Die nachfolgenden Ausführungen gelten für Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats, für britische Staatsangehörige sowie für Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnsitz in der EU oder im Vereinigten Königreich. Bezüglich des geltenden Sozialrechts muss zwischen Sachverhalten nach dem Austrittsabkommen und dem Handels- und Kooperationsabkommen unterschieden werden.
3.1 Vom Austrittsabkommen erfasste Sachverhalte
Sachverhalte, die ohne Unterbrechung über den 31.12.2020 hinausgehen, werden vom Austrittsabkommen erfasst. Hierzu gehören Sachverhalte, in denen
- eine Person bereits vor dem 1.1.2021 eine selbstständige Tätigkeit im Vereinigten Königreich ausübt,
- ein britischer Staatsangehöriger bereits vor dem 1.1.2020 in Deutschland wohnt und zu einem späteren Zeitpunkt im Vereinigten Königreich eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufnimmt,
- ein deutscher Staatsangehöriger bereits vor dem 1.1.2020 im Vereinigten Königreich wohnt und zu einem späteren Zeitpunkt in Deutschland eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufnimmt.
Selbstständig erwerbstätige Personen, die ihre Tätigkeit bereits vor dem 1.1.2021 im Vereinigten Königreich oder in Deutschland vorübergehend ausüben, unterliegen auch nach dem 31.12.2020 weiterhin den Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit. Voraussetzung ist weiterhin, dass keine Änderung in den der Bewertung zugrundeliegenden Verhältnissen eintritt.
Selbstständig erwerbstätige Person wird entsandt
Ein selbstständig Erwerbstätiger ist vom 1.9.2019 bis 14.6.2021 in das Vereinigte Königreich entsandt. Da sich die Person am 31.12.2020 in einer grenzüberschreitenden Situation befindet, sind die Regelungen des Austrittsabkommens weiter anwendbar. Für die Person gelten somit weiterhin die Regelungen der Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit.
In diesen Fällen bleibt die Entsendebescheinigung bis zu ihrem Ablauf gültig. Sie kann bis max. 24 Monate verlängert werden.
3.1.1 Unterbrechung
Eine Unterbrechung der vorübergehenden Tätigkeit liegt vor, wenn
- die selbstständig erwerbstätige Person für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum (bis zu einem Monat) in den Entsendestaat zurückkehrt oder
- die Voraussetzungen für die Entsendung nicht mehr vorliegen.
Beendigung der Entsendebescheinigung
Liegt eine Unterbrechung vor, muss die selbstständig erwerbstätige Person die Stelle, die die Entsendebescheinigung ausgestellt hat, über die Unterbrechung informieren. Diese beendet die Entsendebescheinigung mit dem Beginn der Unterbrechung.
3.1.2 Wiederaufnahme der Tätigkeit
Bei der Wiederaufnahme der Tätigkeit nach dem 31.12.2020 im Anschluss an eine Unterbrechung handelt es sich in der Regel um einen neuen Sachverhalt. Dieser wird nach den Regelungen des Handels- und Kooperationsabkommens beurteilt.
3.1.3 Ausnahmevereinbarung nach dem Austrittsabkommen
Wird eine selbstständig erwerbstätige Person vom Austrittsabkommen erfasst, gelten für diese Person die Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit. Sollten die Voraussetzungen für eine Entsendung nicht vorliegen (beispielsweise aufgrund der Entsendedauer), besteht die Möglichkeit zum Abschluss einer Ausnahmevereinbarung.
3.2 Vom Handels- und Kooperationsabkommen erfasste Sachverhalte
Vom Handels- und Kooperationsabkommen werden Sachverhalte erfasst, die nach dem 31.12.2020 beginnen und zu keinem Zeitpunkt einen grenzüberschreitenden Bezug zum Vereinigten Königreich oder einem anderen Mitgliedstaat hatten.
Persönlicher Geltungsbereich
Das Handels- und Kooperationsabkommen gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit für Personen, für die das Sozialversicherungsrecht eines Mitgliedsstaates oder des Vereinigten Königreichs gegolten haben. Es gilt auch für deren Familienangehörige und Hinterbliebene. Voraussetzung ist, dass die Personen rechtmäßig im Vereinigten Königreich oder in einem anderen Mitgliedstaat wohnen.
Sachlicher Geltungsbereich
Die Regelungen des Handels- und Kooperationsabkommens sind auf die Kranken-, Unfall-, Rentenversicherung und auf den Bereich der Arbeitsförderung anwendbar. Sie gelten nicht für die Pflegeversicherung.
3.2.1 Voraussetzungen für eine Entsendung
Auch nach dem Handels- und Kooperationsabkommen besteht die Möglichkeit, dass eine selbstständig erwerbstätige Person vorübergehend entsandt wird. Voraussetzung ist, dass
- sich es sich bei den jeweiligen Tätigkeiten um ähnliche handelt,
- die Einsatzdauer den Zeitraum von 24 Monaten nicht überschreitet.
Liegen die Voraussetzungen für eine Entsendung vor, gelten für die Dauer der Entsendung die Rechtsvorschriften des Entsendestaates weiter.
Ausnahmevereinbarung nach dem Handels- und Kooperationsabkommen
Das Handels- und Kooperationsabkommen beinhaltet keine Rechtsgrundlage zum Abschluss von Ausnahmevereinbarungen. Sind die Voraussetzungen für eine Entsendung nicht erfüllt, gelten die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates.