeigt sich neben dem zahlenmäßigen Rückgang ebenfalls eine älter werdende Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (als erwerbsfähiges Alter wird die Spanne von 20 bis 64 Jahren betrachtet) sowie eine kontinuierliche Abnahme der Anzahl jüngerer Erwerbstätiger. Somit ist die Entwicklung der arbeitenden Menschen von den gleichen demografischen Trends beeinflusst wie die der Gesamtheit.
Wie anhand der Abb. 2 zu sehen ist, dominiert aktuell (2013) die Gruppe der Babyboomer (vor 1970 geborene). Die nachfolgenden Generationen sind deutlich schlechter besetzt, weshalb es bei einem Wegbrechen der Babyboomer in den kommend...