FinBeh Hamburg, Erlaß v. 13.8.2003, 52 - S 2350 - 001/03
Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Erststudium (BFH vom 17.12.2002, VI R 137/01, BStBl 2003 II S. 407 bzw. für eine Umschulungsmaßnahme, die die Grundlage dafür bildet, von einer Erwerbs- oder Berufsart zu einer anderen überzuwechseln (BFH vom 4.12.2002, VI R 120/01, BStBl 2003 II S. 403), können Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit darstellen. Voraussetzung hierfür ist, dass eine hinreichende berufliche Veranlassung besteht. Für die steuerliche Beurteilung ist es unerheblich, ob die Bildungsmaßnahme eine Basis für andere Berufsfelder schafft oder einen Berufswechsel vorbereitet.
Ein beruflicher Veranlassungszusammenhang liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Die Fortbildungsmaßnahme muss konkret und berufsbezogen auf die vom Arbeitnehmer auch ernsthaft angestrebte Berufstätigkeit vorbereiten. Bei der Beurteilung ist nicht danach zu differenzieren, ob es sich um eine akademische oder eine nichtakademische Bildungsmaßnahme handelt.
Regelmäßig ist die berufliche Veranlassung vorhanden, wenn die Fortbildungsmaßnahme auf den bisher ausgeübten Beruf aufbaut. Dies gilt insbesondere dann, wenn die erste Berufsausbildung notwendige Voraussetzung für die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme ist. Die Voraussetzung ist ebenfalls erfüllt, wenn ein Steuerpflichtiger bereits einige Jahre berufstätig ist und ein berufsbegleitendes Studium aufnimmt, um in seinem Beruf besser voranzukommen, seine Kenntnisse zu erweitern und seine Stellung im Betrieb zu festigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Fortbildungsmaßnahme vom bisherigen Arbeitgeber verlangt wird oder aber vom Arbeitnehmer freiwillig betrieben wird.
Der BFH gibt mit dieser Rechtsprechung seine bisherige Rechtsauffassung zur Abgrenzung von Berufsausbildungs- und Berufsfortbildungskosten auf. Darüber hinaus liegen bereits weitere Entscheidungen des BFH zu gleich gelagerten Fällen vor, in denen ebenfalls Fortbildungskosten anerkannt wurden. Die Urteile werden voraussichtlich im BStBl veröffentlicht werden und sind damit allgemein anzuwenden. Wegen der weitreichenden Bedeutung ist eine bundeseinheitliche Abstimmung der zahlreichen, durch die neue Rechtsprechung ausgelösten Zweifelsfragen notwendig. Diese Erörterung ist noch nicht abgeschlossen. Im Vorgriff auf eine bundeseinheitliche Lösung wird gebeten, derzeit folgende Rechtsauffassung zu vertreten:
Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung
Der BFH erkennt nunmehr Aufwendungen für ein Schulungsverhältnis, das kein Ausbildungsdienstverhältnis darstellt, als Werbungskosten an (BFH vom 27.5.2003, VI R 33/01). Im Streitfall hat der BFH den geforderten besonders engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den erwarteten späteren Einnahmen offensichtlich deshalb bejaht, weil mit Abschluss der Ausbildung keine andere Tätigkeit als die eines Piloten erreicht werden konnte und der Steuerpflichtige später auch von dem Träger der Ausbildung eingestellt wurde. Ich habe keine Bedenken, die Aufwendungen in vergleichbaren Fällen als Werbungskosten anzuerkennen.
In allen anderen Fällen erstmaliger Berufsausbildung, insbesondere, wenn durch ein Erststudium (Ausnahme berufsbegleitendes Erststudium) ein allgemeiner Berufsabschluss angestrebt wird, der Einsatzmöglichkeiten in unterschiedlichen Bereichen und Einkunftsarten eröffnet, bitte ich die Aufwendungen auch weiterhin nur als Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen Steuerpflichtige neben ihrer Ausbildung in geringem Unifang arbeiten, um sich die Kosten des Lebensunterhalts sowie der Ausbildung hinzu zu verdienen. Eine andere Beurteilung ist wie bisher nur möglich, wenn die Maßnahme Gegenstand eines ernstlich vereinbarten Ausbildungsverhältnisses ist und der Steuerpflichtige daraus Arbeitslohn i.S. des § 19 EStG bezieht.
Art und Höhe der abziehbaren Aufwendungen
Nach der neuen Rechtsprechung des BFH (Urt. vom 29.4.2003, VI R 86/99) sind die Werbungskosten gesondert, d.h. unabhängig von sonst erzielten Einkünften, zu beurteilen. Demnach sind beispielsweise Studiengebühren, Aufwendungen für Arbeitsmittel und Fahrtkosten zu berücksichtigen.
Für Fahrtkosten zum Ausbildungs- bzw. Studienort kann im Allgemeinen nur die gesetzliche Entfernungspauschale für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Anspruch genommen werden, auch wenn in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG von „Arbeitsstätte” und nicht von „Ausbildungsstätte” die Rede ist. Ob eine Ausbildungsstätte eine „regelmäßige Arbeitsstätte” in diesem Sinne ist, beurteilt sich nach R 37 Abs. 2 LStR. Deshalb wird bei einem herkömmlichen Studium die Universität regelmäßig vom ersten Tag an regelmäßige Arbeitsstätte sein, bei einem Fernstudium aber auch die Wohnung des Steuerpflichtigen, wenn er seinem Studium im Wesentlichen zu Hause nachgeht. Im Übrigen ist es aber auch nicht au...