Immobilien Scout GmbH, Online-Portal zur Vermittlung von Immobilienobjekten, Mitarbeiter: 600, Sitz: Berlin
Gesprächspartner: Frank Schlesinger, Head of Technology; Marktsegment: Residential
Britta Redmann: Warum ist Ihr Online-Portal agil geworden?
Frank Schlesinger: Das hat sich aus einer Notwendigkeit heraus ergeben. Bis ca. 2008 haben wir in einer klassischen Projektorganisation gearbeitet. Es ging zu der Zeit alles ziemlich langsam und zäh und wie das so ist: Die IT war immer dafür verantwortlich, weil sie angeblich so langsam arbeitet. Unser CTO hat dann davon gehört, dass ›die da drüben‹, im Silicon Valley, so was Verrücktes machen wie Scrum und dass das ganz toll sein soll. Er wusste vermutlich nicht wirklich, was das ist. Trotzdem fand er, dass es sich lohnt, hier in diese neue Methode zu investieren, und hat entschieden, dass wir das ›einfach mal machen‹. Er hat dann Berater hinzugezogen, die uns ein Jahr begleitet und uns Scrum beigebracht haben: Das war für uns der Startschuss. Niemand hat damals wirklich vor Augen gehabt, dass uns das auch kulturell auf ganz neue Pfade führen wird und über die Zeit verändern wird. Dass damit auch eine Kulturveränderung verbunden ist, dass sich diese Kultur, diese Haltung, die hinter Agilität steckt, auch im ganzen Unternehmen (Immobilien Scout GmbH) auswirkt – das hatten wir damals überhaupt nicht im Sinn.
Wir haben dann einfach mal gemacht. Und haben mit Scrum schnell Erfolg erzielt. Und so sind wir da dran geblieben und haben uns immer weiter mit Agilität beschäftigt und uns entsprechend intern aufgestellt. Wir glauben, dass wir als Unternehmen nicht so erfolgreich wären, wenn wir nicht agil arbeiten würden.
Britta Redmann: Wo sind Sie überall agil? Haben Sie bestimmte Methoden?
Frank Schlesinger: Im ganzen Unternehmen. Wir leben das gemeinsam. Worin wir uns unterscheiden, das sind die Methoden. Hier arbeiten wir z. B. in der Softwareentwicklung mit Scrum, Kanban und Extreme Programming. Das macht der Vertrieb beispielsweise nicht. Da hat jede Abteilung ihre eigenen Arbeitsweisen. Was uns aber verbindet, ist unser Mindset. Alle unsere 600 Mitarbeiter arbeiten agil zusammen. Wir sehen uns durch die Agilität miteinander verbunden – und das ist für uns besser, als sich auf eine unternehmensweite Methode zu einigen.
Britta Redmann: Wie beschreiben Sie Ihre Kultur? Woran machen Sie Ihre Kultur fest?
Frank Schlesinger: Das hängt davon ab, von wo ich da draufschaue. Wenn ich als Externer und Produktinteressent einfach nur unser Internetportal betrachte, dann bemerke ich hier schon, dass sich der Auftritt des Portals zügig ändert. Hier ist innerhalb von einer Woche immer wieder etwas neu dargestellt und das Benutzererlebnis verbessert sich kontinuierlich. Das heißt, von außen betrachtet, kann ich uns als reaktionsschnell, innovativ und kreativ bezeichnen.
Wenn man dann unser Firmengebäude betritt und z. B. in unseren Bereich kommt, dann fällt schon mal auf, dass wir alle zusammen in einem Büro sitzen – in meinem Segment sind wir ca. 100 Mitarbeiter. Es gibt also einen großen Raum für uns alle in unserem Geschäftbereich. Das wird im ganzen Haus so praktiziert. Innerhalb dieses Raums sitzen wir in cross-funktionalen Teams zusammen. Das heißt, in jedem Geschäftsbereich sitzen Mitarbeiter mit ganz unterschiedlichen Aufgaben: Produktentwicklung, Vertriebler, Marketing, IT sitzen und arbeiten zusammen an einem bestimmten Produkt. Jedes Bereichssegment ist eine eigene kollaborative Gemeinschaft.
Wir haben alle ein gemeinsames Verständnis von Agilität. Auch wenn wir teilweise unterschiedliche Methoden anwenden, so haben wir alle eine gleiche Sicht auf die Zusammenarbeit. Zum Beispiel macht sich das darin fest, dass es besser ist, sich zusammenzusetzen und miteinander zu sprechen, als sich den ganzen Tag E-Mails zu schreiben.
Britta Redmann: Wodurch klappt diese Zusammenarbeit? Wie sieht hier eine Führung aus?
Frank Schlesinger: Auch wenn es bei uns durch die gemischten Teams vielleicht ›bunt‹ aussieht, so haben wir eine klare Führung. Unter agiler Führung verstehen wir, dass die Richtung eindeutig vorgegeben wird. Und die Rahmenbedingungen werden klar von der Führung geschaffen. Das wird auch nicht demokratisch verhandelt – Richtung und Rahmen sind klare Vorgaben. Und Führungskräfte gewähren jede Art von Unterstützung: Sie besorgen Arbeitsmittel, sie kümmern sich und lösen die Konflikte, die auftauchen, und sie zeigen auf, wie und wo sich Mitarbeiter weiterentwickeln können.
Unsere Führungskräfte sagen aber nicht, wie jemand seinen Job zu machen hat. Das weiß der Mitarbeiter, nach unserer Erfahrung, viel besser selber.
Die Mitarbeiter, die Teams, sind für das Wie in Eigenregie verantwortlich. Auf welche Art und Weise ein Team oder ein Mitarbeiter etwas tut, ist ihm selbstständig überlassen. Bei der Verwirklichung des Wie haben wir im Unternehmen sehr große Freiheit.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine klare Führung bezüglich dessen, was erreicht werden soll, sehr wichtig ist. Ohne d...