1 Entsendung nach arbeitsrechtlichem Verständnis

Begriff

Entsendung ist die räumlich-zeitliche Verlagerung des Arbeitsorts eines Arbeitnehmers, typischerweise ins Ausland. Mit einer Entsendung werden in der Praxis allerdings zumeist längere Einsätze wie z. B. von Montagearbeitern, aber auch jahrelange Auslandsaufenthalte, die mit einer vorübergehenden Verlagerung des Lebensmittelpunkts des Arbeitnehmers einhergehen, verbunden.[1] Aufgrund der begrifflichen Unschärfe ist im Einzelfall zu bewerten, um welche Form der Entsendung es sich handelt – danach bestimmen sich die einschlägigen rechtlichen Rahmenbedingungen.

EU-Entsenderichtlinie und Arbeitnehmerentsendegesetze

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist der Begriff prägend für die Anwendbarkeit der EU-Entsenderichtlinie und der darauf basierenden Arbeitnehmerentsendegesetze der einzelnen Mitgliedstaaten – in Deutschland das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG). In diesem Zusammenhang erfährt der Begriff eine eigenständige Auslegung durch den EuGH.[2] Das unionsrechtliche Entsenderecht ist Ausdruck der Dienstleistungsfreiheit[3] und gewährleistet einheitliche Arbeitsbedingungen für ins EU-Ausland entsandte und umgekehrt aus dem Ausland in der Bundesrepublik eingesetzte Arbeitnehmer. Unionsrechtliche Formen der Entsendung können auftreten als:

  • Vorübergehende Tätigkeit eines inländischen Mitarbeiters in einem anderen EU-Mitgliedstaat – in diesem Fall sind die Vorgaben des dortigen Arbeitnehmerentsendegesetzes zu beachten (dazu unten Abschn. 2).
  • Vorübergehende Tätigkeit des Mitarbeiters eines ausländischen Arbeitgebers in einem inländischen Betrieb – in diesem Fall sind die Regelungen des deutschen Arbeitnehmerentsendegesetzes für den Arbeitgeber im Ausland maßgeblich (siehe dazu unten Abschn. 3).

Nachfolgend werden nur die mit der Entsendung i. S. d. EU-Entsenderichtlinie bzw. den Arbeitnehmerentsendegesetzen zusammenhängenden Fragen behandelt.[4]

Anwendung der Arbeitnehmerentsendegesetze

Die mitgliedstaatlichen Arbeitnehmerentsendegesetze sind bei folgenden grenzüberschreitenden Sachverhalten einschlägig:

Die Entsendung von Arbeitnehmern erfolgt im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen innerhalb der EU. Hinsichtlich der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen unterliegt die Entsendung von Arbeitnehmern der Richtlinie 96/71/EG, sofern diese in Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen und über einen begrenzten Zeitraum von einem Unternehmen vorgenommen wird. Dieses muss sich in einer der folgenden Situationen befinden:

  • Das Unternehmen hat einen Dienstleistungsvertrag mit einer Vertragspartei geschlossen, für die die Dienstleistungen bestimmt sind und die in einem anderen Mitgliedstaat (Aufnahmemitgliedstaat) operiert.
  • Das Unternehmen möchte einen Arbeitnehmer in eine Niederlassung oder ein der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats entsenden (sog. gruppeninterne Entsendung),
  • Es handelt sich um ein Leiharbeitsunternehmen oder ein Arbeitnehmer überlassendes Unternehmen, das einen Arbeitnehmer in ein entleihendes Unternehmen entsenden möchte, das seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats hat oder dort seine Tätigkeit ausübt.
[1] Zur Abgrenzung und möglichen Überschneidungen zur Dienstreise siehe Beitrag "Mitarbeitereinsatz im Ausland".
[4] Zu den allgemeinen Anforderungen an den Mitarbeitereinsatz im Ausland s. Auslandstätigkeit.

2 Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland

2.1 Vertragsgestaltung

Bei der Vertragsgestaltung ist zunächst zu prüfen, ob die Entsendung mit oder ohne Änderungen des bestehenden Arbeitsvertrags durchgeführt werden kann. Keiner Änderung bedarf es, wenn die Entsendung allein aufgrund des Weisungsrechts des Arbeitgebers möglich ist. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine (einvernehmliche) Vertragsänderung oder -ergänzung nötig.

Dokumentation nach dem Nachweisgesetz

Bei jeder Entsendung sind die Dokumentationspflichten nach dem Nachweisgesetz (NachwG) zu beachten: Bei kürzeren Auslandsaufenthalten sind die diesbezüglichen Regelungen des Arbeitsvertrags gemäß § 2 Abs. 1 NachwG schriftlich zu dokumentieren. Dauert die Entsendung ins Ausland länger als 4 Wochen, sind die zusätzlichen Dokumentationspflichten nach § 2 Abs. 2 NachwG zu beachten.

§ 2 Abs. 2 NachwG verlangt vom Arbeitgeber in diesem Fall

Formalien

Die vom entsendenden Unternehmen zu beachtenden Formalien des anderen Mitgliedstaats sollten vorab geklärt werden. Erforderlich ist die Anmeldung des Arbeitnehmers für eine A1-Bescheinigung beim zuständigen Träger im entsendenden Mitgliedstaat.[2]

Darüber hinaus können weitere administrative Voraussetzungen im jeweiligen Mitgliedstaat zu beachten sein.[3] Dazu gehört insbesondere[4] eine Mitteilung an die zuständige Behörde im ausländischen Mitgliedstaat. Folgende Angaben sind dabei in der Regel zu m...

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