Mit dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) wurden zum 1.7.2008 neue Freistellungsansprüche der Beschäftigten für die Fälle geschaffen, in denen sie pflegebedürftige nahe Angehörige zu versorgen haben. Das Gesetz unterscheidet zwischen der maximal 6-monatigen Pflegezeit sowie der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung.
Die auf längere Dauer angelegte große Pflegezeit ist – ähnlich der Elternzeit – auf eine unbezahlte Freistellung angelegt. Das Pflegezeitgesetz selbst erlegt dem Arbeitgeber für Pflegezeiten keine Entgeltfortzahlungspflichten auf und aus den allgemeinen gesetzlichen Regelungen ergeben sich auch keine Entgeltfortzahlungspflichten. Insbesondere gewährt § 616 BGB in diesem Fall keinen Anspruch, weil in bis zu 6-monatigen Pflegezeiten eindeutig keine kurzzeitige Arbeitsverhinderung mehr zu sehen ist.
Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung i. S. d. § 2 PflegeZG (kleine Pflegezeit) ist hingegen kraft Gesetzes auf eine Freistellung von maximal 10 Arbeitstagen angelegt.
Das Gesetz bindet die Freistellung an verschiedene Voraussetzungen.
Die Freistellung als Recht des Beschäftigten, der Arbeit fernzubleiben, besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen kraft Gesetzes. Der Arbeitgeber muss die Freistellung nicht etwa gewähren, er kann sie bei Vorliegen der Voraussetzungen auch nicht verweigern. Insofern führt die Bezeichnung als "Freistellungsanspruch" in die Irre; es handelt sich vielmehr um ein spezielles Leistungsverweigerungsrecht des Beschäftigten.
Liegen die Voraussetzungen des § 2 PflegeZG vor, so steht zunächst nur fest, dass die Arbeitspflicht für die Freistellungszeit und höchstens für 10 Tage ruht.
Selbst allgemeine Regeln – namentlich § 616 BGB – können keine längere Freistellung zur Pflege naher Angehöriger rechtfertigen. Denn ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs zu der Entgeltzahlung für den Freistellungszeitraum sah der Gesetzgeber § 2 PflegeZG als Sonderregelung persönlicher kurzzeitiger Arbeitsverhinderung an. Diese Einordnung verbietet den Rückgriff auf die allgemeinere Vorschrift des § 616 BGB für die in § 2 PflegeZG geregelten Fälle, nur um zu einer Freistellung von mehr als 10 Tagen zu gelangen. In Tarif- oder Arbeitsverträgen kann jedoch eine über 10 Tage hinausgehende Freistellung angeordnet werden.
Von der Frage, ob Beschäftigte nach dem Pflegezeitgesetz freizustellen sind, ist die Frage zu unterscheiden, ob für pflegebedingte Abwesenheitszeiten auch ein Vergütungsanspruch besteht. Nach § 2 Abs. 3 PflegeZG ist der Arbeitgeber zur Fortzahlung der Vergütung für den Zeitraum der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nur verpflichtet, soweit sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund Vereinbarung ergibt. Das Pflegezeitgesetz selbst regelt damit keinen Entgeltfortzahlungsanspruch. Als Vereinbarungen gelten einschlägige Regelungen in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträgen. Vorrangig zu prüfen ist daher, ob solche (Vergütungs-)Regelungen einschlägig und ihre Voraussetzungen erfüllt sind.
Ist § 616 BGB im Beschäftigungsverhältnis anwendbar und nicht vertraglich abbedungen oder durch abschließende vertragliche Regelungen verdrängt, so gewährt diese Bestimmung einen Entgeltfortzahlungsanspruch und zwar auch bis zu 10 Tagen. § 616 BGB sieht die Entgeltfortzahlung jedoch nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit vor. Diese wird in Relation zur bisherigen Gesamtlaufzeit des Arbeitsverhältnisses gesehen. Daher kann es vorkommen, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch nur für einen Teil der Freistellung aus § 2 PflegeZG besteht. Da § 616 BGB darüber hinaus disponibel sowohl für die Tarifvertrags- als auch für die Arbeitsvertragsparteien ist, kann eine Entgeltfortzahlung für die Zeiten der Pflegezeit sowohl vollständig abbedungen, anders geregelt oder auch erweitert werden. Mit dem Betriebsrat kann der Arbeitgeber das nur in den Grenzen des § 77 Abs. 3 BetrVG regeln.
Für Berufsausbildungsverhältnisse sieht § 19 Abs. 1 Nr. 2b BBiG eine spezielle Regelung vor.
Regelung im Arbeitsvertrag zur Freistellung treffen
Die gesetzlichen Regelungen in § 2 PflegeZG sind alles andere als klar. Daher empfiehlt sich eine Sonderregelung zu § 616 BGB im Arbeitsvertrag – insbesondere, wenn für das Arbeitsverhältnis kein Tarifvertrag kraft Tarifbindung gilt. In der Neuregelung sollte vor allem bestimmt werden, ob für pflegebedingte Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz – die Freistellungsansprüche selbst sind gemäß § 8 PflegeZG zwingendes Recht – Vergütungsleistungen erbracht werden sollen, und, wenn ja, für welche Fälle und Zeiträume.