Prof. Dr. Dr. Julia Krampitz
Die Herausforderung zunehmender örtlicher, zeitlicher und struktureller Flexibilisierungen führt zu einer Intensivierung menschlicher Arbeit, häufig verbunden mit Arbeitsverdichtung und hohem Zeitdruck. Durch Erholungsprozesse im Alltag kann es gelingen, die verbrauchten Kräfte wiederherzustellen. Kurzfristige Erholung während des Berufsalltags lässt sich durch bewusste Arbeitspausen erzielen. Erholung außerhalb der Arbeit findet am Feierabend, durch den nächtlichen Schlaf, am Wochenende oder im Urlaub statt. Allmer betont, dass durch Erholung "überforderungs- und unterforderungsbedingte Auslenkungen des optimalen Funktionsgleichgewichts ausgeglichen werden, um bezogen auf bevorstehende Handlungssituationen optimale Handlungsvoraussetzungen zu schaffen".
Der Erholungsprozess dient dem gezielten Ausgleich der Beanspruchungsfolgen vorangegangener Tätigkeiten. Zwischen Beanspruchungs- und Erholungsprozessen besteht somit ein enger Zusammenhang. Bei dauernder oder wiederholter Überbeanspruchung und fehlenden Erholungszyklen und damit verbundenen emotionalen und motivationalen Veränderungen kann es im Extremfall zu Burnout oder chronischer Ermüdung kommen.
3.1 Erholungsprozesse
Kallus und Uhlig führen für Erholungsprozesse folgende Kennzeichen auf:
Zitat
- Erholung ist ein Prozess in der Zeit.
- Erholung ist abhängig von der Art und Dauer der Beanspruchung.
- Erholung ist an eine Verringerung von Belastung, einen Belastungswechsel oder eine Pause gebunden und wird durch Randbedingungen stark beeinflusst (z. B. Ruhe, Freizeit, Partnerkontakt etc.).
- Erholung umfasst sowohl zielgerichtete Aktivitäten als auch automatisierte psychische und biologische Rückstell- und Restitutionsprozesse.
- Erholung kann sowohl passiv wie auch aktiv (Sport, Spiel, Hobby) erfolgen.
- Erholung ist personenspezifisch und von individuellen Bewertungen abhängig.
- Erholungsvorgänge lassen sich in unterschiedlichen organismischen Teilsystemen aufzeigen.
- Verschiedene Teilprozesse von Erholung können dissoziiert sein.
- Erholung kann auf unterschiedlichen Ebenen beschrieben werden (somatische Ebene, psychische Ebene, soziale Ebene, soziokulturelle Ebene, Umweltebene).
- Erholung endet mit dem Erreichen eines psychophysischen Zustands wiederhergestellter Leistungsfähigkeit und homöostatischer Ausgeglichenheit (Erholtheit).
Der Übersicht ist zu entnehmen, dass Erholung nicht ausschließlich mit der Wiederherstellung der ermüdungsbedingten Verminderung der (körperlichen) Leistungsfähigkeit gleichzusetzen ist. Vielmehr bezieht sich Erholung auf unterschiedliche Beanspruchungsfolgen. Mit Erholung sind physische, psychische, aber auch soziale Prozesse verbunden.
3.2 Erholung und Pausen
Erholungsprozesse können nach dem Ort, an dem sie stattfinden, Arbeit oder Freizeit, differenziert werden. Von großer Bedeutung für die Erholung während der Arbeit sind Pausen, die die beanspruchungsbezogene Wiederherstellung verbrauchter Ressourcen begünstigen. Wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen, dass Arbeitspausen für den Ausgleich von Beanspruchungsfolgen, z. B. Leistungsabnahmen aufgrund von Ermüdung, von großer Bedeutung sind.
In der Praxis lassen sich verschiedene Pausensysteme bzw. Pausentypen von Erholungsprozessen unterscheiden:
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- Spontane, frei gewählte Kurzpausen werden von den Arbeitnehmenden in eigener Initiative gewählt. […]
- Vorgeschriebene Pausen beziehen sich auf die vom Arbeits- bzw. Arbeitszeitgesetz verlangten oder in tariflichen bzw. betrieblichen Vereinbarungen festgelegten Pausen. Neben positiven Erholungswirkungen können sie aber auch als Störung empfunden werden, wenn sich eine Person aus dem Arbeitsfluss gerissen fühlt. […]
- Arbeitsbedingte Wartezeiten, z. B. aufgrund eines Rechnerausfalls oder eines Maschinenstillstands, haben in vielen Fällen keinen Erholungswert, weil der Arbeitsprozess ohne Einflussmöglichkeiten des Mitarbeitenden gestört wird. Sie führen häufig zu erhöhter nervöser Beanspruchung.
Der Erholungswert einer Pause ist u. a. von der Häufigkeit, der Dauer und der zeitlichen Verteilung abhängig. Vor allem zu Beginn der Pause tritt ein Erholungseffekt ein und nimmt mit zunehmender Dauer der Pause ab.
Bei festgelegten Pausenzeiten der Organisation kann dies ggf. als negativ bewerteter Eingriff in die Autonomie oder als unnötige Unterbrechung des Arbeitsflusses erlebt werden. Wie genau Pausen für den jeweiligen Mitarbeiter am besten auszugestalten sind, hängt von der spezifischen, sehr individuell erlebten Beanspruchungssituation ab. Bewegungspausen z. B. sind besonders dann ratsam, wenn die Arbeitstätigkeit sitzend vollzogen wird und in erster Linie kognitiver Art ist. Wird in einem regulierten Tages-Rhythmus gearbeitet (Normalarbeitsverhältnis), finden sich wiederkehrende Alltagserholungsgelegenheiten am Feiera...