OFD Berlin, Verfügung v. 29.4.2003, St 174 - S 2351 - 4/02
Trotz umfangreichem „Einführungsschreiben zur Entfernungspauschale” (vgl. BMF-Schreiben vom 11.12.2001, IV C 5 – S 2351 – 300/01, BStBl 2001 I S. 994) haben sich in der Praxis zahlreiche weitere Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Anwendung der Entfernungspauschale ergeben. Die daraufhin auf Bundesebene eingesetzte Arbeitsgruppe „Reisekosten” hatte die Aufgabe, Lösungsansätze zu den aufgeworfenen Zweifelsfragen der Entfernungspauschale u.a. zu erarbeiten. Das Arbeitsgruppenergebnis ist inzwischen auf Bund-/Länderebene abgestimmt worden.
Dieses Ergebnis aufgreifend bitte ich, bis zum Ergehen weiterer (ggf. bundeseinheitlicher) Weisungen, Zweifelsfragen zur Anwendung der Entfernungspauschale u.a. unter Beachtung folgender Grundsätze zu beantworten:
Kein Wahlrecht zu Gunsten der Entfernungspauschale bei einer Einsatzwechseltätigkeit > 30 km
Zur Frage, ob bei einer Einsatzwechseltätigkeit und einer Entfernung zur Einsatzstelle von mehr als 30 km ein Wahlrecht zu Gunsten der Entfernungspauschale besteht, wird folgende Auffassung vertreten:
Dieses Wahlrecht wird von verschiedener Seite aus R 38 Abs. 3 Satz 1 LStR abgeleitet, wo es heißt, dass bei einer Einsatzwechseltätigkeit die Fahrtkosten grundsätzlich nur dann als Reisekosten angesetzt werden können, wenn die Entfernung zwischen Wohnung und Einsatzstelle mehr als 30 km beträgt. Aus dem Wort „können” wird dieses Wahlrecht herausgelesen.
Es wird darauf hingewiesen, dass bereits der BFH 1973 (BFH vom 31.10.1973, VI R 98/73, BStBl 1974 II S. 258) hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Fahrtkosten zu ständig wechselnden Einsatzstellen entschieden hat, dass die Fahrten dorthin dienstreiseähnlichen Charakter haben und deshalb mit echten Dienstreisen gleichzustellen sind. Dies spräche gegen ein Wahlrecht bei Fahrten zu den Einsatzstellen und einer Entfernung von mehr als 30 km. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass nach R 37 Abs. 1 LStR auch die Aufwendungen anlässlich einer Einsatzwechseltätigkeit als Reisekosten bezeichnet werden. Lägen keine Reisekosten vor, könnten für eine Einsatzwechseltätigkeit auch keine Verpflegungsmehraufwendungen geltend gemacht werden. Denn der Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen ist bei einer Tätigkeit, bei der nur Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorliegen, ausgeschlossen. Ein Wahlrecht bei den Fahrtkosten zwischen Reisekosten und der Entfernungspauschale besteht nicht.
Anwendung der neuen BFH-Rechtsprechung zur Fahrtätigkeit (Rettungssanitäter)
Der BFH hat mit Urteil vom 10.4.2002, VI R 154/00 (BStBl 2002 II S. 779) entschieden, dass bei einem Rettungssanitäter eine Fahrtätigkeit vorliegen kann, auch wenn sich die von ihm geschuldete Arbeit nicht auf das Lenken oder Begleiten eines Fahrzeugs beschränkt.
Nach dem inzwischen vorliegenden Entwurf der LStÄR 2004 soll eine Fahrtätigkeit ohne weitere Ermittlungen angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer durchschnittlich weniger als 20 % seiner vertraglichen Arbeitszeit außerhalb des Fahrzeugs tätig ist. Es bestehen keine Bedenken, bereits jetzt hiervon auszugehen.
Werbungskostenabzug bei Übernachtungen im Ausland anlässlich von Dienstreisen
Einem Arbeitnehmer werden anlässlich von Auslandsdienstreisen die tatsächlichen Übernachtungskosten vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet. Hier hat sich die Frage gestellt, ob in Fällen, in denen die tatsächlichen Übernachtungskosten die Auslandsübernachtungspauschbeträge unterschreiten, der Arbeitnehmer den Differenzbetrag zwischen den erstatteten Übernachtungskosten und dem Pauschbetrag als Werbungskosten geltend machen kann.
Die Frage, ob der Werbungskostenabzug des Differenzbetrags wegen unzutreffender Besteuerung versagt werden kann, ist zu verneinen, weil bei einer Auslandsdienstreise grundsätzlich keine Prüfung einer unzutreffenden Besteuerung vorgenommen wird. Es ist davon auszugehen, dass die Lohnsteuerrichtlinien den Werbungskostenabzug des Auslandsübernachtungspauschbetrags trotz geringerer tatsächlicher Erstattung durch den Arbeitgeber zulassen, allerdings nur in den Fällen, in denen der Arbeitgeber nicht in die Zimmergestellung eingeschaltet war.
Ansatz der Entfernungspauschale bei Fahrtkosten bei Einsatzwechseltätigkeit in Verbindung mit Pkw-Gestellung durch den Arbeitgeber
Unterschiedliche Fallkonstellationen zur Berücksichtigung der Fahrtkosten bei einer Einsatzwechseltätigkeit mit Sammelbeförderung, Pkw-Gestellung und bei einer doppelten Haushaltsführung sind wie folgt zu behandeln:
I. Sammelbeförderung
Grundsätzliches
Wird ein Arbeitnehmer mit einer Einsatzwechseltätigkeit unmittelbar von seiner Wohnung abgeholt, ist die Fahrt von der Wohnung zur Einsatzstelle nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Beträgt die Entfernung zur Einsatzstelle nicht mehr als 30 km, handelt es sich um eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, für die der Arbeitnehmer die Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend machen kann, ohne dass die Sammelbeförderung auf die Entfernungspauschal...