FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlaß v. 8.8.2001, S 2440 -1/18 - V B 2
Durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Erhebung von Kirchensteuern im Land Nordrhein-Westfalen vom 6.3.2001 (GV.NRW. S. 103) ist das nordrhein-westfälische Kirchensteuergesetz (KiStG NRW) aktualisiert und an zwischenzeitlich eingetretene Änderungen des Einkommensteuergesetzes (z.B. § 51a EStG) angepasst worden. Darüber hinaus wird den nordrhein-westfälischen Kirchen als wesentliche Neuerung die Möglichkeit eröffnet, eine weitere Art der Kirchensteuer in Form des besonderen Kirchgelds zu erhoben.
Das besondere Kirchgeld kann nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 KiStG NRW n.F. von kirchensteuerpflichtigen Personen erhoben werden, deren Ehegatte nicht kirchensteuerpflichtig ist, d.h. keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehört. Zu einer Festsetzung des besonderen Kirchgelds kommt es dann, wenn das Kirchenmitglied der nicht oder wenig(er) verdienende Ehegatte ist, während der nicht der Kirche angehörende Ehegatte die Einkünfte entweder allein oder ganz überwiegend bezogen hat. Da in diesen Fällen keine oder nur eine geringe, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unzureichend berücksichtigende Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) anfällt, können die Kirchen als Ausgleich das besondere Kirchgeld erheben. Die Einzelheiten dazu regeln die Kirchen gem. §§ 1 und 2 KiStG NRW im Rahmen des ihnen zustehenden Steuererhebungsrechtes selbst in ihren eigenen Steuerordnungen und jährlichen Hebesatzbeschlüssen. Die Verwaltung des besonderen Kirchgelds kann nach § 9 KiStG NRW n.F. auf Antrag der Kirchen den Finanzämtern übertragen werden.
Von dieser Möglichkeit der Steuererhebung machen ab dem Steuerjahr (Kalenderjahr) 2001 zunächst nur die drei Evangelischen Landeskirchen (Evangelische Kirche im Rheinland, Evangelische Kirche von Westfalen, Lippische Landeskirche) Gebrauch. Durch die Vierte Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Erhebung von Kirchensteuern im Land Nordrhein-Westfalen vom 12.7.2001 ist den nordrhein-westfälischen Finanzämtern die Verwaltung des besonderen Kirchgelds mit Wirkung vom 1.1.2001 für die drei Evangelischen Landeskirchen übertragen worden. Für die Verwaltung durch die Finanzämter gilt im Einzelnen Folgendes:
1. Kirchgeldpflicht
Das besondere Kirchgeld wird nur im Fall der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer (§§ 26, 26b EStG) erhoben, sofern ein Ehegatte der Evangelischen Kirche (Schlüsselzahl 1) und der andere Ehegatte keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft (Schlüsselzahl 9) angehört. Es wird nicht erhoben, wenn die Ehegatten getrennt (nach § 26a EStG) oder besonders (nach § 26c EStG) zur Einkommensteuer zu veranlagen sind.
Die Pflicht zur Zahlung eines besonderen Kirchgelds begründet keinen eigenen Veranlagungstatbestand; eine Festsetzung erfolgt nur, wenn eine Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer (Pflicht- oder Antragsveranlagung) bereits aus anderen Gründen durchzuführen ist.
2. Bemessungsgrundlage und Höhe des besonderen Kirchgelds
Das besondere Kirchgeld wird nach Maßgabe einer gestaffelten Steuertabelle erhoben, die von den kirchlichen Organen durch Kirchensteuerbeschluss für das jeweilige Steuerjahr (Kalenderjahr) festgelegt wird. Es bemisst sich nach dem zu versteuernden Einkommen der Ehegatten, das sich bei entsprechender Anwendung des § 51a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG ergibt. Danach ist das zu versteuernde Einkommen ggf. noch um die Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG zu vermindern und um die steuerfreien Halbeinkünfte im Sinne des § 3 Nr. 40 EStG abzüglich der darauf entfallenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu erhöhen.
Das besondere Kirchgeld und eine Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer dürfen nicht nebeneinander festgesetzt werden (§ 4 Abs. 4 Satz 2 KiStG NRW n.F.). Entfällt auf den kirchenangehörigen Ehegatten aufgrund eigener Einkünfte eine Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer, so findet eine Vergleichsberechnung zwischen dem besonderen Kirchgeld und der Zuschlagsteuer statt; der höhere Betrag wird festgesetzt.
Das besondere Kirchgeld ermäßigt sich um evtl. Beitragszahlungen, die der nicht kirchensteuerpflichtige Ehegatte als Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft, die keine Kirchensteuer erhebt (vgl. hierzu EStGK NRW § 10 EStG 5.800), nachweislich entrichtet hat (§ 4 Abs. 4 Satz 3 KiStG NRW n.F.). Der Nachweis ist für jeden Veranlagungszeitraum nach R 101 Abs. 1 EStR durch Vorlage einer entsprechenden Empfangsbestätigung der Religionsgemeinschaft zu führen.
Beispiel
Das nach Maßgabe des § 51a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG ermittelte zu versteuernde Einkommen der zusammen veranlagten Ehegatten beträgt für den VZ 2001 385.000 DM. Der Ehemann ist Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Freikirche (z.B. Baptistengemeinde), an die er im Jahr 2001 Beiträge nach R 101 Abs. 1 EStR in Höhe von insgesamt 2.900 DM geleistet hat. Die Ehefrau ist evangelisch; aufgrund eigener Einkünfte entfällt auf sie eine Kirchensteuer als Z...