Prof. Dr.-Ing. Martin Schmauder
4.1 Körperhaltung
Zunächst ist zu klären, ob die Arbeitsaufgabe im Sitzen und/oder Stehen ausgeführt werden kann. Tab. 2 zeigt einen Vergleich zwischen den beiden am meisten vertretenen Körperhaltungen Sitzen und Stehen.
Kriterien |
Körperhaltung |
Sitzen |
Stehen |
Größe der Wirkräume von Armen und Beinen |
mittel |
groß |
Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung und des Ortes |
klein |
groß |
Ausnutzung der Bewegungsmöglichkeiten der Gelenke (Bewegungsraum) |
klein |
groß |
Eignung für kraftbetonte Arbeiten |
klein |
groß |
Eignung für Präzisionsarbeiten |
groß |
klein |
Größe des Blickfeldes |
mittel |
groß |
Haltungsarbeit |
klein |
groß |
Beinbeschwerden |
klein |
groß |
Rücken- und Nackenbeschwerden |
groß |
mittel |
Tab. 2: Vergleich von Sitz- und Steharbeitsplatz
Es wird ersichtlich, dass sich die Größe der Funktionsräume und die Eignung für kraftaufwendige Arbeiten im Sitzen verringern, wohingegen die Eignung für Präzisionsarbeiten zunimmt. Eine genaue Angabe für geeignete Arbeitshöhen bezogen auf die Ellbogenhöhe in Abhängigkeit vom Genauigkeitsgrad der auszuführenden Tätigkeit bietet Abb. 10.
Abb. 10: Richtwerte für das Anheben bzw. Absenken der Arbeitshöhe in Abhängigkeit von der Tätigkeit. Als Bezugspunkt dient die Ellbogenhöhe in entspannter Körperhaltung
Neben den Sehanforderungen spielt bei der Arbeitsplatzgestaltung die Höhe der aufzubringenden Kräfte eine Rolle, sie beeinflussen wie schon beschrieben die Körperhaltung. Der montagespezifische Kraftatlas bietet belastbare Planzahlen in perzentilierter Form zur Ermittlung maximal empfohlener Kraftwerte des Arm-Schulter- sowie Ganzkörper-Systems einerseits und des Hand-Finger-Systems andererseits (beidhändige Kraftausübung im Stehen, Knien und Sitzen).
Abb. 11 zeigt beispielhaft die Darstellung für maximale statische Ganzkörperkräfte von Männern. Es werden Daten für 9 Kraftfälle (jeweils für 3 stehende Haltungen, 3 kniende Haltungen und 3 sitzende Haltungen) sowie 6 Kraftrichtungen für das 5. und 50. Perzentil präsentiert. Das 15. Kraftperzentil dient für Planungsfälle, das 50. für Ist-Analysen.
Abb. 11: Darstellung im montagespezifischen Kraftatlas (beispielhaft)
4.2 Innen- und Außenmaße
Aus ergonomischer Sicht ist es nicht zweckmäßig sich bei der maßlichen Auslegung an den durchschnittlichen Körpermaßen zu orientieren, sondern es sollte die Spanne zwischen 5. Perzentil und 95. Perzentil berücksichtigt werden. Dies führt zu folgenden Gestaltungsgrundsätzen, die sich in der Mehrheit der Gestaltungsfälle (aber nicht in allen Fällen) anwenden lassen:
- Innere Maße (z. B. der Beinfreiraum) orientieren sich nach dem größten Nutzer (i. d. R. 95. Perzentil Mann), da diesem ausreichend Bewegungsraum gegeben werden muss.
- Äußere Maße (z. B. der Abstand zu Bedienelementen) orientieren sich nach dem kleinsten Nutzer (i. d. R. 5. Perzentil Frau), da die Erreichbarkeit gewährleistet sein muss.
- Bei Auslegung fester, nicht verstellbarer Arbeitshöhen nach dem 95. Perzentil müssen für das 5. bis 95. Perzentil entsprechende Möglichkeiten wie verstellbare Sitzhöhe und Fußstütze zur Anpassung vorgesehen werden.
In Abb. 12 werden die Zusammenhänge dargestellt.
Abb. 12: Innen- und Außenmaße
4.3 Arbeitsplatztypen
Von der Vielzahl der möglichen Arbeitsplatztypen sollen nachfolgend exemplarisch 3 Typen näher vorgestellt werden (vgl. Abb. 13).
Abb. 13: Arbeitsplatztypen
Sitzarbeitsplatz
Am Sitzarbeitsplatz müssen von den 3 Maßen
- Tischhöhe,
- Sitzhöhe,
- Fußstützenhöhe,
2 auf den Benutzer einstellbar sein, damit der Arbeitsplatz ergonomisch günstig verwendet werden kann. Entweder müssen Tischhöhe und Sitzhöhe verstellbar sein oder, was häufig vorkommt, bei einer festen Tischhöhe müssen Sitzhöhe und Fußstützenhöhe verstellbar ausgeführt werden. Oft wird hierbei die Fußstütze "vergessen". Wenn kleinere Personen die Sitzhöhe so einstellen, dass sie zur Tischhöhe passt, dann "baumeln" die Beine in der Luft oder werden an nicht dafür vorgesehenen Stellen abgestützt. Folglich ist bei diesem Arbeitsplatztyp unbedingt eine höhenverstellbare Fußstütze notwendig.
Steharbeitsplatz
Eine optimale Situation ist gegeben, wenn sich am Steharbeitsplatz die Tischhöhe an der Körperhöhe orientiert. Günstig ist eine höhenverstellbare Arbeitsfläche. Ist das nicht realisierbar, dann muss aus ergonomischer Sicht die Tischhöhe für große Personen ausgelegt werden und kleinere Personen benötigen Podeste. Diese Lösung ist aus Sicht der Arbeitssicherheit im Hinblick auf Stolperfallen und Absturzunfälle eher ungünstig, weshalb eine ausgemittelte Arbeitshöhe empfohlen wird.
Sitz-Steh-Arbeitsplatz
Diese Art von Arbeitsplatz ist aus ergonomischer Sicht günstig. Man kann sowohl im Sitzen als auch ...