Zusammenfassung
Der Beitrag informiert über die Erfahrungen von agilen Unternehmen in Form von Interviews.
1 Phoenix Contact – Ein Gespräch mit Prof. Dr. Gunther Olesch
Phoenix Contact GmbH & Co.KG, Elektro- und Automatisierungstechnik
Mitarbeiter: 14.500, Sitz: Blomberg
Gesprächspartner: Prof. Dr. Gunther Olesch, CHRO Human Resources, IT, Facility Management
Britta Redmann: Wie würden Sie agiles Arbeiten in Ihrem Unternehmen beschreiben bzw. woran festmachen?
Prof. Dr. Gunther Olesch: Agilität erlebt zurzeit eine besonders große Aufmerksamkeit im Rahmen von Industrie 4.0 und Arbeit 4.0. Die hohe technische Entwicklung bedingt auch veränderte Arbeitsweisen in allen Bereichen. So können Menschen und Maschinen miteinander vernetzt arbeiten, wir können über die Cloud zusammenarbeiten und durch Big Data gelingt es uns, noch schneller Daten zu analysieren. Dies alles hat sich in unserer Arbeitswelt in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Hier folgte ein Schritt auf den nächsten. Also eher eine Evolution als eine Revolution aus meiner Sicht. Durch den technischen Fortschritt ist es erforderlich, vernetzt zusammenzuarbeiten und schnell zu agieren. Hierbei unterstützt agiles Arbeiten. Agilität ist also kein Selbstzweck, sondern es geht darum, dass die Aufgaben erledigt werden, um den Kundenauftrag zu erfüllen. Auf den Markt und den Kunden muss in der richtigen Weise reagiert werden können. Die Agilität unterstützt dieses Ziel. Obwohl sich also die Arbeitsgesellschaft verändert hat, ist Agilität nach meiner Einschätzung gar nicht so neu, sondern flexibles und agiles Arbeiten ist schon lange in Deutschland möglich. So arbeiten wir bei Phoenix Contact bereits seit bestimmt 15–20 Jahren sehr agil.
Warum wir das tun? Um Erfolg zu haben. Unser Unternehmen wurde 1923 gegründet. Wir haben ca. 84 Jahre benötigt, um unsere erste Milliarde Umsatz zu erreichen. Für unsere zweite Milliarde brauchten wir nur knapp neun Jahre. Das ist auf die hohe Leistungsfähigkeit unserer Mitarbeiter zurückzuführen. Als innovatives Technikunternehmen im globalen Wettbewerb benötigen wir eine kontinuierlich hohe Leistungskraft unserer Mitarbeiter. Um diese zu erreichen, möchten wir die Besten zu uns holen und möchten auch, dass sie bei uns bleiben. Das scheint uns auch zu gelingen: Offene Positionen werden bei uns im Unternehmen schnell und mit den geeigneten Kandidaten besetzt. Unsere Fluktuationsquote liegt bei 0,6 % im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt, der bei ca. 8 % liegt.
Die Leistung muss stimmen, damit Unternehmen erfolgreich sind. Agiles Arbeiten dient daher auch uns in erster Linie dazu, Erfolg zu generieren. Dazu gehört natürlich auch, dass unsere Mitarbeiter sich wohlfühlen. Denn Mitarbeiter, denen es gut geht, tragen zum Erfolg bei. Agiles Arbeiten, Erfolg und Wohlfühlen gehören zusammen.
Britta Redmann: Haben sich Ihre Arbeitszeiten oder Arbeitsräumlichkeiten durch agiles Arbeiten geändert? Wenn ja, wie?
Prof. Dr. Gunther Olesch: Seit jeher haben wir schon sehr flexible Arbeitszeiten. In Abstimmung mit dem Team kann bei uns jeder Mitarbeiter kommen und gehen, wann er will. Entscheidend ist für uns nicht die Anwesenheit eines Mitarbeiters, sondern sein Ergebnis und sein Beitrag, den er leistet. Für uns ist wichtig, dass der Kundenauftrag erfüllt wird. Wir haben hier eine Win-win-Situation mit unseren Mitarbeitern: Auf der einen Seite geht es darum, dass wir unsere unternehmerischen Ziele erreichen, und auf der anderen Seite ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiter gleichzeitig die Möglichkeit bekommen, möglichst frei ihre persönlichen zeitlichen Bedürfnisse zu erfüllen. Das kann bei dem einem Kollegen ein familiärer Hintergrund sein, bei dem anderen seine Freizeit oder sein Hobby betreffen und bei wieder einem anderen Kollegen, ganz andere Gründe haben. Das Zusammenspiel zwischen betrieblichen Interessen und Wünschen der Mitarbeiter ist entscheidend für uns. Das Gleiche gilt auch bei unseren Homeoffice-Regelungen: Seit Jahren kann bei uns von zuhause aus gearbeitet werden, immer mit der Prämisse, dass es betrieblich auch passt.
Das haben wir davon? Letztendlich war es für uns als Unternehmen mit einem weniger attraktiven Standort immer wichtig, etwas dafür zu tun, dass wir sehr gute Mitarbeiter gewinnen. Wir sind überzeugt, dass sich Mitarbeiter, die sich wohlfühlen auch eine höhere und bessere Leistung erbringen. In den letzten Jahren ist es für Unternehmen zunehmend schwerer geworden, insbesondere junge Ingenieure zu bekommen. Das Wertesystem bei Mitarbeitern hat sich hier gerade bei den Generationen Y und Z stark dahingehend verändert, dass sie selbstbestimmter und mit mehr Freiraum arbeiten wollen. Für Mitarbeiter wird es zunehmend wichtiger, im privaten Leben ebenfalls flexibel handeln zu können. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Lebens tritt auch bei den jüngeren Generationen viel stärker in den Vordergrund, als das noch zu meiner Zeit der Fall war. Damit ist es auch wichtiger geworden, Möglichkeiten zu bieten – z. B. durch eine flexible Arbeitszeit- und Arbeitsortgestaltung – die ein s...