Zentral ist die Regelung nach Art. 4 Abs. 1 EntgTranspRL. Hiernach müssen Arbeitgeber Vergütungsstrukturen einrichten und unterhalten, die gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit gewährleisten. Die EntgTranspRL definiert nicht, was unter "gleicher" Arbeit zu verstehen ist. Auch das EntgTranspG nutzt die Begriffe "gleiche" und "gleichwertige" Arbeit. Nach § 4 Abs. 1 EntgTranspG üben Arbeitnehmer "gleiche" Arbeit aus, wenn sie an verschiedenen Arbeitsplätzen oder nacheinander an demselben Arbeitsplatz eine identische oder gleichartige Tätigkeit ausführen. Diese Definition kann auch für die Auslegung der EntgTranspRL entsprechend herangezogen werden.
Nach Art. 3 Abs. 1g EntgTranspRL ist "gleichwertige Arbeit" eine Arbeit, die gemäß nicht diskriminierenden und objektiven geschlechtsneutralen Kriterien nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 4 EntgTranspRL als gleichwertig gilt. Auch hier kann auf die Definition des EntgTranspG zurückgegriffen werden. "Gleichwertig" ist Arbeit demnach, wenn sie unter Zugrundelegung einer Gesamtheit von Faktoren als in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden kann. Hierzu sind insbesondere die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen und die Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen. Insofern ist entscheidend auf die tatsächlichen, für die jeweilige Tätigkeit wesentlichen Anforderungen abzustellen, unabhängig von der individuellen Person und ihrer Leistungen.
Hierzu müssen Arbeitgeber die Arbeit zunächst bewerten, um zu bestimmen, ob gleiche oder gleichwertige Arbeit vorliegt. Arbeitgeber müssen fortan geschlechtsneutrale Arbeitsbewertungs- sowie Einstufungssysteme einrichten und nutzen. Die zur Bewertung der Gleichwertigkeit genutzten Kriterien müssen objektiv und geschlechtsneutral sein. Hierzu kommen nach dem Willen des Richtliniengebers insbesondere folgende Kriterien in Betracht:
- Berufliche Anforderungen,
- Bildungs-, Aus- und Weiterbildungsanforderungen,
- Kompetenzen (auch "soziale" Kompetenzen),
- Belastungen,
- Verantwortung und
- Arbeitsbedingungen.
Zur Entlastung kleiner und mittlerer Unternehmen sollen lediglich die folgenden Kriterien maßgeblich sein:
- Kompetenzen,
- Belastungen,
- Verantwortung und
- Arbeitsbedingungen.
Objektive Kriterien, die sich unproblematisch bestimmen lassen, sind insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Berufserfahrung, der Berufsabschluss sowie anderweitige Qualifikationen. Indes wird eine Bewertung aufwendig und komplex sein, die sich nicht auf bloße formelle Kriterien stützt. Insbesondere die Kriterien "Belastungen", "Verantwortung" sowie "Arbeitsbedingungen" können in der Praxis auf unterschiedlichste Art und Weise ausgeprägt sein. Beispielsweise können Belastungen psychischer oder physischer Natur sein, sie können auf den unmittelbaren Arbeitsbedingungen (z. B. Nachtarbeit und Schichtdienst) basieren, aber auch individuell unterschiedlich empfunden werden. Problematisch sind nach den Vorgaben der EntgTranspRL auch alle Umstände, die nicht in der Person des Arbeitnehmers begründet sind und sich nicht auf dessen Arbeitsplatz beziehen. Dies umfasst beispielsweise äußere wirtschaftliche bzw. konjunkturelle Umstände, die Arbeitsmarktlage und die finanzielle Situation des Arbeitgebers. Fraglich ist auch, ob Arbeitgeber einen Entgeltunterschied damit rechtfertigen können, ein durch den Arbeitnehmer vorgelegtes Alternativangebot eines Dritten überboten zu haben. Richtigerweise müsste es an sich – in einer Marktwirtschaft im Rahmen der Vertragsfreiheit – diskriminierungsfrei zulässig sein, eine höhere Vergütung basierend auf solchen Umständen zu gewähren. Allerdings resultieren hieraus Risiken, gegen den Grundsatz der Entgeltgleichheit zu verstoßen. Zudem sind diese Kriterien potenziell missbrauchsanfällig. Entscheiden sich Arbeitgeber dazu, solche Umstände im Rahmen der Vergütung zu berücksichtigen, sollten sie diese nachvollziehbar dokumentieren.
Hierzu sollte der deutsche Gesetzgeber für Klarheit sorgen und die Maßgaben der EntgTranspRL insbesondere unter Berücksichtigung der Vertragsfreiheit umsetzen. Es ist auch unverkennbar, dass die beispielhaft in der EntgTranspRL benannten Kriterien den Wert von Arbeit nicht hinreichend objektiv bestimmen können. Dies dürfte auch unmöglich sein, nicht zuletzt aufgrund äußerer (wirtschaftlicher) Umstände, die entscheidend auf die Wertbildung von Arbeit einwirken.